Dazu wurde seitens der Koalitionsfraktionen begründet, dass das Bundesprogramm Bürgerarbeit in der ersten Phase laufe und es nun darum gehe, diese Bürgerarbeitsstellen mit Leben zu erfüllen. Die Hauptzielrichtung sei die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Aus diesem Grunde halte man es für erforderlich, an diesem Thema zu bleiben, sich halbjährlich über die Umsetzung dieses Bundesprogramms unterrichten zu lassen und auch im Wirtschaftsausschuss darüber ausführlich zu diskutieren.
Die Fraktion DIE LINKE machte deutlich, dass bei diesem Entwurf einer Beschlussempfehlung der gemeinsame Nenner zu klein sei. Sie habe die positiven Ansätze und die Schwerpunkte der Bürgerarbeit in SachsenAnhalt definiert und daraus Forderungen entwickelt, die in ihrem Antrag Niederschlag gefunden hätten.
Die Fraktion der FDP sprach sich für die Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen aus. Sie meinte, diese sei klar strukturiert, sauber abgegrenzt und enthalte die Fragen nach der Evaluation und auch der Wirksamkeit im Hinblick auf die Eingliederung.
Herzlichen Dank für die Berichterstattung, Herr Tögel. - Damit kommen wir zu dem Beitrag der Landesregierung. Der Wirtschaftsminister Herr Dr. Haseloff erhält das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bürgerarbeit ist ein Bundesprogramm. Erfahrungen aus dem Land Sachsen-Anhalt sind zugrunde gelegt worden. Dieses Bundesprogramm hat bezüglich des Integrationszieles eine andere Konstruktion als bisherige und übliche Aktivierungs- und Integrationsmaßnahmen sowie -instrumente.
Bei den üblichen Instrumenten sind die Qualifizierung, der Vermittlungsversuch und die entsprechende Maßnahme in einem Paket zu sehen. Die Beschäftigungsangebote im Non-Profit-Bereich sind auch so organisiert, dass jeweils einzelne Elemente für sich genommen praktiziert werden.
Bei der Bürgerarbeit ist es so, dass die Integrationsaktivitäten ganz am Anfang stehen. Aus dem Pool der Langzeitarbeitslosen - so ist der Modellträger der Meinung - ist eine Vermittlung, eine Aufqualifizierung und eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt in nicht unerheblichem Maße möglich. Das zeigen auch die Erfahrungen in Sachsen-Anhalt. Erst wenn alle diese Aktivierungs- und Integrationsmaßnahmen nicht zum Erfolg geführt haben, erfolgt das Angebot der Bürgerarbeit in der vierten Stufe.
Dass aus der vierten Stufe heraus trotzdem nach einer längeren Zeit von bis zu drei Jahren eine Möglichkeit der Integration in den ersten Arbeitsmarkt gegeben ist, zei
gen auch Erfahrungen in Sachsen-Anhalt. Immerhin konnten bis zu 10 % durch eine Stabilisierung und entsprechende Profilierung in dem Unternehmen oder in dem Beschäftigungsbereich, in dem sie tätig waren, durch eine Vermittlung zu einem „normalen“ Job kommen.
Aber wir wissen, dass diese Form der Beschäftigung vor allen Dingen auch dazu dient, denjenigen eine Chance zu geben, denen in der Wettbewerbsgesellschaft ansonsten keine Chance eingeräumt erscheint.
Dass jetzt im Zusammenhang mit dem Bundesprogramm eine Evaluierung und eine regelmäßige Berichterstattung stattfinden sollten, ist gut; denn wir gehen davon aus, dass hier in den nächsten drei Jahren ca. 5 000 Bürgerarbeiter zum Einsatz kommen. Das heißt, wir haben eine sehr große Menge an Beschäftigten, die je nach Region und je nach individueller Voraussetzung durchaus auch wissenschaftlich begleitet werden sollten, damit man weitere Instrumentenschärfungen vornehmen bzw. an der Fortentwicklung dieses Programms arbeiten kann.
Deswegen würde ich zu der Berichterstattung und der Evaluierungsbegleitung selbst beitragen bzw. regelmäßig die entsprechenden Informationen liefern. Ansonsten erwarte ich mit Spannung die Diskussion bzw. die Aussprache im Plenum. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu den Beiträgen der Fraktionen. Als erster Debattenredner hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Herr Franke das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bürgerarbeit kommt oder, besser gesagt, sie ist schon da. An vielen Orten hier im Land läuft sie an. Das ist ein unumstößlicher Fakt, den wir nur noch zur Kenntnis nehmen, aber nicht mehr beeinflussen können. Das entsprechende Vorhaben aus der zwischen der Union und der FDP abgeschlossenen Koalitionsvereinbarung wird umgesetzt.
Der Umfang wird diesmal natürlich ein ganz anderer sein als noch vor vier Jahren. Im August 2006 nahmen die ersten 20 Bürgerarbeiter bei der Magdeburger Lebenshilfe ihre Tätigkeit auf. Diesmal werden mehr als 4 800 Stellen in ganz Sachsen-Anhalt geschaffen. Von einem Modellcharakter kann also keine Rede mehr sein.
Sehr geehrte Damen und Herren! Dass ein solches Projekt Auswirkungen auf den ersten Arbeitsmarkt haben muss, ist unstrittig. Ebenso unstrittig ist, dass die Bürgerarbeit und insbesondere ihre Ausgestaltung hier im Landtag umstritten waren und sind.
Deshalb halten wir es für sinnvoll, sich zur Halbzeit im Landtag mit der Umsetzung zu beschäftigen. Ein Evaluierungsbericht gibt einen ersten Einblick dahin gehend, ob die angestrebten Ziele, hauptsächlich die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt, tatsächlich erreicht worden sind oder ob nachjustiert werden muss.
Die vorliegende Beschlussempfehlung beschränkt sich auf diesen Evaluierungsbericht und enthält keine der unrealistischen Forderungen aus dem Ursprungsantrag
mehr. Darin haben die LINKEN einen Mindestlohn von 8,50 € und auch die Freiwilligkeit hinsichtlich der Annahme der Bürgerarbeitsstelle gefordert. Diese Forderungen waren und sind aus unserer Sicht kontraproduktiv und deshalb abzulehnen.
Vielen Dank. - Wir kommen zum Beitrag der CDU-Fraktion. Die Abgeordnete Frau Take erhält das Wort. Bitte schön, Frau Take.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, wir schließen heute das Thema Bürgerarbeit in diesem Landtag mit der Beschlussempfehlung erfolgreich ab.
Die Bürgerarbeit ist, so wie sie ist, jetzt eine Erfolgsgeschichte geworden, und zwar nicht nur für SachsenAnhalt, sondern für Deutschland.
Wir haben mit der Bürgerarbeit ein innovatives Arbeitsmarktinstrument, und das Made in Sachsen-Anhalt. Das müssen wir einmal hervorheben. Herrn Dr. Haseloff und Herrn Bomba bzw. Herrn Dr. Haseloff ist es in seinen Verhandlungen gelungen, diese Bürgerarbeit in den Koalitionsvertrag der Bundestagskoalition hineinzuverhandeln.
Ich denke, damit haben wir für Sachsen-Anhalt und auch für die Bundesrepublik etwas Ordentliches gekonnt.
Aber normalerweise waren die Menschen schneller als wir in der Politik. Wir alle wissen, dass wir in der letzten Legislaturperiode des Bundestages schon einmal den Versuch unternommen haben, die Bürgerarbeit auszudehnen.
Damals ist es uns nicht gelungen. Die Menschen aber haben verstanden, worum es hierbei geht. Sie haben verstanden, dass es um ihre ureigensten Dinge geht, denn sowohl in Bad Schmiedeberg im Land SachsenAnhalt als auch in Schmölln in Thüringen sowie in Weiden in Bayern sind die Maßnahmen für die Bürgerarbeit angenommen worden. Die Menschen haben erkannt, dass diejenigen, die am ersten Arbeitsmarkt keine richtigen Chancen mehr haben, jetzt in der Bürgerarbeit gut unterkommen und da auch wieder Würde für ihren Alltag haben.
Wir haben inzwischen ein großes Echo in der Bundesrepublik erfahren, denn die Angebote zur Bürgerarbeit wurden überall angenommen. Es gibt also kaum ein Bundesland, in dem nicht Nachfragen auftraten und nicht Stellen für Bürgerarbeit nachgefragt wurden. Das zeigt, dass das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit kein originäres Problem des Ostens mehr ist, sondern inzwischen auch ein Problem in der Bundesrepublik.
Bürgerarbeit aktiviert durch Fördern und Fordern, aber sie dämmt auch die Schwarzarbeit ein. Sie hat überzeugt als sinnvolle und gesellschaftlich akzeptierte Be
schäftigung. Sie ermöglicht den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt, sie sorgt für geregelte und sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und die Wirtschaft bekommt kaum Konkurrenz zu regionalen Unternehmen. Man kann das nicht immer ausschließen, aber es wird durch einen Katalog kontrolliert, ob das so ist.
Wir werden die Entwicklung der Bürgerarbeit im Auge behalten. Es ist gut, dass wir sie evaluieren wollen. Ich empfehle Ihnen die Annahme der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Take, für den Beitrag der CDU. - Wir kommen dann zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Die Abgeordnete Frau Dirlich erhält das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung, die uns heute zu unserem Antrag zur Bürgerarbeit vorliegt, enthält in der Tat wirklich den allerkleinsten gemeinsamen Nenner. Wir lassen evaluieren, wir lassen uns berichten.
Das ist uns in der Tat viel zu wenig. Ein bisschen erinnert es an den Koalitionsvertrag. Da ist nahezu das ganze Land evaluiert worden und wir haben uns auch ein bisschen davon berichten lassen.
Die Ursache, weshalb wir es in der Beschlussempfehlung nur mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu tun haben, ist klar: Die Koalitionspartner liegen bei diesem Thema denkbar weit auseinander. Das ist auch im Ausschuss deutlich geworden, das ist in der Debatte deutlich geworden.
Das ist der einzige Grund, weshalb wir es überhaupt im Ausschuss diskutiert haben, weil die SPD wenigstens einen Beschluss angestrebt hat und sich nicht getraut hat, den Antrag sofort abzulehnen, was die CDU vorgezogen hätte.
Ein weiteres Feld tut sich auf, auf dem die Koalitionspartner große Differenzen haben. Es ist trotzdem schade, dass wir es nicht intensiver im Ausschuss diskutiert haben. Ich glaube, dass wir Chancen verpasst haben. Wir haben die Chance verpasst, wenigstens einige der Punkte aus dem Antrag aufzugreifen. Der Antrag bezog sich übrigens - auch das muss noch einmal gesagt werden - -
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Abgeordnete macht mich darauf aufmerksam, dass sie aufgrund der Unruhe schlecht zu verstehen ist und dass Sie womöglich Probleme haben zu verstehen, was sie sagt. - Herr Kollege! Meine Damen und Herren, bitte!
Bitte, Frau Dirlich, setzen Sie Ihre Ausführungen fort. Wir haben jetzt für Aufmerksamkeit gesorgt. Bitte schön.
Der Antrag bezog sich übrigens ausdrücklich auf die letzte Stufe der Bürgerarbeit und berücksichtigte die anderen Stufen, die wir natürlich kennen, nicht unbedingt. Vielmehr haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie die Beschäftigungsverhältnisse aussehen sollen, für die am Ende tatsächlich solche Bürgerarbeitsstellen angeboten werden. Darum ging es uns. Da war es schade, dass wir uns nicht einmal in Ruhe die Punkte angeschaut und geprüft haben, was man machen kann.