Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Die Fraktion der CDU beantragte daraufhin die Vertagung der Erarbeitung der vorläufigen Beschlussempfehlung auf die nächste Sitzung. Dieser Antrag wurde mit 8 : 5 : 0 Stimmen angenommen.

In der darauffolgenden 57. Sitzung am 7. Oktober 2015 stand der Antrag vereinbarungsgemäß wieder auf der Tagesordnung. Zu Beginn dieser Sitzung beantragten die Koalitionsfraktionen jedoch, diesen Punkt wieder von der Tagesordnung abzusetzen, da es in den Fraktionen der CDU und der SPD noch Beratungsbedarf gebe. Diesem Antrag wurde mit 8 : 5 : 0 Stimmen gefolgt.

Die nächste Beratung zum Antrag in der Drs. 6/3570 fand in der 59. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 2. Dezember 2015 statt. Dazu lag dem Ausschuss ein weiterer Entwurf einer vorläufigen Beschlussempfehlung vor, eingereicht von den Fraktionen der CDU und der SPD.

(Zuruf von Frau Lüddemann, GRÜNE)

Inhaltlich sah dieser Entwurf die Prüfung der Voraussetzungen für die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte sowie die regelmäßige Berichterstattung im Ausschuss dazu vor. Die Landesregierung berichtete über den aktuellen Sachstand auf Bundesebene sowie über ihre Aktivitäten im Land zur Vorbereitung der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und beantwortete Nachfragen.

Die Anregung der Fraktion DIE LINKE, in dem Entwurf der Koalitionsfraktionen einer vorläufigen Beschlussempfehlung den Passus „die Voraussetzungen zu prüfen“ durch „die Voraussetzungen zu schaffen“ zu ersetzen, wurde von der Koalition nicht aufgegriffen.

Der Beschlussvorschlag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE wurde bei 5 : 7 : 0 Stimmen abgelehnt. Dagegen wurde der Beschlussvorschlag der Koalitionsfraktionen mit 7 : 5 : 0 Stimmen beschlossen und als vorläufige Beschlussempfehlung dem mitberatenden Ausschuss für Inneres und Sport zugeleitet.

Dieser hat den Antrag in der 73. Sitzung am 17. Dezember 2015 zur Erarbeitung einer Beschlussempfehlung an den federführenden Ausschuss auf seine Tagesordnung gesetzt.

Zu Beginn dieser Sitzung beantragte die Fraktion der CDU, den Punkt wieder von der Tagesordnung abzusetzen, da noch Beratungsbedarf bestehe. Dieser Antrag wurde mit 7 : 5 : 0 Stimmen angenommen und der Punkt somit von der Tagesordnung abgesetzt.

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales hat das Thema in der 60. Sitzung am 13. Januar 2016 erneut zur Beratung aufgerufen. Das Ziel der Beratung war die Erarbeitung einer Beschlussempfehlung an den Landtag.

Die Landesregierung berichtete zunächst über den aktuellen Stand der Vorbereitung der Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte im Land. Der Ausschuss kam dann überein, eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten, auch wenn der mitberatende Ausschuss für Inneres und Sport kein Votum abgegeben hat.

Somit wurde die unveränderte Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung zur Abstimmung gestellt und mit 9 : 3 : 0 Stimmen als Empfehlung an den Landtag verabschiedet.

Das Hohe Haus wird gebeten, dieser Empfehlung zu folgen.

Frau Dr. Späthe, herzlichen Dank für Ihren Beitrag. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der Landesregierung. Es spricht Herr Minister Bischoff.

Bevor er das Wort nimmt, möchte ich gern Studentinnen und Studenten der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg auf der Tribüne begrüßen. Herzlich willkommen, meine Damen und Herren!

(Beifall im ganzen Hause)

Sie haben das Wort, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Welt dreht sich auch in diesen Tagen sehr schnell, und bei der Frage des Umgangs mit Flüchtlingen in unserem Land merkt man, dass sich in diesen Tagen auch gesetzgeberisch vieles verändert. Ich hielt und halte die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte nach wie vor für ein richtiges Instrument.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

Das habe ich bei der Einbringung gesagt. Ich hatte auch vom Kabinett den Auftrag, dies für SachsenAnhalt auszuloten, damals noch mit der Ausrichtung: Könnten wir das bis zum Ende des Jahres schaffen?

Dahinter steht die sinnvolle Möglichkeit, dass notwendige Gesundheitsleistungen von Flüchtlingen in Anspruch genommen werden können, ohne dass sie eine Schleife über das zuständige Sozialamt nehmen müssen, da dies bürokratisch und aufwendig ist.

Das Ministerium für Arbeit und Soziales hat die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sowohl mit den Landesverbänden der Kranken

kassen als auch mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände ausgelotet. Daher wurden in enger Anlehnung an die Gesetzeslage im Oktober 2015 Entwürfe einer Rahmenvereinbarung und einer Mustervereinbarung erarbeitet, die zwischen den einzelnen Kommunen und der Kasse abzuschließen gewesen wären.

Ziel der beiden Vereinbarungen war es zum einen, die gesetzliche Option aufzugreifen, die Krankenkassen zur Übernahme der Kosten der Krankenbehandlung zu verpflichten, und zum anderen eine elektronische Gesundheitskarte für die Personen einzuführen, die als Asylbewerber aus der Erstaufnahmeeinrichtung bereits den Kommunen zugewiesen wurden.

Beabsichtigt war, möglichst schlanke Vereinbarungen zu treffen, die jeweils nur die Regelungen enthalten, die zwischen den Vertragspartnern zwingend zu treffen sind. Damit sollte die notwendige Flexibilität geschaffen und Regelungen verhindert werden, die zulasten nicht am Vertrag Beteiligter gehen würden. Gleichwohl sollten möglichst für das Land einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Die Vereinbarungen sollten die Krankenkassen verpflichten, die Gewähr für die Einhaltung des eingeschränkten Leistungsanspruchs nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes zu übernehmen. Die Krankenkassen machten jedoch unmissverständlich deutlich, dass sie den eingeschränkten Leistungsanspruch nicht prüfen können und auch nicht prüfen wollen.

Im Ergebnis zeichnete sich ab, dass grundsätzlich auf allen Seiten zwar die Bereitschaft besteht, Verbesserungen für alle Beteiligten zu erwirken. Die ursprünglich angesteuerte Einführung der elektronischen Gesundheitskarte schon zum 1. Januar 2016 stellte für einige Landkreise und kreisfreie Städte sowie für die Landesverbände der Krankenkassen angesichts vieler Fragen einen ungeheuren Termindruck dar. Ich habe die Übersicht - ich möchte sie nur nicht vorlesen - darüber, welche Stellungnahmen die einzelnen Landkreise bei dem Treffen der zuständigen Amtsleiter abgegeben haben. Das war und ist nach wie vor sehr unterschiedlich.

Fragen zum Beispiel hinsichtlich des Missbrauchs der Karte, des Kostenrisikos, der Entwicklung der Verwaltungskosten, der Sichtbarmachung des Status, der Verantwortlichkeit, der Einziehung der elektronischen Gesundheitskarte, sobald die Leistungsberechtigung endet, und vieles andere sind Hürden, die gemeinsam und möglichst einvernehmlich zu regeln sind.

Es wurde deutlich, dass Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung der Gesundheitskarte und

die Abrechnung der Leistungen ein alle Bundesländer übergreifendes, einheitliches sowie tadelloses Funktionieren der Registrierung der hier Ankommenden ist.

Das inzwischen verabschiedete - daran merkt man, wie sich die Zeiten verändern - Datenaustauschverbesserungsgesetz, das im Februar 2016 in Kraft tritt, sieht die eindeutige Identifizierung durch einen bundeseinheitlichen Flüchtlingsausweis vor, ohne dessen Vorlage keine Leistungen mehr beansprucht werden können. Er enthält unter anderem auch die Ergebnisse der Erstuntersuchung in den Erstaufnahmeeinrichtungen.

Die flächendeckende Verteilung soll bis Sommer 2016 dauern. Mit der Einführung dieses Ausweises wäre ein Großteil der jetzigen Umsetzungsprobleme bei der Versorgung gelöst - nicht alle, aber ein Großteil.

(Herr Herbst, GRÜNE: Richtig!)

Allem voran steht jedoch die Frage, auf welche Gesundheitsleistungen mit der Karte ein Anspruch besteht, welche eingeschränkt oder gar ausgeschlossen sind. Deshalb werden im Moment die Verhandlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene verfolgt, damit eine bundesweit gültige Bundesrahmenempfehlung anzustreben

und derzeit auszuarbeiten ist.

Das ist auch der Grund, warum unsere Krankenkassen sehr deutlich gemacht haben, dass sie bei dem, was wir jetzt als Entwurf vorgelegt haben, nicht mitgehen. Die Gründe habe ich eben genannt. Auch die Krankenkassen warten auf eine bundeseinheitliche Regelung bzw. eine bundeseinheitliche Empfehlung, sonst bewegt sich trotz der anfänglichen Euphorie, die wir alle hatten, zurzeit im Land nichts.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Es bleibt zu hoffen, dass mit dieser Bundesrahmenempfehlung offene Fragen geklärt werden, sodass wir uns auf der Landesebene daran orientieren können. Das werden wir abwarten. Die Signale stehen ja nicht so schlecht.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihren Beitrag. - Wir kommen nun zu den Debattenbeiträgen. Zum ersten Debattenbeitrag hat DIE LINKE das Wort. Frau Zoschke, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage Sie: Welchen Sinn macht es, einen parlamentarischen Beschluss zu fassen,

der von der realen Praxis längst überholt ist? - Keinen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Die Regierungsfraktionen wollen nun also die Voraussetzungen prüfen, die für die erfolgreiche Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Land Sachsen-Anhalt erforderlich wären. - Na, das ist doch mal so richtig innovativ.

(Herr Herbst, GRÜNE, lacht)

Nur, dass aufgrund der Erfahrungen in anderen Bundesländern längst bekannt ist, was organisiert werden muss und wo die Stolperpflaster liegen. Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, die berechtigte Kritik der Krankenkassen aufgreifen und das Ausbleiben einer bundeseinheitliche Lösung bedauern, möchte ich doch auf das offene Geheimnis verweisen, dass diese bundeseinheitliche Lösung auf Intervention von Bayern und Sachsen beim großen Flüchtlingsgipfel im September beerdigt wurde - also aus der Ecke CDU/CSU.

Nichtsdestotrotz gilt: Wenn es gewollt ist, geht eine elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge aber auch auf Landesebene. Erfahrungen zum Umsetzungsprozess liegen inzwischen aus zwei Flächenländern vor: Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Letzteres hat die elektronische Gesundheitskarte sogar im Rahmen der Novellierung des Landesaufnahmegesetzes gesetzlich verankert.

Es drängt sich für uns deutlich der Verdacht auf, dass man mit der vorliegenden Beschlussempfehlung die klare Aussage umgehen möchte, ob man diese Karte nun will oder eben nicht. Ich frage noch einmal ganz direkt: Wollen Sie diese Karte - ja oder nein?

In der Ausschussberatung war anstelle einer Antwort auf diese klare Frage Verschiedenes zu hören. Ganz besonders häufig trat hier der Begriff „Missbrauch“ auf; auch der Minister hat ihn eben als Begründung angegeben.

Diesem Begriff würde ich gern noch einmal genauer auf den Grund gehen. Sicherlich stimmt es, dass niemand garantieren kann, dass jede einzelne Maßnahme, die ein Arzt oder eine Ärztin bei der Versorgung von Flüchtlingen vornimmt, zu 100 % dem Wortlaut des § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes entspricht und eben nur der Akut- und Schmerzbehandlung dient.

Dies gilt indes für das aktuelle Prozedere mit dem Schein vom Sozialamt genauso; dieser kann sogar leichter zwischen Personen ausgetauscht werden. Eines möchte ich noch deutlich betonen: Bevor wir uns den Kopf darüber zermartern, wie wir diesen vermeintlichen Missbrauch ausschließen, sollten