Protokoll der Sitzung vom 18.10.2012

Wir müssen auch alle einmal überlegen, dass die Regionalisierungsmittel im Jahr 2014 überprüft werden. Ich sage an dieser Stelle, dass wir alle nur hoffen können und dafür kämpfen müssen, dass das Land die 5,5 % der Regionalisierungsmittel weiterhin erhält. Sollte das nicht der Fall sein, werden wir uns über ganz andere Dinge streiten müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Bevor ich die Fragen an Herrn Minister Stahlknecht aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass ich noch neun Fragen vorliegen habe, für deren Beantwortung maximal noch 35 Minuten zur Verfügung stehen.

Mit diesem Hinweis rufe ich Herrn Sören Herbst auf. Er hat eine Frage zu den Vorschlägen von Bundesinnenminister Friedrich zu Roma aus Serbien und Mazedonien.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich versuche, mich kurz zu halten. - Seit einigen Monaten verzeichnen wir in Deutschland eine erhöhte Zahl von Asylantragstellungen aus Südeuropa, insbesondere aus Serbien und Mazedonien. Die meisten dieser Menschen gehören der ethnischen Minderheit der Roma an.

Bundesinnenminister Friedrich hat einige Vorschläge gemacht, wie er damit umgehen möchte. Er möchte unter anderem Schnellverfahren für Roma einführen. Er möchte Sozialleistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus dieser Gruppe kürzen. Er möchte auch die Visumpflicht für Serbien und Mazedonien wieder einführen.

Ich würde von Ihnen, Herr Minister Stahlknecht, gern wissen, wie Sie sich zu diesen Vorschlägen positionieren. Würden Sie mir darin zustimmen, dass es sich bei den Problemen der Roma in ihren

Herkunftsländern eher um soziale Probleme, um Armuts- und Diskriminierungsprobleme handelt, für die diese asylrechtlichen Vorschläge keine geeigneten Mittel der Begegnung sind?

Würden Sie mir in der Einschätzung beipflichten, dass in einem modernen Europa des 21. Jahrhunderts auch für diese europäische Gruppe der Sinti und Roma ein Platz sein muss?

Herr Minister Stahlknecht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Sören Herbst, die letzte Frage - Sie haben drei Fragen gestellt - ist am einfachsten zu beantworten: Ja, selbstverständlich muss in einem Europa Platz für Sinti und Roma sein.

Zu der ersten Frage. Ich kenne die Überlegungen von Herrn Friedrich auch. Ich bin der Auffassung, dass das in Ruhe beraten werden muss, auch im Kreis der Innenminister, weil es nicht ein Problem ist, das ein einzelnes Bundesland betrifft, sondern ein Thema für die gesamte Bundesrepublik, auch ein gesamteuropäisches Thema ist.

Insofern gehe ich davon aus, dass wir es auf der Innenministerkonferenz im Dezember beraten werden. Es gibt am 14. November 2012 eine Vorkonferenz in Celle. Ich halte es in diesem Rahmen auch für ein Thema. Ich bin mir selbst nicht darin sicher, ob eine Restriktion des Asylrechts an dieser Stelle die Probleme löst.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Minister.

Es gibt von Herrn Uwe Loos eine Frage zur Sportförderung.

Herr Minister, während der gestrigen Anhörung zum Sportfördergesetz hat der Landesturnverband mitgeteilt, dass er - -

Ich verstehe Sie ganz schlecht.

Ist es so besser?

(Heiterkeit)

Während der gestrigen Anhörung zum Sportfördergesetz hat der Landesturnverband mitgeteilt,

dass er für das Haushaltsjahr 2012 noch keine Bewilligung bekommen hat. Welche Gründe gibt es dafür und wann kommt der Bewilligungsbescheid für den Landesturnverband?

Lieber Herr Loos, die Frage ist so speziell, dass ich die Antwort darauf nicht auswendig weiß. Ich liefere Ihnen die Antwort nach. Einverstanden?

Danke.

Herr Sebastian Striegel hat eine Frage zu NSU.

Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir haben in der letzten Woche in Thüringen, eigentlich zwischen Thüringen und Berlin einen Vorgang erlebt, den es, glaube ich, in der Bundesrepublik bisher so noch nicht gegeben hat.

Die Thüringer Landesregierung, konkret der Innenminister hat sich entschieden, seine Landesbereitschaftspolizei zu bitten, den Keller beim Verfassungsschutz auszuräumen und Akten nach Berlin zu senden. Es hat in diesem Zusammenhang eine Telefonkonferenz der Innenministerien der Länder gegeben. Meine Fragen sind folgende:

Erstens. Hat Sachsen-Anhalt an dieser Telefonkonferenz teilgenommen?

Zweitens. Hat Sachsen-Anhalt, wie andere Bundesländer auch, versucht, Einfluss auf die LkwFahrt und den Aktentransport nach Berlin zu nehmen? Es gab ja offenbar Versuche, die Lkws zu stoppen.

Drittens. Halten Sie die Position des Thüringer Innenministers, Akten ungeschwärzt nach Berlin zu liefern, für richtig?

Selbstverständlich habe ich an der Telefonschaltkonferenz der Innenminister teilgenommen. Es hat aber wesentlich mehr Telefonschaltkonferenzen zwischen den Abteilungsleitern und den Behördenleitern der jeweiligen Verfassungsschutzämter gegeben. Es ist eine sogenannte AK-IV-Schaltkonferenz gewesen, die unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Tatsache stattgefunden hat, dass Herr Geibert ohne Abstimmung mit den anderen Bundesländern die Akten übersandt hat.

Zu dem Grundsatz Ihrer Frage komme ich gleich. Ich habe selbstverständlich keinen Einfluss darauf genommen, irgendwelche Lkw anzuhalten. Das

steht mir auch gar nicht zu. Ich halte das auch nicht für sachgerecht.

Aber ich will eines ganz deutlich sagen. Was den NSU-Komplex angeht - das erfordert ein bisschen mehr Zeit -, ist es so, dass wir es der Öffentlichkeit schuldig sind - das habe ich in der Aktuellen Debatte gesagt - aufzuklären, was aufzuklären geht. Aber wir haben all dies im Rahmen der rechtlichen Grundlagen und der gemeinsam vereinbarten Koordinierungsrichtlinie zu tun.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Und es gibt eine Vereinbarung zwischen den Bundesländern, dass man sich, wenn eine Akte aus einem Bundesland versandt wird, die einen Bezug zu einem anderen Bundesland hat, mit dem jeweiligen Bundesland in Verbindung zu setzen und diesem mitzuteilen hat: Wir übersenden eine Akte, die auch Bezug zu deinem Bundesland hat. - Sonst kann man in einem föderalen System keine gemeinsam organisierte Innenpolitik machen.

Gegen diesen Grundsatz hat Herr Geibert mit Unterstützung von Frau Lieberknecht verstoßen. Ich lehne dieses Verhalten von Herrn Geibert ab. Ich halte auch die Äußerung von Frau Lieberknecht nicht für zielführend. Das sage ich in diesem Raum ganz deutlich.

(Zustimmung bei der SPD)

Mit dieser Auffassung stehe ich nicht allein. Das sehen - mit Ausnahme von Herrn Geibert - alle anderen Innenminister, ob CDU oder SPD, genauso wie ich.

Zu der Frage geschwärzt oder ungeschwärzt will ich auch etwas sagen. Es gibt beim Verfassungsschutz zwei Arten von Akten. Das eine ist die Quellenakte. Darin stehen Klarname, Deckname, wo der gelebt hat, persönliches Umfeld, Geschwister, was der an Geld bekommen hat. Dann gibt es die zweite Art von Akten, das sind die sogenannten Erkenntnisakten, worin steht, welche Erkenntnisse er gesammelt hat.

Für die Aufklärung der Frage der Beziehung zum NSU-Komplex sind, wenn man sachgerecht aufklären will, nur die Erkenntnisakten von Bedeutung.

Die Quellenakten sind nur geschwärzt zugänglich zu machen. Denn auch in Artikel 53 Abs. 3 unserer Landesverfassung steht zwar, dass jeder Abgeordnete das Recht hat, solche Akten einzusehen. Das machen wir ja auch. Aber in Artikel 53 Abs. 4 der Landesverfassung steht, dass dann nicht mehr Einsicht genommen darf, wenn schutzwürdige Interessen Dritter gefährdet sind.

Wenn wir in Deutschland anfangen - auch das ist bis auf Herrn Geibert und Frau Lieberknecht einhellige Meinung -, Quellenakten von Verfassungsschutzleuten offenzulegen, dann werden Sie keinen mehr finden, der für uns tätig wird. Im Übrigen

haben die sich dem Staat angedient in dem Vertrauen darauf, dass sie auch künftig geschützt werden.

Daher ist gemeinsam vereinbart worden - damals auch mit Herrn Edathy, der war auch involviert -, dass diese Akten getrennt werden und dass die Quellenakten in einem besonderen Raum in der Nähe von Berlin eingelagert werden und nur von einem bestimmten Personenkreis einsehen werden können bzw. geschwärzt werden. Herr Edathy war so lange damit einverstanden, bis es im Untersuchungsausschuss schwierig wurde.

Insofern ist dieses Problem, so wie es aufgetreten ist, aus meiner Sicht von Thüringen nicht optimal organisiert worden. Wir hätten - wenn wir überhaupt betroffen wären, was ich nicht weiß - selbstverständlich in der Koordinierung zugestimmt, dass die Unterlagen, soweit Sachsen-Anhalt betroffen wäre, dem NSU-Untersuchungsausschuss zugänglich gemacht werden.

Aber die Koordinierungsrichtlinien sind einzuhalten. Sonst ist in Deutschland keine gemeinsame Innenpolitik mehr möglich. Wenn wir anfangen, Quellenakten so auszulegen, dass Klarname, Deckname und persönliche Daten offen sind, dann können wir in Zukunft diesen Bereich dicht machen. Insofern, denke ich, habe ich meine Position klar gesagt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Striegel.

Herr Minister, stimmen Sie mit mir darin überein, dass sowohl Frau Marx, die Vorsitzende des Thüringer Untersuchungsausschusses, als auch Herr Geibert als Innenminister und, ich glaube, auch Frau Lieberknecht als Ministerpräsidentin inzwischen deutlich gemacht haben, dass keine Quellenakten nach Berlin übersandt worden sind, sondern ausschließlich Akten, sicherlich betreffend andere Bundesländer, keine Frage - - Es geht nicht um Quellenakten und es geht nicht um Klarnamen, so weit jedenfalls die Auskunft aus Thüringen.

Ja, das habe ich zur Kenntnis genommen. Aber da ich an der Telefonschaltkonferenz teilgenommen habe, weiß ich - es ist mir in diesem Rahmen gesagt worden; ich bin da fast redundant -, dass auch solche Akten, die ich genannt habe, übersandt worden seien. Wenn es nicht so ist, ist es umso besser. Aber ich habe dann Grundsätzliches gesagt.