Ich glaube, diesen Zahn sollte man Ihnen einfach ziehen; denn wir haben schon im Vorfeld überlegt, welche Dinge wir thematisieren wollen.
Als wir im Juni 2010 diesen Antrag eingebracht haben, hatten wir die Hoffnung, dass sich ein paar Dinge im Bereich der Wirtschaftsförderung ändern würden. Deswegen waren wir der Auffassung, der Landtag solle dieses Thema aufgreifen. Da im Fördergeschäft normalerweise vieles auf Regelungen beruht, die die Regierung über Verordnungen erlässt, haben wir versucht, mit unserem Antrag die derzeitige Situation im Land SachsenAnhalt und die Forderungen, die der Landtag an die Landesregierung hat, aufzuzeigen.
Man kann natürlich trefflich darüber streiten, ob die Fakten, die wir aufgeschrieben haben, stimmen, nämlich dass das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 mit minus 4,9 % BIP-Verlust im Bundesdurchschnitt am deutlichsten von der Krise gekennzeichnet war.
Man kann darüber diskutieren, dass die Arbeitslosigkeit zwar statistisch zurückgegangen ist, aber in den letzten Jahren eine Zunahme prekärer Beschäftigung zu verzeichnen ist, was die Sozialkassen immer mehr belastet. Man kann darüber streiten, ob das Einkommensniveau in Sachsen-Anhalt eines der niedrigsten in Deutschland
sei. Darunter leiden vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen und insbesondere das Handwerk. Man kann darüber streiten, dass die Regierung wirtschaftspolitisch kaum Akzente gesetzt hat.
Über die ersten drei Punkte kann man kaum streiten, über die letzten kann man sicherlich debattieren. Deswegen haben wir gesagt: Es ist an der Zeit, dass die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsförderung geändert werden. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass DIE LINKE das wollte, sondern es gab bei den ersten Auswertungen auch Signale aus der Landesregierung, dass das Thema Lockerung der Förderregelungen bezüglich der Arbeitsplätze vielleicht doch aufzuheben sei. Es gab Anfang des Jahres Empfehlungen des Ifo-Instituts, die darauf aufmerksam gemacht haben, dass der Förderzyklus in dieser Richtung neu beschrieben werden muss.
Also haben wir den Mut gehabt zu sagen: Wir fordern die Landesregierung auf, an drei Punkten die Position des Landtages aufzugreifen.
Wir stellten fest, dass CDU, SPD und FDP es abgelehnt haben, dass die Gestaltung der künftigen Förderpolitik konsequent mit einer Arbeitsplatzbindung zu versehen ist und bei den Kriterien der Vergabe existenzsichernde, subventionsfreie Arbeitsverhältnisse sowie verminderter Ressourcenverbrauch zu berücksichtigen seien.
Wir mussten feststellen, dass CDU, SPD und FDP es abgelehnt haben, dass bei der Vergabe von Fördermitteln neben der ordnungsgemäßen Verwendung der Fördermittel vor allem die nachhaltige Wirksamkeit für die regionale Entwicklung zu hinterfragen ist.
Wir mussten ferner feststellen, dass CDU, SPD und FDP dagegen gestimmt haben, dass die Landesregierung durch eigenes Wirken einen Beitrag dafür leisten soll, dass bei allen Aktivitäten zur Sicherung des Arbeitskräftepotenzials für eine höhere Akzeptanz tariflicher Entlohnung statt so genannter wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze zu werben sei.
Das sind die Aussagen, die wir im Ausschuss getroffen haben. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet, unseren Antrag abzulehnen. Es wird Sie nicht wundern, dass wir als Fraktion dieser Beschlussempfehlung nicht folgen und dagegen stimmen werden.
Wir werden diese Aussagen, die wir im Wirtschaftsausschuss zu diesen Fragen diskutiert haben, in den nächsten Wochen und Monaten sehr genau verfolgen, vor allem dann, wenn es darum geht, Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, dass tatsächlich Änderungen in der Förderpolitik notwendig sind. Wir werden daran erinnern, wie damals die anderen Fraktionen im Landtag gestimmt haben. Auf diese Debatte freuen wir uns. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Franke von der FDP-Fraktion. Möchten Sie sie beantworten?
Herr Dr. Thiel, ich habe mit großem Interesse Ihr Konzept gelesen. Auch in Ihrem Antrag wird sehr deutlich, dass Sie die Wirtschaftsförderpolitik in Sachsen-Anhalt an einige Kriterien knüpfen möchten, unter anderem an das Kriterium, dass in den Unternehmen, die gefördert werden können, ein Betriebsrat vorhanden ist.
Interessant ist, dass Sie drei Absätze weiter unten festgestellt haben, dass 90 % der Unternehmen in SachsenAnhalt weniger als zehn Mitarbeiter haben. Dann gibt es in der Regel keinen Betriebsrat.
Meine Frage ist: Wollen Sie durchsetzen, dass bei allen Unternehmen, also bei diesen 90 % ein Betriebsrat installiert wird, oder wollen sie 90 % der Unternehmen in Sachsen-Anhalt von der Förderung ausschließen?
Wir wollen eigentlich, dass das Betriebsverfassungsgesetz in Deutschland eingehalten wird. Darin gibt es klare Spielregeln. Die haben Sie gerade benannt. Bei einer Vielzahl von Unternehmen spielt es keine Rolle. Aber dort, wo es eine Rolle spielt, wollen wir nachfragen, inwieweit das Betriebsverfassungsgesetz durch das Unternehmen eingehalten wird.
Herr Dr. Thiel, es gibt eine weitere Nachfrage von Herrn Franke. - Das machen Sie gern, das weiß ich. Bitte, Herr Franke.
Das heißt also, die 90 %, die Kleinstunternehmen werden zukünftig nach Ihrer Auffassung von der Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt ausgeschlossen? So habe ich das jetzt verstanden.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Nein! Das hat er doch gerade gesagt! - Frau Rogée, DIE LINKE: Unter- stellen Sie nicht immer Sachen, die nicht stim- men! - Weitere Zurufe von der LINKEN)
Noch einmal; ich wiederhole mich gern: Es gibt ein Betriebsverfassungsgesetz. Darin ist festgelegt worden, ab welcher Größe Betriebsräte zu bilden sind. Wir verlangen, dass das in Sachsen-Anhalt eingehalten wird, nichts anderes. Wer nicht unter dieses Gesetz fällt, der braucht keine Angst zu haben, dass die LINKE mit aller Macht auf den Fördermittelsäcken sitzen bleibt und diese oder jene an dieser Stelle nicht fördern will.
Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Wir kommen zu dem Debattenbeitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Gürth wird sprechen.
Aber bevor ich Ihnen das Wort erteile, möchte ich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Unteres Selketal Braunsbedra begrüßen. Herzlich willkommen!
- Unteres Selketal. Munter sind die jungen Leute ohnehin, das ist doch logisch. - Herr Gürth, jetzt haben Sie das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zustimmen. Sie lautet:
„Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt dem Landtag, den vorgenannten Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen.“
Diese Auffassung vertreten alle Fraktionen außer der antragstellenden Fraktion DIE LINKE. Entweder haben die LINKEN Recht oder alle anderen. Wir sind bei den anderen. Warum? - Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist abzulehnen, weil er nicht nur in einem Teil belanglos, sondern in dem anderen Teil auch noch falsch ist.
Im ersten Teil des Antrags möchte die Fraktion DIE LINKE, dass der Landtag eine Reihe von statistischen Daten, die man aufgeschrieben hat, feststellt und sich im Übrigen der Meinung der LINKEN anschließt.
Unter Nr. 4 im ersten Teil steht sogar noch gänzlich Falsches. Dort behauptet die Fraktion DIE LINKE, dass durch die Landesregierung kaum Impulse gesetzt würden, um aus der Krise zu lernen und eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung einzuleiten.
Das ist nachgewiesenermaßen falsch. Wenn wir uns einmal anschauen, wo wir in Sachsen-Anhalt stehen, so müssen wir feststellen, dass wir in den letzten Jahren die erfolgreichste Periode in der wirtschaftlichen Entwicklung verzeichnen konnten. Das bedeutet, dass diese Landesregierung gerade im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik erfolgreich gearbeitet hat.
Wir haben festzustellen - das ist sehr erfreulich, weil es nämlich das größte Problem in Sachsen-Anhalt ist -, dass die Arbeitslosigkeit kontinuierlich sinkt.
Ich will einmal daran erinnern, dass die Fraktion DIE LINKE als PDS-Fraktion hier acht Jahre lang Verantwortung für die Wirtschaftspolitik getragen hat. In diesen acht Jahren der von der PDS verantworteten Wirtschaftspolitik gab es Rekordarbeitslosenzahlen, Rekordjugendarbeitslosigkeit und einen Rekord beim Absinken der Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im Land. Diesen Trend haben wir gestoppt.
Nehmen wir einen weiteren Punkt, der auch ganz wichtig ist. Wir brauchen uns nur einmal die Daten anzuschauen, die das Statistische Landesamt uns aufschreibt, nicht das, was Politiker sagen. Aufgrund dessen ist festzustellen, dass der Kurs richtig ist. Er ist deshalb richtig, weil wir in Bezug auf die Arbeitslosigkeit nicht nur an
dere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Berlin hinter uns gelassen haben, sondern auch den Abstand zu allen anderen Ländern wesentlich verringern konnten.
Eine wesentliche Säule dabei ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Die ist gestiegen.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist gestiegen, weil wir zwischendurch eine erhebliche Abwanderung und ein Absinken hatten. Wenn wir uns die Arbeitslosenstatistik anschauen, dann stellen wir fest, dass wir nicht nur um 2 Prozentpunkte schlechter waren als Mecklenburg-Vorpommern, sondern dass wir zu diesem Zeitpunkt auch mehr als 100 000 Menschen auf dem zweiten Arbeitsmarkt quasi untergebracht hatten, die gar nicht mehr in der Statistik erfasst wurden.