Protokoll der Sitzung vom 18.06.2010

Wir haben uns daran orientiert - Sie haben es vielleicht in der Begründung gelesen -, was sozusagen auf der Landesebene passiert ist, seitdem das Verbraucherinformationsgesetz des Bundes in Kraft getreten ist. Vom Mai 2008 bis zum April 2009 gab es zwölf Anfragen und im zweiten Geltungsjahr gingen fünf Auskunftsersuchen ein. Bundesweit waren es 14 Anfragen. Wenn man es herunterbricht auf die Landesebene, kann man also sagen, dass sich der Bedarf stark in Grenzen hält.

Wir gehen deshalb davon aus, dass es auf kommunaler Ebene noch viel weniger Anfragen sein werden, weil eher Einzelfragen und nicht gebündelte Fragen gestellt werden, wie sie oft beim Landesamt für Verbraucherschutz und ähnlichen Einrichtungen vorkommen.

Im Übrigen sollen die meisten Anfragen - das ist im Bundesgesetz geregelt - durch Gebühren finanziert werden. Eine Ausnahme bilden Verstöße gegen das Lebensmittel-Futtermittelgesetz. Die Kosten, die durch diese Anfragen entstehen, müssen durch das Land erstattet werden. Wir gehen davon aus - das ist wahrscheinlich einmalig -, dass Kosten in Höhe von 650 € für das ganze Land entstehen. Wir hoffen, dass das ausreicht.

Alles andere können wir, glaube ich, im Ausschuss bereden. Das Gesetz zielt auf jeden Fall darauf, mehr Transparenz für den Verbraucher bis hin zur kommunalen Ebene herzustellen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Dort können wir dann alles Nähere behandeln. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Minister Herr Bischoff. - Wir treten in die Dreiminutendebatte ein. Als erste Debattenrednerin wird die Abgeordnete Frau Hunger für die Fraktion DIE LINKE sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Verbraucherinformationsgesetz, kurz VIG, vorgelegt. Deshalb ein paar Worte zum VIG.

Das VIG ist seit Mitte 2008 in Kraft und wird zurzeit evaluiert. Das ist ziemlich nötig. Ich möchte hier nur die drei wesentlichen Schwächen kurz nennen.

Erstens gibt es zurzeit eine Beschränkung des Informationsrechts auf Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit; der weite Bereich der Dienstleistungen, das Gesundheitswesen, der Finanzmarkt, der Immobilienbereich und der Verkehrsbereich werden im VIG nicht beachtet, sind nach wie vor außen vor.

Zweitens kann für einen Informationssuchenden die Informationsgewährung mit nicht ganz unerheblichen und zum Teil unkalkulierbaren Kosten verbunden sein. Das führt natürlich dazu, dass es für einen großen Teil der Bevölkerung schwierig ist, dieses Gesetz überhaupt zu nutzen.

Drittens bietet das Gesetz erhebliche Schlupflöcher für Nichtinformationen, weil sich Unternehmen mit dem Hinweis auf Betriebsgeheimnisse oder mit dem schwammigen Begriff „wettbewerbsrelevante Information“ der Informationspflicht entziehen können.

So ist es auch kein Wunder, dass die genannten geringen Zahlen der Nutzung dieses Gesetzes zustande kommen. Es ist im Interesse der Verbraucher dringend zu hoffen, dass die Evaluierung zu einem Gesetz führt, das diesen Namen wirklich verdient, nämlich der Verbraucherinformation zu dienen.

Nur dann, wenn wir ein vernünftig evaluiertes Verbraucherinformationsgesetz haben, ergibt das Ausführungsgesetz, das wir hier anstreben und mit dem auch die Kommunen in ihrem Zuständigkeitsbereich informationspflichtig werden sollen, wirklich Sinn.

In der Ausschussberatung sollte es uns gelingen, dieses Gesetz doch ein bisschen verbraucherfreundlicher zu machen. Ich denke dabei insbesondere an die zwei Anregungen, die die Verbraucherzentrale gegeben hat, zum Beispiel dass die Verbraucheranfragen, die an nicht zuständige Stellen gerichtet werden, verbindlich an die zuständige Stelle weitergeleitet werden müssen und nicht einfach die Nichtinformation gegeben wird. Für den Fall, dass Anfragen zu rechtskräftig festgestellten Verstößen von Unternehmen gestellt werden, soll auf eine Anhörung des Unternehmens, ob diese Informationen weitergegeben werden können, verzichtet werden. So könnte man die Informationsvermittlung wesentlich beschleunigen.

Beratungsbedarf sehe ich auch bezüglich des Ausgleichs der Kosten der Kommunen. Ich halte es für sachgerecht, eine Angleichungsklausel einzufügen; denn ich gehe nicht davon aus, dass bei einem novellierten VIG die Zahl der Anfragen tatsächlich so gering bleibt. Aber darüber können wir dann im Ausschuss diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Hunger. - Die Koalitionsfraktionen haben sich darauf geeinigt, dass Frau Dr. Späthe für beide Fraktionen spricht. Die FDP-Fraktion hat auf einen Debattenbeitrag verzichtet, sodass Frau Dr. Späthe jetzt das Wort ergreifen kann. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Bereits seit Inkrafttreten des Verbraucherinformationsgesetzes haben die Bürger Anspruch auf Informationen über Lebensmittel, zum Beispiel zur Pestizidbelastung bei Obst und Gemüse, über

Futtermittel, aber auch über gesundheitsschädliche Stoffe bei der Herstellung von Alltagsgegenständen.

Ein Ergebnis der letzten Jahre war, dass auch in Sachsen-Anhalt der erwartete Ansturm der Bürger auf Informationen von den Behörden ausblieb, ja so niedrig war, dass man in den Ämtern die geschätzten zu erwartenden Fallzahlen weiter drastisch abgesenkt hat.

Insofern könnte man sagen: Wenn das Interesse so gering ist, kann man den Gesetzentwurf einfach an den Ausschuss überweisen - und damit ist es gut. Dennoch sollten wir uns einmal mit der Frage beschäftigen, warum denn der mündige Bürger sein Recht auf Information so wenig in Anspruch nimmt. Das heißt, die gerade angelaufene Evaluierung des Verbraucherinformationsgesetzes des Bundes muss größere Transparenz, Übersichtlichkeit und Bürgernähe erbringen.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Einer Veröffentlichung von Greenpeace zufolge existieren mit dem Verbraucherinformationsgesetz, dem Informationsfreiheitsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz sowie ihren diversen Ausführungsgesetzen 29 verschiedene Informationszugangsbestimmungen. Wer soll diesen Wust noch durchblicken?

Nicht umsonst steht im Verbraucherinformationsgesetz des Bundes, dass die Überprüfung des Gesetzes nach zwei Jahren Praxistest erfolgen muss. Das findet gerade statt.

Wir sollten die Chance nutzen, uns damit auseinanderzusetzen, wie mit dem Gesetz in Sachsen-Anhalt gearbeitet wurde. Es ist gesagt worden, dass diese Gesetze nur kleine Bausteine auf dem Weg zu Transparenz in Verwaltung und Wirtschaft sind und dass man dabei aber die berechtigten Interessen der Unternehmen bzw. von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu wahren hat. Genau über diese Balance zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Interessen der Wirtschaft sowie der eingebundenen Verwaltung müssen wir, denke ich, im Ausschuss auch diskutieren.

Ich bitte Sie um die Überweisung des Gesetzentwurfs an den für den Verbraucherschutz zuständigen Ausschuss für Soziales. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. - Damit ist die Debatte beendet.

(Frau Dr. Hüskens, FDP, meldet sich zu Wort)

- Bitte sehr.

Frau Präsidentin, ich habe eine Ergänzung. Es ist soeben beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Sozialausschuss zu überweisen. Ich denke, da es um Verbraucherschutz geht, sollten wir den Gesetzentwurf auch an den Ausschuss für Landwirtschaft überweisen. Nach der üblichen Zwei-Bein-vier-Bein-Methode sind die Kollegen dort ebenfalls zuständig.

(Frau Dr. Späthe, SPD, meldet sich zu Wort)

Ja.

Ich möchte ergänzen: Der Verbraucherschutz ist eindeutig dem Sozialministerium und dem Ausschuss für Soziales zugeordnet. Es gibt eine Abstimmung zwischen den beiden Ministerien, dass das beim Sozialausschuss liegen soll.

(Widerspruch)

- Herr Aeikens heute früh: Landwirtschaft.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Federführend Sozial- ministerium und mitberatend Landwirtschaft!)

Herr Minister Bischoff?

(Unruhe)

- Wie es der Minister wünscht.

(Zuruf von der SPD: Der Landtag ist der Souve- rän!)

Jetzt werden wir abstimmen. Einigkeit besteht darin, dass der Gesetzentwurf in den Ausschuss überwiesen wird. Einigkeit besteht darin, dass der Ausschuss für Soziales mit der Federführung betraut wird.

(Unruhe)

Wer ist dafür, den Gesetzentwurf zur Mitberatung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das müssen wir, glaube ich, auszählen.

Wer ist für eine Überweisung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten? - Wer ist dagegen? - Das ist deutlich die Minderheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch an diesen Ausschuss überwiesen worden.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Der Gesetzentwurf ist also zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales und zur Mitberatung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 19 beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Zweite Beratung

Hartz IV umwandeln in eine bedarfsorientierte Mindestsicherung

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2421 neu