Ich wünsche dem Bundesverteidigungsminister bei der Reform im Interesse Deutschlands und im Interesse der Bundeswehr eine glückliche Hand. Aus meiner Sicht muss die Bundeswehr eine Bündnisarmee bleiben mit der Folge, dass angemessene Fähigkeiten zur Verteidigung des Bündnisgebietes weiterhin vorzuhalten sind.
Als Land werden wir mit den Folgewirkungen für den Zivildienst und - wenn ich das für meinen Zuständigkeitsbereich sagen darf - mit den Folgewirkungen für die zivilmilitärische Zusammenarbeit sowie für den Wehrersatzdienst umzugehen haben.
Natürlich wissen wir, dass die Bundeswehr nicht um dieser Wirkungen Willen gegründet wurde. Ihr Auftrag ist ein anderer. Aber wenn Ressourcen der Bundeswehr in einem Katastrophenfall infolge der Bundeswehrreform nicht mehr in dem bisherigen Umfang zur Verfügung
stehen, zum Beispiel auch weil keine Wehrpflichtigen zum Sandsäckeschleppen da sind oder schlicht keine Standorte in der Nähe sind, die helfen könnten, so ist es Aufgabe des Landes, hierauf auch im Reformprozess hinzuweisen und diese Folgen so weit als möglich zu minimieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen zur Bundeswehr in Sachsen-Anhalt und wir stehen zu allen Standorten in Sachsen-Anhalt. Das soll heute zum Ausdruck gebracht werden. - Ich bitte um Zustimmung.
Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte der Fraktionen ein. Als erster Debattenredner hat Herr Dr. Thiel für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Begründung zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen ist zu lesen, dass im Zuge der Bundeswehrstrukturreform mit einem Abbau der Truppenstärke und mit der Schließung von Bundeswehrstandorten zu rechnen sei. Nun wollen Sie die Bundeswehr auffordern, wegen der von ihr selbst propagierten Flächenpräsenz keine Standortschließungen vorzunehmen und alle zu erhalten.
Ich erinnere mich noch gut an die Debatte im November 2004. Damals hatte die FDP-Fraktion beantragt, eine Diskussion über die Auswirkungen der aktuellen Standortentscheidungen durch den Bundesminister der Verteidigung auf das Land Sachsen-Anhalt zu führen.
Damals hatten wir gemeinsam festgestellt: Erhebliche Verkleinerungen von Bundeswehrstandorten oder gar deren Schließung, wie sie am 2. November 2004 vom Bundesminister der Verteidigung entschieden worden sind, wirken sich ohne entsprechende Konversionsmaßnahmen negativ auf die betroffenen Regionen aus. Kern der damaligen Transformation war die Schaffung von drei Kräftekategorien: Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte. Vorrangiges Ziel sind dabei multinationale Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Was diesem Ziel nicht dient, war laut Konzeption der Bundeswehr nachrangig.
In der jetzigen Etappe geht es nun um die weitere Reduzierung des Personals, auch im Rahmen der Abschaffung der Wehrpflicht. Das ist durchaus ein begrüßenswerter Schritt, aber er erfolgt vorrangig aus finanziellen Gründen und weniger deshalb, weil die Ziele der Transformation von vor sechs Jahren neu geschrieben werden mussten.
Unsere Position zur jetzigen Strategie der Bundeswehr hat sich nicht geändert. Das Dogma der Ausrichtung auf weltweite Nato- und Militäreinsätze muss hinterfragt bzw. neu beantwortet werden.
Herr Minister Hövelmann ist darauf eingegangen. Die tragischen Auswirkungen dieses Wirkens sind seit gestern wieder in unser Bewusstsein gerückt. Sicherheit, meine Damen und Herren, ist heute weder militärisch noch unilateral zu haben. Frieden ist eben einfach mehr als nur die Abwesenheit von Krieg.
Aufgrund von Strukturreformen innerhalb der Bundeswehr werden immer wieder Standorte aufgegeben, die
oft intakt und modernisiert sind. Die Bundeswehr hat sich in den betroffenen strukturschwachen Regionen als ein maßgeblicher Verbraucher, auf dessen Bedarf sich Wirtschaft und Handel eingestellt haben, entwickelt. Ich glaube, hierin waren und sind wir uns auch alle einig. Aber die hinter uns liegende und die bevorstehende Bundeswehrreform sind doch beredte Beispiele dafür, dass wir nicht dauerhaft auf diesen Nachfrager als Wirtschaftskraft von immer gleichwertiger Größe bauen können.
Den Abbau von Personal und dessen Konsequenzen haben wir aktuell an der Entwicklung des öffentlichen Dienstes in Sachsen-Anhalt erlebt. Eine Enquetekommission beschäftigt sich damit, Personalentwicklungskonzepte werden verabschiedet, Behörden und Ämter zusammengelegt. Warum soll das bei der Bundeswehr anders sein?
Wir sollten nicht vergessen: Die Bundeswehr hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie Infrastrukturen schafft, deren anderweitige Nutzung kaum vorstellbar ist. Ich habe die Dinge damals am Standortbeispiel Hohenmölsen skizziert. Es war eine sehr lebhafte Diskussion. Jetzt, sechs Jahre später, stellen wir fest, dass dort ein Bundeswehrstandort, mit etwa 50 Millionen € Aufwand hergestellt, für 700 000 € verkauft worden ist, dass es damals keine Konversionsmaßnahmen gegeben hat, dass die hochmoderne Turnhalle seit Jahren leer steht und dass die Kasernengebäude - wahrscheinlich wieder mit öffentlichen Fördermitteln - abgerissen werden mussten. Das ist im Prinzip das Problem, vor dem wir an dieser Stelle stehen.
Herr Staatsminister Robra hat damals, im Jahr 2004, sehr deutlich gesagt, dass, wenn solche Entscheidungen im Bund anstehen, immer wieder Konversionsmaßnahmen bei den entsprechenden Kommunen Berücksichtigung finden müssen.
Unsere Fraktion hat in diesem Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren, und darüber hinaus immer wieder gefordert, die Colbitz-Letzlinger Heide vollständig einer zivilen Nutzung zuzuführen. Daran hat sich nichts geändert.
Auch aus diesem Grund kann die Fraktion DIE LINKE diesem undifferenzierten Antrag, der die Beibehaltung aller Standorte fordert, keine Zustimmung erteilen. Die Entscheidungen über die Zukunft von Standorten werden im Bund gefällt, die Auswirkungen müssen leider die Länder und Kommunen tragen.
Danke sehr, Herr Dr. Thiel. - Die SPD hat auf einen weiteren Beitrag verzichtet, da Frau Budde den Antrag eingebracht hat. Ich erteile somit dem Abgeordneten Herrn Kosmehl für die FDP-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an den Anfang vielleicht gleich
das Ergebnis setzen und es dann begründen. Die FDPFraktion wird dem Antrag zustimmen. Wir können uns inhaltlich der Forderung, die die Koalitionsfraktionen formuliert haben, vollinhaltlich anschließen. Ich möchte das anhand mehrerer Punkte begründen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr hat seit 1990 - was den Bereich der neuen Bundesländer betrifft, aber, ich denke, auch insgesamt - einen einzigartigen Transformationsprozess durchlaufen. Die Bundeswehr ist heute, 20 Jahre nach der Wiedervereinigung, ein Symbol für das wiedervereinigte Deutschland, weil die Bundeswehr den Aufgaben des wiedervereinigten Deutschlands in der Welt auch dadurch gerecht wird, dass Deutschland einen substanziellen Beitrag dazu leistet,
dass auf der Welt Friedenssicherung sowie die Sicherung und Verteidigung der Menschenrechte betrieben werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dafür müssen wir alle den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, aber auch den Familien, die viel durchzumachen haben, während ihre Angehörigen im Ausland sind, einmal Dank dafür sagen, dass sie sich zur Verteidigung unserer Interessen, aber insbesondere auch zur Verteidigung der Menschenrechte in diese Gefahr begeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bereits im Jahr 2004 auf Antrag der FDP-Fraktion im Rahmen einer Aktuellen Debatte zu Auswirkungen der Bundeswehrstandortentscheidungen durch den Bundesminister der Verteidigung auf das Land Sachsen-Anhalt über Standortentscheidungen diskutiert. Damals war die Debatte durchaus von der Sorge geprägt, dass Sachsen-Anhalt weiter zurückfällt, was insbesondere die Anzahl der Dienstposten anbelangt.
Damals - das darf ich vielleicht in Erinnerung rufen - ging es um eine Reduzierung um 1 400 Dienstposten. Wenn man die bereits vorher getroffene Entscheidung für Dessau noch hinzurechnet, waren es sogar noch mehr. Damals kamen die von Frau Budde noch einmal aufgeführten 2,4 Soldaten je 1 000 Einwohner zustande. Es tröstet uns nicht, dass es mit Sachsen ein Land gibt, das eine noch geringere Dichte aufweist und das übrigens nur noch einen Garnisonsstandort hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr wird ihrem Anspruch als gesamtdeutsche Armee mit einer Präsenz in der Fläche nur dann gerecht werden können, wenn sie nachhaltig und langfristig auch in der Fläche Präsenz zeigt.
Deshalb sind wir der Auffassung, dass unsere Standorte in Sachsen-Anhalt erhalten bleiben müssen. Wir können das mit einem guten Gefühl auch in die Sachdebatte einbringen. Denn unsere Standorte in Sachsen-Anhalt haben etwas, was viele andere Standorte in anderen Bundesländern nicht haben: Bei uns werden Soldaten, zum Beispiel beim Sanitätskommando in Weißenfels, auf den Auslandsaufenthalt vorbereitet.
Unsere Soldaten gehen in der Colbitz-Letzlinger Heide in Übungen, um auf Auslandseinsätze vorbereitet zu werden. Wir haben in Havelberg Spezialisten, die sozusagen auch federführend sind. Wir haben die Logistiker in Burg, wir haben das Sprachenamt in Naumburg, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir haben auch Standorte - diese sind zwar kleiner, aber genauso wichtig - wie das Musterungszentrum in Halle, das Landeskommando in Magdeburg. All das, was die Bundeswehr als Anlaufstelle ausmacht und was dazu führt, dass wir in manchen Bereichen sagen können, wenn Hilfe gebraucht wird, ist die Bundeswehr da. Das haben wir bei jedem Hochwasser dankbar erfahren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Selbstverständlich kann man nicht sagen: Die Bundeswehr muss da bleiben, damit sie im Katastrophenfall helfen kann. Aber es ist doch ein gutes Gefühl zu wissen, dass, wenn der Katastrophenfall kommt, die Bundeswehr helfen kann, helfen will und geholfen hat und das auch in Zukunft tun wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt ist es wichtig für die Bundeswehr, aber auch für das Land Sachsen-Anhalt, dass Bundeswehr vor Ort ist. Die Akzeptanz der Truppe in unserem Land hat sich sehr gut entwickelt und ist heute vorhanden.
Sehr geehrter Herr Kollege Thiel, wer sich in der ColbitzLetzlinger Heide einmal umhört, der trifft natürlich immer noch diejenigen, die sagen: Die Heide muss militärfrei sein.
Aber Sie treffen eine viel größere Anzahl derer, die sagen, es ist gut, dass die Bundeswehr da ist, sie tut unserer Region gut und sie ist keine Belastung,
sondern sie ist willkommen in unserem Land. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns für Sachsen-Anhalt und auch für die Bundeswehr aufgrund dieser Spezialstandorte dafür eintreten, dass die Bundeswehr in Sachsen-Anhalt erhalten bleibt, auch wenn - das wird mein Schlusssatz sein - ich natürlich aus der Sicht der FDP den Schritt von Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg zur Aussetzung der Wehrpflicht und hin zu einer Freiwilligen-Armee nur begrüßen kann. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Kosmehl. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Schulz. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte meine Rede eigentlich damit beginnen, dass ich mich im Großen und Ganzen meinen Vorrednern anschließen kann. Ich wusste aber nicht, dass ich nach der Linkspartei sprechen werde. Deswegen wird meine Rede ein bisschen länger dauern.