Protokoll der Sitzung vom 20.10.2006

Herr Haseloff, angesichts der Gesetzeskenntnisse, die ich habe, denke ich, dass wir dafür einige Lösungen finden können. Sie haben es in der Hand.

Wir wollen, dass die Beschäftigten für Mehr- und Überstundenarbeit, für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit Zuschläge für die zusätzlichen Beanspruchungen erhalten.

Ich merke, dass meine Redezeit herum ist. Ich möchte noch eine Forderung aufmachen.

Ich habe Ihren beiden Vorrednern jeweils einunddreiviertel Minuten Redezeit zusätzlich gestattet. Das trifft jetzt auch für Frau Rogée und für Herrn Gürth zu. Das sage ich einfach der Gerechtigkeit halber. Ich wollte es bloß nicht vorher anmerken.

Frau Rogée, es gibt eine Nachfrage. - Gut, Sie beantworten sie zum Schluss.

Unsere Forderung ist, dass wir noch einmal eine Anhörung im Parlament, im Wirtschaftsausschuss und im Sozialausschuss, durchführen. Herr Gürth hat gesagt, es sei genug geredet worden. Daher will ich mich nur auf seine Presseveröffentlichung beziehen.

Ich habe festgestellt, dass wir uns das zum letzten Mal im Jahr 1999 angetan haben. Ich finde, bei dieser grundsätzlichen Veränderung des Ladenschlussgesetzes muss es die Zeit einfach hergeben, noch einmal eine gemeinsame Anhörung durchzuführen. Diejenigen, die über das Wirtschaftsministerium angehört worden sind - ich kenne dort bestimmte Abläufe -, waren einfach viel zu wenige.

Ich finde, wir sollten auch die Einzelhändler und auch diejenigen fragen, die sich schriftlich an uns gewandt haben, wie etwa die Bäcker- und die Fleischerinnung. Es gibt sicherlich eine Menge Verbände, bei denen auch Sie ein Interesse haben sollten, deren Positionen mit abzuwägen. Denn es kann nicht sein, dass wir uns nur hinstellen und sagen: Wir haben die Mehrheit - für Herrn Paqué ist das schon alles durch - und entscheiden darüber einfach aus dem Bauch heraus.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es gibt noch eine Nachfrage, Frau Rogée. - Herr Scharf, bitte.

Frau Rogée, Sie haben in Ihrer Rede und vorher in Presseveröffentlichungen sehr deutlich dargelegt, dass Ihnen die ganze Richtung der Gesetzesänderung nicht passt.

Können Sie mir in wenigen Worten erklären und vielleicht auch erläutern, welche Richtung die PDS in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin in Bezug auf diese anstehende Gesetzesänderung vertritt?

Wenn ich Herrn Haseloff richtig verstanden habe, ist das jetzt Landesrecht und wir entscheiden in diesem Land für Sachsen-Anhalt.

(Lachen bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Dieser Trick als Antwort wäre mir auch noch eingefallen. Die PDS muss doch im ganzen Land eine Linie haben.

Ich verlange das ja nicht mit Blick auf die internationale Ebene, obwohl Sie das auch schon einmal drauf hatten.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Wenn die CDU- Vertreter das verlangen, ist es ja schon mal ein ziemlich dicker Hund!)

- Wegen der Klarheit verlange ich das national schon.

Im Saarland zum Beispiel wird das Ladenschlussgesetz auch nicht geändert. Wo ist dabei Ihre Linie?

Ja. Ich wollte es von Ihnen einmal hören.

Das habe ich Ihnen doch gesagt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Gürth das Wort.

(Heiterkeit)

Ich weiß nicht, ob das die Freude auf das neue Ladenschlussgesetz ist.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt hat wie die anderen Bundesländer auch im Rahmen der Föderalismusreform eine Reihe von Regelungskompetenzen übertragen bekommen. Dazu gehört auch die Chance, Ladenöffnungszeiten oder Ladenschlusszeiten, die gesetzlich fixiert sind, zu deregulieren.

Ich sage Ihnen gleich zu Beginn meiner Rede: Für mich ist das auch ein Stück weit ein Lackmustest, ob wir, die Bundesländer, die immer mehr Kompetenzen auch vom Bund zurückgefordert haben, diesem Handlungsanspruch gerecht werden und ob wir überhaupt handlungsfähig sind, wenn wir mehr Handlungsmöglichkeiten übertragen bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir das nicht geregelt bekommen, dann sollten die Bundesländer auch nicht ständig mehr Zuständigkeiten fordern.

Zweitens. Alle beklagen - gestern Abend beim Landesverband der Freien Berufe ist es wieder geschehen - die überbordende Bürokratie in Deutschland, die auch eine Reihe von Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsplatzchancen verhindert. Das gilt auch für Politiker, die zum Teil selbst darüber zu entscheiden haben, zumindest wenn es um die Gesetzgebung geht. Davon schließe ich auch die PDS-Politiker nicht aus, wenn sie vor Handwerkern stehen.

Nun frage ich mich: Wie wird gehandelt, wenn man selbst entscheiden und somit auch deregulieren kann?

Ich muss nach 16 Jahren Erfahrung im Parlament feststellen: Wenn es bei der Deregulierung in Deutschland - dabei schließe ich niemanden aus - konkret wird, herrscht Betroffenheitsrhetorik und oftmals Versagen,

weil wider die Vernunft vor Interessengruppen eingeknickt wird. - Ich hoffe es hierbei nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Thiel, Links- partei.PDS: Das machen Sie ja genauso, Herr Gürth!)

Drittens. Ich möchte an dieser Stelle der Landesregierung und im Speziellen dem Wirtschaftsressort ein Kompliment machen. Wir haben als eines der ersten Bundesländer einen qualitativ sehr hochwertigen Gesetzentwurf vorgelegt und zur Abstimmung mit Interessengruppen, mit Gewerkschaften, mit Kirchen, mit Einzelhandelsverbänden und allen Beteiligten in die Diskussion eingebracht. Ich würde es außerordentlich bedauern, wenn wir als das Bundesland mit einem der ersten Gesetzentwürfe vielleicht das letzte sind, das eine Entscheidung dazu trifft, weil wir nicht zu Potte kommen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

Wenn die PDS jetzt, nach so langer Diskussion hierüber fordert, man müsse darüber nachdenken,

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

dann geht der Slogan dieses Landes, das Land der Frühaufsteher zu sein, zumindest an der PDS meilenweit vorbei.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich habe durchaus Verständnis für die Sorgen, die bestehen, wenn man eine Regelung, die so lange gegolten hat, verändert. Die Deutschen sind bekannt dafür, dass sie besonders veränderungs-, reformkritisch sind. Das ist uns nicht wesensfremd. Es zeichnet uns neben anderen Sekundärtugenden vielleicht aus. Ich weiß nicht, ob das immer gut ist, aber man muss die Sorgen auch ernst nehmen. Ich kann Ihnen sagen, sie wurden bei der Anhörung ernst genommen.

Wir - das gilt zumindest für die CDU-Fraktion, für die ich hier spreche - haben nicht erst jetzt mit dieser Drucksache angefangen, uns mit der Sache zu beschäftigen, sondern wir haben uns seit langer Zeit mit dem Thema befasst und wissen deshalb auch genau, was wir wollen.

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, Linkspartei.PDS)

Ich sage Ihnen ganz klar: Wir werden diesem Gesetzentwurf so zustimmen, weil wir sagen, es ist ein guter Gesetzentwurf, der einen wunderbaren Ausgleich, vernünftig juristisch geregelt, zwischen allen Ansprüchen und Interessen bietet. Das Abendland wird auch nicht untergehen, wenn wir dieses neue Gesetz verabschieden. Es werden nicht schlagartig alle Läden diese neue Möglichkeit nutzen, und zwar schon deshalb nicht, weil es keinen Zwang, sondern eine Möglichkeit zum Öffnen gibt.

Wenn wir von Mehr-Chancen-Einräumen reden, dann müssen wir das auch hier gewährleisten. Deswegen stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie werden feststellen, dass man gegen jeden reden, dass aber ein Kaufmann nicht gegen Adam Riese handeln kann. Schon deswegen wird der Einzelhändler, in welcher Struktur auch immer er tätig ist, genau überlegen, wie und wann er sein Geschäft öffnet; denn er muss einen Mehrwert erwirtschaften.

Meine Damen und Herren! In der Lebenswirklichkeit sind ganz andere Dinge als diese gesetzlichen Regelungen viel wichtiger. Dazu gehören Organisationsfragen - das ist auch eine Aufgabe der Gewerkschaften und der Sozialpartner -, das Splitting der Arbeitszeiten - es wundert mich, dass die PDS nicht darüber gesprochen hat -, der ÖPNV sowie die Frage: Was ist mit der Kinderbetreuung?

Das sind Dinge, die nicht in dem Gesetzentwurf geregelt sind, sondern anderswo zu regeln oder zu organisieren sind. Darauf werden wir als CDU das Augenmerk legen.

Ich sage an dieser Stelle deutlich: Für uns ist eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht überall vernünftig, aber sie ist kein Tabu. Für den Bereich des Einzelhandels, der eigentlich in drei Gruppen - wenn man die Arbeitgeber dazu nimmt - gespalten ist, sind wir diesbezüglich durchaus offen. Wir würden uns dem nicht verschließen.

Wir schauen uns einmal genau an, wer eigentlich „der Einzelhandel“ ist. Wir können gar nicht pauschal von „dem Einzelhändler“ sprechen. Es ist völliger Quatsch zu sagen: Die machen jetzt alle rund um die Uhr auf.