Nun zu Ihrer ersten Frage. Natürlich sind Schulden etwas Schlechtes, weil Sie die dafür bezahlten Zinsen von den Ausgaben abziehen müssen, die Sie dafür realisieren. Ich sage nur einmal: Politisch, was bei den Leuten eigentlich ankommt, sieht die Situation eigenartigerweise anders aus.
Wir haben immer das Musterland Sachsen, das uns vorgehalten wird. Jetzt schauen Sie sich einmal an, was in Sachsen gerade passiert. All das, wofür man nach dieser Logik in Sachsen eigentlich haushaltspolitische Spielräume haben müsste, wird in Sachsen zurzeit radikal zusammengestrichen und abgewickelt. Die Menschen gehen dort zu Zehntausenden auf die Straße.
Was ist denn das für eine Botschaft? Wir haben einen hervorragenden Haushalt, aber eure Lebensqualität, die werden wir absenken. Na, hallo, das ist keine Begründung für eine entsprechende Haushaltspolitik.
(Beifall bei der LINKEN - Herr Kurze, CDU: Das ist doch Quatsch! - Zuruf von der CDU: Na, das ist aber eine Logik!)
Ein Beispiel aus dem Land Sachsen-Anhalt; das finde ich immer am besten. Wir sagen: Durch die Schuldenbremse und durch den Abbau der Verschuldung erhöhen wir den Spielraum für die nächsten Generationen. Dafür müssen aber die nächsten Generationen erstens überhaupt noch in Sachsen-Anhalt anwesend sein und zweitens müssen die nächsten Generationen überhaupt noch die Chance haben, eine solche Entwicklung zu nehmen, dass sie auch mit diesen Dingen umgehen können.
Es gibt im Wahlprogramm der SPD und im Wahlprogramm der LINKEN eine Forderung, die nach unseren Berechnungen nur auf Landesseite 37 Millionen € kostet, nämlich die Ganztagsbetreuung für alle Kinder in den Kindertagesstätten.
Dazu sage ich mit aller Deutlichkeit: Wenn es gar nicht anders geht, werden wir auch bereit sein, diese Ganztagsbetreuung über Schulden zu finanzieren, weil wir damit mehr Zukunftssicherung betreiben als mit radikalen Einsparungen. Das ist unsere Logik an dieser Stelle. Diese werden wir öffentlich vertreten.
Ich warne die Kolleginnen und Kollegen der CDU, sich darüber aufzuregen; sonst nenne ich zwei Beispiele aus Ihrem Wahlprogramm, die viel teurer sind, meine liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will gar nicht auf Ihre Fehleinschätzung betreffend die USA eingehen, weil Sie diesbezüglich einfach nicht Recht haben. Unter Bill Clinton hatten die USA einen ausgeglichenen Haushalt,
und zwar unter dem Druck des Senats, wo damals die Konservativen die Mehrheit hatten. Aber das ist nicht das Thema für uns in Sachsen-Anhalt.
Ich habe Ihren Ausführungen entnehmen können, dass Sie für alle politischen Wünsche Schulden machen und Kredite aufnehmen würden. Wären Sie vor diesem Hintergrund - das sind ja nur Ausgabenpositionen, jetzt kommen wir einmal zu den Einnahmen und zur Steuerpolitik, die Sie ansprachen - für die Einführung des Ländersteuerrechts, wonach die Länder selbst Steuern erheben könnten?
Meine zweite Frage: Welche Ländersteuern würden Sie denn einführen bzw. erheben? - Man kann ja nicht alle Wünsche nur über Pump finanzieren.
Nein, überhaupt nicht. Erstens, wir haben in der Bundesrepublik Deutschland ein dominantes bundesweites Steuerrecht. Die Ländereinnahmen sind sozusagen außerordentliche Marginalien. Übrigens waren wir vor Kurzem für eine solche Ländereinnahme, und zwar haben wir sehr früh dafür gestritten. Das war ein Vorschlag der Landesregierung. Die Einzigen, die sich, als es knapp wurde, in die Büsche schlugen, waren die Koalitionsfraktionen. Es ging um den Wasserpfennig.
Da war die Frage, ob wir mehr Einnahmen in das Land holen könnten. Dann gab es drei, vier Anrufe von verschiedenen Lobbyverbänden, und auf einmal war die Sache vom Tisch. So sah die Situation aus. Das nenne ich Populismus, meine liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.
- Einflussreiche Lobbyverbände können auch Gewerkschaften sein. Nur an dieser Stelle hat das bei uns nicht dazu geführt, dass wir von dieser Maßnahme Abstand
genommen haben, Herr Wolpert. Das ist der unterschiedliche Umgang der LINKEN und der FDP mit Lobbyverbänden. Das ist schon möglich.
Das nächste Problem. Nein, ich halte eine länderspezifische Steuerhoheit insgesamt für einen völlig falschen Weg. Das sage ich ausdrücklich.
Wir würden in einen völlig aussichtslosen Wettbewerb geraten. Deswegen sage ich: Ich habe ein anderes Staatsverständnis als die USA, wo es diese Möglichkeiten gibt. Ich will tatsächlich die grundgesetzliche Vorgabe der gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland umsetzen.
Ich weiß genau, was bei einer länderspezifischen Steuerhoheit passieren würde. Wir würden ein radikaleres Auseinanderdriften haben als bisher. Deswegen lehne ich es ab. Deswegen kann man auf der anderen Seite allerdings den Ländern nicht verbieten, in bestimmten Situationen Schulden aufzunehmen, damit sie einen Spielraum haben.
Ich sage noch eines: Das Bescheuertste, was uns auf kommunaler Ebene passieren kann, ist das, was Schäuble gerade vorschlägt, diese Dinge sogar noch auf die Kommunen herunterzubrechen.
Da sage ich: Leute, den Steuersatz von Barleben möchte ich einmal mit dem von Magdeburg vergleichen; wahrscheinlich würden sich die Einwohnerzahlen in 20 Jahren umgekehrt haben.
Aber, liebe Leute, kann das denn das Ziel von Politik sein? - Das kann nicht das Ziel von Politik sein. Deswegen müssen wir eher darüber nachdenken, wie wir den Steuerdumpingwettbewerb auf europäischer Ebene verhindern. Über diese Zielstellung lohnt es sich nachzudenken und nicht nur darüber zu reden.
Das muss jetzt sein, sonst kann ich nicht in die Mittagspause gehen. - Wir konnten jetzt Ihren markigen Worten entnehmen, dass der Bund höhere Steuern einnehmen soll, damit Sie, wenn Sie einmal regieren, auf Länderebene mehr ausgeben können. Wenn dann noch nicht genug Geld hereinkommt - egal, was es kostet -, dann werden halt Schulden gemacht, um Wünsche zu erfüllen. Das ist die Politik der LINKEN.
(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE - Herr Kosmehl, FDP: Das hat er gesagt! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Sie können nicht zuhören!)
Herr Gürth, jetzt haben Sie sozusagen eine alles erschlagende Zusammenfassung gegeben. Nein, Herr Gürth, ich will etwas völlig anderes. Ich will, dass die Steuerquote auf der Bundesebene in etwa wieder so hoch wird, wie sie unter Helmut Kohl gewesen ist, damit wir hier keine Schulden aufnehmen müssen. Das ist unsere Perspektive für dieses Land.
Dieses Privileg würde ich sogar Ihnen zugestehen, wenn Sie hier weiter regieren sollten, was ich allerdings verhindern will, aber möglicherweise nicht kann. Insofern bin ich da sehr kollegial zu Ihnen, Herr Gürth. - Danke.
Vielen Dank, Herr Gallert. - Für die SPD-Fraktion spricht Frau Fischer. Aber ich habe zunächst die Freude, auf der Nordtribüne Damen und Herren des Badminton-Vereins aus Burg begrüßen zu können.