Zu nennen ist insbesondere das Eckpunktepapier der Länder zum gesetzlichen Änderungsbedarf bei den Förderinstrumenten aus dem Jahr 2014; darin wurde die Einführung des Passiv-Aktiv-Transfers gefordert. Zu nennen ist auch das Schreiben unseres Ministerpräsidenten an die Bundesarbeitsministerin vom 10. Februar 2015, also von vor einem Jahr, mit dem vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen Sachsen-Anhalts mit der Bürgerarbeit eine Verstetigung des Bundesengagements im Bereich der Bürgerarbeit gefordert worden ist. Dazu gab es die eindeutige Aussage unserer Landesregierung, sich für den Passiv-Aktiv-Austausch auszusprechen.
Auch das Konzept der Länder zur Neuausrichtung der öffentlichen Beschäftigung in dieser Frage nimmt eine zentrale Rolle ein. Das Konzept wurde im November 2015 von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz ohne Gegenstimme beschlossen und der Bundesregierung zur Umsetzung empfohlen. An der Erarbeitung dieses Papiers waren wir maßgeblich beteiligt und auch federführend. Wir haben das mit anderen Ländern geplant.
An der Stelle ein winziger Einschub: Die Diskussion in den letzten Jahren, auch bei den Ministerkonferenzen, war eher so, dass wir im Osten - in Anführungsstrichen - gejammert haben, weil die Arbeitslosigkeit so hoch ist, während das die alten Bundesländer wenig bis gar nicht gejuckt hat. Das entsprach ein bisschen dem typischen Bild des Ostens. Erst seit den letzten zwei Jahren bekommen auch die alten Bundesländer mit, dass es für die Langzeitarbeitslosen auch im Westen keine Perspektive gibt. Auch dort kommen sie nicht in Arbeit. Seit dieser Zeit gibt es einen Zusammenschluss.
Seit dieser Zeit gibt es auch die beiden Projekte in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen, mit denen das praktisch umgesetzt werden soll. Das, was dort ausprobiert wurde, hat positive Ergebnisse und Zwischenergebnisse gezeitigt. Für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Modellprojekte zeichnet sich schon jetzt ab, dass sich ihre Situation nachweislich verbessert und dass sie persönlich und beruflich sinnvolle Arbeit verrichten.
umsetzen. Dazu haben Sie etwas Richtiges gesagt: Dafür brauchen wir Landesmittel; denn ESFMittel haben wir dafür nicht. Diese sind nicht in diesen und auch nicht in die letzten Haushalte eingestellt worden. Angesichts der Situation - auch angesichts der Situation, die wir gegenwärtig mit Flüchtlingen haben - möchte ich Programme für beide Gruppen machen, für Menschen, die Arbeit suchen und langzeitarbeitslos sind, aber auch für andere, die erst in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Für beide Programme brauchen wir unbedingt Landesmittel. Daher hoffe ich, dass der neue Landtag mit der neuen Landesregierung die Voraussetzungen dafür schafft, dass wir diese Modelle auch hier ausprobieren können.
Danke sehr, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rotter. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eines voranstellen: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Die Arbeitslosenquote hat sich halbiert und ist mittlerweile auf unter 10 % gesunken. Der Minister erwähnte es bereits. Die Beschäftigungsquote hat sich stabilisiert. Das Angebot an Ausbildungsstellen übersteigt mittlerweile in vielen Bereichen die Nachfrage.
Und doch müssen wir eines feststellen: Trotz stetig sinkender Arbeitslosenzahl und des weiter zunehmenden Fachkräftebedarfes gibt es in unserem Bundesland, wie in vielen anderen Bundesländern übrigens auch, eine weitgehend verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Diese hat zum Teil recht unterschiedliche Gründe. Aber eines ist festzustellen: Oft kommen bei langzeitarbeitslosen Menschen unterschiedlichste individuelle und soziale Problemlagen zusammen. Dies macht eine Integration in den regulären Arbeitsmarkt oft sehr schwierig, und das trotz vielfältiger Unterstützungsmaßnahmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN eingehen. Ja, Frau Latta, Sie haben es mit Ihrem Antrag wieder einmal mit Bravour geschafft, alle Bemühungen, Aktivitäten und Erfolge der Landesregierung konsequent und komplett auszublenden.
Der Herr Minister ist auf die Aktivitäten des Landes ausführlich eingegangen. Ich möchte kurz auf zwei
Dinge hinweisen. Eines ist das ESF-Programm „Jobperspektive 58 plus.“ Damit werden in absehbarer Zeit landesweit für 1 100 insbesondere ältere Langzeitarbeitslose sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen. Leider - das muss man immer wieder feststellen - ist das höhere Lebensalter, gekoppelt mit längerer Arbeitslosigkeit, noch immer eines der gravierendsten Vermittlungshemmnisse.
Zu den positiv zu verbuchenden Aktivitäten möchte ich die überdurchschnittliche Beteiligung unseres Bundeslandes am Programm „Bürgerarbeit“ erwähnen. Ich persönlich bezeichne die Bürgerarbeit gern auch als bundesweit erfolgreiches Landeskind; denn die Idee dazu ist hier in Sachsen-Anhalt geboren worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Eltern müssten bekannt sein.
Meine Damen und Herren! Nun zu unserem Änderungsantrag, der in der Zielrichtung nicht wesentlich vom Antrag der GRÜNEN abweicht. Konsens sollte es sein, die Landesregierung zu bitten, sich auf der Bundesebene auch weiterhin - denn tätig war sie in dieser Richtung schon - für die Etablierung eines sozialen Arbeitsmarktes und für die gesetzliche Ermöglichung eines dauerhaften PassivAktiv-Transfers einzusetzen.
Aus unserer Sicht ist es auch wichtig, parallel zu den Bemühungen auf der Bundesebene ein Konzept für eine Verstetigung und Weiterentwicklung bisher in Sachsen-Anhalt erprobter und umgesetzter Förderansätze im Sinne eines sozialen Arbeitsmarktes unter modellhafter Nutzung des Aktiv-Passiv-Transfers zu entwickeln.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Grundlage für eine verantwortungsbewusste Entscheidung zur Bereitstellung von Haushaltsmitteln für einen zweiten Arbeitsmarkt die Gegenüberstellung von mit ihm verbundenen Kosten und Erträgen bzw. Einsparungen ist. Dies ist im Modell des Passiv-Aktiv-Transfers möglich. Dabei macht es auch Sinn, in Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen gemachte Erkenntnisse zu beachten.
Konsequent erscheint mir auch die Schaffung der dafür möglicherweise notwendigen finanziellen Voraussetzungen. Ich bin meinen beiden Vorrednern durchaus dankbar dafür, dass sie auch diesen Aspekt betrachtet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Prämisse sollte die Aktivierung von Arbeitslosen und deren Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt sein. Der Grundsatz, für einen konkret zu benennenden Personenkreis, für den eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt trotz Inanspruchnahme bestehender Unterstützungsinstrumente absehbar als nicht realistisch erscheint, lieber Arbeit zu fördern, statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sollte weiterhin
die Grundlage unseres Handelns darstellen. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Danke.
Danke sehr, Kollege Rotter. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Dirlich. Frau Dirlich hat angekündigt, dass sie im Anschluss an ihren Vortrag dem Parlament ein paar kurze persönliche Worte zu Gehör bringen möchte.
So ist es. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer meine Tätigkeit im Landtag von Sachsen-Anhalt auch nur im Ansatz kennt, der weiß, dass ich mich schon seit mehr als 20 Jahren für öffentlich geförderte Beschäftigung einsetze.
Es könnte deshalb durchaus verwundern, dass ich meiner Fraktion nicht empfohlen habe, dem Antrag der GRÜNEN vorbehaltlos zuzustimmen, und das auch noch damit untermauere, dass ich einen Änderungsantrag stelle. Auf diese Frage möchte ich mich in meiner Rede konzentrieren. Abgesehen davon, dass mir der Änderungsantrag die Möglichkeit gegeben hat, noch einmal das Wort „Gemeinwohlarbeit“ auf das Papier zu schreiben, enthält der Antrag der GRÜNEN Forderungen, denen wir nicht folgen wollen, und Behauptungen, denen wir nicht folgen können.
Mit der Forderung, dass es darum geht, einen dauerhaften Passiv-Aktiv-Transfer zu ermöglichen, der in BaWü oder in NRW modellhaft und zeitlich befristet erprobt wird, erwecken Sie den Eindruck, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, als wäre ein Passiv-Aktiv-Transfer überhaupt schon jetzt möglich. Das wird in der Begründung noch mit dem Satz untermauert:
„gezielt öffentlich gefördert und erhalten eine fair bezahlte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, für deren Finanzierung“
Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen. Sie können sich vorstellen, dass mich diese Sätze elektrisiert haben. Wir fordern diesen Passiv-Aktiv-Transfer schon sehr lange - und BaWü macht das schon seit 2012? Also habe ich mir alles Mögliche ausgedruckt, einen sehr großen Stapel, um hinter das
Geheimnis von Baden-Württemberg zu kommen, und ich sage Ihnen: Ich wurde fündig, und zwar schon auf der zweiten Seite des gesamten Materials, das ich mir ausgedruckt hatte.
- So ist es. Frau Latta hat es im Übrigen auch gesagt; deshalb wundert es mich, dass Sie das trotzdem so aufgeschrieben haben. - Aus der Veröffentlichung, aus der Frau Latta zitiert hat, geht hervor, dass sich die Förderleistung aus folgenden Komponenten zusammensetzt: 75 % des Entgeltes stammen aus den Eingliederungsmitteln der Bundesagentur für Arbeit, weitere aus einem pauschalen Zuschuss von Stadt und Land in Höhe der eingesparten Aufwendungen für Heizung und Unterkunft sowie aus einer Betreuungskraft.
Meine Damen und Herren! Das heißt doch aber: Weit und breit wird kein einziger Cent aus der Regelleistung verwendet. Das heißt, weit und breit gibt es auch keinen Passiv-Aktiv-Transfer, überhaupt nicht.
Das Modell ist genau so gestrickt wie - schon sehr lange vor ihm - die Modellprojekte in MecklenburgVorpommern - das hieß damals „Gemeinwohlorientierte Arbeitsprojekte“ -, der ÖBS in Berlin und Brandenburg oder das Modellprojekt PAT in Thüringen. Deshalb finde ich auch die Behauptung, wir würden es hierbei mit einem bundesweit einmaligen Modellprojekt zu tun haben, einigermaßen vermessen.
Immerhin: Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt, das Projekt verzichtet auf die bei Ein-Euro-Jobs geforderten Voraussetzungen wie Zusätzlichkeit und öffentliches Interesse - darauf komme ich noch zu sprechen -, und das Projekt will nachweisen, dass der aktive Einsatz von bislang passiv eingesetzten Mitteln der anvisierten Zielgruppe besser gerecht wird. - So weit, so gut.
Sie würden mich schlecht kennen, wenn Sie nicht auch damit rechnen würden, dass ich die Fußangeln des Projekts entdecke. Das Projekt wird vom Sozialministerium in Baden-Württemberg als besonders innovativ bezeichnet, und das nur deshalb, weil es sich überwiegend an die Privatwirtschaft wendet. Dann muss man natürlich den Aspekt des öffentlichen Interesses über den Haufen werfen.
Darauf haben wir schon lange gewartet: das ichweiß-nicht-wievielte Förderprogramm für die Privatwirtschaft. Als gäbe es nicht schon den Lohnkostenzuschuss und den Eingliederungszuschuss und Mittel für die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - - Die Zeit reicht gar nicht aus, um alles aufzuzählen.
Wir brauchen hingegen Projekte von Gemeinwohlarbeit in Bereichen, die von den Kommunen wegen Finanzknappheit nicht angeboten werden und von denen die Wirtschaft nicht profitieren kann, weil sie einfach nicht genug Geld abwerfen.
Das IAB hebt besonders hervor - auch das hat Frau Latta schon gesagt -, dass lediglich ein Passiv-Aktiv-Transfer stattfindet und dass keine höheren Kosten entstehen. Wir haben immer deutlich gemacht, dass das Arbeitseinkommen immer höher sein muss als das Transfereinkommen.
Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht sein, dass das Argument, das stets benutzt wurde, um die Transfereinkommen so gering wie möglich zu halten, also das Argument „Wer arbeitet, der muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet“, nun in sein Gegenteil verkehrt wird,
nämlich: Wer arbeitet, der darf nicht mehr haben als jemand, der nicht arbeitet. - Das ist doch nicht Ihr Ernst, meine Damen und Herren. Es darf nicht mehr kosten? - Doch, es muss mehr kosten.
Einig sind wir uns mit den GRÜNEN und auch mit der CDU und der SPD offenbar in der Forderung, den Passiv-Aktiv-Transfer regelhaft zu ermöglichen.