Das dritte Beispiel, das Sie auch in dem Antrag finden, bezieht sich auf die Zukunft des Bildungsprogramms „Bildung elementar“. Wir haben dafür Mittel in den Haushaltsplan eingestellt. Die Autorin des Programms, Frau Professorin Rabe-Kleeberg, ist bekanntlich in Bezug auf die Frage Inklusion sehr sensibel. Sie ist derzeit schon sehr viel in integrativ arbeitenden Einrichtungen unterwegs. Hier muss diskutiert und entschieden werden: Welche Ansprüche haben wir an die Überarbeitung des Bildungsprogramms „Bildung elementar“?
Meine Damen und Herren! Ich sage es noch einmal klar: Sie finden in unserem Antrag nicht den Stein der Weisen - nicht nur deshalb nicht, weil wir ihn nicht kennen, sondern weil es ihn nicht gibt. Einige Spannungsfelder habe ich genannt. Auch bei uns gibt es noch viele offene Fragen, die man mitunter nur mit einer engagierten Verwaltung beantworten kann. Dazu reichen die Ressourcen einer Fraktion nicht aus. Es gibt Fragen, die man überhaupt erst beim Erfahrungsaustausch mit den Beteiligten bereden kann.
Aus diesem Grunde beantragen wir die Überweisung in den Ausschuss für Soziales. Ich denke eigentlich, dass es - spätestens nach der UN-Konvention - Anliegen aller Fraktionen ist. Die Frage des „ob“ steht für uns nicht mehr, es geht nur noch um die Frage des „wie“.
Ich habe gesagt, das ist kein einfacher Weg. Auch finde ich, es ist ein guter Anlass, darüber kontrovers, aber konstruktiv zu diskutieren. Nach meiner Einschätzung sind wir im Bildungssystem möglicherweise weit ausein
Noch ein Hinweis zum Abstimmungsprozedere. Ich habe eine kleine Änderung des vorliegenden Antrags vorzuschlagen. In der zweiten Zeile gehört nach „Kinder mit Behinderung“ der Einschub „und ohne“ eingefügt. Ich habe am Anfang versucht, es zu erläutern. Es geht hierbei nicht darum, Kinder mit Behinderungen zuzuführen. Das ist nicht unser Anspruch. Es geht darum, flächendeckend perspektivisch Möglichkeiten zu eröffnen, damit Kinder mit und ohne Behinderung miteinander lernen. Also ich schlage den Einschub „und ohne“ vor. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Zuvor habe ich noch die Freude, Damen und Herren des Volkshochschulbildungswerks Magdeburg zu begrüßen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Antrag der Linksfraktion zu sprechen komme, ein paar Zahlen, die sich jetzt nicht auf die Einrichtungen, sondern auf die Kinder beziehen.
Im Krippenbereich betreuen wir in Sachsen-Anhalt - Stichtag ist der 1. März 2009 gewesen - 13 674 Kinder, davon 78 Kinder mit Behinderung. Im Kindergartenbereich sind es 28 098 Kinder, davon 679 Kinder mit Behinderung. Im Hortbereich sind es 20 120 Kinder, davon 68 Kinder mit Behinderung. Also insgesamt sind es 61 893 Kinder, die wir nach dem KiFöG betreuen. Davon sind 825 Kinder mit Behinderung.
Ich sage das, um die Relation zwischen der Aussage von Frau Bull, wie viele Kindertageseinrichtungen integrativ arbeiten - - Dazu wurden Prozentzahlen genannt. Jetzt kann man diese Zahlen nehmen und den Prozentsatz mit dem Anteil der Kinder vergleichen, die ohne Behinderung betreut werden. Dann sieht der Prozentsatz schon ein Stück weit anders aus.
Ich will zu dem Antrag deutlich Stellung beziehen, was die Frage von Integration und Inklusion angeht. Diesbezüglich gab es schon vor ein paar Jahren eine Auseinandersetzung zwischen Frau Bull und dem Kultusminister - er ist jetzt leider auch nicht hier -, in der sozusagen länger wissenschaftlich darüber gestritten worden ist: Was bedeutet das eine oder das andere? Was ergänzt das eine oder das andere und schließt es aus?
Dass Inklusion ein Prozess vielfältiger sozialer Interaktion und mehr als Integration ist, ist hier unbestritten. Unbestritten ist auch, dass nicht nur behinderte Kinder von nichtbehinderten Kindern lernen und sich sozusagen
im Spiel mit Gleichaltrigen sozial oder emotional entwickeln, sondern dass auch umgekehrt nichtbehinderte Kinder von behinderten Kindern sehr viel lernen, nämlich in einem Prozess, in den sich jeder nach seinen Möglichkeiten einbringt. Sie lernen voneinander, auch was die Frage der umgekehrten Erfahrung angeht; denn Kinder mit Behinderungen haben teilweise emotionale und andere Fähigkeiten, die Kinder ohne Behinderung nicht haben.
Der Verzicht auf Betreuung und Förderung in Sondergruppen und Sondereinrichtungen und das Recht eines jeden Kindes auf Bildung und Erziehung stellen zumindest ein Grundprinzip von Inklusion dar. Ich gehe darauf noch einmal ein. Inklusion kann also nicht als Gewährung von Sonderrechten verstanden werden - darin sind wir uns sicherlich einig -, sondern als Gestaltung von Gemeinsamkeiten im sozialen Lernprozess mit dem Ziel der Entwicklung von Fähigkeiten im Kindes- und Jugendalter, und zwar für das Leben in einer pluralistischen Gesellschaft. Das gilt für jedes Kind - egal ob es behindert oder nichtbehindert ist. Das ist klar; das muss ich auch nicht betonen.
Inklusion ist eigentlich nicht nur in § 22a SGB VIII schon längst verwurzelt, sondern auch in § 8 KiFöG verankert. Dass es in der Praxis leider noch nicht überall so umgesetzt ist, wie ich es mir wünsche und wie es sich viele von uns wünschen, ist klar. Aber es ist ein Prozess. Dazu muss ich deutlich sagen: Integration - deshalb will ich es nicht geringer schätzen - ist zumindest Voraussetzung für Inklusion. Selbst auf diesem Weg der Integration sind wir davon noch ein Stück weit entfernt. Daher plädiere ich nach wie vor für langsame Schritte, aber vielleicht nacheinander.
Ich halte es - deshalb komme ich auch noch zu dem Antrag der die Regierung tragenden Fraktionen - für wichtig und richtig, dass wir, die Landesregierung, regelmäßig im Kinder- und Jugendbericht zu der Gesamtthematik Integration und Inklusion informieren. Ich glaube, dort gehört es auch hin, dass wir sagen: Wir werden regelmäßig darüber Bericht erstatten.
Zum Bildungsprogramm „Bildung elementar“. Dies ist in den Debatten hier deutlich geworden; übrigens auch im Finanzausschuss. Er hat nicht nur die Mittel bereitgestellt, sondern in der Evaluation - die soll von 2010 bis 2011 passieren - ist genau diese Fortentwicklung und Aktualisierung des Bildungsprogramms enthalten, und zwar mit der Richtung Inklusion. Dabei ist deutlich gemacht worden, dass wir das weiterentwickeln müssen. Dabei sollen auch die Erfahrungen der drei Kompetenzzentren vorrangig als Grundlage genommen werden; denn wir müssen es weiterentwickeln.
Die Gefahr, die ich allerdings im Augenblick sehe - zumindest ist sie nicht ganz von der Hand zu weisen -, ist, dass auch aus der Elternschaft eine Bewegung kommt, wo teilweise gesagt wird: Lasst uns doch wieder in die Sondereinrichtungen zurück. Dort hatten es unsere Kinder gut und waren beschützt.
Denn manchmal wird auch in integrativen Einrichtungen die Erfahrung gemacht, dass die Kinder nicht entsprechend gefördert werden. Die Eltern haben manchmal das Gefühl, ihr Kind werde abgestellt. Auch wird die Ansicht vertreten - das muss man auch deutlich machen -, es sei eine Zumutung für Kinder mit Behinderung und für Kinder ohne Behinderung, gemeinsam zu lernen und das zu erleben.
Daher ist es eher eine Versuchung der Eltern zu sagen: Die Sondereinrichtung ist gut. Wenn man dann später noch in den Werkstätten für Behinderte unterkommt, dann ist man ein Leben lang bis zur Rente versorgt.
Diese Versuchung vonseiten der Eltern ist groß, weil sie in dem Augenblick eher den Fürsorgeaspekt in den Vordergrund stellen und nicht den Aspekt, was Kinder auf dem Weg zum Erwachsenwerden brauchen und was Kinder, egal ob sie behindert oder nichtbehindert sind, brauchen, damit sie sich entfalten und an der Gesellschaft teilhaben können.
Ich glaube, wir sind dabei auf einem Weg, den ich nicht so schlecht finde. Ich weiß, dass das ein langer Weg ist. Davon, alle mitzunehmen und die Gesellschaft generell in Bezug auf den Gedanken der Inklusion mitzunehmen, sind wir noch ein Stück weit entfernt.
Wir bemühen uns immer noch um Integration. Das andere, dass wir voneinander etwas haben, erleben wir nur ab und zu, wenn wir Einrichtungen besuchen und feststellen, wie schön Menschen mit Behinderungen uns selbst ermuntern können, was für Glücksempfindungen sie haben und dass zu einem glücklichen Leben oft etwas ganz anderes gehört, als wir nichtbehinderten Menschen das manchmal in Anspruch nehmen. Aber inklusive Erfahrungen machen wir selbst weniger. Es stellt sich die Frage, inwieweit wir selbst dazu bereit sind.
Im Sozialausschuss wurde mit der Annahme des Selbstbefassungsantrags zumindest deutlich gemacht, dass gemeinsam mit der Bertelsmannstiftung auch darüber beraten werden muss - ich glaube, das war der letzte Anstrich -, wie die Frage der Inklusion in den Kindertageseinrichtungen besser umgesetzt werden kann und wie das im Zusammenhang mit einer Regelung zum Personalschlüssel gestaltet werden kann.
Darauf, dass wir an einigen Stellen schon einmal weiter waren, was die Finanzierung betrifft, will ich nicht weiter eingehen. Das ist klar. Aber das hat das Oberverwaltungsgericht damals im Zuge der Pauschalierung dieser drei Stufen herausgestrichen.
Ich habe meine Zweifel daran, dass es uns gelingt, die Frage zu klären, wie wir den Bedarf und die Eingruppierung von Kindern mit Behinderungen tatsächlich voranbringen. Zurzeit kennen wir nur die zwei Gruppen: Für die Gruppe der verhaltensgestörten Kinder gibt es eine Pauschalfinanzierung und alle anderen werden unter dem Begriff „Behinderung“ subsumiert. Es wird ein langer Weg sein, die Bestrebungen, Fünfer- oder Zehnergruppen zu bilden, um das besser darzustellen, umzusetzen. Ob das letztlich praktikabel sein wird, weiß ich nicht.
Ich möchte am Schluss noch eines sagen: Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir sollten - darauf habe ich strategisch gesehen mehr ein Auge - bei einer Novellierung des KiFöG - - Ich bekomme aus dem parlamentarischen Raum viele Rückmeldungen - vielleicht sagen Sie es einmal in diesem Raum -, dass Sie das alle wollen, vielleicht aus unterschiedlichen Aspekten.
Allein schon der Vereinfachung wegen sollten wir an das KiFöG gehen, da es mit der Finanzierung schwierig ist. Das haben wir im Finanzausschuss mitbekommen. Bei vielen Dingen steht auch die Frage, ob man es vereinfachen kann, und es steht auch die Frage, ob man es kommunalisieren, ob man es auf eine andere Ebene heben kann.
Diese Dinge sollten wir überlegen. Dazu zählen auch die Dinge, die zu mehr Integration und zu mehr Inklusion führen. Das hat letztlich auch etwas mit dem Personalschlüssel und mit Geld zu tun. Das sollten wir uns in der nächsten Legislaturperiode vornehmen; darüber sollten wir diskutieren. Dort gehört es meines Erachtens auch hin, weil es dort eine gesetzliche Grundlage dafür gibt.
Ich halte viel davon, dass wir auf dem Weg dorthin die Diskussion innerhalb der Trägerlandschaft ernst nehmen; dort wird sie auch geführt. Daran sind auch die Praktiker beteiligt. Diese Diskussion über die Umsetzung sollte auch mit der wissenschaftlichen Fachwelt geführt werden. Dass das Ministerium - dort wird es längst diskutiert - bei diesem Prozess mit allen Beteiligen moderiert und das begleitet, ist selbstverständlich.
Daher ist der Inhalt des Antrages sicherlich gerechtfertigt, aber die Forderung, man müsste alles sofort und gleich machen - -
- Es steht nicht so darin. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie. Das ist richtig. Aber wir brauchen noch etwas Zeit, um eine Gesellschaft mitzunehmen, um uns mitzunehmen und auch um die Einrichtungen mitzunehmen.
- Habe ich jetzt etwas Verkehrtes gesagt? Sie amüsieren sich, weil wir uns streiten. Das machen wir oft genug. Ich glaube, das gehört auch dazu.
Ich glaube, das ist ein vernünftiger Weg, um das zu begleiten. Wenn das Parlament und die Landesregierung dies begleiten, können wir auf diesem Weg viel schaffen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Bischoff. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kurze. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, das Schmunzeln betraf die Frage, wann die Diskussion über dieses Thema wo fortgesetzt wird. Aber ich denke, das müssen wir nicht an dieser Stelle besprechen. Ich denke, wir diskutieren im Landtag und konzentrieren uns auf die Sache.
Als ich den vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE gelesen habe, war ich über den Aufbau dieses Antrags doch ein wenig verwundert. Gemäß Punkt 1 will die Antragstellerin festgestellt wissen, dass die integrative Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt ungenügend entwickelt sei. Im Klartext ist wohl gemeint, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätte.
Nach den folgenden Punkten des Antrags soll die Landesregierung umfänglich zu verschiedenen Themenkomplexen Stellung nehmen, die eigentlich den Zweck haben, die Situation der integrativen Kindertagesbetreuung in Sachsen-Anhalt angemessen bewerten zu können.
Da in Punkt 1 bereits die angeführte Bewertung durch die Fraktion DIE LINKE erfolgt ist, stellt sich die Frage,
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch inhaltlich trägt der Antrag nicht zu einer Weiterentwicklung der bereits im Landtag vorliegenden Anträge zu dieser Problematik bei.
Wir haben im Ausschuss für Soziales noch eine Reihe offener Beratungsgegenstände zum Themenkomplex Menschen mit Behinderung vorliegen, die ich nicht einzeln benennen will. Nach meinem jetzigen Kenntnisstand gehe ich davon aus, dass wir diese Beratungsgegenstände, wie von der Regierungsfraktion vorgeschlagen, angesichts des sich nähernden Endes der fünften Wahlperiode bündeln und gemeinsam beraten müssen. Nach meiner Auffassung hätte in diesem Zusammenhang auch die integrative Kinderbetreuung und Bildung einbezogen werden müssen.
Ferner haben wir in der letzten Sitzung des Ausschusses für Soziales eine Anhörung zum Länderreport „Frühkindliche Bildungssysteme 2009“ der Bertelsmannstiftung beschlossen. Die benannten Themen, die mit den Anzuhörenden erörtert werden sollen, decken sich in weiten Teilen ebenfalls mit dem vorliegenden Antrag. Der Vollständigkeit halber will ich auch darauf hinweisen, dass Teile des Antrages auf Empfehlungen des Bildungskonvents basieren und diese auch aufgreifen.