Vielen Dank. Das war der Debattenbeitrag der FDP. - Wir kommen dann zum letzten Debattenbeitrag, dem Beitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Miesterfeldt erhält das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschussvorsitzende hat sachlich berichtet, die Kollegen Fachleute haben ihre Standpunkte vorgetragen - und nun auch noch ich. Was macht man da als Letzter? - Man versucht, eine Hausaufgabe abzuarbeiten. Herr Dr. Köck, ich habe die Ihre nicht vergessen. Sie haben mich das letzte Mal gefragt, was ich unter Nachhaltigkeit verstehe oder wie ich das definiere. Das ist heute schnell nachgefragt und wenn man so eine Hausaufgabe abarbeitet, wird man nicht dümmer.
Was mich am meisten beeindruckt hat: Dass die Sache der Nachhaltigkeit das erste Mal in der Literatur im Jahr 1560 auftaucht, und zwar im Zusammenhang mit der Bergwerksverbauung, und dann mit der Forstwirtschaft. Es war im Jahr 1713 Hans Carl von Carlowitz, der mit der Sache und dem Begriff intensiv gearbeitet hat. Ich glaube, gerade bei der Forstwirtschaft ist jedem eindrücklich bewusst, was es heißt, nachhaltig zu wirtschaften. Es ist sicherlich kein Zufall, dass es um den Wald ging, dass Menschen nachhaltig handeln, wenn die Ressourcen, die sie haben, so verwaltet werden, dass auch die nachfolgenden Generationen etwas davon haben.
Inzwischen ist das aus dem ökologischen Bereich auch in den ökonomischen und den sozialen Bereich hinübergewechselt. Allerdings - damit wäre ich bei meiner Antwort vom letzten Mal, Herr Dr. Köck; diese war etwas dünn, das gebe ich zu - wird der Begriff Nachhaltigkeit auch als Gummibegriff bezeichnet, weil es schwierig ist, damit umzugehen.
So schwierig war es auch, mit diesem Antrag umzugehen. Warum? - Selbstverständlich gibt es nirgendwo auf der Welt, auch in Sachsen-Anhalt nicht, eine Wirtschaftspolitik, die allumfassend gut ist. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass ein Wirtschaftsminister, hieße er nun Haseloff oder wie auch immer, von sich behaupten würde: Unsere Wirtschaftspolitik ist allumfassend gut und daran ist nichts verbesserungswürdig.
Ich möchte meinen kurzen Beitrag mit einem Beispiel präzisieren. Man stelle sich einmal vor, in einer Region hätte sich aufgrund einer innovativen Technologie ein
Unternehmen angesiedelt und hätte 100 Arbeitsplätze geschaffen. Aber die Entwicklung geht weiter und irgendwo anders in der weiten Welt - oder auch in einer anderen Ecke Deutschlands - hätte jemand diese Innovation fortgeführt und er könnte jetzt das Produkt nicht mit 100, sondern mit 50 Arbeitsplätzen schaffen.
Dann will ich mal den Wirtschaftsminister, aber auch den Landtagsabgeordneten sehen, den Landrat sehen, der sich nicht vor Ort dafür einsetzt, dass das Unternehmen, das es dort schon gibt, das nun aber aufgrund der Rationalisierung Arbeitsplätze abbauen muss, erhalten bleibt und gegebenenfalls auch gefördert wird. Das halte ich an dem Antrag der LINKEN zumindest für mich für verdrießlich, dass dieser Zusammenhang nicht gesehen wird.
Dass wir innovationsorientierte Arbeitsplatzstrukturen brauchen, wissen wir alle, und mit dem Doppelhaushalt 2010/2011 haben wir auch gezeigt, dass wir das unterstützen und fördern, indem wir im Vergleich zu vielen anderen Haushaltsstellen, bei denen die Mittel gekürzt worden sind, im Bereich FuE einen Mittelaufwuchs hatten wie in kaum einem anderen Bereich.
Selbstverständlich wissen wir alle, dass Lohnzurückhaltung und Niedriglöhne die Binnennachfrage schwächen, und wer die Binnennachfrage schwächt, schwächt letztlich die Wirtschaft. Das heißt also, jeder Wirtschaftspolitiker - letztlich sage ich: auch jeder Unternehmer - muss daran interessiert sein, dass die Leute bei ihm vernünftig verdienen, um mit dem verdienten Geld wiederum einkaufen gehen zu können.
Dass wir in einer Phase leben, in der wir Arbeitslosigkeit auch dadurch abgebaut haben, dass es Niedriglohnbereiche in verstärktem Maße gibt, das würde ich eher als eine Notsituation beschreiben. Ich hoffe, dass es eine Übergangssituation ist.
Ich gehe auch davon aus, dass mit der Reduzierung des Angebotes von Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt auch die Lohnzurückhaltung der Arbeitgeber zurückgehen wird, weil sie händeringend Arbeitskräfte suchen werden. Das, was wertvoll ist und von dem es wenig gibt, wird automatisch mehr wert und wird dann auch besser bezahlt. Ich gehe also davon aus, dass die Fachkräfte zukünftig noch besser bezahlt werden als jetzt.
Ich sehe das Problem, dass es bei Menschen mit geringer Qualifizierung noch eine Herausforderung an die Zukunft sein wird, ebenfalls zu gerechteren Arbeitslöhnen zu kommen. Wir sollten uns auch hüten, die Situation mit Fremdworten zu verharmlosen. Ich betrachte sowohl das Wort „atypisches Arbeitsverhältnis“ als auch das Wort „prekäres Arbeitsverhältnis“ eher als etwas Verwischendes. Es sind einfach Menschen, die zu wenig verdienen. Das ist eine Herausforderung für die Zukunft.
Ich werde nicht müde, auch von diesem Platz aus immer wieder zu wiederholen: Die Tarifpartner müssen sich in ihrer Organisiertheit stärken,
sowohl die Arbeitgeber als auch erst recht die Arbeitnehmer. Dann wird es zukünftig auch zu Tarifverträgen kommen, die für beide Seiten verträglich sind, und die Politik wird sich mit Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zurückhalten können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Miesterfeldt. - Meine Damen und Herren! Weitere Debattenbeiträge sehe ich nicht. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/2856.
Es erfolgt die Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der Koalition und bei der FDP. Wer lehnt die Beschlussempfehlung ab? - Ablehnung bei der Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Keiner. Meine Damen und Herren! Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 12. - Herzlichen Dank.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien - Drs. 5/2868
Die erste Beratung fand in der 75. Sitzung des Landtages am 29. April 2010 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Schulz. Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! In der 75. Sitzung am 29. April 2010 hat der Landtag den Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Kooperationsverbot im Bereich der Bildungspolitik aufheben“ in der Drs. 5/2546 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen.
Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien hat den Antrag in der 50. Sitzung am 25. Juni 2010 erstmals beraten und im Anschluss an die Beratung mit 9 : 1 : 0 Stimmen eine den Antrag unverändert belassende vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss verabschiedet.
Der mitberatende Bildungsausschuss beriet den Antrag in der 63. Sitzung am 1. September 2010. Seitens der Fraktion der SPD wurde beantragt, Satz 2 des Antrages zu streichen und Satz 1 in der Fassung der vorliegenden Beschlussempfehlung zu beschließen. Während die Fraktion der CDU das Anliegen in der Diskussion unterstützte, lehnte dies die Fraktion der FDP mit der Begründung ab, es sei in der Föderalismuskommission hinreichend diskutiert worden. Die Fraktion DIE LINKE befürwortete die ursprüngliche Fassung des Antrages.
Die Änderung wurde schließlich mit 8 : 4 : 0 Stimmen angenommen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur an den federführenden Ausschuss wurde mit 11 : 1 : 0 Stimmen verabschiedet.
Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien befasste sich in der 52. Sitzung am 24. September 2010 erneut mit dem Auftrag und stimmte mit 7 : 0 : 1 Stimmen der Formulierung der in der Drs. 5/2868 vorliegenden Beschlussempfehlung, die der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses folgt, zu.
Dies vorausgeschickt, bitte ich namens des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien den Landtag um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.
Danke für die Berichterstattung, Herr Schulz. - Wir treten in die Debatte ein. Zunächst hat Herr Staatsminister Robra für die Landesregierung um das Wort gebeten. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung nimmt den Appell, sich dafür einzusetzen, durch eine Änderung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland die Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern zu verbessern, entgegen und den Auftrag an.
Ich will allerdings nicht verhehlen, dass das ein schwerer Gang werden dürfte. Denn die Kulturhoheit der Länder ist das Hausgut der Landesparlamente. Es wird Länder geben, die die Spielräume des Bundes auf diesem Felde, wie wir sie im Rahmen der Föderalismusreform I definiert haben, nicht erweitern wollen. Die Sorge, dass der Bund mit seinen finanziellen Möglichkeiten die Länder an die Wand drücken könnte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
Wir erleben bei dem Thema Bafög gerade wieder im Vermittlungsausschuss, dass der Bund mit seinem Angebot in Höhe von 136 Millionen € Dinge in Gang gebracht hat, Länderpositionen aufgeweicht hat und am Ende vermutlich doch den Gang der Dinge prägen und bestimmen wird.
An dieser Stelle die geeigneten Abgrenzungsformeln auch auf der Ebene des Grundgesetzes zu finden, dass sich diese Sorgen und Gefahren nicht verwirklichen, sondern dass die Landesparlamente gerade auf dem Gebiet der Bildungspolitik weiterhin, um es einmal ganz platt zu sagen, das Sagen haben werden und bestimmen können, was im jeweiligen Bundesland passiert, wird die Aufgabe sein, die vor uns liegt. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten, wie wir dabei vorankommen. Ich bin selber gespannt, zu welchen Ergebnissen wir kommen werden. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren. Dieses Landesparlament erlebt ab und zu auch einmal glückliche Momente. Wir sind bei einem solchen
Moment; denn wir können einen Antrag meiner Fraktion zu einem Beschluss führen. Allerdings ist die Freude bzw. das Glück nicht ungetrübt; dazu komme ich noch.
Erfolgreiche Bildungspolitik braucht starke Länder. Damit will ich an den Staatsminister anschließen: Ohne Frage liegt die Bildungspolitik in der Kompetenz der Länder. Daran sollte der Antrag nichts ändern und daran wird natürlich auch die Beschlussempfehlung nichts ändern. Es gab im Verlauf der Diskussion sowohl während der ersten Lesung als auch während der Ausschussberatungen die Sorge von dem einen oder anderen, es gehe um eine blinde Zentralisierung. Das ist nicht der Fall.
Die Ausschüsse haben sich gemeinschaftlich für dieses Plädoyer entschieden, den schweren Gang für die Landesregierung - ich habe wenig Mitleid, Herr Robra - zu vereinbaren und sich für eine Korrektur der Föderalismusreform an dieser Stelle einzusetzen. Fehler passieren, auch in der Politik. Meine Damen und Herren, davon sind wir alle nicht frei, aber vielleicht haben wir eine Chance, diesen Fehler der Föderalismusreform miteinander zu korrigieren.
In der Berichterstattung wurde darauf eingegangen, was wir in der Ausschussberatung nicht geschafft haben. Der zweite Satz des Antrages ist gestrichen worden. Aus meiner Sicht ist das inkonsequent. Denn ich denke, dass wir, wenn wir uns stark machen für mehr Kooperationen zwischen Bund und Ländern, auch den Mut haben müssen zu definieren, was wir darunter verstehen.
Ich glaube, Sinn ergibt es nur zu sagen: Bildung muss eine Gemeinschaftsaufgabe starker Länder und des Bundes gleichermaßen sein. Ansonsten wäre meine Empfehlung an die Landesregierung, demnächst auch die Treffen mit der Bundeskanzlerin zum Thema Bildung abzusagen; denn beides, die Gemeinschaftsaufgabe nicht zu wollen, aber sich zu diesen Sitzungen zu treffen, passt nicht zusammen.
(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Weiß, CDU: Das, was wir wollen, werden wir euch hier nicht überlassen! - Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)
Ganz zuletzt will ich noch einmal sagen: Ich freue mich, dass wir uns gemeinsam, über die Fraktionen hinweg - mit Ausnahme der FDP, glaube ich -, verständigt haben. Es wird nicht nur Aufgabe der Landesregierung, sondern auch der Landesparlamente sein, dafür jetzt bei den anderen Ländern zu werben. - Herzlichen Dank.