Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

deutlich verschlechtern würde. Die Einnahmen im Jahr 2009 beliefen sich auf 7,604 Milliarden €. Im Jahr 2016 würden die Einnahmen lediglich bei rund 6,923 Milliarden € liegen. Zumindest ist das so prognostiziert worden; ich kenne kein anderes Rechenmodell. Das neue Modell prognostiziert dagegen für das Jahr 2016 eine Festschreibung der Beiträge auf ca. 7,4 Milliarden €. Das ist noch nicht die Ausgangsbasis. Hierbei erreichen wir eine Stabilisierung. Deshalb ist der Systemwechsel aus unserer Sicht gut und richtig.

Besonders wichtig ist mir, dass wir mit der Veranlagung nach Haushalten auch den Aufwand - das ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden - einschließlich der GEZ deutlich senken. Der große Vorteil der Reform ist aus meiner Sicht auch die Sicherung stabiler Einnahmen aus dem privaten Bereich; dieser Anteil wird nach der Reform ganz überwiegend besser gestellt. Es gilt zukünftig: eine Wohnung - ein Beitrag. Das ist in der Regel unabhängig davon, wie viele Menschen diese Wohnung bewohnen. Die Zahl der vorgehaltenen Empfangsgeräte ist nicht mehr relevant. Familien werden deutlich besser gestellt. Über den Trend hin zu mehr Singlehaushalten ist die GEZ sicherlich auch nicht traurig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man über eine solche Reform spricht, dann ist es unausweichlich und notwendig, auch über verschiedene Modelle zu sprechen. Meine Vorredner sind auf einige der von ihnen bevorzugten Varianten eingegangen, ohne konkret zu sagen, wie diese finanziert werden können.

Die Reform der Rundfunkgebühren muss in der Wirtschaft ebenfalls Akzeptanz finden. Wer die Diskussion in den letzten Wochen verfolgt hat, der weiß, dass genau das überwiegend nicht der Fall war.

Ich möchte aus meiner persönlichen Haltung und der eines großen Teils meiner Fraktionskollegen auch gar keinen Hehl machen, sehr geehrter Herr Kollege Kosmehl. Ich hätte mir durchaus gewünscht, dass man dem Modell der Medienabgabe, dem so genannten hessischen Modell, in der Diskussion in der MPK im Juni 2010 noch etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte und dessen Vor- und Nachteile gegenüber dem Haushaltsmodell genau abgewogen hätte. Das bestreiten wir gar nicht.

Ich bin mir aber sicher, dass es sich gelohnt hätte, über die Vor- und Nachteile dieses Modells in der Gegenüberstellung mit dem Haushalts- und Betriebsmodell noch intensiver zu streiten, da mir der Charme eines einfachen Beitrags für jeden volljährigen Bürger durchaus einleuchtet; denn damit kann sich niemand auf Kosten anderer besser oder schlechter stellen und wir würden die GEZ nicht mehr brauchen.

Aber ich möchte auch deutlich sagen - Herr Wolpert, Sie wissen das auch -, dass Herr Zastrow sich Ihrer Erklärung nicht angeschlossen hat. Im Übrigen haben sich auch die FDP-Kollegen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz diesem Modell nicht angeschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kritik an dem Entwurf der Rundfunkgebührenreform nehmen wir sehr ernst. Die Koalitionsfraktionen haben sich seit dem Bekanntwerden der Eckpunkte im Juni 2010 dafür eingesetzt, dass die geplanten Mehrfachbelastungen insbesondere für Unternehmen aufkommensneutral verringert werden. Die Regierungschefs haben auf diese Kritik reagiert und die Beitragsstaffelung am Rande ihrer

Jahreskonferenz im Oktober 2010 in Magdeburg verändert.

Unterstellt man, dass in jeder Betriebsstätte derzeit mindestens ein TV-Gerät vorgehalten wird, werden alle Unternehmen mit bis zu 19 Mitarbeitern - das entspricht einem Anteil von immerhin 90 % der mittelständischen Unternehmen in unserem Land - auf der Basis dieser Berechnungsvorschrift nicht schlechter gestellt.

Meine Damen und Herren! Wir alle kennen das strukturelle Problem der faktischen Übersteuerung der Landesparlamente bei der Erarbeitung solcher Staatsverträge. Im parlamentarischen Raum sind Änderungen solcher Staatsverträge nicht zu leisten. Der Landtag sagt entweder ja oder nein. Eine simple Ja-Nein-Logik wird komplizierten Sachfragen in der Regel aber nicht gerecht, meine Damen und Herren.

Auf die Kfz-Problematik und unseren Antrag ist schon eingegangen worden. - Ich muss auf die Einhaltung meiner Redezeit achten. - Wir als CDU-Fraktion und - ich darf das sagen - als Koalitionsfraktionen würden uns sehr freuen, wenn Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen könnten und dies auch mit großer Mehrheit tun würden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Borgwardt. Es gibt drei Nachfragen von Herrn Wolpert, Herrn Kosmehl und Herrn Gebhardt. Möchten Sie diese beantworten?

Wenn ich das kann, ja.

Das wollen Sie. - Dann, Herr Wolpert, haben Sie das Wort.

Herr Kollege, können Sie mir erklären, wie sich Ihre anfängliche Mahnung, dass man doch Vertrauen in die Verhandlungen der Ministerpräsidenten haben solle, und Ihr am Schluss geäußerter Wunsch, dass man sich doch etwas mehr und intensiver mit der Medienabgabe hätte beschäftigen sollen, miteinander vereinbaren lassen?

Wir haben uns mit der Materie sehr lange und intensiv beschäftigt und können ihr durchaus einen gewissen Charme abgewinnen. Aber wir glauben nach wie vor nicht, dass damit eine seriöse Finanzierung erreicht werden kann. Offensichtlich haben das auch die beteiligten Fachleute so gesehen. Deshalb halte ich das nicht einmal für einen Widerspruch. Man kann durchaus darüber nachdenken, aber ich trage das nicht wie eine Monstranz vor mir her und sage den Leuten, das wäre die Heilslösung, ohne sicherstellen zu können, dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks damit in dem Umfang, in dem es nötig ist, weiter finanziert werden kann.

Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Wolpert.

Gehe ich also recht in der Annahme, dass Sie sagen, eine intensivere Auseinandersetzung mit der Medienabgabe ist von Ihnen nur deklaratorisch in der Rede genannt worden, weil Sie selbst zu dem Schluss gekommen sind, dass man das gar nicht braucht?

Das habe ich erstens so nicht gesagt und zweitens auch nicht so gemeint, Herr Wolpert.

(Herr Wolpert, FDP: Dann verstehe ich den Sinn Ihrer Rede nicht!)

Dann darf ich Herrn Kosmehl das Wort erteilen. Bitte, stellen Sie Ihre Frage.

Herr Kollege Borgwardt, Sie haben zum Schluss gesagt, dass diese Staffelung - das ist die Änderung, die die Ministerpräsidenten bei ihrer letzten MPK vorgenommen haben - 90 % der Unternehmen in SachsenAnhalt betrifft. Sie haben dann in einem Nachsatz gesagt, dass sich für diese also nichts ändere; diese würden nicht stärker belastet - so haben Sie es, glaube ich, gesagt.

Jetzt möchte ich Sie doch noch eines fragen. Sie haben sich auch sehr intensiv mit der Materie beschäftigt. Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir in SachsenAnhalt einen besonders cleveren Mittelstand haben, der in einem hohen Maße von der Möglichkeit der Gebührenbefreiung durch den Ausbau von Radios aus Kraftfahrzeugen Gebrauch gemacht hat. Die verschiedensten Branchen haben das getan, unzählige Bäckereien, Klempner und andere. Die GEZ rechnet uns in ihrer Modellrechnung vor, dass die mittelständischen Unternehmen plötzlich sehr stark entlastet würden, weil sie bisher voll hätten zahlen müssen.

In der Anhörung haben wir von den Handwerkern gehört, dass sie solche Befreiungsmöglichkeiten durchaus genutzt haben. Würden Sie mir darin zustimmen, dass es in Sachsen-Anhalt nunmehr zu einer Mehrbelastung führen würde, wenn man die Kfz-Regelung beibehalten würde?

Herr Kollege Kosmehl, Ihnen ist doch sicherlich deutlich geworden, dass der Entschließungsantrag genau dahin zielt, diese aus unserer Sicht nicht systemkonforme KfzRegelung möglichst herauszunehmen.

Vielen Dank. - Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Borgwardt, ich möchte nachfragen bezüglich Ihrer eigenen Erwartungshaltung. Gesetzt den Fall, es gelingt der Landesregierung nicht, die gewerblich genutzten Kfz als Berechnungsgrundlage herauszustreichen, wie es in dem Antrag steht - was ist Ihre Erwartungshaltung an die Landesregierung oder an den Minis

terpräsidenten? Soll dann der Staatsvertrag unterzeichnet werden oder nicht?

Ich möchte mich da gar nicht um eine Meinung herumdrücken. Ich weiß nicht, wie das die Mehrheit sieht, aber ich würde dafür plädieren, dass er dann nicht unterschrieben wird.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Nachfragen, meine Damen und Herren. Wir sind damit am Ende der Debatte angekommen.

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien in der Drs. 5/2993. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei den Koalitionsfraktionen und bei Teilen der Fraktion DIE LINKE. Wer lehnt sie ab? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Es gibt Enthaltungen bei der Fraktion DIE LINKE und bei der Fraktion der FDP. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 1 damit verlassen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 a auf:

Regierungserklärung des Ministers Herrn Dr. Hermann Onko Aeikens zum Thema: „Landwirtschaft und ländlicher Raum in Sachsen-Anhalt - Bilanz und Perspektiven“

Daran schließt sich die Aussprache zur Regierungserklärung an. Jetzt erteile ich dem Herrn Minister das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ländliche Raum des heutigen Landes SachsenAnhalt war vor 100 Jahren eine der wohlhabendsten Regionen im damaligen Deutschen Reich.

Fortschrittliche Landwirte aus diesem Raum haben bereits im 19. Jahrhundert maßgebliche Impulse gesetzt und damit nicht nur die Entwicklung der Landwirtschaft, sondern auch die anderer Bereiche vorangebracht. Die Entwicklung der Zuckerindustrie beispielsweise hat sowohl der Pflanzenzüchtung als auch dem Maschinenbau Impulse gegeben. Hier wurde Agrargeschichte geschrieben. Wir wollen an diese Tradition anknüpfen und sind dabei auf guten Wegen.

Der ländliche Raum macht einen Anteil von ca. 97 % an der Fläche unseres Landes aus; ca. drei Viertel unserer Einwohner wohnen im ländlichen Raum. Sachsen-Anhalt ist geprägt durch den ländlichen Raum und das macht ihn so wichtig für die Zukunft unseres Bundeslandes.

Der ländliche Raum Sachsen-Anhalts hat wieder Anschluss gefunden an die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Besonders fällt das beim Landkreis Börde auf, der mit einer Arbeitslosenquote von 7,3 % besser

dasteht als die Freie und Hansestadt Hamburg mit ihrer Schifffahrts- und Kaufmannstradition und als das traditionsreiche Industrie- und Bergbauland Nordrhein-Westfalen.

(Minister Herr Dr. Daehre: Das muss doch mal gesagt werden!)

Auch im Altmarkkreis Salzwedel und im Landkreis Jerichower Land ist die Arbeitslosenquote inzwischen auf unter 10 % gesunken. Allerdings müssen wir einigen Regionen, zum Beispiel dem Mansfelder Land, wo wir noch nicht so weit sind, besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Landesweit hat sich die Arbeitslosenquote in den letzten acht Jahren mehr als halbiert. Die rote Laterne in der Arbeitsmarktstatistik haben wir längst abgegeben. Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen, aber wir kommen stetig voran. Und wir haben inzwischen auch im ländlichen Raum immer mehr Branchen, die über Fachkräftemangel klagen.

Diese Aufwärtsentwicklung unseres ländlichen Raumes hat sich nur durch eine gute Abstimmung zwischen den Förderressorts gestalten lassen. Ich danke an dieser Stelle den Kollegen Dr. Daehre und Dr. Haseloff für die gute Zusammenarbeit in Bezug auf die infrastrukturelle Entwicklung und die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes.

(Beifall bei der CDU)

Im medizinischen und im sozialen Bereich, bei Schulen und Kindertagesstätten bemühen wir uns, Strukturen aufrechtzuerhalten, die innovativer und kleinteiliger sind als in anderen Ländern. Das ist ein Standortfaktor und für junge Familien eine große Hilfe.

Wir haben Kommunalstrukturen, die zukunftsgerichtet sind. Der Weg dorthin war häufig schmerzhaft. Ich weiß, dass viele mit diesen Entscheidungen noch nicht ihren Frieden gemacht haben, aber unsere Verwaltung wird dadurch effizienter werden. Das war ein hartes Stück Arbeit, aber es war wichtig für die Zukunft unseres Landes.

Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum in unserem Bundesland ist vielfältig. Wir haben die Börde, wir haben den Harz, wir haben den Süden des Landes mit seiner Weinbautradition, wir haben den Fläming und die Altmark und wir haben auch die ehemaligen Bergbauregionen wie das Mansfelder Land und den Bitterfelder Raum mit ihren Narben der Vergangenheit.

Auf die unterschiedlichen Herausforderungen müssen unterschiedliche Antworten gefunden werden. Die Altmark zum Beispiel ist besonders dünn besiedelt. Der ländliche Raum in der Umgebung unserer Ballungszentren hat andere Probleme; hier müssen wir andere Fragen beantworten.