„Die Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 21. September 2004 beschlossen, die vorliegende Fassung zu veröffentlichen.“
So weit wollen wir GRÜNE es in diesem Fall nicht kommen lassen. Wir sagen: Wenn sich alle Kindertageseinrichtungen an dieses Bildungsprogramm halten müssen und es nicht nur eine Möglichkeit ist, dann sollte dies mit höchst möglicher Transparenz beschlossen werden. Das ist nach unserer Auffassung - bei aller Wertschätzung für das zuständige Ministerium - nicht allein nur über Verordnungen zu leisten.
An dieser Stelle hätte ich mir schon ein bisschen mehr versprochen als das, was der Alternativantrag der Regierungskoalition verheißt, nämlich eine nichtöffentliche Ausschussinformation.
Worum geht es eigentlich bei diesem Bildungsprogramm? - Im Bildungsprogramm verzahnen sich wissenschaftliche und politische Intentionen. Im Rahmen dessen wird ein möglichst exakt gefasstes entwicklungspsychologisches Kinderbild samt politischen Ableitungen erarbeitet. Zusätzlich wird zumindest im vorliegenden Bildungsprogramm eine ausführliche Arbeit am Begriff unternommen. Bildung wird als Selbstbildung definiert, pädagogische Grundorientierungen werden definiert, Bildungsbereiche werden abgegrenzt und definiert. Das Bildungsprogramm ist Politik- und Praxisberatung und verzahnt dies mit wissenschaftlicher Forschungstätigkeit und empirischer Datenauswertung. - So weit, so gut.
Aber das Bildungsprogramm ist eben keine reine wissenschaftliche Studie, kein Gutachten und keine Erhebung. Vielmehr trifft hierbei wissenschaftlicher Diskurs auf politische Leitvorstellungen. Diese entsprechende politische Bewertung des Programms kann aus unserer Sicht eben nicht allein vom Ministerium geleistet werden. Hierbei muss das gesamte Parlament involviert werden.
Ich möchte ein Beispiel herausgreifen, um deutlich zu machen, worum es uns geht. In der aktuellen Fassung des Bildungsprogramms findet sich nur einmal das Wort „Demokratie“, und zwar nicht im inhaltlichen Teil, sondern im Literaturverzeichnis.
Das kann aber auch ganz anders aussehen. Wenn man sich beispielsweise das Bildungsprogramm von Schleswig-Holstein anschaut, dann stellt man fest, dass darin Demokratie als Leitprinzip für die Arbeit in allen Kindertagesstätten verankert ist. Den Einrichtungen wird explizit empfohlen, Kinder demokratisch in den Einrichtungen zu beteiligen. Außerdem wird beschrieben, wie dies erfolgen kann.
Wir denken, das Bildungsprogramm ist der richtige Ort, um solche politischen Leitvorstellungen zu verankern. Im Übrigen findet man Ähnliches auch im Bildungsprogramm von Bayern.
Was will ich mit diesem Beispiel sagen? - Ich will zum Ausdruck bringen, dass nicht wissenschaftlich verifiziert oder falsifiziert werden kann, ob und wie etwa beispielsweise Kinderbeteiligung ein Teil des Bildungsprogramms wird. Dies ist eine rein politische Wertentscheidung. Über solche Fragestellungen wollen meine Fraktion und ich im Rahmen der geforderten Diskussionen über das Bildungsprogramm reden und dann gemeinsam entscheiden.
Dieser inhaltliche Punkt wurde in der Anhörung zum KiFöG wiederholt betont: Stärkung der Kinderbeteiligung sei geboten. Vor diesem Hinter
grund ist es recht und billig, wenn die Fraktionen darüber entscheiden, in welcher Art und Weise dieser Aspekt in das Bildungsprogramm aufgenommen werden sollte.
Die Politik hat in dem Fall zu sagen, dass uns beispielsweise Demokratie wichtig ist und in welcher Weise wir dies in das Bildungsprogramm aufnehmen wollen. Die Wissenschaft kann sagen, warum es wichtig ist. Kinder, die beteiligt werden, lernen besser. Ob wir das wollen, ist eine politische Entscheidung.
Wir GRÜNE sagen immer: Kindergärten und Kindertagesstätten müssen Kinderstuben der Demokratie werden. Aber ob wir diese Überzeugung alle gemeinsam tragen, ob wir sagen, das ist etwas, was in diesem Land als frühkindlicher Bildungsleitwert bestehen soll, ist eine politische Wertentscheidung, nicht eine wissenschaftliche Sachaussage und insofern nicht von Wissenschaftlern zu leisten.
Wir wollen mit unserem Antrag die Dinge, die politisch zu entscheiden sind - nicht wissenschaftlich -, in den dafür vorgesehenen Raum holen. Dieser Raum ist in diesem Fall aus unserer Sicht das Parlament.
Die Beschreibung des Kindes als eigendeterminiertes System und die entsprechende Beschreibung von Bildung als Selbstbildung hilft der Politik und der Praxis bei der Absicherung von Entscheidungen. Aber das Kind als Bürger zu sehen, als Rechtssubjekt zu betrachten, das haben wir als Parlamentarier in den Prozess einzubringen und, sofern wir es wollen, in das Bildungsprogramm hineinzuschreiben.
Mir geht es inhaltlich nicht primär um das Beispiel der Demokratieerziehung. Hierbei handelt es sich lediglich um ein Beispiel, um deutlich zu machen, dass das Bildungsprogramm einen wissenschaftlich-inhaltlichen Teil hat, aber auch einen politischen Teil, der mit Leitwerten von der Politik untersetzt werden muss. Dazu braucht es politischer Debatten, die den wissenschaftlichen Diskurs ergänzen.
Ein weiteres Argument für unseren Antrag findet man, wie ich meine, in der Begründung des Alternativantrages der Koalitionsfraktionen. Darin heißt es, dass es keine externe Evaluierung des Bildungsprogramms gegeben habe. In Anbetracht dessen sollte zumindest der Landtag als externes Korrektiv hinzugezogen werden. Dies ist durch die Annahme unseres Antrages zu leisten.
Ich sage es noch einmal: Eine Verordnungsermächtigung ist rechtlich sicherlich nicht zu beanstanden. Das ist nicht die Frage. Aber diese delegierende Gesetzgebung ist in diesem Fall unangemessen; denn den GRÜNEN ist das Bildungsprogramm zu wichtig und wir wollen es in den öffentlichen politischen Raum holen.
Sicherlich gab es öffentliche Veranstaltungen im Rahmen der Neufassung des Programms. Es sind Interviews mit Leiterinnen geführt worden, die - davon gehe ich aus, ohne den Inhalt des neuen Programms zu kennen - sicherlich auch in die Neufassung einbezogen worden sind. Aber ich glaube, an dieser Stelle ist noch mehr leistbar. Wenn man einen solchen Prozess tatsächlich demokratisch bis zum Ende denkt, dann muss man die beteiligten Akteure auch in die sogenannte Endabnahme einbeziehen.
In der Anhörung wollen wir klären, ob die Rahmenbedingungen, die sich aus diesem neuen Bildungsprogramm ergeben, in dem neuen KiFöG, das zeitgleich novelliert wird, auch tatsächlich gegeben sind, ob sich die Dinge so verzahnen, dass das Optimale, das wir vom Bildungsprogramm erwarten, in den Einrichtungen auch umgesetzt werden kann.
Eine weitere Gruppe möchten wir gern in den Prozess einbeziehen. Es ist von Frau Grimm-Benne im Rahmen einer Veranstaltung, die in dieser Woche stattgefunden hat, sehr schön gesagt worden, dass die Eltern als Erziehungspartner im System der frühkindlichen Bildung ernster genommen werden müssten. Diese Aussage kann ich unterschreiben. Aber angesichts dieser Aussage will ich sie auch in diesem Punkt ernst nehmen und einbeziehen und hören, was sie beizutragen haben und wie man diese Meinung in den Prozess der Erarbeitung des Bildungsprogramm einbinden kann.
Ein Fachgespräch mit den Autorinnen und Autoren des Bildungsprogramms, wie es der Antrag der Fraktion DIE LINKE vorsieht, greift aus unserer Sicht deutlich zu kurz und reicht bei Weitem nicht aus. Noch weniger reicht ein bloßer Bericht in den Ausschüssen aus.
Auch wenn dabei gemäß der Begründung des Antrages der Fraktionen der CDU und der SPD ein inhaltlicher Konsens angestrebt wird, bleibt es letztlich beim Status quo, wonach das Sozialministerium allein zu entscheiden hätte.
programm in seiner Neufassung erheblich an Umfang und an Inhalt gewonnen habe. Sie hat uns mitgeteilt, dass sich aus dem Bildungsprogramm Auswirkungen ergeben könnten, die bis in die Konzeptionen einzelner Einrichtungen eingreifen könnten, die finanzielle Folgen nach sich ziehen könnten. Wie gesagt, ich kenne das neue Bildungsprogramm noch nicht. Ich halte diese Ankündigungen jedoch für so gewichtig, dass sie im öffentlichen Raum diskutiert werden müssen.
Ich teile auch ausdrücklich die von der Wissenschaftlerin geäußerte Auffassung, dass eine Landtagsbefassung und eine breite Diskussion das Bildungsprogramm auf eine völlig neue Stufe der Wertschätzung heben würden und eine völlig neue Akzeptanz nach sich ziehen würden. Ich glaube, dies ist der Thematik auch sehr angemessen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, noch ein Wort zu Ihrem Antrag. Natürlich wäre es sehr wünschenswert gewesen, die Dinge zeitlich anders zu stricken; erst das Bildungsprogramm zu verabschieden und dann das KiFöG. Aber so, wie sich die Macht der Fakten darstellt, ist das schlicht und eingreifend nicht mehr möglich.
Im Zweifel sagen wir, dass das KiFöG den Rahmen setzt, aber dass man das Bildungsprogramm durchaus ausklammern kann. Im Zweifel trifft das KiFöG in Kraft und das neue Bildungsprogramm eben ein bisschen später. Aber ich finde, wenn wir immer davon reden, dass die Qualität der frühkindlichen Bildung in den Mittelpunkt gerückt werden muss, dann müssen wir uns auch die Zeit nehmen, uns adäquat mit dem Bildungsprogramm zu beschäftigen.
Deswegen braucht es die unter Nr. 3 unseres Antrages aufgestellte Forderung. Diese ist aus unserer Sicht in keiner Weise verzichtbar. Wir haben diesen Punkt durchaus in unseren Änderungsantrag zum KiFöG aufgenommen; das ist richtig. Aber wenn sich die Dinge heute positiv entscheiden würden, dann wäre diese Forderung hinfällig. Das wäre sicherlich das kleinste Drama.
Einen Punkt möchte ich noch erwähnen, der in der Landtagssitzung im Februar zum Tragen gekommen ist. Damals hat die Fraktion DIE LINKE einen analogen Antrag eingebracht, der das Landesprogramm zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention betraf. Die Fraktion DIE LINKE wollte hierzu einen entsprechenden Landtagsbeschluss herbeiführen.
Eine der Hauptargumentationen, dies abzulehnen, war, wenn ich mich richtig erinnere, Minister Bischoff, dass sich das Landesaktionsprogramm in stetigem Fluss befinde, stets geändert werde, also
auch die Beschlussfassung stetig angepasst werden müsse, und dass das ein Prozess wäre, der die Sache überfrachten würde.
Nun gehe ich aber davon aus, dass das neue Bildungsprogramm, wenn es denn in Kraft tritt, ähnlich wie das jetzige auch für eine längere Zeit gilt. Also müsste man analog dazu sagen, dass es das Bildungsprogramm wert sei, tatsächlich beschlossen zu werden, weil es eben auf Dauer für dieses Land Gültigkeit hätte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frühkindliche Bildung ist ein Schlagwort, das wir mit Leben erfüllen müssen. Ich glaube, dabei ist das Bildungsprogramm ein wichtiger und konkreter Teil. Viele Kinder in diesem Land wären uns dankbar, wenn wir alle gemeinsam überlegen, wie wir es noch besser machen können. Das ist das Ziel unseres Antrages. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Danke sehr für die Einbringung, Frau Kollegin Lüddemann. - Für die Landesregierung spricht Minister Herr Bischoff.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lüddemann, ich hoffe, ich habe, solange ich im Landtag bin, nie Anlass zum Mauern gegeben. Ich habe in Ihrer Rede freundlich herausgehört, das Sozialministerium würde das Bildungsprogramm für sich beschließen und per Verordnung veröffentlichen. Ich weiß nicht, an welcher Stelle ich das jemals gesagt habe oder Anlass gegeben habe, das zu glauben.
Ich habe den Prozess des KiFöG von Anfang an öffentlich gestaltet. Das Bildungsprogramm ist eine wichtige Grundlage. Natürlich gestalte ich das öffentlich, und zwar in aller Breite. Ich werde genau dieselben Veranstaltungen durchführen, zum Beispiel Dialogveranstaltungen. Das beginnt im Januar 2013 mit einer Veröffentlichung. Am Anfang dieses Jahres lag der Entwurf vor. Zurzeit muss das Ministerium mit Frau Professor Dr. Rabe-Kleberg und dem Institut den Ausgleich erarbeiten. Aber das war von Anfang an vorgesehen. Insofern sage ich, dass Sie durch offene Türen laufen.
Trotzdem ist es gut, dass eine solche Debatte stattfindet. Denn somit habe ich die Gelegenheit, noch einmal etwas zu dem Bildungsprogramm zu sagen. Wenn wir den Rahmen schaffen und wenn der Landtag im Dezember das neue Kinderförderungsgesetz beschließt, dann ist es wichtig, dass wir uns den Inhalten widmen. Bereits im Jahr 2004