Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Mir ist natürlich der Bauer vor Ort lieber als der Investor von weit her, das ist klar. Aber die Realität ist eine andere. Dass wir so wenig Tierhaltung und einen so geringen Tierbesatz haben, hat auch damit zu tun, dass größere Anlagen einfacher zu installieren sind, weil die Fläche für die Düngerverwertung vorhanden ist.

An dieser Stelle sehe ich das Problem, Düngemittel so auszubringen, wie es die Düngeverordnung vorsieht. Deswegen bin ich dankbar dafür, dass in dem Antrag steht, dass wir den Vollzug der Verbringung von Düngemitteln besser kontrollieren und besser organisieren müssen.

Im Übrigen besteht schon heute eine Verbringungsmeldepflicht. Jeder, der organischen Dünger produziert und aufnimmt, muss den Ämtern für Landwirtschaft mitteilen, um welche Düngemittel es sich handelt, woher sie stammen und wohin sie verbracht werden. Derartige Meldepflichten bestehen bereits.

Allerdings gleichen diese Pflichten nicht den in Genehmigungsverfahren von großen Anlagen erteilten Auflagen. Bei der Überprüfung dieser in der Genehmigung einmal erteilten Auflagen bzw. Voraussetzungen sehe ich schon die Möglichkeit, ein wenig darauf hinzuwirken, dass es so kommt.

Denn ansonsten würde manche Anlage nicht entstehen, bei denen die Düngeverwertung auf Flächen stattfindet, die 30 km und weiter von der Anlage entfernt liegen. Auf derart entfernten Flächen Dünger auszubringen, ist relativ nutzlos.

Die Änderungsanträge der GRÜNEN und der LINKEN haben aus meiner Sicht einige wesentliche Nachteile. An der Privilegierung etwas zu ändern, ist aus meiner Sicht - der Minister hat das richtig ausgeführt - der Todesstoß für viele Anlagen, auch für viele kleine Veredelungsanlagen. Ich bin nicht der Auffassung, dass die Antragsteller, die das fordern, die Folgen wirklich gut bedenken.

Das Bauprivileg bei landwirtschaftlichen Anlagen ist richtig und aus unserer Sicht nicht zu hinterfragen.

Auch Fragen wie die nach dem Brandschutz sind eigentlich nur Mittel zum Zweck. Sie führen in der Regel zu keinem Vorteil in der Anlage. Aber sie werden als Keule zur Verhinderung von Anlagen genutzt. Das kann es nicht sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei der Frage nach Keimen und Geruchsfiltern verhält es sich ähnlich. Die Studie, die der BUND zu Keimen und multiresistenten Keimen erstellt hat, ist aus meiner Sicht erstens keine wissenschaftliche Studie. Zweitens ist sie sehr stark interessengeleitet. Drittens glaube ich nicht, dass die Studie in einer angemessenen Art und Weise die Vorbelastung und die Geschichte der jeweiligen Standorte und die Probenahmen richtig dokumentiert.

Wir haben im Lande die Möglichkeit, mit der Einrichtung in Iden eine Vorreiterrolle zu übernehmen, die für artgerechte Tierhaltung sehr nutzbringend sein kann, und zwar nicht nur für unser Land, sondern auch für unsere Nachbarländer. Daher plädiere ich dafür, dass wir in Kooperation mit mehreren Ländern die Kräfte bündeln, da es sich um eine gesellschaftliche Aufgabe handelt, und die Einrichtung in Iden entsprechend aufrüsten.

Insofern bitte ich darum, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. Ein Ergebnis wird es sein, dass wir uns darüber im Ausschuss unterhalten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Daldrup. Es gibt eine Anfrage des Kollegen Krause. Möchten Sie diese beantworten?

Ja, klar, sagt er.

Herr Daldrup, ich habe eine Frage zum ersten Punkt Ihres Antrages. Mich hat dieser erste Punkt ein klein wenig verwirrt. Ist die darin enthaltene Aussage nicht auch ein Eingeständnis oder, so könnte ich es auch formulieren, die Vermutung der Koalitionsfraktionen, dass die Behörden bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ausbringens von Wirtschaftsdünger nicht korrekt und gesetzeskonform gearbeitet haben?

Nein, das ist nicht das Thema. Das Thema ist das, was wirklich passiert und was in den ursprünglichen Genehmigungsanträgen steht. Ich weiß auch, dass darin Flächen zur Gülleverwertung ausgewiesen sind, die sehr weit entfernt von der Anlage liegen und auf denen nie Gülle ausgebracht wird. Stattdessen werden für die Gülleausbringung Flächen genutzt, die dichter am Betrieb liegen. Auf diesen Flächen wird nicht unbedingt mehr Gülle ausgebracht, aber es werden durch Tausch usw. andere Flächen für die Ausbringung organisiert, die aber erst im Nachgang akquiriert werden.

Es ist fraglich, ob das alles übereinstimmt. Darüber, mit welchen Methoden das gemacht wird, müssen wir uns nicht unterhalten. Denn das hat nichts mit der Arbeit der Behörden zu tun, sondern damit, wie diejenigen, die solche Anlagen betreiben, mit ihrer Genehmigung umgehen.

Insofern sehe ich keinen Widerspruch. Aber ich glaube, dass wir das etwas genauer untersuchen und auch die Verbringung von Wirtschaftsdünger und Gülle besser und anders organisieren müssen.

Danke schön, Herr Kollege Daldrup. - Als nächste spricht Frau Frederking für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mitgeschöpfe! Der Antrag von CDU und SPD will Akzeptanz für die Nutztierhaltung schaffen. Daraus schließe ich, dass die Koalitionsfraktionen von einer Nichtakzeptanz der Nutztierhaltung ausgehen.

(Herr Leimbach, CDU: Beides falsch!)

Aber was akzeptieren die Menschen denn nicht? Es gibt doch kein grundsätzliches gesellschaftliches Problem mit der normalen Nutztierhaltung. Diese war und ist auch Teil unserer Gesellschaft.

Die Proteste richten sich vielmehr gegen die wie Pilze aus dem Boden schießenden industriellen Nutztierhaltungen. Diese Anlagen nehmen Über

hand, und immer mehr ortsfremde Investoren überschwemmen Sachsen-Anhalt mit Tierfabriken, in denen es nur noch um Gewinnmaximierung geht, nicht aber um das Tierwohl

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

und auch nicht um das Wohl der ortsansässigen Bevölkerung. Solche Tierfabriken will hier niemand. Das sind auch nicht die Erwartungen, die die Gesellschaft hat, Herr Dr. Aeikens.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Die Menschen wehren sich dabei nicht nur gegen den Gestank und gegen die Umwelt- und Gesundheitsgefährdung. Sie wehren sich auch gegen den Umgang mit unseren Mitgeschöpfen, die in industriellen Tierfabriken wie bloße Bioreaktoren behandelt werden. Die Tiere werden nicht mehr als Lebewesen wahrgenommen; sie verrichten dort nur noch biochemische Dienstleistungen für uns.

Die Tiere leiden. So werden bei Masthähnchen und Puten die Oberschnäbel abgeschnitten, um ein gegenseitiges Picken zu verhindern. Diese Methode ist nicht nur schmerzhaft, sondern schränkt die Tiere auch stark in der Gefiederpflege und in der Nahrungsaufnahme ein. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der ein Ende haben muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Was in dem Antrag von CDU und SPD schönfärberisch als Veredelung dargestellt wird, ist in Wirklichkeit eine Verelendung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Daldrup, dieser Prozess findet oft in den riesigen Megaställen statt. Es gibt eine ganz klare Korrelation zwischen der Größe der Anlagen und der artgerechten Haltung.

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

- Ich spreche von einer Korrelation und selbstverständlich muss man immer den Einzelfall betrachten.

Weil es diese Korrelation gibt, müssen die großen Tierhaltungsanlagen aus der Privilegierung heraus, damit die Menschen wieder ein Mitspracherecht bekommen. § 35 des Baugesetzbuches muss geändert werden.

Herr Barth, es reicht eben nicht aus, dass nur die gewerblichen Anlagen von dieser Regelung ausgenommen werden, sondern es müssen alle Anlagen, die gemäß Immissionsschutzrecht einer Genehmigung bedürfen, ausgenommen werden.

Es bleibt dabei, dass kleinere Anlagen weiterhin privilegiert werden. Wenn Anlagen von der Privilegierung ausgenommen werden, dann bedeutet

dies, dass die Kommunen ein Mitspracherecht haben

(Herr Borgwardt, CDU: Das haben sie jetzt schon!)

und über Bebauungspläne auch noch entscheiden können, welche Art von Anlagen sie wollen; ob sie solche Anlagen wollen oder nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Ansatz von Frau Aigner, die Privilegierung erst ab der Schwelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung abzuschaffen, ist einfach eine Mogelpackung. Auch damit würden nach wie vor riesige Anlagen privilegiert. Damit wäre zum Beispiel den Bürgerinnen und Bürgern in Rhoden bei Osterwieck oder in Jübar in der Altmark nicht geholfen. In diesen Ortschaften sollen jeweils 80 000 Hähnchenmastplätze entstehen.

Solche Tierfabriken sind auch nicht mit dem Argument der Versorgung zu rechtfertigen. Wir haben in Deutschland schon jetzt einen Versorgungsgrad von über 100 % - trotz gestiegenen Fleischkonsums. Daher muss man nicht mit der Tierdichte argumentieren.

Herr Krause, eine Erhöhung der Tierproduktion bringt uns gar nichts. Wir brauchen das einfach nicht. Die intensive Tierhaltung ist eine Folge des Preisdrucks seitens des Handels. Es wird nur noch auf Masse gesetzt. Faire Erzeugerpreise sind nicht mehr möglich. Unsere Landwirtinnen und Landwirte können sich angesichts dessen kaum behaupten.

Die Preisschraube dreht sich immer weiter. Das ist ein sich selbst verstärkender Effekt. Trotz steigender Tierumsätze verdienen die landwirtschaftlichen Betriebe nicht mehr Geld. Ist das denn ökonomisch? Ich frage das, weil immer von wirtschaftlichen Gründen die Rede ist. Wir wollen stattdessen, dass die Landwirtinnen und Landwirte anständig bezahlt werden.

(Frau Feußner, CDU: Das entscheidet der Kunde! Und den Kunden können wir nicht beeinflussen!)

Futtermittel werden kostengünstig importiert. Die Wertschöpfung in der Region nimmt ab. Auch das hat nichts mit ökonomischer Vernunft zu tun.

Ich sehe, meine Redezeit ist schon zu Ende, ich möchte aber noch auf Frau Feußner eingehen. Genau deshalb sagen wir, dass wir ein Label für Lebensmittel brauchen, damit klar ist, woher die tierischen Produkte kommen und wie diese erzeugt worden sind.