Die Begründung zu diesem Paragrafen legt nahe, dass Sie Kredite immer dann aufnehmen wollen, wenn die konjunkturelle Entwicklung ungünstig ist. Das kann, so denke ich, nicht sein.
- Es steht in der Begründung zum Gesetzentwurf, Frau Fischer. Auch wenn wir Begründungen nicht beschließen, so habe ich doch den Eindruck, dass Sie hiermit versuchen, sich nicht nur eine Hintertür, sondern ein ganzes Einfallstor offen zu halten.
Wenn das nicht der Fall ist, dann - darin bin ich mir ziemlich sicher - werden wir im Finanzausschuss in der Lage sein, eine Formulierung zu finden, die klar macht, was wir an dieser Stelle meinen.
Wenn Sie wirklich ernsthaft vorhaben, zukünftig nur bei extremen Situationen - bei Naturkatastrophen habe ich kein Problem - eine Verschuldung zu ermöglichen, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn Sie aber versuchen, mit solchen Formulierungen und Auslegungen bereits alle möglichen Tatbestände auszunehmen, dann werden wir dies nicht unterstützen.
Meine Damen und Herren! Wir als Liberale werden all das unterstützen - das meine ich ernst -, was zu einer Begrenzung der Staatsausgaben führt, und zwar nicht, weil wir das schön finden - nach dem Motto: Sparen ist klasse; es gibt auch Menschen, die gern sparen -, sondern weil wir der festen Auffassung sind, dass sich der Staat auf die Kernaufgaben konzentrieren muss, damit er diese in einer hohen Qualität erledigen kann.
Alle, die Mitglied der Enquetekommission sind, wissen, dass alle Kollegen stets darüber klagen, dass sie zu viele Aufgaben haben und dass ihnen dafür kein bzw. nicht das richtig qualifizierte Personal zur Verfügung steht. Wenn wir dieses Problem lösen wollen, müssen wir uns auf staatliche Kernaufgaben konzentrieren. Dabei werden die Liberalen Sie unterstützen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur dann, wenn wir Kernaufgaben herausfiltern und wirtschafts- und bildungsrelevante Ausgaben voranstellen, in der Lage sein werden, nach dem Jahr 2020 auf eigenen Füßen zu stehen. Ich denke, das wollen wir alle. Niemand von uns möchte, dass wir nach dem Jahr 2020 von anderen Bundesländern weiterhin gegängelt werden. Jeder von uns empfindet die jährlichen Diskussionen über die Verwendung der SoBEZ auch ein Stück weit als Bevormundung. Ich glaube, dass das, was Schleswig-Holstein droht, uns sicherlich auch drohen würde, wenn wir nicht die Reißleine ziehen.
Einverständnis damit muss zumindest bei all denjenigen vorhanden sein, die eben nicht nur sich selbst sehen, nach dem Motto: Ich möchte mir selbst ein ordentliches Leben organisieren mit möglichst vielen staatlichen Leistungen. Vielmehr müssten sich alle hinter der Überlegung versammeln können, dass wir auch Politik für die nächsten Generationen machen. Die nächsten Generationen können sich hier nicht zu Wort melden, aber wir müssen sie immer auch im Auge haben.
Ich fände es prima - um auf das Anfangsbild zurückzukommen -, dass wir dann, wenn es ans Zahlen geht, unseren Kindern und Enkelkindern nicht nur eine Brause oder ein Fass Brause oder gar ein ganzes Unternehmen zur Herstellung von Brause gewähren. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Dr. Hüskens, mich beschleicht ein wenig der Verdacht, dass Sie das Bild des Biergartens nicht nur wegen der Werbung heute gebraucht haben, sondern auch aus anderen Gründen, auf die ich aber nicht näher eingehen möchte.
Ich bin doch etwas erleichtert, dass Sie nicht der Versuchung erlegen sind, lediglich die Debatte, die wir anlässlich Ihres Gesetzentwurfes unlängst geführt haben, zu rekapitulieren, wiewohl - das gebe ich offen zu - einige Steilvorlagen auf der Hand lagen. Ich habe großes Verständnis dafür, dass man diese nutzen musste.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geordnete staatliche Finanzen bedingen eine funktionierende Wirtschaftsordnung und umgekehrt. Herr Scharf brachte dies heute Morgen wie folgt auf den Punkt: Schuldenmachen ist schlichtweg unsozial.
Das ist eine Erkenntnis, die in den letzten Jahren, wenn wir die Föderalismusreform II betrachten, in Deutschland ein Stück weit Raum gegriffen hat. Das ist eine gute Entwicklung, die heute vielleicht auch darin zum Ausdruck kommt, dass wir eine Zehnminutendebatte dazu führen und zu anderen, ebenfalls wichtigen Tagesordnungspunkten lediglich Drei- oder Fünfminutendebatten führen. Ich denke, das ist ein Hinweis darauf, dass sich der Landtag diesem Thema etwas intensiver widmen möchte.
Die schon angesprochenen europäischen und weltweiten Entwicklungen mit dem Menetekel Griechenland an der Spitze, aber auch die Entwicklungen in Spanien und Portugal - Sie kennen die Beispiele - haben ein bisschen an den Grundfesten unseres Zukunftsvertrauens gerüttelt.
Das spürt man tagtäglich, wenn man mit den Bürgerinnen und Bürgern draußen spricht. Sie fragen: Was ist da los? Was ist mit dem Euro? Sind unsere Ersparnisse sicher? Haben wir damals unsere D-Mark nicht umsonst aufgegeben? - Sie alle kennen die Debatten, die wir führen müssen. Ich glaube, wir müssen sie auch führen und wir haben gute Argumente dafür, dass wir diese Beiträge der europäischen Solidarität in unserem Interesse und im europäischen Interesse leisten.
Einigen anderen politischen Mitbewerbern wird das Herz aufgegangen sein, als die Kommunistische Partei Griechenlands auf der Akropolis ihre Plakate entfaltet hat mit der Aufschrift: Völker Europas, erhört uns! - Das ist natürlich der Traum der Linken; bürgerschaftliches Engagement in dieser Form lieben sie, so glaube ich, ungemein. Das haben wir neulich auch in Berlin wieder gesehen.
- Erstens das. - Als es um Griechenland ging, war man plötzlich sehr national, und als es dann um die Polizisten ging, hat man von den Linken in der Demonstration auch nichts mehr gehört. Das muss ich Ihnen an dieser Stelle eindeutig sagen. Die Abgrenzung zur Gewalt, die Sie wieder nicht artikuliert haben, spricht Bände.
Aber zurück zum Thema, meine Damen und Herren. Das süße Gift der Verschuldung hat auch uns in Sachsen-Anhalt erreicht. Es ist richtig, Herr Minister: Wir haben in der ersten Wahlperiode seit 1990 das Land aufgebaut, damals mit dem Fonds „Deutsche Einheit“. Dann kam die Minderheitsregierung, die auch ihren fiskalischen Preis hatte. Damals sind die Entwicklungsphasen zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt erheblich auseinandergegangen. Und wir haben die Entwicklung seit 2002, die Sie schon beschrieben haben.
Ich glaube, all das muss uns zu der Erkenntnis bringen, dass wir radikal umdenken müssen. Ich denke, wir müssen in der Finanz- und Haushaltspolitik, in der Landespolitik an sich alte Zöpfe abschneiden, auch wenn es Vokuhila-Frisuren sind. Ich denke, an dieser Stelle müssen wir auch neue Wege gehen. Diese Wege haben Sie heute mit der Vorlage des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landeshaushaltsordnung zu beschreiten versucht.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen: Die CDUFraktion - Frau Dr. Hüskens, an dieser Stelle irren Sie ein wenig - steht einer Änderung der Verfassung bei dieser Frage ganz klar positiv gegenüber. Aber wir haben keine Zweidrittelmehrheit. Sie haben auf die Diskussion innerhalb der SPD verwiesen. DIE LINKE hat ihre eigenen Positionen dazu, sodass die Zahl der Befürworter in diesem Fall ziemlich geschrumpft ist und wir bei dieser Frage keine Zweidrittelmehrheit haben.
Deswegen begrüßen wir es als einen ersten Schritt. Aber dieser Schritt muss ein Schritt auf einem Pfad sein, an dessen Ende stärkere Sanktionen und stärkere Verabredungen stehen.
Man hört und liest dies und jenes. Wir konnten in der „Altmark-Zeitung“ von dem Problem lesen, über das wir bereits diskutiert haben. In einem Gespräch mit der „Altmark-Zeitung“ sagte der Finanzminister, wenn es
hart auf hart komme, könne man die LHO über eine Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes auch wieder ändern. - Genau das ist der Punkt.
- Herr Minister, das war kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung. Aber das ist auch Ausdruck eines Denkens, das in bestimmten politischen Kreisen durchaus vorhanden ist: Wir machen das jetzt einmal; dann haben wir etwas getan und kommen an die Konsolidierungshilfen heran; aber wir haben immer noch ein Schlupfloch und dann werden die Dinge vielleicht nicht ganz so schlimm.
(Frau Fischer, SPD: Das ist eine arge Unterstel- lung! - Herr Kley, FDP: Was ist das nur für eine Koalition!)
- Das hat nichts mit der Koalition zu tun, Herr Kollege Kley; das hat etwas damit zu tun, dass wir bestimmte Beziehungsfaktoren haben.
- Kollege Kley, ich würde Ihnen das gern erklären. Es gibt politische Kräfte, angefangen bei den Linken, die sagen, sie wollten den bestehenden Gestaltungsspielraum nicht künstlich einschränken.
Ich finde, das ist eine sehr unverantwortliche Argumentation, weil wir künftige Generationen - Frau Dr. Hüskens, Sie sind auf das Bild vom Biergarten eingegangen - dramatisch belasten und noch viel mehr belasten. Wenn wir damit nicht Schluss machen, haben wir als handelnde Generation uns nicht nur unsolidarisch gezeigt, sondern wir haben die Entwicklungschancen der kommenden Generationen in unserem Land und in Deutschland insgesamt behindert oder gar verhindert.
Woher kommt dieses Schuldenmachen eigentlich? - Wenn man sich die Dinge einmal anschaut, dann stellt man fest, dass Ende der 60er-Jahre/Anfang der 70erJahre die große Debatte um die Finanzverfassung begann. Damals gab es große Reformen und Programmdebatten und all diese Schlachten, die damals geschlagen worden sind. Seit dieser Zeit beobachten wir - das kann man an den Jahresscheiben des Bundeshaushaltes sehr schön feststellen - den süßen Gang in die Verschuldung.
Ich glaube, wir alle müssen dahin gelangen, diese Verabredung zur Finanzverfassung grundlegend zu überdenken, um diesen besagten Konsolidierungspfad wieder zu erreichen. Diese Änderung der Landeshaushaltsordnung kann ein erster Schritt in diese Richtung sein, aber eben auch nicht mehr, denke ich.
Ich möchte kurz auf einige Detailfragen eingehen, die wir uns in der Debatte noch zu Gemüte führen müssen. Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, wie wir Sondervermögen, Gesellschaften und andere Rechtsformen einbeziehen können. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt.
Wir müssen schauen, wie wir die Abgrenzung zur Steuerschwankungsreserve erreichen versus vorzeitiges Tilgen. Das sind die Punkte, die wir uns, so denke ich, im
Kleingedruckten ansehen müssten. Vielleicht müssen wir uns auch, Frau Kollegin Hüskens, die Definition bezüglich der wirtschaftlichen Missverhältnisse ansehen. Es gibt dazu zwar bundespolitische Verabredungen, aber wenn wir dafür eindeutige und klarere Formulierungen finden, dann kommen wir an dieser Stelle vielleicht etwas weiter.