Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

viele Erbengemeinschaften entstehen, von denen einzelne sagen, okay, jetzt weg mit dem Acker, und dass dadurch Druck entsteht, etwas kaufen zu wollen, und der Landwirt sagt, ich muss ja kaufen, sonst verliere ich meine Produktionsgrundlage. Aber wer unendlich viel kauft - das haben wir auch schon erlebt - und sozusagen Selbstmord begeht aus Angst vor dem Tod, der hat natürlich auch ein Problem.

Deswegen ist es, glaube ich, ganz gut, wenn wir hingehen und sagen: Jawohl, den Anteil der BVVG wollen wir, wenn es uns möglich ist, übernehmen und nach den Grundsätzen, wie wir es bei der Landgesellschaft machen, versuchen zu verkaufen, zumindest in der Größenordnung. Man muss sich ja auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten. Das halte ich für richtig. Es ist auch vernünftig, dass wir sozusagen diesen öffentlichen Markt etwas kanalisieren. Aber ich sage: Ein Großteil und zunehmender Teil des Bodenmarktes wird auch in Zukunft außerhalb dieses öffentlichen Marktes organisiert.

Wenn wir feststellen wollen und dazu ein Gutachten in Auftrag geben, was wir als Land unter den neuen Bedingungen des Föderalismus mit dem Grundstückverkehrsgesetz machen können, dann halte ich das für richtig. Da werden wir dann sicherlich zu Ergebnissen kommen, die dann auch umzusetzen sind.

Das Gleiche gilt letztendlich auch für die Tierhaltung. Tierhaltung braucht in Sachsen-Anhalt drei wichtige Elemente. Die sind von den Landwirten und von den Menschen, die Tierhaltung beantragen und diese Anträge stellen, zu erfüllen. Diese drei wichtigen Elemente heißen: Transparenz, Ehrlichkeit und Kommunikation.

Wer das nicht erfüllt, der muss davon ausgehen, dass das in Zukunft nicht mehr akzeptabel ist. Wenn wir etwas in den letzten Monaten gelernt haben, dann ist es das, dass Sie Projekte nicht mehr durchsetzen können, wenn sie gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert sind. Das ist so.

Ich bin überhaupt kein Freund davon zu sagen: Wir fangen jetzt an und diskutieren über andere Bedingungen von Immissionsschutz. Nein, die Gesetzgebung ist ausreichend. Die Immissionsschutzgesetze sind ausreichend. Die Antragsverfahren sind meiner Meinung nach ausreichend. Was uns fehlt, ist zu vermitteln, dass Tierhaltung notwendig ist, zu vermitteln, dass sie der Region dient, und zu vermitteln, dass das, was wir machen, auch ein Stück Selbstbeschränkung ist.

Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, Anlagen zu bauen, zu konzipieren für 50 000 und mehr Tiere. Es kann mir niemand erzählen, dass das ein wirtschaftlicher Vorteil ist. Da ist die Degressionsgrenze längst überschritten. Auch ist es gesellschaftlich nicht akzeptiert.

Diese Anlagen machen den Leuten, die klein und sicher wachsen wollen, die eine vernünftige Produktion haben, die eine Größenordnung haben, wo der Stoffkreislauf gesichert ist, das Leben schwer. Denn heute geht es ja runter bis 1 500, 2 000 Tiere. Dann haben wir sofort jemanden am Hals, der sagt, er will das nicht, egal ob das schädlich ist oder nicht oder ob es dafür tatsächlich objektive Gründe gibt oder nicht.

Deswegen finde ich es gut, wenn der Minister sagt, wir wollen eine gesellschaftliche Diskussion dazu, wir müssen darüber diskutieren, und wenn er so ein Forum ein

beruft, in dem sich alle gesellschaftlichen Gruppen zusammenfinden.

Wer genau rechnet, der kann feststellen - ich nehme wieder diesen 300-Hektar-Betrieb -: Wenn ich den ordentlich bewirtschafte nach ökologischen nachhaltigen Grundsätzen, dann komme ich auf eine Anzahl an Tieren, die irgendwo bei 4 000 bis 5 000 Schweinen und nicht bei 50 000 Schweinen liegt. Das heißt ja nichts anderes als: Natürlich habe ich, wenn ich größere Anlagen baue, größere Transportwege, habe andere Probleme, die entstehen. Die fressen das unter Umständen auf. Denn hier geht es eigentlich nur um Marktmacht.

Die großen Anlagen, die jetzt entstehen, werden ja nicht von denen errichtet, die hier vor Ort investieren. Das sind ja Leute und Investorengruppen, von denen ich mal behaupte, dass die Wertschöpfung damit auch aus dem ländlichen Raum verschwindet.

(Herr Borgwardt, CDU: Ja!)

Damit habe ich ein Problem. Das gebe ich gerne zu. Ich weiß, dass ich das nicht verhindern kann, weil die gesetzlichen Vorgaben so sind.

Aber sich wie Herr Rehhahn hinzustellen und zu sagen, es gibt ein Recht auf Investitionen, damit habe ich ein Problem. Ich sage: Jawohl, jeder hat das Recht zu investieren, wenn es im Rahmen der Gesetze ist. Aber er muss auch dafür sorgen, dass er das, was er investiert, akzeptabel an die Bevölkerung heranträgt.

Das schönste Beispiel, das wir im Moment gehabt haben, ist Güsten, wo durch eine Versammlung die ganze Geschichte gekippt ist, durch falsche Kommunikation, durch falsches Management, durch falsche Transparenz und vielleicht auch ein bisschen durch die Überheblichkeit derjenigen, die da etwas machen wollten. So geht es sicherlich nicht. Ich hoffe, dass daraus die Menschen, die Tierhaltung betreiben wollen, gelernt haben.

Der letzte Punkt, den ich habe, ist natürlich die Frage der weiteren Entwicklung der GAP, der gemeinsamen Agrarpolitik. Es ist alles richtig, was hier zu diesem Thema gesagt worden ist.

Ich glaube auch, dass die Vorschläge noch nicht so weit ausgereift sind, dass man sie wirklich diskutieren kann. Vor einem warne ich - diesem Trugschluss soll man sich nicht hingeben -, nämlich davor, dass man glaubt, das über Arbeitskräfte organisieren und diese in die Förderung einbeziehen zu können. Arbeitskräftebedarf oder Arbeitskräfte, wie Herr Krause das hier gesagt hat.

Wer will das wirklich kontrollieren? Wer will dann sagen, ist es eine Vollzeitarbeitszeitkraft, ist es eine Teilzeitarbeitskraft? Wer will denn gucken, wie viel Arbeit wir wirklich brauchen? Wer will das administrieren?

Dann werden wir nicht am 12. Dezember oder am 30. Dezember Prämien bekommen, dann werden wir sie vielleicht im April oder im Mai des nächsten Jahres bekommen, weil es gar nicht händelbar ist. Und es öffnet denjenigen Tür und Tor, die an der Stelle die Möglichkeiten ausschöpfen.

Wenn wir weitermachen in der Form, wie wir jetzt die Anträge organisieren, wenn wir weitermachen, dann kriegen wir die gleichen Instrumente und die gleichen Mechanismen wie bei der Steuergesetzgebung. Es wird immer dicker. Es wird immer schwerer zu kontrollieren

und der Missbrauch wird immer größer. Das wollen wir uns nicht antun.

Deswegen ist meine Forderung an dieser Stelle ganz klar: Klare Vorstellungen des Kommissars zu Bürokratieabbau, und zwar konkret, nicht allgemein, sehr konkret, und klare Vorstellungen dazu, wie die Landwirtschaft in Zukunft weiter gefördert wird,

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

und ganz klar kein Greening in der ersten Säule. Die zweite Säule ist dafür da. Keine Vermischung von erster und zweiter Säule.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Das sind Forderungen, die, glaube ich, für uns wichtig sind neben den Forderungen, die hier richtigerweise genannt worden sind, was Obergrenze oder Degression angeht. Wir haben ja schon eine Degression. Insofern haben wir uns da nichts vorzuwerfen.

Erst einmal müssten andere EU-Länder auf den Stand kommen, den wir haben, auch was die Entkoppelung angeht. Dann wären wir schon ein ganzes Stück weiter. Da gibt es noch eine Menge zu tun. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum sich der Kommissar an dieser Stelle so schwer tut.

Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum, die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt steht vor Herausforderungen. Aber sie hat riesige Chancen, in Europa und in Deutschland eine entscheidende Rolle zu spielen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Herr Krause, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Vielen Dank dem Abgeordneten Herrn Daldrup für den Debattenbeitrag. Meine Damen und Herren! Es gibt eine Nachfrage von Herrn Krause.

(Herr Gürth, CDU: Mach es schriftlich! - Unruhe bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP - Frau Weiß, CDU: Nee!)

Herr Krause, wollen Sie eine Frage stellen?

(Zuruf: Eine Frage!)

Herr Daldrup, Sie sagen: 7 % BVVG-Flächen - -

Herr Krause, Sie wollen jetzt eine Frage an Herrn Daldrup stellen, ja?

Eine Frage, ja. - 7 % BVVG-Flächen stimmt, aber Sie hätten vielleicht auch sagen müssen, dass 7 % im Land bei 70 000 ha für manche Betriebe mehr als ein Drittel ihrer Betriebsfläche sind und diese zur Disposition steht.

Meine Frage lautet: Wenn Sie so rangehen und sagen, 7 % ist eigentlich nicht das Problem, warum bemüht sich dann das Land, wir alle, an diese Flächen heranzukommen, und warum wollen wir uns in Millionenhöhe über die Landgesellschaft verschulden, um ein nichtiges Problem zu lösen?

Richtig. Das ist aber klassisch Krause, der zwei verschiedene Dinge vermischt.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Das war der Klassiker, ja!)

- Ja, das war der Klassiker.

(Herr Krause, DIE LINKE: Wenn der Anteil so ge- ring ist, warum wollen wir dann die Flächen ha- ben? - Zuruf von Herrn Gürth, CDU - Weitere Zu- rufe)

- Ja, Herr Krause, die - -

(Unruhe - Zuruf von Herrn Krause, DIE LINKE)

Lassen Sie bitte Herrn Daldrup antworten.

Herr Krause, die Betroffenheit des einzelnen Betriebes ist unabhängig von dem, was ich gesagt habe. Das ist so, ja.

(Herr Krause, DIE LINKE: Das hätten Sie gleich sagen sollen! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Aber es ist auch so, dass 1990 oder 1991 die von Ihnen jetzt auch in Ihrer Rede gelobten und zum Teil zu Recht gelobten Betriebe einen deutlich höheren Anteil an BVVG-Flächen pachten und bewirtschaften konnten als andere. Dass die heute von der Frage der BVVGVerwertung viel stärker betroffen sind, ist völlig klar.

(Zuruf)

Aber auch 1991/1992 war klar, dass Pacht heißt: Nutzungsüberlassung auf Zeit. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)