Im Zuge der weiteren Erarbeitung des Landesaktionsplans, der im ersten Halbjahr 2012 vom Kabinett verabschiedet werden soll - ich hoffe, es bleibt dabei -, werden auch die ressortübergreifenden Aspekte und Maßnahmen sowie die im Land bereits bestehenden und funktionierenden Strukturen Berücksichtigung finden.
Keinesfalls ist es aus unserer Sicht sinnvoll, in einem relativ kleinen Bundesland wie Sachsen-Anhalt, in dem sich zudem viele der Betroffenen seit vielen Jahren kennen, Parallelstrukturen aufzubauen.
schon erwähnt -, dass der Landesbehindertenbeauftragte jederzeit Zugang zum Ministerpräsidenten hat, wie dieser umgekehrt auch an Sitzungen der Betroffenen teilnehmen kann.
Bei der letzten Sitzung des Behindertenbeirats am 12. November 2011 war der neue Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff als Gesprächspartner zu aktuellen behindertenpolitischen Themen zugegen. Ich kann mich erinnern, dass er dem Gremium mit großem Interesse und Aufgeschlossenheit begegnete. Er bekundete dort, dass er jederzeit dialogbereit sei und den ihm zugeleiteten Forderungskatalog zum Anlass nehmen werde, das eine oder andere Thema mit ins Kabinett zu nehmen - ein kleiner Baustein, der zeigt, dass es wichtig ist, ein Bewusstsein für bestimmte Themen zu schaffen und sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen.
Aus den genannten Gründen möchte ich abschließend um Zustimmung zu unserem Alternativantrag bitten. Darin wird die Landesregierung erstens beauftragt, mit dem Landesaktionsplan die Aufgaben und die strukturelle Anbindung einer staatlichen Anlaufstelle, zurzeit das Ministerium für Arbeit und Soziales, darzulegen, und zweitens - was ich auch außerordentlich wichtig finde - in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales, für Landesentwicklung und Verkehr, für Wissenschaft und Wirtschaft, für Inneres, für Recht, Verfassung und Gleichstellung und für Bildung und Kultur zu berichten. Ich denke, damit würde ein weiterer Schritt in die Richtung getan werden, die Abgeordneten für diese Thematik aufzuschließen und uns im Land voranzubringen. - Danke.
Vielen Dank, Frau Gorr. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt die Kollegin Frau Zoschke. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der erste Teil des Titels dieses Antrags spannt den thematischen Bogen so weit, dass man geneigt ist, einen Exkurs über den in den letzten zwei, drei Jahren fast inflationär verwendeten Begriff „Inklusion“ zu beginnen.
Ja, auch wir haben eine Vision von einer inklusiven Gesellschaft, von einer Gesellschaft, in der jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft, von seinem Geschlecht oder von seinen speziellen körperlichen und geistigen Eigenheiten willkommen ist und dazugehört, in der jeder Mensch gleiche Chancen der Entwicklung und Teilhabe hat.
Über das, was zu tun ist und was insbesondere in unserem Land zu tun ist, um diese Vision mit Leben zu erfüllen, sollten wir ein anderes Mal geson
In dem heute vorliegenden Antrag geht es vor allem um einen der vielen erforderlichen Schritte zu dieser Gesellschaft. Es geht um einen Teilbereich der Inklusion, um die Inklusion der Menschen mit Behinderungen.
Die Menschen mit Behinderungen haben sich mit der UN-Behindertenrechtskonvention eine gewichtige Grundlage für diesen Prozess erkämpft. Dieses Dokument der Vereinten Nationen haben bisher 109 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, ratifiziert und damit zu geltendem Recht gemacht. Dem müssen wir alle Rechnung tragen.
Der Landtag hat sich mehrfach mit dem Inhalt, mit der Bedeutung und mit den Fragen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention befasst. Ihr Anliegen, die Menschenrechte der Menschen mit Behinderungen umfassend zu verwirklichen, geht alle an und muss sich endlich in einem Landesaktionsplan mit konkreten Maßnahmen widerspiegeln.
Wir wissen, dass der Landesaktionsplan in Arbeit ist. Wir wissen aber auch, dass hauptsächlich das Sozialministerium den Hut aufhat. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist aber für alle Ressorts relevant und demzufolge sind alle Ressorts für ihre Umsetzung zuständig.
Insofern unterstützen wir den Ansatz des Antrages. Eine direkte Verantwortung des Ministerpräsidenten bzw. einer Instanz direkt beim Ministerpräsidenten kann hilfreich sein. Eine gesonderte staatliche Instanz birgt allerdings die Gefahr, dass die Verantwortung auf sie abgewälzt wird und dass sich alle anderen Ressorts auf sie verlassen. Dem gilt es vorzubeugen, wenn es Anliegen aller sein soll.
In der Begründung wird ausgeführt, welche Aufgaben die zu schaffende staatliche Instanz, der Focal Point, erfüllen soll. An dieser Stelle die dringende Bitte: Nennen wir das Ding nicht „Focal Point“. Wir wollen uns um Barrierefreiheit auch in der Sprache bemühen.
Warum muss es dieser englische Begriff sein, für den ich im Wörterbuch mindestens sieben verschiedene Übersetzungen gefunden habe? Nennen wir es „Zentrum“ oder „Anlaufstelle“.
Die in dem Antrag geforderte Anlaufstelle soll dazu dienen, den vom Ministerium für Arbeit und Soziales vorgelegten Aktionsplan umzusetzen. Wir mei
nen allerdings, dass unser Augenmerk zunächst darauf gerichtet werden muss, diesen Entwurf tatsächlich zu einem Aktionsplan, also zu einem Maßnahmenplan zu machen; denn Maßnahmen sind darin noch nicht enthalten. Hierzu sollten alle Ressorts aufgefordert werden. Dabei müssen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Landesbehörden und den Verbänden und Interessenvertretungen bestimmt und realisiert werden, damit die Sicht der Betroffenen in allen Phasen und bei allen Themen präsent ist.
Die erste Fassung des Entwurfs des Landesaktionsplans wurde dem Landesbehindertenbeirat und den am Runden Tisch vertretenen Verbänden schon vorgelegt und die Verbände wurden zur Mitarbeit aufgefordert. In dieser Fassung sind noch überhaupt keine Maßnahmen enthalten. Es handelt sich um eine Bestandsaufnahme und um einen teilweisen Problemaufriss.
Es stellt sich die Frage, wie der Prozess der Erarbeitung eines konkreten Maßnahmenplans in den Ministerien und nachgeordneten Behörden laufen soll. Sollen sie nur auf die Forderungen der Verbände reagieren oder erwarten wir von ihnen eigene Ideen und Angebote? Sind die verschiedenen Ressorts auf die Anforderungen, die mit konkreten Maßnahmen verbunden sind, schon eingestellt und wie beziehen sie die Menschen mit Behinderungen selbst mit ein?
Wir sollten die Kräfte vor allem darauf orientieren, das Bewusstsein für die Problematik in alle Bevölkerungsteile und in alle Ressorts der Verwaltung zu tragen und die Gesellschaft für diese riesengroße Aufgabe der Schaffung einer inklusiven Gesellschaft zu sensibilisieren. Wir würden einer Überweisung an die Ausschüsse zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zielt auf die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle des Landes zur Realisierung der UN-Behindertenrechtskonvention. Es wird der Vorschlag unterbreitet, diese Anlaufstelle im Bereich des Ministerpräsidenten anzusiedeln. In der Begründung des Ihnen vorliegenden Antrags wird deutlich, dass es sich um eine reine Verwaltungseinheit handelt.
Nun ist zu dem Problem von Doppelstrukturen schon einiges gesagt worden. Abgesehen von den knappen personellen Ressourcen auf diesem speziellen Gebiet, mit denen das Land umgehen muss, befürchte ich auch Kompetenzverluste, wenn eine komplett neue Verwaltungseinheit ge
schaffen wird, und dass es einen längeren Zeitraum dauern wird, bis diese Stelle allgemeine Bekanntheit und Akzeptanz erlangt hat.
In der Tat stellt Artikel 33 der UN-Behindertenrechtskonvention die Anforderung, eine solche Stelle auf der Ebene der Vertragsstaaten, also auf nationaler Ebene einzurichten. Für die Länderebene gibt es diese verbindlichen Vorgaben nicht.
Es wurde bereits ausgeführt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der Bundesebene als staatliche Anlaufstelle fungiert. Es sorgt für den Erfahrungsaustausch innerhalb der Bundesregierung und hat auch den nationalen Aktionsplan erarbeitet. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung ist ebenfalls beim Bundessozialministerium angesiedelt und übernimmt die Koordinierungsfunktion. Gleichartige Strukturen haben wir auch in Sachsen-Anhalt.
Das Ministerium für Arbeit und Soziales und der Landesbehindertenbeauftragte sind bereits als Anlaufstelle und Ansprechpartner für alle Belange im Zusammenhang mit der Realisierung der UN-Behindertenrechtskonvention etabliert. Eine ministeriumsübergreifende, also interministerielle Arbeitsgruppe Barrierefreiheit arbeitet ebenfalls schon. Der Landesaktionsplan ist in Arbeit - das wurde schon erwähnt.
Ich darf diejenigen, die hier schon in der letzten Legislaturperiode auf diesem Gebiet mit gestritten haben, daran erinnern, dass das kein leichter oder reibungsloser Prozess war. Wie oft dieses Thema hier im Hohen Haus eine Rolle gespielt hat, ist fast nicht zu beschreiben. Ich muss auch daran erinnern, dass einige Ministerien mehrere Anläufe brauchten, bis sie sich diesem Thema für eine Aussprache im Sozialausschuss überhaupt genähert hatten.
Wir haben dennoch einiges erreicht. Deshalb sind wir nicht der Auffassung, dass die eingespielten Strukturen, das funktionierende Zusammenwirken der Landesregierung, des Behindertenbeauftragten der Landesregierung und - das ist ganz wesentlich - des Behindertenbeirats,
Wir sollten unser wirklich gutes Behindertengleichstellungsgesetz, das unsere Koalition Ende der vergangenen Legislaturperiode verabschiedet hat und das die Rechte des Behindertenbeauftragten festschreibt, mit Leben erfüllen. Wir sollten den Behindertenbeirat weiterhin unterstützen und stärken; denn eines ist klar: Die Einbeziehung der Betroffenen auf allen Stufen der Erarbeitung und Umsetzung des Landesaktionsplans ist für uns das oberste Gebot.
Deshalb begrüße ich das Vorhaben des Behindertenbeauftragten Herrn Maerevoet ausdrücklich, eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Behindertenbeirats und der Ministerien zu installieren. Wir werden Wert darauf legen, dass sich alle Ressorts in diese Arbeitsgruppe verantwortlich einbringen werden. Wir haben dafür die Unterstützung des Ministerpräsidenten. Das wurde auch bei dem Besuch des Behindertenbeirats im November 2011 deutlich. Danach wurde schon gefragt.
Die Einrichtung einer weiteren Verwaltungsinstanz findet bei uns und - dessen bin ich mir sicher - auch beim Behindertenbeauftragten und bei der Regierung wohl keinen Zuspruch.
Als Alternative stellen wir den Antrag, der Ihnen vorliegt. Ich brauche den Antrag nicht noch einmal vorzulesen, sondern habe nur eine Ergänzung zu der Begründung zu Punkt 1.
Im Landesaktionsplan ist im Moment das Kapitel Strukturen, Instanzen und Verantwortlichkeiten in der Tat noch nicht enthalten. Das sollte in der nächsten Arbeitsstufe so schnell wie möglich vorgelegt werden. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt erneut Frau Lüddemann das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte jetzt natürlich keine Grundsatzrede halten. Gestatten Sie mir nur, noch auf einige wenige Punkte einzugehen, die von den Kolleginnen und vom Herrn Minister genannt worden sind.
Also um es ganz klar zu sagen: Wir halten eine zentrale Koordinierungsstelle im Wesentlichen zur Erarbeitung dieses Landesplans und dann zur Umsetzung dieses Plans, also mit einem eng umrissenen Aufgabenfeld, für sehr nötig; denn ich glaube, dass wir eine Instanz brauchen, die ein wirkliches Mandat hat, um den anderen Häusern - ich sage es einmal etwas salopp - auch einmal etwas sagen zu können.
Wer Anfang Dezember 2011 - ich glaube, es war am 10. Dezember - während der Vorstellung des ersten Entwurfs dabei war, der konnte sehr gut nachvollziehen, dass - das ist sehr vorsichtig formuliert worden - die Hauptarbeit im Sozialministerium gelaufen ist. Die Unterstützung von den Häusern war - vorsichtig ausgedrückt - von wenig über unterschiedlich bis gar nicht vorhanden. Ich habe den Kollegen, der das dort vorgestellt hat, sehr bewundert. Es ist jedoch sehr deutlich geworden, wie die Arbeit läuft. Ich denke, das kann nicht der Sinn der Sache sein.