Mit der Förderalismusreform von 2006 sind die Gesetzgebungskompetenzen auf den Gebieten des Naturschutzes und der Landschaftspflege neu zu regeln. Die bisherige Rahmengesetzgebung ist abgeschafft und in die konkurrierende Gesetzgebung überführt worden. Mit dem Erlass des neuen Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 hat der Bundesgesetzgeber von seiner neuen Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Das neue Bundesnaturschutzgesetz ist nicht mehr Rahmenrecht, das die Länder durch eigene Gesetzgebung vollständig ausfüllen müssen, sondern konkurrierende Gesetzgebung.
Mit dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März 2010 gelten die Vorschriften erstmals bundeseinheitlich unmittelbar. Der Bund schafft damit auch für die bisher im Landesrecht getroffenen Regelungen neues Bundesrecht, das entgegenstehendes Landesrecht nach Artikel 31 des Grundgesetzes verdrängt.
Das bisherige Landesnaturschutzgesetz gilt daher nur insofern weiter, als das Bundesrecht keine Regelungen enthält oder es die Kompetenz zu den betreffenden Regelungen durch Regelungsaufträge oder Vorbehalte dem Landesrecht ausdrücklich zuweist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Infolgedessen ist das bisher geltende Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in weiten Teilen durch das vom Bund neu erlassene Bundesnaturschutzgesetz überholt und bedarf einer Novellierung.
Aufgrund des bisherigen Nebeneinanders von Bundesrahmenrecht und ausfüllendem Landesrecht und der damit verbundenen Vernetzung der Bundes- und Landesregelungen ist nur schwer erkennbar, welches Landesrecht ab dem 1. März 2010 noch fortgilt.
Die verbleibenden, mit dem Bundesrecht zu vereinbarenden Teile des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt können nur im Einzelfall von den unwirksam gewordenen Gesetzesteilen abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der vom neuen Bundesnaturschutzgesetz verdrängten fortgeltenden Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes ist infolgedessen häufig mit einem rechtlichen Risiko behaftet. Dies auch deshalb, weil das neue Bundesnaturschutzgesetz nicht alle Regelungsgegenstände vollständig aufgreift und damit ersetzt. Häufig kommt es vielmehr zu nur teilweisen Überschneidungen mit bundesrechtlichen Regelungen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt aus Gründen der Rechtsklarheit und der Transparenz bedarf es daher einer Anpassung des Landesnaturschutzgesetzes an das neue Bundesnaturschutzgesetz. Das bestehende Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt muss aufgehoben und durch ein neu zu erlassendes Naturschutzgesetz des Landes SachsenAnhalt mit neuer, an das Bundesnaturschutzgesetz angepasster Struktur ersetzt werden.
Um eine sichere Rechtsanwendung zu gewährleisten, muss das Landesnaturschutzgesetz zeitnah an das neue Bundesrecht angepasst werden. Da das neue Bundesnaturschutzgesetz bereits zum 1. März 2010 in Kraft getreten ist, ist die Anpassung dringend notwendig.
Mit der Überführung des Naturschutzrechts von der Rahmengesetzgebung in die konkurrierende Gesetzgebung wurde auch der Typus der Abweichungsgesetzgebung neu geschaffen. Das neue Bundesnaturschutzgesetz gilt ab dem 1. März 2010 unmittelbar. Die Länder dürfen aber nach Artikel 72 Abs. 3 Nr. 2 des Grundgesetzes abweichende Regelungen erlassen. Ausgenommen von den Abweichungsrechten sind die abweichungsfesten Kerne, die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, der Artenschutz und der Meeresnaturschutz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Anliegen der Regierungsfraktionen ist es, den Vollzug des Landesnaturschutzrechts zeitnah rechtssicher zu gestalten. Daher haben wir, die Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD, die Gesetzesinitiative ergriffen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz auf die Prämissen eingehen, nach denen der heute eingebrachte Gesetzentwurf erarbeitet worden ist. Das Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt folgt in seinem Aufbau der Systematik des Bundesnaturschutzgesetzes. Es fallen Regelungen in den Bereichen weg, in denen der Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung abweichungsfest abschließende Regelungen getroffen hat. Der Landesgesetzgeber hat hierfür keine Regelungskompetenz.
Bestehende Regelungen sollen nicht verschärft und vorhandene Standards auch nicht abgesenkt werden. Unter diesem Aspekt hat der Bund in den abweichungszugänglichen Bereichen im Wesentlichen konsensfähige Regelungen erlassen.
Aus dieser Erwägung heraus beschränkt sich der Gesetzentwurf auf diejenigen Abweichungen, die erforderlich sind, um den bisherigen Rechtsstatus möglichst unverändert zu halten. So unterfallen in Sachsen-Anhalt im Gegensatz zum Bundesnaturschutzgesetz Unterhaltungsmaßnahmen an Deichen und Dämmen nicht der Eingriffsregelung und dem gesetzlichen Biotopschutz. Abweichend vom Bundesrecht können Gebiete nur zu Biosphärenreservaten erklärt werden, wenn sie zusätz
lich zu den im Bundesgesetz genannten Voraussetzungen die Kriterien des Programms „Mensch und Biosphäre“ der Unesco erfüllen. Die Erhaltung der bisherigen Rechtslage ist auch hierbei das Ziel.
Die einzige Abweichung vom Bundesrecht, die eine neue, bisher landesrechtlich nicht vorhandene Regelung schafft, ist § 7 des Entwurfs. Hierin wird erstmalig Eingreifern die Möglichkeit eingeräumt, sich von ihren Kompensationsverpflichtungen zu befreien. Mit der Einführung des Kompensationsflächenmanagements soll eine gewisse Flexibilisierung der Eingriffsregelung erreicht werden, ohne - das ist mir ein besonderes Anliegen - die bisher geltenden Standards im Bereich der Eingriffsregelungen, die im Kern im neuen Bundesrecht abweichungsfest ausgestaltet sind, abzuschwächen.
Der Gesetzentwurf beschränkt sich auch darauf, Verordnungsermächtigungen im Wesentlichen nur in dem bisherigen Umfang vorzunehmen. Eine Ausnahme stellt die Verordnungsermächtigung für den Erlass einer Zuständigkeitsverordnung dar, die es bisher im Landesnaturschutzrecht nicht gab. Damit folgen wir der bewährten Verfahrensweise auf anderen Rechtsgebieten. Wir haben - dem Beispiel anderer Länder folgend - die Regelungen zu den Naturschutzbeiräten und zum Schutz der Alleen näher ausgestaltet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Abschließend möchte ich mich in diesem Zusammenhang für die konstruktive Beratung innerhalb der Regierungsfraktionen sowie mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt bedanken; denn es ist doch nicht alle Tage so, dass wir selbst einen Gesetzentwurf einbringen.
Vor dem Hintergrund eines möglichst zeitnahen Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzentwurfs freue ich mich auf eine konstruktive Beratung in den Ausschüssen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Umweltausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Landesentwicklung und Verkehr, für Wirtschaft und Arbeit sowie für Inneres. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Brakebusch, für die Einbringung. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Minister Herrn Dr. Aeikens das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank den Regierungsfraktionen für die Erarbeitung und Einbringung dieses Entwurfs. Es ist ein guter Entwurf. Es ist ein gelungener Entwurf, der für die erforderliche Kontinuität in der Naturschutzpolitik unseres Landes sorgen kann. Über die rechtlichen Notwendigkeiten und die wesentlichen Inhalte hat Frau Abgeordnete Brakebusch zutreffend referiert.
Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir als Landesregierung für die Übergangsphase Vollzugshinweise erarbeitet haben, um sicherzustellen, dass
Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle kurz auf ein neues Element in diesem Gesetzentwurf eingehen, und zwar hinsichtlich des Kompensationsflächenmanagements. Der Gesetzentwurf schafft die Grundlage dafür, dass wir zukünftig verbesserte Regelungen des neuen Bundesnaturschutzgesetzes für einen zielgerichteten Ausgleich bzw. Ersatz bei unvermeidlichen Eingriffen in Natur und Landschaft konsequent nutzen können.
Wir wollen neben der bewährten Ökokontenregelung, die sich in unserem Land gut eingeführt hat, ein wirksames Flächenmanagement über so genannte Ökopoolmaßnahmen anwenden. Der notwendige Naturschutzausgleich soll möglichst dort stattfinden, wo etwas wirksam und nachhaltig für die Natur geleistet werden kann. Gleichzeitig sollen aber Flächenkonkurrenzen zwischen Naturschutz und bestehenden Nutzungen durch vorausschauendes Flächenmanagement auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Wichtige Akteure werden dabei leistungsfähige Landesgesellschaften wie die Landgesellschaft sowie die Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft sein, aber natürlich auch vergleichbar qualifizierte Dritte. Die Stiftung für Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes soll in vertraglicher Zusammenarbeit mit den Flächenagenturen die wichtige Aufgabe der dauerhaften Sicherung und Verwaltung dieser wertvollen Flächen übernehmen.
Meine Damen und Herren! An dieser Stelle gab es Verbesserungsbedarf. Wir werden mit diesem Gesetzentwurf, sollte er so verabschiedet werden, die Grundlagen haben, an dieser Stelle etliches zu verbessern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ansonsten weist der Entwurf im Wesentlichen Kontinuität auf. Wir knüpfen an das Bundesgesetz an. Wir knüpfen auch an die bisherige Landesgesetzgebung an, sodass es keine wesentlichen Veränderungen geben wird.
Die vorliegenden Änderungsanträge der Fraktionen der LINKEN und der FDP deuten darauf hin, dass wir in den Ausschüssen interessante Diskussionen führen werden, auf die ich mich freue. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet eine hervorragende Grundlage dafür und er bietet eine hervorragende Grundlage dafür, meine Damen und Herren, die erfolgreiche Naturschutzpolitik zum Wohle der Natur und für unsere Enkel und weiteren Nachkommen fortzusetzen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Aeikens. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Der erste Debattenredner ist für die FDP der Abgeordnete Herr Kley. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war ja zu erwarten, dass es in den Ländern ein Umsetzungsgesetz, ein Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz geben wird, nachdem langfristig absehbar war, dass zum 1. März 2010 die ehemalige Rahmengesetzgebung in eine konkurrierende Gesetzgebung übergehen würde.
Wir hatten natürlich erwartet, dass die Landesregierung hierzu einen Gesetzentwurf einbringt, wie es viele Jahre lang Usus war. Aber offensichtlich befindet sich der Ministerpräsident auch schon in Teilzeit und deswegen hat die Fraktion die Einbringung übernommen.
Das ist auch bei anderen Gesetzen heute zu vermerken. Das ist, wie gesagt, ein Verfahren, das relativ unüblich ist und es den betroffenen Kreisen erschwert, sich in der jeweiligen Anhörung dazu zu äußern.
Nichtsdestotrotz, meine sehr geehrten Damen und Herren, danke ich dem Herrn Minister, dass er noch einmal einige inhaltliche Ausführungen zu den Regelungen dieses Gesetzentwurfs gemacht hat; denn ich glaube schon, dass es gerade die Punkte sind, in denen das Land abweicht, die für uns von Interesse sind und die weitgehende Auswirkungen haben.
Das ist zum einen die Frage der Einschränkung des Geltungsbereiches von Generalklauseln des Bundesgesetzes und zum anderen die Ausweitung von bestimmten Gebieten, die wir hierbei betrachten müssen.
Wir haben uns als Liberale die Sache nicht leicht gemacht und Ihnen mit einem Änderungsantrag den einen oder anderen Punkt vorgelegt, der aus unserer Sicht dieses Gesetz weiter verbessern kann; denn es muss im Interesse aller sein, eine Regelung zu schaffen, die die Notwendigkeit des Naturschutzes, die Notwendigkeit der Schaffung von Verbundgebieten mit Verwaltungsvereinfachungen verbindet, die jedoch auch die Möglichkeit gewährt, weiterhin Investitionen in Sachsen-Anhalt zu tätigen.
Ebenso ist es aus unserer Sicht notwendig, dass die Regelungen des Naturschutzes tatsächlich umgesetzt werden können, also nicht Maßnahmen vorgeschlagen werden, deren weitere Verfolgung entweder nicht finanzierbar ist, die schwer umsetzbar sind oder die an der einen oder anderen Stelle so komplex sind, dass sie letztlich unter den Tisch fallen.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal im Einzelnen auf den einen oder anderen Punkt unseres Änderungsantrages eingehen. Wir haben mit der Frage angefangen: Was bedarf einer Genehmigung? - Hierzu sind die Regelungen gegenwärtig so, dass auch Eingriffe, die nicht einer direkten Genehmigung bedürfen, angezeigt und genehmigt werden sollten.
Diese Formulierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist relativ unverständlich, da der jeweilige Maßnahmenverursacher erst einmal selbst prüfen muss, ob es ein Eingriff im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes ist. Dies kann er häufig gar nicht. Auch die Behörde kann dem nicht nachkommen, wenn sie keine Kenntnis hat.
Es wäre für uns einmal interessant, in der Ausschussberatung einen Bericht zu erhalten, wie oft diese Eingriffe von Behörden beurteilt wurden. Wahrscheinlich nie. Deshalb kann das aus unserer Sicht gestrichen werden, um im Rahmen der Rechtsanwendung mehr Sicherheit sowohl für den Maßnahmenverursacher wie auch für die jeweilige Behörde zu bringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben vorsichtshalber auch eine Geringfügigkeitsschwelle ein
Des Weiteren haben wir, wenn Sie unseren Entwurf weiter lesen, den Antrag gestellt, künftig die Schutzkategorien, die das Bundesnaturschutzgesetz in noch größerer Anzahl ausweist, mit den bisherigen Schutzkategorien des Landes zu koordinieren und in eine einheitliche Begrifflichkeit zu überführen.
Viele Begriffe des Naturschutzrechtes, viele Schutzkategorien, die wir heute wiederfinden, sind so genannte falsche Freunde. Das heißt, unter dem Titel verbirgt sich eigentlich nicht mehr das, was das heutige Gesetz umfasst. Deswegen ist es aus unserer Sicht notwendig, einheitliche Regelungen zu treffen, durch Verordnung einen einheitlichen Schutzstatus herzustellen, damit zum einen die jeweiligen Behörden wissen, wie sie damit umgehen müssen und können, und zum anderen auch diejenigen, die durch Baumaßnahmen, Eingriffe in ihre Grundstücke und Ähnliches davon betroffen sind, genau wissen, womit sie es zu tun haben. Dies ist aus unserer Sicht eine dringende Notwendigkeit, die, wie wir hoffen, von den Behörden unseres Landes positiv begleitet wird.
Ferner, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir die sinnvolle Beschränkung von Maßnahmen, die eines Ausgleichs bedürfen - im Lande Sachsen-Anhalt bisher bezogen auf Dämme -, dahin gehend ergänzt, dass Anlagen, die der Entwässerung dienen, mit darunter fallen.
Wir haben immer wieder die Gefahr, dass Entwässerungsanlagen, die wir gerade in den vielen flachen Gebieten unseres Landes vorfinden, urplötzlich eventuell Biotope nach § 30 sein könnten oder andere Schutzmaßnahmen nach sich ziehen. Dem sollte in diesem Gesetz Rechnung getragen werden, damit künftige Beauftragte für den Erhalt von wasserregulierenden Maßnahmen nicht in der Gefahr stehen, plötzlich gesetzbrecherisch tätig zu werden.