Protokoll der Sitzung vom 20.02.2013

Nur, ich glaube, dass Sie in diesem Antrag ein bisschen zu viel aus zu vielen Bereichen zusammengebracht haben und dass wir uns vielleicht in kleineren Schritten - man sollte es realistischer sehen - auf diese sozusagen übergeordneten Zielsetzungen mit mehr Erfolg zu bewegen können, als wenn wir angefangen beim Bleiberecht in Deutschland über Dublin II noch ganz andere Dinge in einen Antrag hineinpacken.

Also wir finden das inhaltlich richtig, aber von der Vorgehensweise her vielleicht nicht unbedingt erfolgversprechend. Wir werden es sehen. Aber, wie gesagt, wir werden diesem Antrag zustimmen.

Frau Schindler, zu den Voraussetzungen, die gegeben sein müssen. Das ist sicherlich richtig. Ich bin auch schon darauf eingegangen, dass die mit der Bundesratsinitiative auch nicht verändert werden; vielmehr bleiben die qualitativen Voraussetzungen hinsichtlich des Schulabschlusses, der Integrationsleistung usw. erhalten. Ich habe auch gesagt, dass Integration und auch die Integrationsleistungen erkennbar sein müssen. Nur, unsere Verantwortung ist es, sie auch anzuerkennen und sie möglich zu machen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zur Realität gehört auch, dass wir nachweisbar ganz viele Fälle haben, in denen Hindernisse der

Integration im Weg stehen, der Wille zur Integration aber vorhanden ist.

Die neue Gemeinschaftsunterkunft ist von Möhlau nach Vockerode umgezogen. Sie ist damit wieder in die Peripherie gezogen, aber darüber will ich jetzt gar nicht sprechen. Es kann nicht sein, dass dort eine private Sprachschule aus Wittenberg ankommt und sagt, wir machen hier ESF-gefördert, also schon bezahlt und nicht zu unseren Lasten, Deutschkurse für die Asylbewerberinnen und Asylbewerber in dem Gebäude, und der Betreiber sagt, nee, wir lassen uns hier nicht reinreden. Das gibt es nicht. Das kann nicht sein.

Diesbezüglich müssen wir aktiv werden und Anreize setzen. Wir müssen so etwas auch anprangern, müssen auf die Betreiber zugehen und sagen: Wenn diese Möglichkeiten bestehen, dann habt ihr das aufrechtzuerhalten, damit die Leute wenigstens eine Chance haben, bei vorhandenem Integrationswillen dem auch Folgen zu leisten.

(Herr Borgwardt, CDU: Was sagt der Land- rat zu diesen Fragen?)

- Ich weiß nicht, was der Landrat dazu sagt. Vielleicht kennen Sie ihn besser.

(Herr Borgwardt, CDU: Der ist Eigentümer des Gebäudes!)

- Ja, aber ich will es hier einmal ansprechen, weil das Fälle sind, mit denen wir es in unserem Land tagtäglich zu tun haben.

(Herr Borgwardt, CDU: Das würde mich inte- ressieren! - Zuruf: Der schwächelt, der Land- rat!)

Ich will es dabei bewenden lassen, meine Damen und Herren, und hoffe auf breite Zustimmung zu dem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kolze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Bleiberecht war in den letzten Jahren sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene immer wieder Gegenstand von Anträgen und kontrovers geführten Debatten.

In diesen Debatten kommt der Umstand immer ein wenig zu kurz, dass sich die Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland am Grundgesetz, an der Genfer Flüchtlingskonvention und an den rechtlichen Vorgaben der Europäischen Union orientiert.

Es ärgert mich sehr, wenn der Vorwurf geäußert wird, dass in dem sensiblen Handlungsfeld des

Asyl- und Flüchtlingsrechts eben nicht die strikte Achtung und der Schutz der Würde des Menschen von zentraler Bedeutung sind. Das schmälert ein wenig unseren großen Konsens, um den wir alle im Bereich des Asyl- und Flüchtlingsrechts immer bemüht sind, nämlich evidente humanitäre Lücken zu erkennen und durch die Anpassung und Fortentwicklung der Rechtsvorschriften zu schließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE möchte, dass sich dieses Hohe Haus für eine Initiative einsetzt, die eine deutliche Herabsenkung der Kriterien für ein dauerhaftes Bleiberecht beinhaltet. Sie verfolgen damit die alte Losung: Bleiberecht für alle. Es wird sicherlich nicht überraschen, dass die CDU-Fraktion dieser Forderung ablehnend gegenübersteht.

(Beifall bei der CDU)

Unser Leitsatz heißt vielmehr: Bleiberecht nur bei nachhaltiger Integration. Diese Forderung ist auch der Leitsatz der Bundesratsinitiative der Hansestadt Hamburg, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag aufgegriffen hat und der sich auch die Koalitionsfraktionen anschließen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die von der LINKEN geforderte Bundesratsinitiative mit dem dazu aufgestellten Kriterienkatalog lehnen wir kategorisch ab. Ich sage ganz deutlich: Der Grundsatz muss „fördern und fordern“ lauten.

(Beifall bei der CDU)

In Ihren Antrag hat jedoch nur der Grundsatz des Förderns Eingang gefunden. Die Integration als Voraussetzung für ein Bleiberecht erachten Sie als nicht notwendig. Eine staatliche Migrations- und Integrationspolitik muss aber auch immer die Interessen der aufnehmenden Gesellschaft berücksichtigen.

Eine Bleiberechtsregelung nach Ihren Vorschlägen kann man wie folgt zusammenfassen: Sie wollen Zuwanderung in die Sozialsysteme, und Sie wollen sogar noch diejenigen belohnen, denen ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist oder die zum Beispiel durch die Vernichtung ihrer Ausweisdokumente hinsichtlich ihrer Identität getäuscht haben.

Das, meine Damen und Herren, ist den Menschen in unserem Land nicht zu vermitteln.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lebensunterhaltssicherung war, ist und muss unserer Meinung nach auch zukünftig der Kern jeder Bleiberechtsregelung sein. Von zuwanderungswilligen Ausländern wird zu Recht erwartet, dass sie sich in die hiesigen Lebensverhältnisse integrieren. Wir finden es in diesem Zusammenhang gut, dass die Initiative Hamburgs auf Erwerbstätigkeit, also auf die Teilnahme am Arbeitsmarkt abzielt.

Daneben ist es nicht neu, dass sich die Union für eine Initiative für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht bei nachhaltiger Integration einsetzt. Die Landesregierung Niedersachsens hat hierzu im letzten Jahr vorgelegt. Auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, die innenpolitischen Sprecher der CDU und der CSU beim Bund und in den Ländern haben sich bereits im November 2012 auf ein neues Bleiberecht bei nachhaltiger Integration verständigt. Damit, meine liebe und verehrte Kollegin Quade, hinken wir nicht hinterher, sondern haben schon im letzten Jahr diese Position der Union deutlich gemacht.

Wir wollen eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes dahin gehend, dass ausreisepflichtigen Ausländern, die bereits langjährig im Bundesgebiet leben und sich sozial und wirtschaftlich in vollem Umfang integriert haben, aus humanitären Gründen eine Möglichkeit eröffnet wird, die für einen dauerhaften Aufenthalt erforderliche Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, damit ihnen eine Perspektive in Deutschland aufgezeigt wird.

Die Voraussetzung dafür ist für uns jedoch, dass die Betroffenen ihre Identität von sich aus freiwillig offenlegen. Unserer Auffassung nach soll niemand eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, der straffällig geworden ist oder der hinsichtlich seiner Identität bzw. Staatsangehörigkeit täuscht und damit eine Aufenthaltsbeendigung verhindern oder verzögern will.

(Zustimmung von der CDU)

Genau diese Punkte führt auch die Initiative Hamburgs auf. - Ich sehe, dass meine Redezeit abgelaufen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Quade.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: In der Tat, ja, ich möchte, dass mehr Menschen hierbleiben können als bisher. Ich finde in der Tat, humanitäre Gründe sollten dafür den Ausschlag geben. Die Frage der Integration ist an sehr viele Bedingungen geknüpft, die es zu verbessern gilt. Sie ist eine sehr wichtige, aber nicht die einzige Frage.

Sie haben sich in verschiedener Art und Weise auf unseren Antrag bezogen. Natürlich, Kollege Herbst,

liegen die Hürden für die Kollegen der CDU-Fraktion, unserem Auftrag zuzustimmen, höher als für die Zustimmung zu der Bundesratsinitiative Hamburgs, keine Frage. Ich werbe hier dennoch um Zustimmung.

Weil sich Ihre Kritik vornehmlich auf den Punkt 2 bezog bzw. weil dabei ein Dissens angemeldet wurde, es aber zu Punkt 3, in dem die Frage der Residenzpflicht aufgegriffen wurde, eher eine zustimmende Äußerung gab und weil Sie auf die Aufnahmerichtlinie leider überhaupt nicht eingegangen sind und auch nicht auf die mögliche Verantwortung, möchten wir Ihnen die Chance geben, dem Antrag zumindest punktuell zuzustimmen und beantragen, über die Punkte in dem Antrag einzeln abzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein.

(Herr Schröder, CDU, meldet sich zu Wort)

- Herr Kollege Schröder.

Gestatten Sie bitte nur eine kurze Intervention. Weil es der Kollege Kolze in seiner Rede nicht noch einmal explizit ausgeführt hat, erlaube ich mir, mit Blick auf die rhetorische Bemerkung hinsichtlich der unerwarteten Einigkeit und des Umdenkens in der CDU die Erkenntnis zum Besten zu geben, dass es bereits seit knapp zwei Jahren in der Union eine Diskussion darüber gibt, ein neues Bleiberecht nicht mehr an Stichtage, sondern an eine nachhaltige Integration zu binden und dafür Indikatoren aufzustellen.

Die Initiative ging vom damaligen Innenminister Schünemann aus Niedersachsen aus. Der Impuls ist vom Innenminister Sachsen-Anhalts aufgegriffen worden. Es gab im Herbst 2012 eine Tagung der innenpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktionen, bei der dieser Beschluss noch einmal gefasst worden ist.

Diese unionsinterne Debatte ist mit der Bundesratsinitiative Hamburgs in Deckung zu bringen. Insofern handelt es sich nicht um ein Umdenken und es gibt auch keinen direkten Bezug zu dem Fall der Abschiebung der yezidischen Familie hier in Magdeburg. Ich wollte das gern für meine Fraktion klarstellen.

(Frau Quade, DIE LINKE, tritt an ein Saal- mikrofon)