Protokoll der Sitzung vom 29.01.2016

25 Jahre, ein Vierteljahrhundert in diesem Landtag - und vor allem die ersten Jahre waren für uns alle, die dabei waren, eine große Herausforderung; für manche mehr, für andere etwas weniger. Für mich und für meine Fraktion trifft hier wohl eher „mehr“ zu.

Es erforderte gerade in den Anfängen der 90erJahre nicht nur sehr viel Kraft, sondern auch eine gehörige Portion Mut und Zuversicht, sich zur PDS öffentlich zu bekennen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in ihrem Sinne Politik zu machen und daran festzuhalten, dass diese Partei gerade in jener Zeit mehr denn je gebraucht wurde.

Meine anfänglich kleine Fraktion - wir waren damals zwölf - und jedes einzelne Mitglied wurden, weil wir uns selbst nicht aus der Verantwortung geschlichen haben, hier im Haus und auch im Lande dermaßen mit Verantwortung überfrachtet, dass es oft bis an die Grenze des Erträglichen reichte.

Für die Mitglieder und auch für die Mitarbeiterinnen unserer Fraktion war das Ende einer jeden Legislaturperiode in diesen Jahren nicht nur mit der Sorge um das persönliche Schicksal verbunden, sondern vor allem auch mit der Sorge um das Schicksal einer linken Kraft, die diese Zeit verdammt nötig hatte, wie auch gerade jetzt wieder.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wie oft wurden wir totgesagt und als Auslaufmodell gebrandmarkt. Übrigens mussten die Verfechter des Genossenschaftswesens in der Landwirtschaft ja anfänglich mit einer ähnlichen Weissagung leben und sich gegen den politischen Zeitgeist wehren. Weil wir aber nicht gejammert, sondern gekämpft haben, sind wir, die LINKE, und auch die Agrargenossenschaften, heute zu einem sowohl festen als auch notwendigen politischen bzw. wirtschaftlichen Faktor in dieser Gesellschaft geworden.

Was man Totgesagten nachsagt, scheint vielleicht doch zu stimmen. Ob wir gebraucht werden oder ob wir nicht gebraucht werden, die Antworten darauf gaben letztlich immer die Wählerinnen und

Wähler im Wahlkreis, und das war und ist auch gut so.

Das ist für mich Anlass genug, mich ganz persönlich bei meinen Wählerinnen und Wählern im Altmarkkreis Salzwedel für das gewachsene Vertrauen zu bedanken. Ein klein wenig voller Unbescheidenheit sage ich: Ich weiß es zu schätzen, dass ich nicht nur zunehmend ihr Vertrauen, sondern auch meinen Wahlkreis in der ehemals vermeintlichen schwarzen Hochburg Sachsen-Anhalts gewinnen konnte.

Heute können wir jedenfalls bilanzieren, dass sich in den 25 Jahren nicht nur in der Natur, sondern auch im Parlament ein Klimawandel vollzogen hat. Na ja, ab und zu hatten wir ja hier im Haus auch mal eine kleine Eiszeit. Aber im Allgemeinen begegnet man sich auf Augenhöhe und meist auch mit Respekt unter den Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen.

Was mich persönlich betrifft, gebe ich es ja zu, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es mir in so manchen Situationen nicht leicht fiel, Respekt zu zollen. Allerdings gab es seitens der Regierung und der Regierungskoalition ausreichend Anlass dafür, den Respekt so manches Mal zu verweigern und - was mich betrifft - auch aus der Haut zu fahren.

Die Antwort auf die Frage einer Journalistin, ob ich der Hitzkopf unter den Hitzköpfen im Parlament gewesen sei, lasse ich heute mal offen.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Herr Czeke, DIE LINKE: Niemals!)

Darauf könnte unsere Ausschussvorsitzende Gabi Brakebusch eine Antwort geben. Ansonsten sage ich, wer nicht ackert und pflügt, der hinterlässt auch keine Furchen. Ich denke schon, einige Furchen habe ich wohl hinterlassen - so oder so.

Eines möchte ich aber herausstellen: Weder auf der Ministerbank noch unter den Abgeordneten gibt es jemanden, dem ich heute nicht die Hand reichen würde. Mit Blick auf die kommenden Wahlen wünsche ich mir, dass das so bleibt, dass auch aus dieser Wahl ein Parlament und eine Regierung hervorgehen, die gemeinsam nach demokratischen Grundsätzen handeln und dafür Sorge tragen, dass die Würde des Menschen stets unantastbar ist und dass wir wieder einen Zuwachs an sozialer Wärme in dieser Gesellschaft haben.

Dazu wünsche ich Ihnen allen alles Gute, Gesundheit und auch Erfolg im Ringen um ein Landtagsmandat, dem einen - ich schaue jetzt nach links - etwas mehr und dem anderen vielleicht ein kleines bisschen weniger. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der LINKEN - Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Krause, Ihnen und Ihrer Familie alles Gute! Seien Sie nicht zu oft auf dem Jagdstand; dort kann man schnell einmal krank werden.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Als Nächster spricht Kollege Herr Daldrup für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Eigentlich bin ich ein bisschen geschockt. Als aktiver Landwirt und als jemand, der von seither mit Landwirtschaft und Schweinehaltung zu tun hat, bin ich richtig sauer ob des Klamauks, der hier heute von den GRÜNEN fabriziert worden ist. Ich glaube, es ist nicht gut, so etwas auf dem Rücken hart arbeitender Bauern zu machen.

Ich glaube, dass wir schon Verantwortung tragen für das, was die Landwirtschaft hier ist. Es gibt nämlich überhaupt keinen Dissens in der Frage, ob wir aussteigen müssen oder nicht. - Wir müssen aussteigen, die Frage ist nur, wie wir das tun. Ich bin hundertprozentig bei dem Minister, dass wir das mit den Mitteln, über die das Land verfügt, schaffen können.

Wir haben in unserem Änderungsantrag aufgeschrieben, was wir dazu machen können. Wir können beraten. Wir legen Wert auf Freiwilligkeit. Wir legen Wert auf Sachlichkeit, auf wissenschaftliche Basis. Und wir wollen die Förderprogramme so stricken, dass die Landwirte das auch leisten können.

Wir wollen keinen Taschenspielertrick organisieren, der da lautet, die erste Säule herunterzufahren und vielleicht in der zweiten Säule ein paar Euro draufzulegen. Wir müssen einfach wissen, dass die zweite Säule nicht nur für die Agrarförderprogramme, sondern für alle Programme des ländlichen Raumes offen ist.

Dort gibt es die Begehrlichkeiten, die der Minister genannt hat. Das ist völlig klar. Das ist auch legitim. Wir fördern aus der zweiten Säule, die einmal ausschließlich für die Landwirtschaft vorgesehen war, heute Schulbauprogramme, Kinderförderung, Hochwasserschutz und vieles andere mehr, was mit Landwirtschaft nichts zu tun hat, was aber im ländlichen Raum ganz wichtig ist.

Wir müssen uns daran erinnern, dass das Geld ist, das ursprünglich für die Landwirtschaft vorgesehen gewesen ist. Die Landwirtschaft hat schon einen riesigen Beitrag dazu geleistet. Das ist der Denkfehler, den die GRÜNEN machen. Sie glauben, die erste Säule wäre sozusagen der Steinbruch für alle wunderbaren ökologischen, tierschutzrechtlichen und sonstigen Programme und Ideen, die sie haben.

Nein, das ist nicht so. Die Landwirte sind auf diese Mittel angewiesen. Wie es läuft, wenn man in einem nicht schwarz regierten Land ist, kann man in Niedersachsen sehen. Dort gibt es zum Beispiel die Prämien erst jetzt bzw. im Februar, weil man es nicht geschafft hat, die Prämien und die Kontrollen so zügig zu bearbeiten, dass die Prämien zum 31. Dezember ausgezahlt werden können. Das ist grüne Politik.

(Zustimmung bei der CDU)

Insofern sage ich einmal, da müssen wir uns gar nichts vorwerfen lassen. Wir haben in der laufenden Wahlperiode sieben Anträge zum Thema Tierschutz gestellt. Wir müssen uns von den GRÜNEN nicht vorwerfen lassen, dass wir den Tierschutz irgendwie hinten anstellen. Das ist überhaupt nicht so. Wir wissen ganz genau, was wir wollen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir waren es, die gesagt haben, wir bauen Iden aus. Wir waren es, die gesagt haben, wir bauen das AFP um in Richtung Tierschutz. Das sind alles die Ziele der CDU und der Koalition gewesen. Insofern gibt es aus unserer Sicht überhaupt keinen Nachholbedarf. Wir können das schaffen. Wir werden das schaffen, gemeinsam mit der Landwirtschaft, mit der Branche und nicht par Ordre du Mufti. Deshalb stimmen Sie bitte unseren Änderungsantrag zu. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Daldrup. - Abgeordnete Frau Frederking, Sie können erwidern.

(Herr Daldrup, CDU, geht zurück zum Red- nerpult - Frau Frederking, GRÜNE, wartet vor dem Rednerpult)

- Wie bitte?

(Frau Frederking, GRÜNE: Ich habe keine Frage! - Herr Daldrup, CDU: Ach so, ich dachte, Sie wollte eine Frage stellen! - Hei- terkeit bei allen Fraktionen)

- Es tut mir leid, Herr Daldrup.

Ja, Herr Daldrup, dann versuche ich es einmal mit einer persönlichen Ansprache zu Beginn meines Debattenbeitrages. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Daldrup, bevor der Klamauk losging, habe ich auf die dramatische Situation der Schweine haltenden Betriebe und der Milchviehbetriebe aufmerksam gemacht. Ich habe gesagt, dass sie kein Geld mehr verdienen.

Wie können wir die Situation drehen? - Durch bessere Erzeugerpreise. Wie kommen wir zu besse

ren Erzeugerpreisen? - Ein Instrument habe ich genannt, eines. Wir GRÜNEN machen Vorschläge. Von Ihnen höre ich keine Vorschläge, wie wir bessere Erzeugerpreise erzielen können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Herr Minister Aeikens, ich bin ja - gelinde gesagt - über Ihre Argumentation sehr verwundert, die nicht gerade das Vertrauen in die Politik stärkt, wenn Sie eine Umwidmung von der ersten zur zweiten Säule deshalb ablehnen, weil Sie befürchten, dass das Geld nicht da ankommt, wo es entsprechend den politischen Entscheidungen hinkommen soll. Das ist doch eine Bankrotterklärung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine gute Steuerung gehört doch zu gutem Regierungshandeln dazu. Um das einmal all denjenigen zu erläutern, die nicht aus dem landwirtschaftlichen Bereich kommen, sage ich, zu Beginn der neuen EU-Förderperiode wurden bereits 4,5 % der Mittel von der ersten Säule in die zweiten Säule umgeschichtet und mit einer Zweckbindung versehen. Das können wir also dieses Mal genau so machen. Es spricht doch überhaupt nichts dagegen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Herr Dal- drup, CDU: Es gibt schon Ansprüche auf die 4,5 %!)

Herr Daldrup, wir stehen an der Seite der Landwirtschaft. Das wissen die Landwirtinnen und Landwirte inzwischen auch in diesem Land,

(Zurufe von der CDU)

auch wenn Sie immer wieder etwas anderes behaupten. Frau Präsidentin hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Reden nicht nur per Video aufgezeichnet werden, sondern auch nachgelesen werden können. Jede Landwirtin und jeder Landwirt kann nachlesen, dass wir an ihrer Seite stehen.

Die Landwirtinnen und Landwirte wissen das auch, weil wir Vorschläge machen. Sie schätzen unser Engagement, auch was das Thema Preise angeht.

(Zurufe von der CDU)

Sie wissen, dass wir die Einzigen sind, die immer schon ihre Fahne hoch gehalten haben. Wenn das gesellschaftliche Misstrauen gegenüber der Landwirtschaft beendet werden soll, dass muss sich die Landwirtschaft auch offensiv auf die Gesellschaft zubewegen und deutlich machen, dass sie nur dann die gesellschaftlich gewünschten Leistungen erbringen kann, wenn diese auch bezahlt werden. Das haben wir GRÜNEN immer gesagt.