Protokoll der Sitzung vom 16.11.2012

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1158

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/1592

Die erste Beratung fand in der 27. Sitzung des Landtages am 8. Juni 2012 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1158 in der 27. Sitzung am 8. Juni 2012 zur Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen. Ziel des Antrages ist es zum einen, die Landesregierung aufzufordern, den Landtag über den Stand der Einführung des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens in den Kommunen zu unterrichten, und zwar bis zum 31. August 2012.

Um die kommunale Ebene angemessen und zielführend in dem weitergehenden Prozess der Doppik-Einführung zu unterstützen und dem Gesetz

geber nachsteuernde Eingriffe zu ermöglichen, sollte dem Landtag eine Auswertung des bisher erreichten Umsetzungsstandes vorgelegt werden.

Die Landesregierung berichtete dem Ausschuss für Inneres und Sport in der 21. Sitzung am 19. Juni 2012 über den Stand der Dinge. Der Ausschuss kam überein, sich spätestens Ende des Jahres 2012 erneut mit diesem Thema zu beschäftigen und einen Bericht der Landesregierung über die ersten Erkenntnisse bei der Umstellung auf die Doppik entgegenzunehmen.

Diese Beratung fand am 7. November 2012 statt. Einem Antrag der Fraktion DIE LINKE folgend, waren dazu auch die kommunalen Spitzenverbände eingeladen worden.

Für die Landesregierung führte Staatssekretär Herr Gundlach aus, bisher hätten 33 Kommunen auf die Doppik umgestellt, 38 Kommunen sei auf Antrag eine Verlängerung der Frist zur Einführung der Doppik um ein Jahr genehmigt worden, sodass sie erst zum 1. Januar 2014 umstellen müssten. Derzeit sei man dabei, Detailfragen zur Umsetzung der Doppik zu beantworten und aufgezeigte Probleme aufzuarbeiten. Man befinde sich also in der Anfangsphase der Umstellung, sodass es gegenwärtig noch zu früh sei, über Erfahrungen bei der Einführung der Doppik zu berichten.

Vor diesem Hintergrund wurde von den Koalitionsfraktionen eine Beschlussempfehlung vorgelegt. Mit dieser wollen die Koalitionsfraktionen erreichen, dass über die Einführung der Doppik zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend berichtet wird. Zunächst solle der weitere Prozess abgewartet werden; die Berichterstattung solle erst Ende des Jahres 2014 erfolgen.

Um eine umfassende Unterrichtung durch die Landesregierung zu erhalten, haben sich die Fraktionen von CDU und SPD in dem Entwurf einer Beschlussempfehlung nicht auf einzelne Punkte festlegen wollen. Daher sei die Bitte an die Landesregierung, diese Berichterstattung vorzunehmen, allgemeiner gefasst worden.

Die kommunalen Spitzenverbände wurden zu der Thematik gehört. Sie legten dar, wie sie den Prozess der Einführung der Doppik auch vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Kommunen eine Verlängerung der Frist zur Einführung beantragt hätten, bewerten.

Meine Damen und Herren! Im Ergebnis der Erörterungen im Ausschuss verabschiedete der Ausschuss die vorliegende Beschlussempfehlung mit 7 : 3 : 0 Stimmen. Ich darf Sie im Namen des Ausschusses bitten, der Beschlussempfehlung zu folgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. - Für die Landesregierung spricht in Vertretung des Innenministers Herrn Stahlknecht Finanzminister Herr Bullerjahn.

Meine Damen und Herren! Wie mit den Fraktionen abgesprochen, wurde der Tagesordnungspunkt getauscht und ich trage jetzt für den Innenminister vor. Dieser soeben von Herrn Brachmann erwähnte Antrag wurde im Landtag beraten und im Innenausschuss mehrfach unter Anhörung der kommunalen Spitzenverbände diskutiert. Ich habe bei der Rede von Herrn Brachmann gehört, dass sich manches doppelt. Ich möchte meinen Text dennoch abarbeiten.

Hinsichtlich der Umstellung auf die Doppik befinden sich die Kommunen mit einer Umstellungsquote von 13 %, also 33 Kommunen - das wurde schon erwähnt -, derzeit in einer Übergangsphase, sodass ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht endgültig dargestellt werden kann. Aufgrund des Umstellungsstichtages zu Beginn des Jahres 2013 sowie der Fristverlängerung in Einzelfällen - es betrifft die eben erwähnten 38 Gemeinden - könnten erste Resultate in frühestens zwei Jahren dargestellt werden.

Eine finanzielle Unterstützung der Kommunen durch das Land erfolgte bereits in Höhe von ca. 293 000 € für Modellkommunen sowie in Höhe von ca. 7,5 Millionen € für das sogenannte Verwaltungshelferprogramm. Ein Anteil von 70 % dieses Programms steht für die Übernahme von Personalkosten für Absolventen der Fachhochschule Harz zur Verfügung.

Erste Erfahrungen mit der Doppik zeigen, dass es nach wie vor einen großen Bedarf bei der Beantwortung von Einzelfragen gibt, die zumeist eine permanente Weiterentwicklung und Modifizierung der untergesetzlichen Vorschriften sowie die Herausgabe von Informationsschreiben zur Folge haben.

Das Ministerium für Inneres und Sport hat großes Verständnis für die umstellungsbedingten Probleme der Kommunen und wird in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden größtmögliche Hilfestellung leisten.

Aktuell sind insbesondere Probleme im Zusammenhang mit Investitionsfördermaßnahmen bekannt. Hierzu findet am 21. November 2012 eine Erörterungsrunde des Ministeriums des Inneren und des Landesrechnungshofes mit den kommunalen Spitzenverbänden statt, zu der auch eine Vielzahl von Fachleuten aus den Kommunen eingeladen wird.

Der Ausschuss für Inneres hat in seiner Beschlussempfehlung einen Prüfauftrag an die Landesregierung zur Unterrichtung des Landtages über die

Einführung dieses neuen Systems und die damit im Zusammenhang stehenden Erfahrungen der Kommunen bis zum 31. Dezember 2014 formuliert. Des Weiteren soll der Landtag alle bisherigen Anstrengungen der Kommunen würdigen und die Landesregierung zur weiteren Unterstützung des Einführungsprozesses auffordern. Dem kommt das MI gern nach und bittet daher, dieser Empfehlung die Zustimmung zu erteilen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Weihrich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Wir hätten gern dem ursprünglichen Antrag der Fraktion DIE LINKE zugestimmt und werden der Beschlussempfehlung nicht zustimmen. Aus unserer Sicht beschreibt die Beschlussempfehlung letztlich nur Selbstverständliches und die darin vorgesehene Unterrichtung kommt viel zu spät.

Meine Fraktion ist der Auffassung, dass die in den Kommunen bisher gewonnenen Erfahrungen zeitnah ausgewertet und aufbereitet werden müssen. Von dieser Aufbereitung bzw. Auswertung der bisher vorliegenden Erfahrungen könnten vor allem auch die Kommunen profitieren, die sich noch im Prozess befinden.

Es gibt zwar viele theoretische Leitfäden und Handreichungen und Ähnliches, aber viel wichtiger sind die Erfahrungen, die in der Praxis in den Kommunen gewonnen wurden, die bereits auf die Doppik umgestellt haben. Da bisher nur wenige Kommunen tatsächlich umgestellt haben - die Zahlen haben wir eben gehört -, wäre ein Gutachten, wie es im ursprünglichen Antrag der Fraktion DIE LINKE vorgesehen ist, absolut zur richtigen Zeit gekommen.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie man zu manchen Aussagen, wie sie im Innenausschuss getroffen wurden, kommen kann, etwa dass es noch zu früh sei, die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Einführung der Doppik auszuwerten. Es wurde sogar geäußert, dass man in den Prozess nicht eingreifen wolle.

Ich erinnere an die Unsicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Koalitionsvertrag aufgekommen sind, in dem plötzlich wieder eine Wahlmöglichkeit zwischen Doppik und erweiterter Kameralistik vorgesehen war. Das ist nun glücklicherweise vom Tisch, aber dies hat auch zu zeitlichen Verzögerungen geführt. Das haben auch die Vertreter der

kommunalen Spitzenverbände in der Ausschussberatung klar zum Ausdruck gebracht.

Ich muss deutlich sagen, ich finde das Vorgehen insgesamt sehr befremdlich: Erst wird ein Gesetz mit eindeutigen Vorgaben beschlossen, dann schaut man nur zu oder verbreitet Unsicherheiten und dann wertet man die Erfahrungen erst im Nachhinein aus. Das, meine Damen und Herren, ist nicht meine Vorstellung von effektiver Regierungsarbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist doch so - das klang bei den Ausführungen von Minister Bullerjahn an -, dass in Sachsen-Anhalt schon umfangreiche Erfahrungen mit der Einführung der Doppik vorliegen. Das hat zum Beispiel die Vertreterin des Landkreises MansfeldSüdharz im Hinblick auf die Probleme der Statistik und auf die Berechnung im Zusammenhang mit dem FAG in der Anhörung zum FAG klar zum Ausdruck gebracht.

Auch bei vielen weiteren problematischen Punkten liegen Erfahrungen vor. Erwähnen möchte ich die Fragen im Zusammenhang mit der Erstellung der Eröffnungsbilanz und auch im Hinblick auf die Einführung von Kennzahlen und Indikatoren und damit gleichzeitig von Zielen für das Haushaltswesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt die Einführung der Doppik ausdrücklich. Wenn die Möglichkeiten gut genutzt werden, bedeutet dies einen erheblichen Fortschritt für die kommunale Haushaltswirtschaft und für die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen. Im Vergleich zu dem bisherigen kameralen System führt das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen zu mehr Haushaltswahrheit und -klarheit. Je schneller die Kommunen die Umstellung schaffen, umso besser ist es. Aber umso dringender ist es auch notwendig, dass die Landesregierung durch konkrete Handlungsempfehlungen den Umstellungsprozess befördert.

Mein Fazit ist deshalb: Alles in allem wäre es sehr zielführend gewesen, die in der Praxis aufgetretenen Problempunkte bei der Einführung der Doppik zu identifizieren und den Kommunen handhabbare Vorschläge zur Lösung dieser Probleme an die Hand zu geben, und zwar bevor die eigentliche heiße Phase zur Umstellung auf die Doppik beginnt. Es wäre angemessen gewesen, dass sich der Landtag im Detail mit diesen Fragen befasst. Insofern wäre das Gutachten, das die Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen hat, genau der richtige Weg gewesen. Die Beschlussempfehlung wird diesen Forderungen jedenfalls in keiner Weise gerecht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Danke sehr, Herr Kollege Weihrich. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Bönisch. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat im März 2006 mit dem Gesetz über ein neues kommunales Haushalts- und Rechnungswesen für die Kommunen im Land Sachsen-Anhalt die Grundlagen für die Einführung der Doppik bei den Kommunen geschaffen. Meiner Meinung nach hätten wir das Land von Anfang an mit verpflichten sollen, auch wenn hierbei die Effekte nicht ganz so wichtig sind. Doch dazu hat damals die Kraft nicht gereicht. Na ja, was nicht ist, kann ja noch werden. Die Einführung der Doppik sollte bis zum Ende des Jahres 2012 erfolgt sein. Die meisten Kommunen haben das im Wesentlichen geschafft.

Für besondere Härtefälle gibt es die Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen. Das Ministerium hat im Ausschuss für Inneres und Sport darüber berichtet. 38 Kommunen haben einen entsprechenden Antrag gestellt. Diesen ist eine Fristverlängerung von einem Jahr eingeräumt worden.

Sachsen-Anhalt nimmt hinsichtlich der Einführung der Doppik in den Kommunen einen Spitzenplatz unter den neuen Ländern ein. In unserem Land wurden entscheidende gesetzliche und untergesetzliche Grundlagen dafür geschaffen.

Dass es den Kommunen schwerfällt, die Umstellung zu realisieren, war uns allen vorher klar. Aber es ist falsch, wenn die Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN und jetzt auch Herr Weihrich von den GRÜNEN behaupten, dass die kommunalen Verantwortungsträger mit diesen Problemen alleingelassen würden. Das Ministerium hat uns im Ausschuss eine umfängliche Darstellung der Unterstützung durch die Landesregierung gegeben. Auf die Einzelheiten kann ich jetzt verzichten. Herr Bullerjahn hat das soeben ausgeführt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Das hält sich aber in Grenzen!)

Eines möchte ich ganz deutlich sagen: Hilfsangebote für die Kommunen, auch seitens des Ministeriums, liegen vor. Jeder, der möchte, kann diese in Anspruch nehmen. Die kommunalen Spitzenverbände haben im Ausschuss dargelegt, wie gut ihre Unterstützungsangebote angenommen werden, sowohl in Form eines Erfahrungsaustauschs als auch in Form direkter technischer Unterstützung. Der Städte- und Gemeindebund hat sich im Ausschuss übrigens nicht sonderlich kritisch zu diesem Einführungsprozess geäußert, auch der Landkreistag nicht.

Nun konkret zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1158. Meine sehr geehrten Da

men und Herren! Ein Teil des Antrags, nämlich die unter Punkt 1 Buchstabe c und in Punkt 2 Satz 2 gewünschte Berichterstattung zum aktuellen Stand, die bis zum August 2012 stattfinden sollte, hat bereits in der letzten Sitzung des Ausschusses stattgefunden. Dies wurde schon erwähnt. Eine weitere Berichterstattung halten wir tatsächlich erst nach dem Abschluss der Umstellung für sinnvoll.

Aus der Sicht der Koalitionsfraktionen sollte in den laufenden Prozess der Einführung der Doppik durch den Landtag nicht mehr eingegriffen werden. Die Hilfsangebote sind vorhanden. Das Gerüst zur Einführung der Doppik ist vorhanden. Die meisten Kommunen haben mit ihrem Beispiel gezeigt, dass in diesem Rahmen alles möglich ist. Dieser Prozess, in den, wie schon erwähnt, die kommunalen Spitzenverbände eng einbezogen sind, sollte zügig und ungestört fortgesetzt werden können.

Punkt 2 Satz 1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE wurde in die Beschlussempfehlung des Ausschusses, die Ihnen heute in der Drs. 6/1592 vorliegt, übernommen. Hierzu besteht, so denke, ich Konsens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, dem Ansinnen, das Sie offenbar mit Punkt 1 Buchstaben a und b verfolgen, können wir uns ausdrücklich nicht anschließen. Sie sollten sich einmal überlegen, was Sie verlangen, wenn Sie eine Kosten-Nutzen-Rechnung sehen wollen. Ich sage Ihnen: Das geht beim besten Willen nicht. Sicherlich kann man sich über die Kosten unterhalten, die damit verbunden sind. Diese wird man auch ermitteln können, zumindest auf die sechste oder siebente Stelle vor dem Komma genau. Dann kann man einmal überlegen, was man damit anfangen kann.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)