Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Bitte schön.

Herr Barth, wir beide hatten schon mehrfach das Vergnügen, auf einem Podium zusammenzusitzen. Wir treffen uns ja nicht nur hier im Landtag.

(Zurufe von der SPD: Ach so? - Hört, hört!)

Bitte nicht zu viel verraten!

Aber ich möchte Sie fragen, was Sie tun, wenn wir uns treffen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Schlafen Sie? Sie sagen, Sie hätten noch nie eine Definition der Massentierhaltung gehört. Ich kann mich erinnern, dass ich dazu schon mehrmals etwas geäußert habe. Deshalb frage ich Sie: Haben Sie diese noch nicht wahrgenommen?

Frau Frederking, ich möchte Ihre Fachkompetenz nicht infrage stellen. Ich weiß aber nicht, ob Ihre Definition über Massentierhaltung für die gesamte Bundesrepublik allgemein verbindlich sein sollte. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren. Wir haben zunächst über die Überweisung des Antrages zu entscheiden. Die Fraktion DIE LINKE hat die Überweisung in den Landwirtschaftsausschuss beantragt. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt gegen eine Überweisung in den Ausschuss? - Das erscheint zögerlich, es sind aber nunmehr klar erkennbar die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung in den Ausschuss abgelehnt worden.

Wir stimmen nunmehr über die beiden Änderungsanträge ab. Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drs. 6/1061 ist der weitergehende Antrag. Deshalb stelle ich diesen zuerst zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE enthält sich der Stimme, und die Koalitionsfraktionen machen gar nichts.

(Frau Niestädt, SPD: Nach den Gegenstim- men ist noch nicht gefragt worden! - Weitere Zurufe von der CDU und von der SPD)

- Ich bitte um Nachsicht. Es ist natürlich falsch, dass die Koalitionsfraktionen nichts machen, son

dern sie warten auf eine Abfrage des Präsidenten, der dies vergessen hatte und dies nunmehr nachholt. Deswegen frage ich: Wer möchte gegen den Änderungsantrag stimmen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ergibt sich auch wieder ein klares Bild. Der Änderungsantrag ist abgelehnt worden.

Wir stimmen nunmehr über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drs. 6/1059 ab. Wer möchte dem Änderungsantrag zustimmen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen - sofort und klar erkennbar. Damit hat dieser Änderungsantrag keine Mehrheit gefunden.

Wir stimmen nunmehr über den Ursprungsantrag ab. Wer stimmt zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 2 ist erledigt.

Wir kommen somit zum Tagesordnungspunkt 3:

Erste Beratung

Leistungsfähigkeit der Feuerwehren in Sachsen-Anhalt langfristig sichern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1005

Für die Einbringerin hat die Abgeordnete Frau Tiedge das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich bitte kurz Folgendes vor: Es brennt, und niemand ist da, der das Feuer löschen kann.

Sie werden mit Recht sagen, dass diese Situation nie eintreten darf und vielleicht auch nicht wird und dass das heraufbeschworene Szenario nicht zur Realität in Sachsen-Anhalt gehört. Aber wieso geht man stets mit größter Selbstverständlichkeit davon aus, dass es immer Menschen geben wird, die sich den schwierigen Aufgaben des Brand- und Katastrophenschutzes widmen werden, Menschen, die ihre Freizeit damit verbringen, anderer Menschen Hab und Gut und Leben zu retten?

Meine Damen und Herren! Stellen wir uns doch einmal selbst die Frage, wie viele unter uns sind, die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren sind. Ich bin der festen Überzeugung, es sind nicht allzu viele.

Ich muss an dieser Stelle eingestehen, ich bin es auch nicht. Ich habe diese Aufgabe, dieses Ehrenamt auf meinen Sohn delegiert. Aber diese Frage muss letztendlich jeder für sich selbst beantworten. Umso mehr müssen wir die ehrenamtliche Arbeit

der Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren in unserem Land anerkennen und achten.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb an dieser Stelle nochmals den Mitgliedern der Feuerwehren meinen und unseren Dank für ihre geleistete Arbeit im Rahmen des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Kameradinnen und Kameraden die besten Bedingungen für ihren schweren Dienst vorfinden. Diesbezüglich gibt es noch viel zu tun.

Meine Damen und Herren! Der demografische Wandel macht auch vor den Feuerwehren nicht halt. Nun wissen wir, dass im Innenministerium seit diesem Jahr eine Projektgruppe „Feuerwehr 2020“ existiert, die sich auch mit diesem Thema beschäftigen wird. Aber wir wissen auch aus jahrelanger Erfahrung, dass ministerielle Projekt- und Arbeitsgruppen allein die Probleme nicht lösen werden. Die Wichtigkeit des Themas gebietet es, dass das Parlament weitaus mehr als nur mittels Berichterstattungen einbezogen wird.

Aus einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Bergmann geht hervor, dass sich zwar die Anzahl der Ortsfeuerwehren nicht wesentlich verringert hat, dass aber annähernd 40 % der Ortsfeuerwehren nicht ständig einsatzbereit sind. Das ist mehr als alarmierend. Dafür gibt es verschiedene Ursachen.

Eine nicht unwesentliche Rolle spielt für die Einsatzfähigkeit am Tag die Frage, wie viele der Kameradinnen und Kameraden berufstätig sind. Leider ist es nach wie vor an der Tagesordnung, dass es Arbeitgeber gibt, die nicht bereit sind, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen freizustellen, damit sie zum Einsatz fahren können. Diese Arbeitgeber sollten sich immer vor Augen halten, dass auch sie, sollte es einmal bei ihnen selbst brennen, mit größter Selbstverständlichkeit davon ausgehen, dass die Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren den Brand bei ihnen vor Ort schnell und sicher löschen. Persönliche Betroffenheit schafft ihre eigenen Maßstäbe.

Versuche, Arbeitgeber zu motivieren, insbesondere auch Kameraden und Kameradinnen der freiwilligen Feuerwehren in ein Arbeitsverhältnis einzustellen, gab es in der Vergangenheit schon einige. Aber leider waren diese Bemühungen nie von Nachhaltigkeit geprägt. Die Projektgruppe sollte auch bei diesem Punkt unbedingt ansetzen und Lösungsansätze anbieten.

Es ist auch wenig hilfreich, wenn, wie geschehen, der Innenminister im Zusammenhang mit der Situation der ungenügenden bzw. sogar fehlenden Einsatzfähigkeit von Fehlinvestitionen in die Feuerwehren spricht. Diese Aussage hat zu Recht für

viel Unmut bei den Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehr gesorgt.

Kein Cent, der für die Sicherheit der Bevölkerung, aber auch für die der Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren selbst aufgewendet wurde und wird, ist eine Fehlinvestition. Ganz im Gegenteil: Es ist gut angelegtes Geld.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber was wir vor allem tun müssen, ist, dafür zu sorgen, dass solche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, dass sämtliche Ortsfeuerwehren auch am Tage voll einsatzfähig sind.

Meine Damen und Herren! Eine ganz wichtige Rolle spielt deshalb die Nachwuchsgewinnung. Dabei ist es notwendig, möglichst viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Diesbezüglich stellt sich insbesondere auch die Frage nach der Gewinnung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund für die Feuerwehrarbeit.

Im Jahr 2007 waren deutschlandweit 239 772 Jungen und Mädchen Mitglieder der Jugendfeuerwehren, davon lediglich 1 856 Jugendliche mit Migrationshintergrund. Die Zahlen sehen heute nicht viel anders aus. An dieser Stelle vergeben wir ein großes Potenzial. Dazu gehört aber auch, dass Vorbehalte und Vorurteile abgebaut werden.

Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die gefördert werden. So bietet zum Beispiel die Stiftung „Mitarbeit“ für Jugendliche mit Migrationshintergrund eine Förderung an, um diese ganz gezielt für die Jugendfeuerwehren zu begeistern. Zudem gibt es die Integrationskampagne „Unsere Welt ist bunt“. Damit diese Kampagnen und Maßnahmen erfolgreich sind, müssen sie bekannt gemacht werden, ihre Attraktivität erhöht und letztendlich auch von den Jugendlichen angenommen und genutzt werden.

Meine Damen und Herren! Um gut ausgebildete aktive Feuerwehrkameradinnen und -kameraden zu haben, bedarf es auch einer guten, soliden Ausbildung, und das bereits bei den Jugendlichen.

Diesbezüglich sehen wir mit Sorge die Entwicklung der Jugendbildungsstätte in Heyrothsberge.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ja, wir wissen um die Probleme, die nicht zuletzt durch den Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes entstanden sind. Aber an dieser Stelle kippt man das Kind mit dem Bade aus, wenn man nunmehr die Jugendbildungsstätte an das Institut für Brand- und Katastrophenschutz angliedert.

Die Jugendbildungsstätte war und ist ein über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt hinaus anerkanntes Ausbildungszentrum, nicht zuletzt auch zur Erlangung der „Juleica“. Die Juleica-Ausbil

dung hat nach bestimmten Grundsätzen zu erfolgen. Die Jugendfeuerwehr von Sachsen-Anhalt ist als ausbildender Träger durch die Landeszentralstelle Juleica anerkannt.

Um als ausbildender Träger anerkannt zu werden, bedarf es mehrerer Voraussetzungen: Erstens. Die Grundsätze der Juleica müssen umgesetzt und in einer eigenen Ausbildungskonzeption verankert werden. Zweitens. Diese Konzeption muss dem KJR vorgelegt werden. Drittens. Die Ausbildungsstelle muss anerkannter freier Träger der Jugendhilfe im Sinne des § 75 SGB VIII sein.

Nun will niemand bestreiten, dass das Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge nicht auch die Kompetenz zu dieser Ausbildung hätte. Aber ist sie gesetzlich dazu überhaupt befugt? - Diese Frage kann noch niemand beantworten. Die Folge ist: Die Ausbildung bleibt auf der Strecke.

Die Jugendfeuerwehr hatte ursprünglich zwei Jugendbildungsreferenten. Gegenwärtig gibt es noch einen Referenten. Dieser wird durch das Ministerium für Arbeit und Soziales finanziert.

Das Institut für Brand- und Katastrophenschutz soll künftig die Jugendbildungsarbeit übernehmen, und die pädagogische Arbeit - was immer das auch sein mag - bleibt bei der Jugendfeuerwehr. Wir haben große Befürchtungen, dass dies nun gerade nicht dazu führen wird, dass Kinder und Jugendliche für die Arbeit in der freiwilligen Feuerwehr begeistert werden. An dieser Stelle muss schnellstens eine dauerhafte Lösung her.