Dann würden wir darüber nachdenken, dass diejenigen, die keine Kinder erziehen, deutlich höhere Lasten tragen können. Man kann dann nebenbei auch noch über den Einkommensteuertarif nachdenken. Aber man kann auch darüber sprechen, dass diejenigen, die keine Kinder erziehen, im Moment zu den Kinderkosten unverhältnismäßig wenig beitragen.
Also, meine Damen und Herren, wir sollten diese Diskussion ruhig aufgreifen. Aber jetzt zu behaupten, dass der Sozialstaat wegen 10 Milliarden € abgeschafft wird, ist unrealistisch. Ich denke, wir müssten eigentlich noch viel mehr sparen.
Meine Damen und Herren! Das ist eine vollkommen falsche Blickrichtung. Wir beteiligen uns nicht am Zerreden dieses Paketes. Über Einzelheiten wird man im Herbst noch genug sprechen. - Vielen Dank.
Herr Scharf, aber Sie werden doch zugeben, bei den Punkten, die ich aufgezählt habe - ich habe aufgrund der Kürze der Zeit nicht alle nennen können -, ist das Sparen das eine. Auf der anderen Seite kommen aber bestimmte Ausgaben auch auf das Land und die Kommunen zu;
So einfach ist das nun auch nicht. Aber es ist natürlich ein erhebliches Problem. Nehmen wir einmal die Rentendiskussion. Ich habe es irgendwo stehen. Ich glaube, es handelt sich, wenn wir es mal umrechen, um 2 € im Monat. Die 2 € retten überhaupt keinen.
Aber es ist natürlich die Grundkampflinie, wie viele Leute befinden sich später in der Grundsicherung, die die Kommunen zu zahlen haben, und wie viel Geld muss der Bund entweder aus den sozialen Sicherungssystemen oder aus dem Bundeshaushalt zahlen. Das ist die Kampflinie. Aber es ist keine Kampflinie, ob man den Leuten sagt, ob sie nun letztlich 2 € mehr oder weniger bekommen. Wer jetzt schon in der Grundsicherung liegt, den retten die 2 € auch nicht.
Die Kampflinie ist, ob es die Kommunen bezahlen oder ob es der Bund bezahlt. Das ist die eigentliche Frage. Das muss ausdiskutiert werden. Das hat Professor Böhmer auch gesagt. Darüber werden wir uns im Herbst unterhalten. Das ist die eigentliche Schnittlinie.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, mir fällt es jetzt ein bisschen schwer; denn ich hatte bereits seit mehreren Jahren nicht mehr die Situation, dass ich, wenn ich nach dem Ministerpräsidenten und der CDU-Fraktion rede, nicht mehr wirklich weiß, was ich Neues beitragen soll. Daher ist es für mich im Augeblick etwas ungewohnt.
Zunächst möchte ich einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Was mich bei der heutigen Aktuellen Debatte nicht wirklich überrascht hat - ich hatte es eigentlich erwartet -, war, dass der eine oder andere in diesem Hause immer so tut, als wären wir allein auf diesem Planeten.
Ich glaube, wir müssen akzeptieren, dass Deutschland nicht allein ist, sondern dass es eine Reihe konkurrierender Volkswirtschaften gibt und dass wir uns in einem Wettbewerb befinden. Keine der aufstrebenden Volkswirtschaften wird, nur weil wir der Meinung sind, es müsse alles so bleiben, wie es ist, auf den Wettbewerb verzichten.
Jetzt wird Herr Gallert wieder sagen: Das ist ja das Problem, dass der Markt inzwischen die Politik dominiert. - Aber wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass es auch der größte gesellschaftspolitische Feldversuch, den wir je auf diesem Globus durchgeführt haben, nämlich der Sozialismus, nicht geschafft hat, dies mit politischen Maßgaben zu unterbinden, im Gegenteil.
(Beifall bei der FDP - Herr Gürth, CDU: Kläglich gescheitert und die Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer mussten es bitter bezahlen! - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)
- Genau, Herr Gürth. - Unabhängig von rechtspolitischen Diskussionen kann man sagen: Der Sozialismus war ökonomisch ein absolutes Desaster. Das heißt, wir müssen uns dem Wettbewerb stellen. Ich glaube, das ist für die meisten bei uns im Haus auch unstrittig. Das bedeutet aber auch, dass wir eine ganze Reihe von Maßnahmen ergreifen müssen. Ich muss zum Beispiel überlegen: Wie will ich mich als Volkswirtschaft aufstellen,
Ich brauche mir nichts vorzumachen: Als Finanzpolitikerin freue ich mich immer über ganz viele Steuereinnahmen. Die Mittel kann man dann für staatliche Leistungen ausgeben.
Wir wissen auf der anderen Seite, dass diese Steuern zunächst erwirtschaftet werden müssen. Gerade in der Wirtschaftskrise sollte man meiner Meinung nach tunlichst davon ablassen, den Unternehmen, aber auch den Menschen im Lande mit höheren Steuern die Möglichkeit zu nehmen, Geld auszugeben und zu investieren.
Wenn ich also feststelle, dass Steuererhöhungen im Moment nicht möglich sind - davon ich bin ich fest überzeugt -, dann habe ich die Möglichkeit, die Wirtschaft zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass ich auf diese Art und Weise mehr Steuervolumen bekomme, ohne dass ich die Steuersätze erhöhe. Das ist immer das Optimum und das ist auch das, was die Bundesregierung bzw. die drei Fraktionen im Bundestag in den letzten Jahren versucht haben, und zwar, wie ich glaube, auch mit Erfolg. Das ist die eine Variante.
Die andere Variante - darüber haben wir gestern schon ausführlich diskutiert - ist der Umstand, dass ich die Staatsausgaben selbstverständlich an die Einnahmen anpassen muss. Das versucht die Bundesregierung im Augenblick mit dem Sparpaket.
Es ist klar - darüber haben wir auch schon diskutiert -, dass man sich dabei die Frage stellen muss, ob das sozial ausgewogen ist. Dabei - das muss ich offen gestehen - ticke ich als Haushälter wahrscheinlich immer ökonomisch. Ich schaue mir die Zahlen an. Wenn ich dann betrachte, wer die Last trägt, dann kann ich nicht feststellen, dass es zulasten des Sozialhaushaltes geht.
Der Sozialhaushalt macht einen Anteil von 55 % am Bundeshaushalt aus. Wenn man das einmal übersetzen würde, dann müsste die Hälfte des Sparpakets den Sozialhaushalt betreffen. Wir stellen aber fest, dass das nicht so ist.
Es gibt einen weiteren Punkt, den ich persönlich sehr wichtig finde: Bildung ist nicht Bundesaufgabe, sondern Landesaufgabe. Trotzdem hat der Bundeshaushalt in den letzten Jahren in erheblichem Maße vor allem in die Bildung investiert. Das ist ein Zukunftsbereich und in diesem Zukunftsbereich haben die CDU und die FDP auf der Bundesebene nicht gespart. Ich halte das für völlig richtig.
Denn uns allen muss es um einen Punkt gehen: dass junge Mengen möglichst gute Startchancen bekommen. Es wird uns in den nächsten Jahren alle Anstrengungen auf Bundes- und Landesebene kosten, dafür zu sorgen, dass möglichst jeder junge Mensch beim Start ins Leben die gleichen Chancen bekommt, und zwar mit einer möglichst hohen Ausbildung, mit einer möglichst hohen Qualifikation. Auf diese Weise können wir dazu beitragen - damit komme ich wieder zum Wettbewerb -, dass Deutschland in diesem internationalen Wettbewerb bestehen kann.
Ich habe mir einmal das eine oder andere im Detail angesehen: Die meisten Punkte - Heizung, Rentenzuschüsse und Elterngeld - sind schon genannt worden. Deswegen lasse ich das einmal weg; das spart die eine oder andere Minute. Es ist ganz normal, dass sich auch jede Lobbygruppe lautstark äußert.
Ich war vor ein paar Tagen bei Freunden in Berlin, die sehr gut mit sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten vernetzt sind. Es ist natürlich auch über das Sparpaket geredet worden; man hat sich ausreichend aufgeregt. Mich hat ein bisschen erschreckt - deswegen sage ich das hier einmal -, dass dort als die Spitze des Eisbergs und als die absolute Unverfrorenheit und die größte soziale Härte die Reduzierung des Weihnachtsgeldes bei den Beamten genannt worden ist.
Hierbei spielt eine Rolle, welche Wahrnehmung man hat und welche Wahrnehmung man haben möchte. Die Kollegen waren ein bisschen überrascht, als ich gesagt habe, das könnten wir als Sachsen-Anhaltiner gar nicht richtig nachempfinden; in diesem Landtag sei einmal beschlossen worden - ich muss gestehen, ich habe damals auch eine Kompensation gesucht, und ich bin froh, dass der Kollege Kosmehl gerade nicht zuhört -, das Weihnachtsgeld komplett zu streichen. Interessanterweise hat es unter einem sozialdemokratischen Finanzminister keinerlei Versuche gegeben, das wieder zurückzudrehen.
Demzufolge gehe ich davon aus, dass wir dies zwar als bedauerlich betrachten, auch gegenüber den betroffenen Kolleginnen und Kollegen, dass es sich hierbei jedoch um eine Einsparung handelt, bei der zumindest drei von vier Fraktionen sagen: Ja, das ist eine Ausgabe, an die wir herangehen konnten; diese Ausgabe konnte gestrichen werden. Genauso ist man in der Koalition auf der Bundesebene auch mit den übrigen Leistungen umgegangen.
Es ist nie schön für den Betroffenen und ich finde es immer in Ordnung, dass er sich organisiert, dass er versucht, Stimmung zu machen, und dass er versucht, klar zu machen, dass er nicht möchte, dass diese Leistung gestrichen wird. Aber meiner Meinung nach können wir in Deutschland nicht weiter nach dem Motto vorgehen: Wenn dir gegeben wird, dann nimm und schweig; wenn dir genommen wird, dann schrei - und zwar egal ob es wirklich wehtut oder nicht. Denn das gehört in Deutschland inzwischen leider zum Ritual.
Ich glaube, es wäre viel besser, dass wir uns insgesamt auf den Punkt verständigen, dass wir uns in Zukunft nicht mehr alle staatlichen Leistungen werden leisten können, zumindest nicht, wenn wir nicht den dritten Weg gehen wollen. Ich weiß, dass die Kollegen von der LINKEN und wir dazu sehr unterschiedliche Auffassungen haben.
Der dritte Weg ist, in die Staatsverschuldung zu gehen, „nach mir die Sintflut“ zu spielen, irgendwann einmal in die Inflation zu gehen, Werte zu vernichten und zukünftigen Generationen einen Scherbenhaufen zu hinterlassen. Ich glaube, das wollen die meisten von uns nicht. Dafür müssen wir uns in Zukunft im Bund und hier im Land einsetzen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wenn bei dem Sparpaket der Bundesregierung eine Tatsache wirklich felsenfest steht, dann ist es die: Das Sparpaket ist umstritten. Es ist umstritten in der Bevölkerung, es ist natürlich umstritten in der Opposition, und es ist umstritten in den Parteien und Fraktionen, die diese Bundesregierung tragen. Obwohl „tragen“ im Moment wohl nicht das richtige Wort ist; sie lassen sie doch wohl eher durchfallen.
Aber nichtsdestotrotz ist diese Regierung im Amt. Deshalb wollen wir sie an ihren Taten messen. An ihren Versprechen messen wir sie schon lange nicht mehr; denn dann müsste sie schon längst zurückgetreten sein.