Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Wir haben immer wieder die Gefahr, dass Entwässerungsanlagen, die wir gerade in den vielen flachen Gebieten unseres Landes vorfinden, urplötzlich eventuell Biotope nach § 30 sein könnten oder andere Schutzmaßnahmen nach sich ziehen. Dem sollte in diesem Gesetz Rechnung getragen werden, damit künftige Beauftragte für den Erhalt von wasserregulierenden Maßnahmen nicht in der Gefahr stehen, plötzlich gesetzbrecherisch tätig zu werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Minister hat vorhin zu Recht noch einmal auf das Ökokonto verwiesen - eine Maßnahme, die in ihrer Grundintention sehr sinnvoll ist, die allerdings aus unserer Sicht im Land Sachsen-Anhalt noch verbesserungsfähig sein sollte. Hierbei kann noch deutlich mehr gemacht werden. Wir regen ebenfalls an, in der Diskussion im Ausschuss noch einmal über die Möglichkeit des Ausgleichs in Geld nachzudenken.

(Beifall bei der FDP)

Gerade unter Berücksichtigung des wertvollen Bodens in unserem Land, der der Landwirtschaft für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vielfach entzogen wird, und zwar in weit höherem Maße, als es dem Entzug durch die ursprünglichen Gewerbegebiete entspricht, sollte man darüber nachdenken, einen Geldfonds anzulegen, der genutzt werden kann, um anderenorts sinnvolle Maßnahmen vorzusehen oder Maßnahmen zu ermöglichen, die bisher aufgrund des Geldmangels nicht umgesetzt werden konnten.

(Beifall bei der FDP)

Nur am Rande werden wir im Ausschuss auch noch einmal darüber diskutieren, ob die Entschädigungsregelung des § 34, die bisher Großraubtiere umfasst, also den Wolf, den Braunbär und den Luchs, wobei ich beim

Luchs so meine Probleme habe, ausreichend ist oder ob darin auch Biberschäden berücksichtigt werden sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ja, der Biber ist kein Raubtier, aber er ist in der Lage, seine Umwelt so nachhaltig zu verändern, dass sehr wohl Schäden für die Duldungspflichtigen entstehen. Deshalb muss man darüber debattieren, dass der Ersatz eines Schafes, welches durch einen Wolf gerissen wurde, sehr wohl möglich ist, aber Schutzmaßnahmen für Häuser, ohne die quasi ganze Familien obdachlos werden, nicht entschädigt werden können. Diese Stelle ist der geeignete Punkt, darüber zu diskutieren, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen für alle Lösungsvorschläge selbstverständlich zur Verfügung.

(Beifall bei der FDP)

Bei der Frage des Betretungsrechtes von Grundstücken haben wir ausdrücklich Wohnräume ausgeschlossen. Hierin ist eine sehr weitgehende Regelung vorgesehen, die das Betreten zum Ergreifen von Maßnahmen möglich macht. Deswegen schlagen wir die Einfügung vor, dass hierbei die Unverletzlichkeit der Wohnung unbedingt zu wahren ist und nicht durch die Hintertür Grundrechte ausgehebelt werden. Auch für Naturschutzmaßnahmen gilt, dass der Mensch mit seinen Rechten sehr wohl das erste Schutzgut darstellt und erst dann die weiteren Maßnahmen kommen.

Ebenso, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist bei dem Punkt Vorkaufsrecht noch einmal darüber nachzudenken, inwieweit das Eigentum wenigstens in dem Maße geschützt werden sollte, wie es dringend geboten ist, und dass sich hierbei die Übereinstimmung von Naturschutz und Schutz der Landschaft für unsere Nachfahren nicht mit dem Recht auf Eigentum brechen darf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist darauf hingewiesen worden, dass wir eine interessante Beratung im Ausschuss haben werden. Wenn man sich einmal anschaut, dass es sich eigentlich „nur“ um die Umsetzung des Bundesrechts handelt, so glaube ich schon, dass hierin noch viele landesspezifische Maßnahmen ihren Niederschlag finden können. Ich freue mich auch darauf, hierbei das, was bisher unterblieben ist, zu vollenden, nämlich die Anhörung bzw. Beteiligung der Öffentlichkeit, um dann ein gutes Gesetz in den Landtag zurückzugeben. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kley. - Wir kommen zu dem Beitrag der CDU. - Frau Brakebusch verzichtet. Wir kommen dann zu dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Herr Lüderitz hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie noch einmal recht herzlich zum grünen Vormittag im Landtag begrüßen. Wir haben heute eine Reihe von Vorlagen, die sich mit Umweltthemen befassen. Als umweltpolitischer Sprecher finde ich das gar nicht so schlecht.

Die Koalition hat dankenswerterweise die Rolle der Landesregierung übernommen - Kollege Kley hat es eben schon angesprochen - und den Entwurf eines Landes

naturschutzgesetzes, das dringend erforderlich ist, eingebracht. Dieser Gesetzentwurf ist, denke ich, eine Grundlage, um die anstehende Anhörung und die Ausschussdiskussion anzugehen.

Ich möchte aber gleichzeitig die Landesregierung für ihre mehr als zögerliche Arbeit kritisieren. Ich will es einmal anhand der Zeitfolge darstellen:

Im Januar 2009 hat die damalige Koalition aus CDU und SPD im Bund das Umweltgesetzbuch des Bundes beerdigt. Bereits am 19. Juni 2009 hat der Bundestag nach recht umfänglicher Diskussion auch in den Gremien, in denen die Länder einbezogen waren, das Bundesnaturschutzgesetz beschlossen. Bereits am 10. Juli 2009 hat der Bundesrat dem zugestimmt. Veröffentlicht wurde es am 6. August 2009. Es ist, was auch in der Presse recht wirksam dargestellt wurde, mit all seinen Problemen am 1. März 2010 in Kraft getreten.

Ich bin der Auffassung, dass die Landesregierung über ein Jahr lang Zeit hatte, uns einen Gesetzentwurf vorzulegen. Das hat sie nicht getan, sie hat die Angelegenheit mehr oder weniger verschlafen. Sie hat zwar im Naturschutzbeirat im Monat Januar einen ersten Entwurf vorgestellt, aber dieser wurde, wie gesagt, nie weiter verfolgt.

Nun haben der Herr Minister und auch Frau Brakebusch auf die Föderalismusreform 2006 abgehoben. Es ist durchaus richtig, damit gab es eine Umwandlung von der Rahmengesetzgebung zur teilweisen - das will ich noch einmal betonen - Vollgesetzgebungskompetenz des Bundes auch im Bereich des Naturschutzes.

Einen positiven Aspekt möchte ich ebenfalls erwähnen, aber es ist leider der einzige: Damit wurde auch eine Negativgesetzgebung im Bereich des Naturschutzes ausgeschlossen. Der Änderungsantrag der FDP versucht teilweise, das ein bisschen zu unterlaufen; denn die Bundesgesetzgebung gibt wirklich die unterste Messlatte vor.

Aber wir haben auch in vielen Punkten - das stellt man fest, wenn man das Bundesnaturschutzgesetz liest - Öffnungsklauseln und Abweichungskompetenzen ganz konkret festgelegt und benannt - für ein Mehr an Naturschutz, an Biodiversität, an Klimaschutz und an nachhaltiger Entwicklung. Ich bin der Auffassung, genau diesen Gestaltungsspielraum sollten wir auch im Landesgesetz ausnutzen. Es nützt uns relativ wenig, wenn das Landesgesetz, wie von der Kollegin Brakebusch auch dargelegt, in erster Linie eine Nullvariante ist und bundesgesetzgeberische Vorgaben nur im Verhältnis 1 : 1 übernimmt und keine Gestaltung vorgenommen wird.

Wir haben gegenwärtig - das hat Herr Minister Aeikens positiv umschrieben, indem er Vollzugshilfen angesprochen hat - die Situation, dass ich, wenn ich Betroffener bin und dieses Gesetz in irgendeiner Weise in Anwendung bringen muss, immer zwei Gesetze nebeneinander legen muss, um sorgsam und recht langwierig zu prüfen, welche Paragrafen nun für mich konkret zutreffen. Es besteht also durchaus dringender Novellierungsbedarf, um Rechtsklarheit zu haben. Darum, wie gesagt, Dank an die Koalition dafür, dass sie die Arbeit der Landesregierung gleich selbst gemacht hat.

Daran schließt sich jedoch schon ein großes Aber an. Die Abschaffung der Vollregelungskompetenz im Naturschutz wurde schon erwähnt. Aber wir haben auch Möglichkeiten der Gestaltung. Diese hat der vorliegende Ge

setzentwurf nur unzureichend genutzt. Kompensationsangelegenheiten - ich will auch auf den Alleenparagrafen im Koalitionsentwurf verweisen - sind durchaus positive Ansätze. Wir meinen aber, dass mehr getan werden muss. Bis zur zweiten Lesung ist einiges noch heilbar.

Deshalb unser umfänglicher Änderungsantrag, der genau auf diese Fragen eingeht. Er musste leider auch mit etwas heißer Nadel gestrickt werden, weil wir von Freitag bis heute nicht allzu viel Zeit hatten. Trotzdem haben wir diesen Antrag schon mit zwei Umweltverbänden abgestimmt und wollen erreichen, dass wir nicht auf Minimalzielen verharren, sondern dem Naturschutz und einer nachhaltigen Entwicklung in Sachsen-Anhalt mehr notwendigen Raum geben.

Bleibt festzustellen: Das Agieren der Landesregierung schätzen wir als ungenügend ein. Wir brauchen eine zeitnahe umfängliche Anhörung, möglichst noch im August dieses Jahres. Wir brauchen eine intensive Ausschussberatung, und - wir müssen es noch einmal sagen - das zögerliche Handeln der Landesregierung zwingt den Landtag zur Eile. Ein Abschluss noch im Jahr 2010 wäre dringend geboten. Ich würde darum bitten, dass die Änderungsanträge meiner Fraktion und der FDP-Fraktion mit in den Ausschuss überwiesen werden und dass wir eine intensive Ausschussberatung bekommen. - Danke.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Lüderitz. - Wir kommen zu dem Debattenbeitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Bergmann hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Heute beschäftigen wir uns mit dem Landesnaturschutzgesetz. Ich muss die grundlegenden und allgemeinen Dinge nicht wiederholen; die haben der Herr Minister und Frau Brakebusch als Einbringerin bereits genannt.

Ich möchte kurz die Gelegenheit nutzen, mich bei dem Koalitionspartner für die konstruktive Arbeit im Vorfeld der Einbringung zu bedanken, möchte dann aber auf einige Dinge eingehen, die während der Debatte angesprochen worden sind.

Herr Kollege Kley, die wirklich sehr gute Rhetorik, die Sie unbestritten haben, führt manchmal auch dazu, dass man etwas für gut halten könnte, was gar nicht so gut ist. Deswegen lassen Sie mich ein paar Dinge ruhig kritisieren.

Ein Naturschutzgesetz - ich denke, wenn ich zu Ihnen „Kollege“ sage, dann stimmt das gleich in doppelter Hinsicht - sollte dem Naturschutz dienen. Deswegen sollten wir nicht all das hineinschreiben, was vom Naturschutz befreit werden soll. Wenn Sie an die Befreiungsregelung bezüglich der Deiche und Dämme denken, dann sage ich dazu nur: Wenn diese nicht im Gesetz stünden, würde sich meines Erachtens rechtlich nichts ändern. Bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen ist das ebenfalls ganz klar geregelt. Ich sehe also gar keinen Bedarf; aber das können wir gern im Ausschuss diskutieren.

Den Biber nun noch dafür verantwortlich zu machen, dass er das tut, was er natürlicherweise nun einmal tut, und dann das Land dafür bezahlen zu lassen, dem kann

ich gar nicht folgen. Denn wenn wir diese Kette weiter spinnen, dann sind wir irgendwann dabei, dass wir die durch den Marder verursachten Autoschäden bezahlen, und irgendwann zahlen wir noch die Salamibrötchen, weil die Hausmaus ein bisschen aus der Vorratskammer geklaut hat.

(Zuruf von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Also, lassen wir das an dieser Stelle, wie es ist. Wir - ich sagte es gerade schon; noch einmal: Herr Kollege Biologe - sollten doch einige naturgesetztypische Dinge einfach akzeptieren. Wir können Gesetze ändern, aber keine Naturgesetze. Da, wo die Tiere in der Kulturlandschaft klarkommen müssen, kann es nicht sein, dass das Land einspringt und dafür bezahlen muss.

(Zuruf von Herrn Dr. Schrader, FDP)

- Das erkläre ich Ihnen hinterher.

Ich möchte auf die Dinge eingehen, die wir als SPD für wichtig gehalten haben. Ich glaube, der Gesetzentwurf enthält eine Stärkung der Naturschutzbeiräte. Wenn es nach mir ginge, sollten diese völlig unabhängig arbeiten. Ich möchte es aber noch einmal sagen, damit das nicht missverstanden wird: Der Naturschutzbeirat bei der Landesregierung oder auch bei den unteren Naturschutzbehörden soll kein Gegenpart zur Regierung bilden. Er soll beraten, aber er soll unabhängig beraten.

Wir haben ein Thema mehrfach angesprochen - Herr Kley, auch Sie haben es noch einmal angesprochen -, das Thema der Kompensationsmaßnahmen. Hierzu will ich in aller Deutlichkeit die Regelung zurückweisen, die Sie mit der CDU in den Koalitionsvertrag in Berlin aufgenommen haben, den finanziellen Ausgleich. Denn gerade hier im Lande Luthers nach vielen, vielen hundert Jahren einen Ablasshandel wieder einzuführen, würde ich nicht für wirklich gewinnbringend halten. Ich glaube, dass wir mit der Eingriffsregelung in der Vergangenheit gut gefahren sind und auch in Zukunft gut fahren werden.

Mein Wunsch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU: Bleiben Sie auch in Berlin stark! Es steht einiges im Koalitionsvertrag, was die FDP eingebracht hat und was nicht sinnvoll ist. Bei den Steuern haben Sie dagegengehalten. Halten Sie auch bei diesem Thema dagegen und machen Sie nichts verkehrt. Letztlich haben Sie mit uns gemeinsam in der letzten Legislaturperiode in Berlin das neue Bundesnaturschutzgesetz eingebracht, und ich denke, dass sich das sehen lassen kann.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte noch - Herr Dr. Aeikens hat es angesprochen - auf den Wunsch bezüglich des Flächenpools eingehen. Ich finde das gut, und zwar deswegen, weil das die Alternative zur finanziellen Kompensation ist. Ich will aber auch sagen - insoweit bleibe ich bei der Meinung, die wir im Vorfeld hatten -: Mit dem Gesetzestext kann ich gut leben, aber wir müssen über bestimmte Dinge noch reden. Einfach deshalb, weil ich glaube, dass die Naturerbeflächen und auch viele Ausgleichs- und Ersatzflächen am besten bei der Stiftung Umwelt, Natur und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt aufgehoben sind. Wenn die Stiftung dafür noch nicht geeignet ist, dann müssen wir sie so entwickeln, dass sie dafür geeignet ist.

Ich sage Ihnen auch ganz klar und das diskutieren wir im Ausschuss weiter: Ich habe - vielleicht unglücklicherwei

se - noch vor dieser Sitzung einen Flyer der Landgesellschaft bekommen, die ich übrigens für äußerst kompetent halte. Wenn ich dann aber lese: „Fazit: Mit Ökopool bezahlt der Investor die fertigen Naturschutzmaßnahmen und ist alle Sorgen los“, dann möchte ich auf Folgendes hinweisen: Nach meinem Dafürhalten ist der Naturschutz keine Sorge,

(Zustimmung von Frau Hampel, SPD)

sondern ich erwarte, dass sich der Investor ernsthaft damit beschäftigt. Wir haben das Verursacherprinzip und deswegen möchte ich keinen Freikauf bei der Landgesellschaft - genauso wie ich das in der Regelung vorhin kritisiert habe. Das möchten wir nicht. Deshalb bitte ich einfach über diesen Flyer ein wenig nachzudenken. Man kann ihn anders formulieren. Man kann das Richtige meinen und das Richtige tun.