Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Meine Damen und Herren! Auf die entsprechenden rechtlichen Verfahren, zum Beispiel nach dem Flurbereinigungsgesetz und nach dem Landwirtschaftsgesetz, sind alle Vorredner bereits intensiv eingegangen. Zusammenfassend ist daher anzumerken, dass die Flurneuordnung für Sachsen-Anhalt, für den ländlichen Raum sowie für die Leistungsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft vor Ort von enormer Bedeutung ist.

Effektive und zügig durchgeführte Flurneuordnungsverfahren sind daher im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und tragen zur Verbesserung insbesondere der Infrastruktur in den davon betroffenen Gemeinden des ländlichen Raumes bei. Der Umstand, dass SachsenAnhalt bei der Verfahrensbearbeitung einen vorderen Platz im Vergleich zu anderen Bundesländern einnimmt, macht deutlich, wie hoch diese Bedeutung seitens der Landesregierung eingestuft wird.

Mit unserem Änderungsantrag wird die Landesregierung gebeten, unter Berücksichtigung der detailliert aufgeführten Schwerpunkte über die im Kontext von Flurneuordnungsverfahren auftretenden Aspekte in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Finanzen zu be

richten. - Ich bitte um Zustimmung zu dem Änderungsantrag und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Abgeordneter Herr Radke. - Nun erhält noch einmal die Fraktion DIE LINKE das Wort. - Abgeordneter Herr Krause verzichtet.

Meine Damen und Herren! Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Wir können somit über die Anträge abstimmen. Es war die einhellige Auffassung, dass wir über die Anträge direkt abstimmen können.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag in der Drs. 5/2571 abstimmen. Wer stimmt dem Änderungsantrag zu? - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.

Ich lasse nun über den so geänderten Antrag in der Drs. 5/2548 abstimmen. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist der Antrag in der geänderten Fassung angenommen worden.

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende des Vormittagsteils der Sitzung angelangt. Ich würde nun die Pause einläuten wollen. Wir sehen uns um 13.30 Uhr wieder. Guten Appetit! - Herzlichen Dank.

Unterbrechung: 12.27 Uhr.

Wiederbeginn: 13.31 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung

Beitragsverfahrenspraxis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2549

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/2574

Ich bitte zunächst die Einbringung vorzunehmen. Ich erteile Herrn Czeke das Wort. Bitte schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf feststellen, dass nicht nur das Wetter den einen oder anderen Zeitgenossen etwas durcheinanderbringt, sondern auch die strikte Einhaltung unserer Tagesordnung heute.

Die Fraktion DIE LINKE wie auch ich persönlich haben die Änderung der Beitragsverfahrenspraxis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft mit Unbehagen und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Ich hoffe, dass es Ihnen auch so gegangen ist, da hiervon gerade sehr viele kleine Waldbesitzer betroffen sind. Wenn man über etwaige Folgen dieser Handhabung nachdenkt und gerade das klein strukturierte Waldeigentum zur Disposition gestellt werden könnte, ist diese Angelegenheit für uns nicht allein eine finanztechnische, sondern auch eine politische Frage.

Ich möchte aus einem Schreiben einer Forstbetriebsgemeinschaft an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zitieren. Unter viertens steht hier:

„In Ansehung der forstlichen Ertragslage hat Ihre Anfrage zudem für die Mehrzahl der kleinen Waldbesitzer existenzielle, ja substanzverzehrende Bedeutung. Es erstaunt, dass schon dieser Umstand nicht vorab Berücksichtigung fand.“

Daher ist es uns wert, dieses Thema, das gegenwärtig im Waldbesitzerverband und in den FBG hitzig diskutiert wird, in diesem Hohen Hause anzusprechen, um dann im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über weitere Verfahrensweisen zu diskutieren.

Worum geht es? - Für diejenigen, die damit weniger zu tun haben: Die Forstbetriebsgemeinschaft als juristische Person hatte für ihre Mitglieder insgesamt 30 € Jahresbeitrag zu bezahlen. Ab 1. Januar 2010 wird gefordert, dass jedes waldbesitzende Mitglied der Forstbetriebsgemeinschaft als forstwirtschaftliches Unternehmen eingestuft wird und unabhängig von der Flächengröße einen Beitrag von 40 € zu bezahlen hat. Der Flächenbeitrag kommt dann noch dazu.

Der erforderliche Grund- und Flächenbeitrag der Privatwaldbesitzer wurde bisher über die Forstbetriebsgemeinschaften bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft entrichtet. Die Mitglieder der FBG genossen damit den Versicherungsschutz. Künftig sollen die Beiträge von allen Mitgliedern, unabhängig von der Größe und dem Bewirtschaftungszustand ihrer Waldfläche, erhoben werden.

Diese Beitragsverfahrenspraxis ist aus unserer Sicht abzulehnen, weil sie in keiner Weise den Besonderheiten der Waldbewirtschaftung entspricht und damit in ihrer Undifferenziertheit zugleich unangemessen und ungerecht ist.

Es ist bekannt - dazu hätte es des Änderungsantrages von CDU und SPD nicht bedurft -, dass die Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft, hier der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, eine Pflichtmitgliedschaft aller Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer ist, der sie sich nicht entziehen können. Aber gerade deshalb fordern wir hierbei Angemessenheit und differenziertes Herangehen.

Bei einer Krankenversicherung ist es auch so, dass bei einer extrem starken Beitragserhöhung ein Wahlrecht eingeräumt wird. Das hat man hierbei nicht. Es ist also eine Pflichtmitgliedschaft vorgesehen.

Aus der Natur der Sache heraus werden Waldflächen nicht kontinuierlich, sondern in sehr sporadischen Zeitabständen bewirtschaftet. Das heißt, sie werden über Jahre oder Jahrzehnte nicht bewirtschaftet oder nur in begrenztem Umfang, wenn es beispielsweise um Waldsicherungsmaßnahmen oder Ähnliches geht. Abgesehen von einzelnen Waldschutz- und Pflegemaßnahmen haben meist erst Generationen später einen akuten Arbeitsbedarf im Wald, wenn zum Beispiel die Enkel die Früchte der Arbeit ihrer Großeltern einfahren dürfen und können.

In diesem Sinne stellen sich zum Beispiel die Risiken im Unfallgeschehen im Falle von Holzeigenwerbung sehr differenziert dar, was in der Höhe und der Art der Beitragsentrichtung angemessene Berücksichtigung finden sollte. Hierbei ist andererseits auch die Verfahrenspraxis

zu berücksichtigen, dass ausschließlich Lohnunternehmen, die ebenfalls berufsgenossenschaftspflichtig sind, für Waldarbeiten herangezogen werden; in diesem Fall werden Beiträge doppelt erhoben. Aus unserer Sicht ergibt sich außerdem eine gewisse Gefahr für den Erhalt des kleinteiligen Waldeigentums, was wir sehr bedauern würden.

Dies alles sind Fragen, die es mit den Betroffenen zu klären gilt, denen wir uns als Politiker zuwenden und bezüglich deren wir uns auch positionieren sollten. Für uns als DIE LINKE gilt beim Beitrag das Gebot der Gerechtigkeit und Angemessenheit. Das erwarten übrigens auch die privaten Waldeigentümer, ihr Interessenverband und die Forstbetriebsgemeinschaften, die ausdrücklich darum gebeten haben und auch der Berufsgenossenschaft schriftlich angezeigt haben, dass sie die Gesamtsituation im politischen Raum thematisieren werden.

In diesem Sinne freue ich mich auf eine interessante und angeregte Diskussion im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Sinne einer Berichterstattung und bitte um Direktannahme, wenn es dann soweit ist.

Zu dem Gebaren der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft noch ein Hinweis: Es sind nicht alle Forstbetriebsgemeinschaften kontaktiert worden. An dieser Stelle zitiere ich wiederum aus einem mir vorliegenden Schreiben der Forstbetriebsgemeinschaft Nielebock an die Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland:

„Sehr geehrte Damen und Herren, am vergangenen Freitag informierten Sie telefonisch die Finanzbearbeiterin unserer Forstbetriebsgemeinschaft über die vorgesehene Neuordnung der Beitragsgestaltung an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Diese gemachten Auskünfte nahm ich mit Befremden und Unverständnis zur Kenntnis.“

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wie würden Sie reagieren, wenn Sie jemand anruft, Ihnen eine Kontomitteilung macht und sagt: In Zukunft zahlen Sie ein paar Euro mehr? Das ist doch keine Verfahrenspraxis. Es haben sich auch nicht die Anforderungen an die Berufsgenossenschaft geändert, sodass eine Beitragserhöhung derzeit nicht angezeigt ist.

Ich freue mich jetzt auf eine angeregte Diskussion. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Czeke, für die Einbringung. - Bevor wir die Beiträge der Fraktionen hören, erteile ich Herrn Minister Aeikens das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE und dem spezifizierten Antrag der Regierungsfraktionen wird eine Berichterstattung der Landesregierung vor dem Agrarausschuss über die Beitragserhebung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erbeten.

Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland ist der gesetzliche Unfallversiche

rungsträger für die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft in Sachsen-Anhalt, in den übrigen neuen Ländern und in Berlin. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, meine Damen und Herren, sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie verwalten sich selbst. Sie sind auch für die Beitragsbemessung zuständig. Die Einzelheiten zur Beitragsberechnung ergeben sich aus dem SGB und den Satzungen der jeweiligen Berufsgenossenschaft.

Die Berufsgenossenschaften legen die Beiträge unter Berücksichtigung ihrer gesetzlichen Anforderungen fest. Es gibt keinen bundeseinheitlichen Beitragsmaßstab. Zuständig für die Beitragsbemessung ist die Vertreterversammlung. Sie besteht zu je einem Drittel aus Vertretern der versicherten Beschäftigten, der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der landwirtschaftlichen Unternehmer.

Klar muss aber auch sein, meine Damen und Herren, dass keine Landesaufsicht über die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft besteht. Sie unterliegt der Bundesaufsicht. Die Aufsicht führt das Bundesversicherungsamt mit Sitz in Bonn. Ein landespolitischer Einfluss auf die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft besteht deshalb nicht.

Nun hat - auch uns ist das bekannt, Herr Abgeordneter Czeke - die Änderung der Beitragseinstufung im Jahr 2009 zu erheblicher Unruhe bei den Waldbesitzern geführt. Sie waren bisher der Auffassung, beitragspflichtig sei allein die Forstbetriebsgemeinschaft. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz erstrecke sich auf alle Mitglieder.

Die Berufsgenossenschaft hat im Jahr 2009 offenbar gewisse Unstimmigkeiten bei der Einstufung der Forstbetriebsgemeinschaften feststellen müssen und deshalb die Forstbetriebsgemeinschaften aufgefordert, nähere Angaben zu ihrer Tätigkeit und ihrer steuerrechtlichen Einstufung mitzuteilen. Daraufhin wurde die Beitragsfestsetzung geändert.

Haben die Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft die Nutzungs- und Verfügungsrechte an ihrem Waldbesitz der Forstbetriebsgemeinschaft übertragen, ist sie selbst forstwirtschaftlicher Unternehmer. Der Beitrag wird dann nur bei den Forstbetriebsgemeinschaften erhoben. Dies hat aber zur Folge, dass die Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft mangels Unternehmereigenschaft selbst keinen Versicherungsschutz genießen. Dies gilt selbst dann, wenn sie für private Zwecke im Wald Holz bergen.

Zu dem zweiten Fall. Ist die Forstbetriebsgemeinschaft Dienstleister für ihre Mitglieder, ist sie selbst als Dienstleistungsunternehmen bei der Berufsgenossenschaft beitragspflichtig. Forstwirtschaftliche Unternehmer sind dann die Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft. Das bedeutet, dass jeder von ihnen gegenüber der Berufsgenossenschaft beitragspflichtig ist und zumindest den Grundbetrag von 44 € im Jahr entrichten muss. Damit sind sie dann aber kraft Gesetzes unfallversichert.

Es überrascht, mit welcher Intensität die Berufsgenossenschaft ihr Verfahren umstellt. Zumindest die Waldbesitzer haben nach unserer Auffassung einen gewissen Vertrauensschutz verdient. Wir haben uns deshalb am 12. April schriftlich an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft gewandt und gebeten, mit Augenmaß vorzugehen. Die Antwort, die mir heute vorgelegt worden ist, hilft aber auch nicht weiter.

Mit dem Änderungsantrag der Faktionen der CDU und der SPD wird die Landesregierung nun gebeten, im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Sachstand hinsichtlich der Änderung bei der Beitragserhebung mitzuteilen und auf Möglichkeiten - was ich sehr interessant finde - für die Differenzierung bei den Beitragshöhen einzugehen.

Auch wenn ich weiß, dass die Rechtslage keinen großen Spielraum zulässt, sollte erörtert werden, ob und welche Möglichkeiten das Satzungsrecht der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft bietet und inwieweit eine Differenzierung bei den Beitragshöhen zulässig ist, die auch und insbesondere die erwirtschafteten Erträge aus dem wirtschaftlichen Tun berücksichtigt.