Das hat auch die Anhörung ergeben, in der viele Problemfelder aufgezeigt worden sind. Deswegen bitten wir umso eindringlicher um die Zustimmung zu dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf und der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses. Mit diesem Gesetz gewinnen wir Zeit, in der die Hilfsorganisationen nicht in eine Lage versetzt werden, die nicht mehr repariert werden kann.
Wir gewinnen Zeit, um auszuloten, was auf europäischer Ebene und auf Bundesebene hinsichtlich des großen Komplexes Rettungsdienst gewollt ist. Wir erhoffen uns
auch eine Antwort auf die Frage, die Herr Dr. Eckert angesprochen hat: Wie viele Leitstellen brauchen wir? Wie ist ein tragfähiges Rettungsdienstsystem in unserem Lande machbar?
Die Satzungslösung ist nichts Neues. Die hatten wir schon geraume Zeit. Meines Erachtens hat sie sich auch bewährt gehabt. Sie ist nur damals, zu Regierungszeiten von FDP und CDU, im letzten Abstimmungsverfahren plötzlich weg gewesen. Also, es ist nicht so, dass wir etwas machen, das wir noch nicht ausprobiert haben.
Wir haben im Sozialausschuss gesagt, dass wir auch bei dieser Festlegung im Gesetz schauen können, wie sie wirkt. Ich will ganz offen sagen - das habe ich im Ausschuss auch schon geäußert -: Allein die Ankündigung, dass wir, wenn es keine Einigung gibt, eine Satzungslösung machen, hat bei den Trägern des Rettungsdienstes, bei den Hilfsorganisationen und in diese ganzen Verfahren, die schon seit Jahren dort lagen, sehr viel Bewegung gebracht.
Es hat noch bis zu dem Morgen dieser entscheidenden Sitzung des Sozialausschusses Einigungen zu den Tarifen der Notärzte gegeben. Das darf man hier auch nicht vergessen. Da hat es zum ersten Mal zwischen den Trägern des Rettungsdienstes und der Kassenärztlichen Vereinigung eine Regelung über Millionensummen gegeben. Das möchten wir gerne weiter forcieren. Deswegen bitte ich um Zustimmung.
Wie wichtig der ganze Bereich Rettungsdienst ist, macht auch eine Presseinformation aus dem hessischen Sozialministerium vom 11. November 2010 deutlich. Auch die sagen, dass der Rettungsdienst ein hohes Ansehen genießt. Und wenn man die demografische Entwicklung und die hohe Qualität des Rettungsdienstes aufrechterhalten will, dann muss man sehen, wie man die Hilfsorganisationen und die Träger, die wir in unserem Lande haben, weiterhin als tragende Pfeiler dieser Gesellschaft und dieses Rettungsdienstes betrachtet.
Deswegen bitte ich, diesen Zwischenschritt mit uns zu gehen und zu schauen, dass wir im nächsten Jahr oder in den nächsten zwei Jahren, solange wir Zeit haben, einen guten Gesetzentwurf auf den Weg bringen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Nun erteile ich Frau Dr. Hüskens das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht. Auch wenn Frau Grimm-Benne gerade noch einmal sehr klar gemacht hat, dass es hierbei nur um den Versuch geht, Zeit zu gewinnen, glaube ich, dass wir uns an dieser Stelle vielleicht doch etwas mehr Zeit hätten nehmen sollen.
Wir haben lange im Landtag diskutiert - das hat Frau Grimm-Benne völlig zu Recht dargestellt - und haben auch eine ganze Reihe von unterschiedlichen Fassetten beim Thema Rettungsdienst diskutiert. Ich glaube, dass wir uns inzwischen alle vergegenwärtigt haben, dass es enorm schwer sein wird, in diesem Bereich ein Gesetz zu machen, das allen Beteiligten gerecht wird. Das muss man auch als Opposition zugestehen.
Nachdem der ursprünglich vorgesehene große Wurf über die Sommerpause beerdigt worden ist, was ich richtig finde, haben Sie nach der Sommerpause ein Schiebegesetz eingebracht, in dem es nur darum geht, ein bisschen Luft zu gewinnen. Ich habe inhaltlich sogar eine gewisse Sympathie dafür, dass man sagt: Okay, wenn ich zu einem Zeitpunkt feststelle, dass ich nicht ordentlich über die Runden komme und keinen Gesetzentwurf einbringen kann, der die Probleme wirklich löst, dann versuche ich, mir ein bisschen Luft zu verschaffen. Ich denke, das ist durchaus menschlich.
Wir haben aber in der Anhörung ein Problem vorgetragen bekommen, das man meiner Meinung nach nicht beiseite schieben darf. Wir haben in Sachsen-Anhalt ein Submissionsmodell. Das bedeutet, dass wir in einen ähnlichen Rechtskreis hineinkommen wie die Kollegen in Sachsen. Die haben gerade ein Urteil kassiert, das relativ eindeutig ist.
Wir müssen daher davon ausgehen, dass die klagefreudigen Vertragspartner in diesem Bereich auch hier vor Gericht gehen und dass wir das, was wir eigentlich wollten, nämlich drei Jahre lang Ruhe in das System zu bringen, um in Ruhe über eine neue gesetzliche Lösung nachdenken zu können, nicht erreichen werden. Ich vermute, dass hier nur der Berufsstand gewinnen wird, für den man nicht genug klagen kann. Von daher ist das gut gewollt, aber meiner Meinung nach handwerklich schlecht umgesetzt worden.
Das, was wir inzwischen an Schriftsätzen bekommen haben, ist durchaus nachvollziehbar und macht meiner Meinung nach den Eindruck, als ob es Hand und Fuß hat.
Der andere Punkt ist das Thema, auf das Herr Dr. Eckert schon hingewiesen hat, nämlich das Thema Satzungslösung.
Ja, wir haben in Sachsen-Anhalt schon einmal eine Satzungslösung gehabt. Ja, es gab in der letzten Legislaturperiode die Notwendigkeit, diese Satzungslösung zu ändern, auch vor dem Hintergrund der Kosten. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Die meisten von uns zahlen in die gesetzliche Krankenkasse ein und wissen, welcher Kostendruck in diesem Bereich entsteht.
Man darf sich da auch nichts in die Tasche lügen und so tun, als ob der Steuerzahler und der Beitragszahler zwei verschiedene Personen wären. Das sind sie nicht. Das heißt, wir brauchen die Effizienzrenditen im System. Diese sind bisher nicht umgesetzt worden.
Jetzt haben wir gesehen, die Schiedsstelle funktioniert nicht. Zur Wahrheit gehört auch: Die Verordnung, die in dieser Legislaturperiode vom Ministerium erlassen worden ist, ist inzwischen vor Gericht gekippt und als nichtig eingestuft worden.
Auch an dieser Stelle ist handwerklich einiges nachzubessern gewesen. Dem hätte man sich zunächst widmen sollen.
Solange wollen Sie aber nicht warten. Sie haben gesagt: Okay, wir befördern einmal die Verhandlungspartner und sorgen für ein bisschen Druck. Ich wäre auch nicht ganz abgeneigt zu sagen: Wenn man sieht, dass die Partner einander nicht so richtig helfen wollen, kann man sie vielleicht so motivieren. Dafür hätte aber die ursprüngliche Regelung, die wir vorgesehen hatten, auch gereicht.
Sie sind noch einmal hingegangen in einem Verfahren, in dem Ihnen die Oppositionsfraktionen, wie ich finde, sehr weit entgegengekommen sind. Wir haben ein Verfahren zugelassen, das nach meiner Meinung eine absolute Ausnahme sein muss, um dafür Sorge zu tragen, dass dieses Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann und tatsächlich noch zum Tragen kommen.
Sie haben wirklich in den letzten paar Minuten, bevor wir das Ganze verabschiedet haben, noch einen Änderungsantrag eingebracht, der die Sachlage materiell verändert. Das ist relativ unsportlich; darüber kann ich mich beschweren oder nicht. Es führt aber dazu, dass die Vertragspartner künftig einen extrem kurzen Zeitraum haben, um etwas vereinbaren zu können, der übrigens auch vom Ministerium als zu kurz eingeschätzt worden ist.
Herr Dr. Eckert hat völlig Recht: Das sind Präjudizien hin zur Satzungslösung. Wenn Sie das wollen, dann hätten Sie das auch gleich machen können. Sie müssen uns jetzt nicht erzählen, dass das nur eine Übergangslösung sein solle und dass man sich das noch einmal anschauen möchte.
Sie gehen wieder zur Satzungslösung zurück. Das bedeutet schlicht und ergreifend - da brauchen Sie mir nicht vorzumachen -, dass wir auch zu anderen Kostenstrukturen kommen. Dann wird wahrscheinlich demnächst das Gejammere wieder groß sein, dass auf die Art und Weise die Kosten steigen werden.
Auch hierbei stellt sich die Frage: Klagen oder nicht klagen? - Auch mit der Variante, die Sie jetzt gefunden haben, werden sich die Vertragspartner anschließend vor Gericht wiederfinden. Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Hierbei geht es um hohe Kosten. Wir haben tatsächlich einen Bereich, in dem fast jeder offensichtlich nahe bei einem Gericht wohnt und der Meinung ist, er muss sein Recht auch vor Gericht erstreiten.
In Zukunft haben wir noch drei, die miteinander streiten können. Wir haben einmal den Landkreis mit seiner Satzung. Der wird dann wahrscheinlich in dem einen Fall vom Leistungserbringer verklagt, in dem anderen Fall vom Kostenträger. Der Landkreis wird sich mit beiden auseinandersetzen müssen. Er hat vielleicht - das ist richtig - mehr Geld als der Leistungserbringer. Das führt aber nicht dazu, dass wir Rechtssicherheit in diesem Bereich haben, und es führt definitiv nicht zu Rechtsfrieden.
Wir können alle zusammen nur hoffen - Sie werden das Gesetz ja heute verabschieden -, dass wir uns beim dritten Versuch, dieses Gesetz kostengünstiger und effizienter zu machen, richtig Zeit nehmen, dass das nicht wieder am Ende der nächsten Legislaturperiode stattfindet und wir dann vielleicht in der Lage sind, auch nicht alle Interessen zu berücksichtigen, aber dafür Sorge zu tragen, dass wir handwerklich ein ordentliches Gesetz haben. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Zum Abschluss der Debatte hören wir den Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile Herrn Kurze das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Oppositions
fraktionen zu Beginn der Debatte in der ersten Lesung mit uns gemeinsam gestimmt haben. Ich freue mich auch, dass im Sozialausschuss die eben beschriebene Verfahrensweise so vollzogen werden konnte.
Was man natürlich zur Klarheit und Wahrheit noch anbringen muss, ist, dass die Oppositionsfraktionen, als wir das Thema Anfang des Jahres angeschoben haben, im Ausschuss und auch hier im Plenum gesagt haben, wir müssten da nicht ran, weil sie gedacht haben, dass hierzu keine Notwendigkeit besteht. Im Laufe des Verfahrens und der Diskussion im letzten halben Jahr haben dann auch die Oppositionsfraktionen erkannt - sonst hätten sie am Ende nicht mitgestimmt -, dass wir Probleme mit dem geltenden Recht haben und als Gesetzgeber im Rahmen unserer Sorgfaltspflicht gemeinsam daran arbeiten müssen, diese Probleme so weit wie möglich abzustellen.
Für uns, die Koalitionsfraktionen, ist der Rettungsdienst ein Mosaikstein der Daseinsvorsorge, nicht eine reine Transportleistung, wie sich das der eine oder andere wünscht. Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir eine große Novelle auf den Weg bringen. Nun müssen wir das in der nächsten Legislaturperiode anpacken; denn die Probleme insgesamt sind sehr vielschichtig. Die einzelnen Beteiligten in beiden von uns durchgeführten Anhörungen haben eine Menge Dinge vorgetragen, über die wir reden müssen.
Ich glaube aber nicht, dass sich die Kostenentwicklung so, wie es von der LINKEN und der FDP vorgetragen wurde, entwickeln wird. Wir müssen bei der Wahrheit und Klarheit bleiben. Die Kostensteigerung im System resultiert in den letzten Jahren ausschließlich daraus, dass die Kosten der Notärzte explodiert sind, nämlich um 80 %.
Wir werden diese Kostenexplosion nicht wettmachen können, indem wir uns einen Billiganbieter in das Land holen, der dann die Leistung erbringt. Wir wissen alle, was ein Rettungssanitäter auf dem Wagen im Jahr als Bruttogehalt verdient. Ich glaube nicht, dass wir an dieser Stelle noch reduzieren und Kosten einsparen können.
Das ist eine fadenscheinige Diskussion, von der wir wegkommen sollten. Das haben wir auch den Krankenkassen gesagt. Wir haben den Krankenkassen in der Debatte angeboten, dass sie die Bestellung der Notärzte übernehmen können, wenn sie diese Aufgabe besser, effektiver und kostengünstiger als die Kassenärztliche Vereinigung gestalten können. Die haben natürlich gleich die Hände hochgerissen und gesagt, dass es so nicht gemeint war.
Noch kurz zu den Leitstellen. Wir haben in der Anhörung auch gefragt, was die Reduzierung der Leitstellen nach der Kreisgebietsreform gebracht hat. Wir sind von 24 Leitstellen auf 14 Leitstellen heruntergegangen. Ich habe in der Anhörung gefragt, wie viel, gemessen zwischen Daumen und Zeigefinger, wir eingespart haben. Am Ende mussten die Kassen darlegen, dass es kein Geld gebracht hat, sondern mehr Geld gekostet hat, und zwar selbst die Reduzierung von 24 auf 14 Leitstellen.
Deshalb ist es fraglich, was eine Reduzierung von 14 auf fünf Leitstellen bringen soll. Wir sollten uns nicht an Brandenburg orientieren. Wir wissen ja, in Brandenburg ist der Wolf. Wir sollten uns auf die Menschen hier konzentrieren, die wir retten wollen.
Dafür brauchen wir ein vernünftiges System. Dieses sollten wir mit einem vernünftigen Gesetz gewährleisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann damit leben, dass wir getrennt abstimmen, wie es von der Opposition vorgeschlagen wurde. Ich bitte um Zustimmung und hoffe, dass wir in der nächsten Legislaturperiode den großen Wurf hinbekommen. Denn die Hilfsorganisationen und die privaten Anbieter, die wir im Land haben, sind für uns wichtig - nicht nur für den Rettungsdienst, sondern auch für den Katastrophenschutz und am Ende für die Daseinsvorsorge.
Vielen Dank. Herr Kurze, möchten Sie Fragen beantworten, und zwar zunächst von Herrn Dr. Eckert? - Das möchten Sie nicht. Möchten Sie vielleicht eine Frage von Herrn Kley beantworten? - Auch nicht.
Ich möchte wenigstens im Rahmen einer Intervention darauf hinweisen, dass es, bevor wir uns im Landtag damit befasst haben, einen Selbstbefassungsantrag der FDP-Fraktion zur Wirkung des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes und Ähnlichem - den genauen Titel habe ich nicht im Kopf - gegeben hat und wir daraufhin im Ausschuss zu den Fragen diskutiert haben.