Protokoll der Sitzung vom 13.05.2011

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist hier aber nicht wichtig! - Weitere Zurufe von Frau Tiedge, DIE LINKE, von Herrn Gebhardt, DIE LIN- KE, und von Frau Hunger, DIE LINKE)

In dieser Koalitionsvereinbarung steht zum Beispiel, dass es noch mehr Mindestlöhne auf der Grundlage des Entsendegesetzes geben soll. Das wird im Moment in Berlin verhindert, damit es dort nicht weitergeht, weil die FDP dort mitregiert. Also, das wollen wir zum Beispiel, um solche Tarifverträge noch stärker zustande kommen zu lassen.

Dann gibt es das Instrumentarium der Allgemeinverbindlichkeit. Dazu muss aber auch ein Antrag von den Tarifvertragsparteien gestellt werden.

Das Dritte ist: Wir haben in der Koalitionsvereinbarung ein Vergabegesetz mit Tariftreue. Das ist also auch verankert.

Ich denke, das ist eine ganze Menge, was wir da getan haben.

(Herr Hövelmann, SPD: Ja!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Es gibt keine weiteren Nachfragen. Wir danken für den Redebeitrag. - Als Letzte in der Debatte hat Frau Abgeordnete Rogée von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Meine Damen und Herren! In Vorbereitung auf die Rede habe ich gemerkt, dass es sehr viele Ecken gibt und dass es sehr viele Informationen gibt, von denen ich meine, dass wir uns damit beschäftigen müssen. Ich finde, die Diskussionsbeiträge haben das auch noch einmal deutlich gemacht.

Ich bedanke mich bei den GRÜNEN für die Unterstützung. Darüber freue ich mich natürlich.

Aber ich möchte zu unserem Antrag etwas sagen und die Bitte äußern, ihm doch zuzustimmen, weil die Themen, die wir hiermit zur Beschlussfassung vorgelegt haben, auf jeden Fall die Unterstützung der SPD, aber auch die der CDU finden könnten.

Wir haben in Deutschland sieben Millionen Menschen im Niedriglohnsektor und es gibt eine Studie vom 29. April 2011, auf „Spiegel-Online“ veröffentlicht. Ein Schweizer Forschungsunternehmen - Prognos heißt es - hat sich damit beschäftigt und hat vorgebracht, dass bei der Einführung eines Mindestlohns von 8,50 € in Deutschland - ich sage das ganz deutlich - der Staat Mittel in Höhe von 7,1 Milliarden € sparen könnte, die er nicht ausgeben müsste

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch!)

oder die er über Steuern oder sonstige Sozialleistungen einnehmen könnte, wenn die Menschen ordentlicher bezahlt würden.

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch!)

Für die CDU möchte ich hieraus an dieser Stelle zitieren. In diesem Artikel spricht der Chef der Unions-Arbeitnehmergruppe im Bundestag Peter Weiß. Er sagte den „Stuttgarter Nachrichten“, die Union gebe immer branchenbezogenen Mindestlöhnen den Vorrang, die von den Tarifpartnern ausgehandelt würden. - Das wissen wir.

Weiterhin sagt er:

„Wenn derartige Vereinbarungen aber nicht möglich sind, schlagen die Sozialausschüsse der CDU einen ergänzenden allgemeinen Mindestlohn vor.“

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich weiß nicht, welche Unterstützung das bundesweit findet. Aber ich meine, er ist ja nicht irgendwer. - Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist die gemeinsame Erklärung der Landesregierung und der Gewerkschaften vom Oktober 2010 zur Stärkung der Tarifpartnerschaft im Land Sachsen-Anhalt. Ich finde, hierbei geht es genau darum, dass man Betriebsräte und Tarifparteien stärken will. Das muss mit Leben erfüllt werden. Das hat eben in der Diskussion kurz eine Rolle gespielt. Ich finde, dass die Sozialdemokraten dann auch das Festschreiben von Mitbestimmungsgründen sowie die Stärkung von Betriebs- und Personalräten unterstützen könnten.

Sie haben die Einhaltung von europarechtskonformer Tariftreue in einem Vergabegesetz für das nächste Jahr vorgesehen. Ich frage Sie, weshalb es nicht möglich ist, unserem Antrag zuzustimmen. Ich bitte Sie noch einmal eindringlich, Vernunft walten zu lassen und dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Rogée. - Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Anträge auf Überweisung in die Ausschüsse gab es nicht. Aber es gab mehrere Bitten um Zustimmung zu dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen und zu dem ursprünglichen Antrag.

Wir stimmen jetzt wie folgt ab: Zunächst stelle ich den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/45 zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Hand- oder um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist dem Änderungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zugestimmt worden.

Nunmehr stimmen wir über den durch den Änderungsantrag geänderten Ursprungsantrag ab. Wer dem so veränderten Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Entschuldigung, ich habe jetzt nicht vernommen, wie das Abstimmungsverhalten der Fraktion GRÜNE gewesen ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Zustimmung!)

- Zustimmung. - Damit ist der geänderte Ursprungsantrag mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion der GRÜNEN bei Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE beschlossen worden.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Der Tagesordnungspunkt 11 ist somit erledigt. Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Wir fahren mit dem Tagesordnungspunkt 10 fort:

Erste Beratung

Ausstieg aus der Atomenergienutzung beschleunigen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/28

Änderungsantrag Fraktion GRÜNE - Drs. 6/54

Das Wort für die Einbringerin hat die Kollegin Hunger von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März 2011 schaute die ganze Welt erschüttert nach Japan, dessen Region um Fukushima von einem sehr starken Erdbeben und nachfolgend von einem Tsunami heimgesucht worden war.

Schnell folgte die noch alarmierendere Meldung von der Havarie im dortigen Atomkraftwerk. In den nächsten Tagen berichteten die Medien nahezu rund um die Uhr von den seltsam hilflos wirkenden Versuchen, der Folgen dieser Havarie Herr zu werden.

Meldungen über ausgetretene Strahlung, eine mögliche Kernschmelze, Evakuierungen oder Sicherheitszonen waren geeignet, in Deutschland dem Thema Ausstieg aus der Atomkraftnutzung neuen Auftrieb zu geben, was auch durch die großen Demonstrationen Ende März 2011 deutlich wurde.

Kurz vor dem 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl hat nun auch Fukushima gezeigt, dass die Nutzung der Atomenergie immer mit einem Restrisiko verbunden ist, dass sie zu nicht vorhersehbaren Gefährdungen für Lebewesen, für die natürlichen Lebensgrundlagen und für Sachgüter führt.

Selbst die Bundesregierung mit der Kanzlerin, die noch kurz vor dieser Havarie in Japan die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland quasi durchgesetzt hatte, reagierte nun mit der Aussetzung der Laufzeitverlängerung für drei Monate und mit einer technischen Überprüfung der Kraftwerke und ließ eine Ethikkommission über die Verantwortbarkeit der Gewinnung von Atomenergie diskutieren.

Diese Aktivitäten hätte man sich zwar schon vor dem Beschluss über die Verlängerung der Laufzeiten gewünscht, aber zumindest konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Bundesregierung nun doch den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie in Angriff nehmen wolle.

Nun sind fast zwei Monate vergangen und Fukushima ist weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, obwohl noch immer Strahlung austritt, die Sicherheitszone nach wie vor existiert und von einer Beseitigung der Folgen der Havarie keinerlei Rede sein kann.

Der Ausstiegselan der Bundesregierung spiegelt sich nun in Gesprächen mit den Ministerpräsidenten und Fraktionsführungen wider. Die Zeit drängt, wenn zum Ende des Moratoriums wirklich ein geändertes Atomgesetz vorliegen soll, das alle parlamentarischen Hürden genommen hat. Bisher gibt es aber nur Worte und Absichtserklärungen und noch immer keine konkreten zeitlichen Festlegungen für einen Ausstieg.

Die Ethikkommission, so ist es Medien zu entnehmen, empfiehlt in ihrem Berichtsentwurf den Ausstieg, plädiert für die dauerhafte Stilllegung der jetzt schon abgeschalteten Kraftwerke und fasst für die übrigen das Jahr 2021 ins Auge, aber mit dem Hinweis, dass auch schon deutlich eher das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet werden könne. Es wäre gut, wenn sich die Bundesregierung diese Auffassung zu eigen machte und die Landesregierung sie darin unterstützte.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Die von der Ethikkommission erwähnte Möglichkeit, eine Stand-by-Lösung zu wählen, um bei Versorgungsengpässen eventuell doch noch einmal ein Atomkraftwerk in Betrieb nehmen zu können, halte ich für falsch. Das wäre Atomausstieg weichgespült und jederzeit aufkündbar.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

So ein Schwebezustand, sich diese Option noch ein bisschen offen zu halten, ist nicht im Interesse der Bürger Sachsen-Anhalts. Neben den bereits angesprochenen Gefahren verzögert ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke weiter den Umstieg auf erneuerbare Energien, und hierbei hat das Land, wie hier schon mehrfach gesagt wurde und wie auch wir es eingeschätzt haben, bereits beachtliche Ergebnisse erreicht.

Ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke verzögert damit auch die Wende in der Struktur der Energieversorgung, von großen zentralen Versorgern mit monopolistischen Strukturen auf viele regionale, dezentrale Erzeuger mit breit gefächerter Eigentümerstruktur.

Hierin liegen gerade auch für Sachsen-Anhalt Entwicklungsmöglichkeiten. Nur wenn der wirkliche Ausstieg aus der Atomenergienutzung gelingt, wird sich Sachsen-Anhalt weiter als Vorreiter für erneuerbare Energien profilieren können, werden Anreize für den Bau neuer Anlagen, für die Durchführung von Pilot- und Modellprojekten oder auch für die Entwicklung von Speicherlösungen vorhanden sein.