Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Ich sehe, meine Redezeit ist schon zu Ende, ich möchte aber noch auf Frau Feußner eingehen. Genau deshalb sagen wir, dass wir ein Label für Lebensmittel brauchen, damit klar ist, woher die tierischen Produkte kommen und wie diese erzeugt worden sind.

Es kann nicht sein, dass der Slogan „Geiz ist geil!“ gemeint ist; denn das ist der Tod für die gesunden Lebensmittel, meine Damen und Herren. Deshalb brauchen wir hierbei ein Umdenken. Wir müssen uns an dem orientieren, was sinnvoll ist.

Wir haben in unserem Änderungsantrag einige Vorschläge unterbreitet, was wir unter tiergerechter Nutztierhaltung verstehen: mehr Bewegungsfreiheit für die Tiere, Möglichkeiten zur artgerechten Beschäftigung, Tageslicht, Auslauf etc. Solche Dinge könnten zum Beispiel über eine Landesförderung von Ställen geregelt werden.

Wir haben einige Punkte aus dem Forum Nutztierhaltung in unseren Änderungsantrag aufgenommen. Wie das genau aussehen muss, kann man mit den betroffenen Menschen besprechen und danach gemeinsam konkrete Bedingungen festlegen.

Wir brauchen eine zukunftsfähige, standort- und tierschutzgerechte, umweltfreundliche und flächengebundene Tierhaltung. Es geht hierbei um viel mehr. Es geht um einen großen Kontext, um einen verantwortungsbewussten Konsum statt agroindustrieller Intensivtierhaltung. Deshalb bitte ich um die Unterstützung unseres Antrages. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Frederking. Es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Rothe. Möchten Sie diese beantworten?

Ja.

Bitte schön.

Frau Kollegin Frederking, Sie erwähnten die Auslaufmöglichkeit für Tiere, die Sie in Ihrem Änderungsantrag fordern. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie damit nicht den Rinderoffenstall Nikita Chruschtschows meinen?

(Herr Gallert, DIE LINKE: Den wird sie nicht mehr kennen! - Herr Borgwardt, CDU: Den kennt sie nicht mehr!)

Es geht doch darum, dass man die Witterungsverhältnisse in Deutschland mehr berücksichtigt, als das damals trotz der zum Teil extremen Winter der Fall war.

In Großbritannien habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich als Schwein im Freien sein kann, mich aber auch in den Stall zurückziehen kann.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Teilen Sie meine Auffassung, dass das artgerecht und damit förderungswürdig ist?

Also, bei welchen Minusgraden man die Tiere rauslässt, das muss man noch entscheiden. Mit Auslauf meinen wir ganz klar, dass die Tiere auch nach draußen können.

Danke.

Frau Kollegin, es gibt eine weitere Anfrage des Abgeordneten Krause. Möchte Sie diese beantworten?

Ja.

Frau Frederking, vielleicht ist es Herrn Rothe nicht ganz so geläufig, dass dies die modernsten Haltungsbedingungen sind. Herr Rothe, ich lade Sie ein, nach Pretzier zu kommen. Dort leben 500 Kühe in einem Laufstall, wie Sie sagen, nach der Art Chruschtschows, unter Jalousetten mit Frischluft, Sommer wie Winter. Das sind die modernsten und leistungsfähigsten Ställe.

Man hat gelernt, dass Tiere nicht wie in der Vergangenheit üblich in kleinen abgeschlossenen Ställen gehalten werden müssen, sondern die Tiere brauchen Luft und können extreme Temperaturschwankungen gut vertragen, ohne an Milchleistung zu verlieren.

Ich lade Sie ein nach Pretzier, wo 500 Kühe in einem offenen Laufstall mit Liegeboxen leben und über 10 000 l Milch produzieren.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Krause, ich verstehe Ihre Einlassung als Frage an mich, ob ich Ihrer Einladung nachkommen und mir den Stall anschauen möchte. Diese Einladung nehme ich gern an.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön. Wenn noch Adressen für Rinderoffenställe bekannt gemacht werden möchten, dann ist das ein guter Platz. - Für die Fraktion der SPD spricht als nächster Debattenredner Kollege Barth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie die Debatte eben gezeigt hat, wird

dieses Thema in Deutschland und in der Gesellschaft insgesamt sehr kontrovers diskutiert.

Eines bleibt festzustellen: Die Ansprüche der Verbraucher sind in den vergangenen Jahren im Hinblick auf den Umwelt- und Naturschutz deutlich gestiegen. Dem müssen wir uns stellen. Aber ich möchte auch sagen, dass wir in Deutschland bezogen auf die Europäische Union eine Vorreiterrolle in den artgerechten Haltungsmethoden eingenommen haben. Darauf können wir stolz sein.

Ich will ein Beispiel nennen: das Verbot der Käfighaltung, im Jahr 2009 in Deutschland umsetzt. Schauen wir uns die Nachbarländer an, kommen aber schon Fragen auf. Ich denke, das sollte man unter diesem Aspekt nicht schlechtreden.

Natürlich muss es jedem bewusst sein, dass eine Vorreiterrolle dem Tierwohl nur dann zum Durchbruch verhilft, wenn absehbar ist, dass die anderen Länder mitziehen. Ich will kurz erläutern, was ich damit meine.

Wir haben die Situation, dass in unseren Supermärkten und Discountern nur noch Eier aus Boden- und Freilandhaltung angeboten werden.

(Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

Das macht aber nur 10 % des Verbrauchs an Eiern insgesamt aus. Woher die Eier in Backwaren oder in Nudelprodukten kommen, bleibt größtenteils im Verborgenen.

(Frau Frederking, GRÜNE: Deshalb wollen wir dieses Label!)

- Ja, Frau Frederking, dann müssen Sie dies aber auch unseren Nachbarländern begreiflich machen, wenn diese nach wie vor Legehennen in Käfigbatterien halten, obwohl dies seit dem 1. Januar 2012 verboten ist, und ihre Produkte bei uns vermarktet werden.

Hierbei bedarf es einer deutlich höheren Transparenz für den Verbraucher. Dem entspricht Ihre Forderung - das sage ich jetzt mal - nach einem Label.

Mit diesem kleinen Exkurs wollte ich kurz auf die Schwierigkeiten hinweisen und deutlich machen, dass das Tierwohl auf dem europäischen Markt eng verbunden ist. Es wäre im Grunde genommen Selbstbetrug, wenn wir durch hohe und zweifellos auch wünschenswerte Standards einen Großteil unserer Produktion wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit und Nachfrage aufgeben und stattdessen tierische Produkte importieren, deren Herkunft und Haltungsmethoden erst recht Zweifel hervorrufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte über dieses Thema wird sehr emotional geführt. Fast jede geplante größere Investition wird durch eine Bürgerinitiative begleitet. Frau Frederking, ich gebe Ihnen Recht: Wir haben eine große Anzahl von Anträgen zu Neuinvestitionen. Aber

jetzt zu sagen, dass das gesamte Land flächenmäßig mit industriemäßigen Tierhaltungsanlagen überzogen wird, dem möchte ich widersprechen.

An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass der Begriff „Massentierhaltung“ stark strapaziert wird, ohne dass mir bis heute irgendjemand eine Definition dafür vorgelegt hat.

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)

Wir plädieren dafür, dass hierzu klare Kriterien festgelegt werden, auf deren Grundlage dann eine umweltbelastende und den Erfordernissen des Tierschutzes widersprechende Nutztierhaltung unterbunden wird.

Ich komme zu Ihrer Aussage einer Korrelation zwischen großen Tierhaltungsanlagen und einer nicht artgerechten Tierhaltung: Diese ist beim besten Willen nicht zu erkennen. Deshalb begrüße ich es, dass Sie die Einladung von Herrn Krause annehmen und sich einmal eine solche große Anlage anschauen, damit Sie dafür ein Verständnis entwickeln.

Es gibt nach unserer Auffassung viele diskussionswürdige Punkte, die wir im Ausschuss thematisieren sollten. Ich möchte hierzu auf den Tierschutzplan von Niedersachsen oder die Einführung eines bundesweiten einheitlichen Tierwohllabels hinweisen. Ich denke, darüber sollten wir im Ausschuss ausgiebig diskutieren und auch die Meinung der Landwirte und Tierärzte einbeziehen.

Herr Krause, noch ein Wort zu Ihrem Beitrag. Für UVP-pflichtige Tierhaltungsanlagen generell ein Raumordnungsverfahren vorzuschreiben, dürfte über das Ziel hinausschießen; denn die UVPPflicht gilt zum Beispiel in der Schweinemast bereits ab 2 500 Mastplätzen. Ich weiß nicht, ob Sie das vor dem Bauernverband genauso fordern würden. Das würde ich an Ihrer Stelle zumindest überdenken.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich Sie um die Annahme unseres Antrages. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Barth. Es gibt eine Anfrage der Abgeordneten Frederking. Möchten Sie diese beantworten?

Bitte schön.