Verehrte Regierungsfraktionen! Ich kann nachvollziehen, warum Sie Schwierigkeiten mit unserem Antrag, das Wahlalter auf 14 Jahre abzusenken, hatten. Warum Sie jetzt dem Antrag der LINKEN, das Wahlalter nur - in Anführungsstrichen - auf 16 Jahre abzusenken, so wie es bei der Kommunalwahl ist, nicht zustimmen können, das erschließt sich mir wirklich nicht.
Der Präsident des Kinderhilfswerks der Bundesrepublik Deutschland Thomas Krüger hat sich gerade in dieser Woche ganz aktuell für ein Wahlalter von 14 ausgesprochen. Ich habe jetzt nicht genug Zeit, hierzu zu argumentieren. Ich wollte auf diesen Aspekt aber auf jeden Fall aufmerksam machen.
Der Kinder- und Jugendbeauftragte ist auch ein wesentlicher Punkt in dem Antrag der LINKEN gewesen. Ich weiß nicht, ob die Regierungsfraktionen einfach Angst davor haben, hierfür einen Beauftragten zu bestellen, der eine genauso starke Stellung hat wie der Landesbehindertenbeauftragte, der, wie ich finde, sein Themenfeld zu Recht sehr offensiv vertritt und uns auch manchmal das Leben schwer macht. Ich kann schon verstehen, dass man das vielleicht an dieser Stelle nicht möchte. Ich glaube, das wäre genau der richtige Weg; denn der zahnlose Tiger, den wir bisher an dieser Stelle haben, ist nicht wirklich zielführend im Interesse von Kindern und Jugendlichen.
Gut. - Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass es sehr viele inhaltliche Punkte gibt - aufgrund der Redezeit konnte ich nicht zu allen Punkten ausführen -, warum wir dem Antrag sehr gern zustimmen und warum wir die Beschlussempfehlung ablehnen müssen. - Danke.
Jetzt wird Ihre Redezeit durch eine Anfrage von Frau Gorr eventuell verlängert, wenn Sie antworten möchten. - Bitte sehr, Frau Gorr.
gern fragen wollen, wie Sie in diesem Zusammenhang unser Programm „Bildung elementar“ beurteilen. Hat dieses Programm aus Ihrer Sicht auch etwas mit der Stärkung der Partizipation von Kindern zu tun, oder eher nicht?
Ich möchte eingangs klarstellen: Natürlich haben wir einen Landeskinderbeauftragten. Aber können Sie mir drei Dinge nennen, für die dieser Mann zuständig ist, mit denen er sich in den letzten Jahren befasst hat? Ich glaube, das Problem ist, dass sich einige nicht einmal sicher sind, dass wir tatsächlich einen solchen Posten haben und was er beinhaltet und welche Aufgaben damit verbunden sind. Er ist eben kaum mit Kompetenzen ausgestattet. Eine solche Funktion wäre mit diesem Antrag erheblich aufgewertet worden.
Das Programm „Bildung elementar“ ist ein sehr gutes - das wissen Sie und das gebe ich hier gern zu Protokoll -, das nicht nur an die Stärke der Kinder appelliert, sondern sie auch unterstützt. Aber genau das müssen wir nach der Kita fortsetzen und das passiert nämlich nicht.
Ein solcher Rat wäre geeignet, die Kinder- und Jugendrechte - jetzt mache ich wahrscheinlich schon wieder zu viele Worte - über das Kindergartenalter hinaus zu stärken. In vielen Bereichen liegt das Problem in diesem Land genau darin, beispielsweise bei der gesunden Ernährung etc., dass das alles mit dem Eintritt in die Schule abbricht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Soziologie bedeutet Teilhabe oder Partizipation die Einbeziehung von Individuen und Organisationen in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse. Aus emanzipatorischen und legitimatorischen und auch aus Gründen gesteigerter Effektivität gilt Teilhabe häufig als wünschenswert.
- Ja. - In der Pädagogik versteht man unter dem Begriff der Teilhabe die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei allen das Zusammenleben betreffenden Ereignissen und Entscheidungsprozessen. Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ist eine der wichtigsten Formen der gesellschaftlichen Anerkennung und die Qualität bzw. Reife einer Gesellschaft lässt sich auch daran bemessen.
Wir alle wollen eine stärkere Teilhabe und Mitbestimmung unserer Kinder und Jugendlichen über die Fläche des gesamten Landes. Dazu gibt es in diesem Haus, denke ich, keinen Dissens. Doch muss dies unbedingt in einem Gesetz festgeschrieben werden? Gleiches gilt für die Förderung eines jeden Kindes entsprechend seinen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Möglichkeiten. Ist es nicht gerade ein Vorteil der oft beschriebenen Freiheit im Bereich der Bildung, Erziehung und Entwicklung, dass nicht alle Dinge durch Gesetze vorgegeben sind?
Der vorliegende Entwurf eines Kinder- und Jugendteilhabegesetzes beschreibt zu einem großen Teil Anliegen, welche in kommunaler Zuständigkeit liegen. Kinder und Jugendliche werden und möchten sich dort intensiv beteiligen, wo sie leben und wo sie unmittelbar von den Auswirkungen und Entscheidungen betroffen sein könnten oder können.
Es muss vor Ort entschieden werden, welche Wichtigkeit Kinder und Jugendliche und ihre Familien haben. Es ist ein Entscheidungsprozess, welcher von Kommunalpolitikern erkannt und getragen werden muss. Ganz ehrlich: Welche Kommune kann es sich vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung leisten, junge Menschen nicht stärker in den Fokus zu stellen?
Gesetzliche Regelungen dürften an dieser Stelle nicht notwendig sein, da sich politisches verantwortungsvolles Handeln auch aus dem Status heraus ergibt. Junge Menschen brauchen den Raum für Entwicklung. Dies lässt sich nicht gesellschaftlich normieren und darf nicht staatlichen und politischen Interessen ungeordnet werden.
Den Entschließungsantrag lehnen wir nicht aus inhaltlichen Gründen ab, sondern weil es keines Antrages bedarf, um dem Vorsitzenden des Landesjugendhilfeausschusses zu bestimmten Themen ein Anhörungsrecht im Ausschuss des Landtages einzuräumen. Immer, wenn der Ausschuss oder Mitglieder des Ausschusses dies für notwendig hielten, gab es diese Möglichkeit. Wir haben das auch oft praktiziert.
Ebenso benötigt das Landesjugendamt keinen Beschluss des Landtages, um eine Weiterbildung zur Moderatorin oder zum Moderator für Partizipation von Kindern und Jugendlichen in einen Fortbildungskatalog aufzunehmen, wenn er dies für erforderlich hält.
Wir als SPD-Fraktion stehen dafür, dass der Kinder- und Jugendbericht Grundlage für konkrete Schritte einer konzeptionellen Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit vor Ort sein soll. Die Kinder- und Jugendhilfeplanung der Landkreise kann zielgruppengenau auf die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen eingehen und die Arbeit
Was wir brauchen, sind verlässliche Strukturen innerhalb von Familien, aber - um unserem Anspruch gerecht zu werden - vor allem auch außerhalb von Familien. Dies bedingt, dass Eltern, Familienangehörige, Lehrer, Erzieher und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe miteinander und nicht gegeneinander arbeiten, dass sie sich ergänzen.
Eine Ausweitung der Verantwortlichkeiten und gar Doppelstrukturen verändern und verbessern nicht automatisch die Kinder- und Jugendarbeit vor Ort. Auch im Falle einer Kindeswohlgefährdung können nach bereits bestehenden rechtlichen Regelungen die entsprechenden Hilfen organisiert werden. Es gibt also schon genügend Regelungen für Tageseinrichtungen und für Angebote der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit.
Somit stellen wir fest: Der vorliegende Gesetzentwurf ist sicherlich sehr, sehr gut gemeint und enthält viele wichtige Aussagen, aber er erscheint uns nicht notwendig. Deshalb lehnen wir ihn ab und stimmen der vorliegenden Beschlussempfehlung zu. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz auf die Ausführungen von Herrn Jantos eingehen. Ich denke, Herr Jantos, Sie haben einen anderen Gesetzentwurf gelesen als den, den wir vorgelegt haben; denn wenn Sie behaupten, dass in den Ausschüssen intensive Beratungen stattgefunden hätten, dann haben Sie sicherlich die Protokolle dieser Sitzungen nicht gelesen; denn dann hätten Sie sicherlich nicht diese Äußerungen gemacht.
Herr Born, unser Gesetzentwurf beinhaltet, sechs weitere Gesetze zu verändern. Das heißt also, wir wollten nicht nur das Gesetz verändern, das sich auf die kommunale Ebene bezog, wie Sie es gesagt haben, sondern auch weitere. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass wir uns ressortübergreifend hierüber austauschen. Dies ist leider in diesem Hohen Haus nicht passiert.
Insofern ist, denke ich, wenn wir die Partizipation von Kindern und Jugendlichen wirklich ernst nehmen, eine verbindliche Einflussnahme von Kindern und Jugendlichen auf Planungs- und Entscheidungsprozesse, von denen sie betroffen sind, un
abdingbar. Dafür geeignete Formen und Methoden zu nutzen, die dem Alter der Beteiligten gerecht werden, war unser Anliegen.
Darüber hinaus beginnt die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in erster Linie - jetzt hören Sie gut zu - in den Köpfen der Erwachsenen.
Diese müssen entsprechende Rahmenbedingungen schaffen - das wollten wir mit unserem Gesetz; wir wollten keine Vorschriften machen, sondern Rahmen setzen; und wenn Sie sich mit diesem Gesetzentwurf befasst hätten, dann hätten Sie den Rahmen auch entdecken können -, damit Kinder und Jugendliche gestalterische und politische Handlungsmöglichkeiten erfahren sowie soziale Kompetenzen erwerben. Damit das geschehen kann, planten wir mit unserem Teilhabegesetz einen Rahmen zu schaffen. Ich erwähnte es bereits.
Aus den Protokollen über die Sitzungen der mitberatenden Ausschüsse wollte ich erfahren, welche Beweggründe die Koalitionsfraktionen veranlassten, unseren Gesetzentwurf abzulehnen. Leider - das muss ich hier betonen - bin ich nicht fündig geworden. Auch die positiven und zustimmenden Ergebnisse aus den Anhörungen zum Gesetzentwurf fanden leider kein Gehör bei den Fraktionen der CDU und der SPD. An dieser Stelle stellt sich mir schon die Frage: Wie ernst nimmt die Koalition die Forderungen der Jugendverbände?
Bei der vor Kurzem, nämlich in der letzten Woche, durchgeführten Veranstaltung des Kinder- und Jugendrings, bei der allen anwesenden Parteien die Wahlforderungen der Jugendverbände überreicht wurden, stieß das Programm nur auf Zustimmung. Viele dieser Forderungen sind bereits heute Bestandteil unseres Entwurfs eines Teilhabegesetzes. Zu nennen wäre beispielsweise die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtagswahlen, die Freistellungsregelungen in der Schule für ehrenamtliches Engagement oder auch mehr Partizipation auf kommunaler Ebene.
Man kann also nur darauf gespannt sein, wie sich SPD und CDU in Fragen des Jugendengagements in ihren Wahlprogrammen positionieren. Von der SPD weiß ich, dass sie in ihrem Programm zum Beispiel das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 Jahre absenken möchte. Genau das wollten wir bereits heute mit unserem Gesetzentwurf erreichen. Warum also die Ablehnung?
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nun auf einige wenige Knackpunkte des Gesetzentwurfs eingehen. Dazu wäre beispielsweise die Aufnahme der Kinderrechte in die Landesverfassung zu nennen. Dies hatte Frau Lüddemann schon gesagt.
Sie wissen, dass wir am 20. November den Weltkindertag der Vereinten Nationen und den Jahrestag der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention der UN-Vollversammlung begehen. Es ist schwer vermittelbar, warum nur zwei von drei Säulen der Forderungen in Bezug auf die Kinderrechte in unserer Landesverfassung stehen. Neben dem Schutz und der Förderung von Kindern ist die dritte Säule, die der Partizipation, genauso gleichrangig zu betrachten. An dieser Stelle wurde aus unserer Sicht wieder einmal eine Chance des Landes vertan, eine positive Vorreiterrolle unter den Bundesländern einzunehmen.
Ich möchte eine weitere Anmerkung machen, die sich auf das bezieht, was Frau Gorr vorhin gefragt hat. Natürlich haben wir mit dem Bildungsprogramm „Bildung elementar“, der Verankerung der Partizipation und der Beteiligung einen richtigen und wichtigen Weg in den Kitas eingeschlagen. Aber nun folgte in unserem Gesetzentwurf die Forderung, diesen Schritt nun konsequent in der Schule fortzusetzen. Wir haben beantragt, auch in der Schule, nämlich in der Grundschule, diese Möglichkeiten zu schaffen, weil sie dann in der weiterführenden Schule, also im Sekundarbereich, wieder im Schulgesetz stehen.
Warum sollen Kinder in der Grundschule von Partizipation ausgeschlossen werden? Das erschließt sich mir nicht. Aber auch im Bildungsausschuss konnte die Koalition leider keine Antwort darauf geben, warum sie diesen Punkt ablehnt und was sie stattdessen tun wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Abschluss sei gesagt, dass wir mit unserem Gesetzentwurf den Beginn einer ernsthaften Diskussion zur Stärkung der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen erreichen wollten. Lippenbekenntnisse waren gestern, dachten wir jedenfalls, doch sie gelten bei der Koalition auch heute noch. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit ist die Aussprache beendet. Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4534 ein. Dazu habe ich vorher noch einiges zu erklären. Wir haben nach § 25 Satz 2 unserer Geschäftsordnung verfassungsändernde Beschlüsse immer mit drei Lesungen vorzunehmen. Artikel 1 des Gesetzentwurfs ist ein solcher verfassungsändernder Artikel.
Wir haben jetzt folgende Möglichkeiten: Es könnte alles insgesamt noch einmal in - welche auch immer - Ausschüsse überwiesen werden. Das ist die eine Möglichkeit. Es gibt eine weitere Möglichkeit: dass wir über die Artikel 2 bis 8 heute abstimmen und Artikel 1 außen vor lassen. Außerdem müssten wir den Entschließungsantrag außen vor las
sen, weil dieser erst beschlossen oder abgelehnt werden kann, wenn über das gesamte Gesetz abgestimmt worden ist.