Protokoll der Sitzung vom 22.02.2013

In Bezug auf die Niederschlagswasserbeseitigung wurde eine prioritäre Darstellung der Versickerung gefordert. Diesbezüglich haben wir einfach ein Problem mit dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, mit dem übergeordneten Recht. Danach gibt es eine Priorität der Versickerung nicht. Darin sind Versickerung und Ableitung gleichgesetzt. Also mussten wir uns etwas überlegen, um diese Forderung, die unter anderem von Bürgerinitiativen und vom Verein Haus & Grund gestellt worden ist, zu erfüllen.

Wir mussten eine Lösung finden. Die haben wir auch gefunden, und zwar an der Stelle der Regelung, nach der die Niederschlagswasserbeseitigungskonzepte erstellt werden. Darin steht unter anderem: Zunächst ist vorrangig zu prüfen, ob eine

ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung möglich ist. Das ist ganz klar im Gesetz formuliert. Der Minister hat außerdem angekündigt, dass er das mit einem Erlass untersetzen möchte.

Ich bin mit dem Gesetzentwurf in der jetzt vorliegenden Fassung insgesamt zufrieden. Ich denke, dass wir damit in Zukunft gerade in Bezug auf die Frage der Niederschlagswasserbeseitigung mehr Rechtssicherheit haben. Das hat vorher mit den Abwasserkonzepten schon funktioniert. Ich glaube, dass wir nach intensiver und breiter Diskussion nunmehr einen Gesetzentwurf haben, der verabschiedet werden kann.

Ich bitte hiermit um Zustimmung dazu. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Stadelmann, es gibt eine Frage. Möchten Sie diese beantworten?

Herr Fraktionsvorsitzender Gallert, bitte.

Herr Stadelmann, zunächst eine Bemerkung zu meiner Frage an Ihren Fraktionsvorsitzenden, die dieser tatsächlich nicht beantwortet hat. Ich möchte noch einmal klar sagen, worum es geht. Es geht darum, dass es auch unter dem Druck von Merkel und Schäuble ein Konsolidierungsprogramm für Griechenland gibt und ein wesentlicher Punkt darin ist, dass Privatisierungserlöse aus der Infrastruktur öffentlicher Daseinsvorsorge in Höhe von etwa 100 Milliarden € erzielt werden sollten; das waren die ersten Pläne.

Das bedeutet, dass die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge, die gesamte öffentliche Infrastruktur Griechenlands verkauft werden müsste, um diesen Erlös auch nur annähernd zu erzielen. Das würde bedeuten, dass man den Griechen klar vorschreiben müsste, all diese Strukturen, einschließlich all der Strukturen, die mit Wasser zu tun haben, zu verkaufen.

Dazu sage ich: Das, was wir für uns hier einfordern, nämlich dass das öffentlich bleiben soll, dürfen wir den Griechen nicht verweigern. Darüber gibt es eine Auseinandersetzung auf europäischer Ebene, Herr Stadelmann.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Punkt 2 - das ist die Nachfrage -: Ich gehöre zu dem übergroßen Teil von Bürgerinnen und Bür

gern in diesem Land, die die Debatten in dem Ausschuss nicht nachvollziehen konnten, weil sie nicht dabei waren. Jetzt lese ich aber den § 79b Abs. 1. Dieser soll wie folgt gefasst werden:

„Zur Beseitigung des Niederschlagswassers ist anstelle der Gemeinde der Grundstückseigentümer verpflichtet, soweit nicht die Gemeinde den Anschluss an eine öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung vorschreibt“

- dann steht das Wort „oder“, vorher wurde stattdessen das Wort „weil“ benutzt -

„oder ein gesammeltes Fortleiten erforderlich ist, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten.“

Ich war zwar nicht in der Beratung im Ausschuss, kenne mich aber mit Semantik aus. Vorher konnte man die Anlieger nur dann verpflichten, sich mit ihrer Niederschlagsentwässerung an eine öffentliche Abwasseranlage anzuschließen, wenn es galt, eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten.

Nun soll das Wort „oder“ eingesetzt werden, das nur eine Teilmenge dieser Fälle meint. Andere Fälle können jetzt frei darüber hinaus definiert werden. Sagen Sie mir doch einmal, für welche Fälle das gilt,

(Zuruf von der SPD)

in denen es nicht um das Wohl der Allgemeinheit geht, für die Sie den Gemeinden die Kompetenz geben wollen, einen Anschlusszwang für Niederschlagswasser vorzuschreiben.

(Zuruf von der CDU)

Ich gehe erst einmal auf den zweiten Punkt ein. Ich will nicht allzu technisch werden. Es ist so, dass sich die bisherige Formulierung in der Praxis nicht bewährt hat.

Nehmen wir den folgenden Fall: Sie haben ein Gebiet an einem Fluss, wo im unteren Bereich der Gemeinde eine Versickerung möglich ist, im oberen Bereich der Gemeinde aber nicht. Wenn Sie jetzt den oberen Bereich der Gemeinde nicht anschließen können, weil in der genannten Regelung das Wort „oder“ und nicht das Wort „weil“ steht, dann läuft das Wasser oben von dem Gebiet, wo die Versickerung nicht möglich ist, in das untere Gebiet hinein. Dort läuft das Wasser dann in die Keller. Genau das ist der Punkt, wo wir gesagt haben, dass an dieser Stelle

Das Wohl der Allgemeinheit betroffen ist.

(Herr Borgwardt, CDU: Stimmt doch nicht!)

- ja, richtig - die Gemeinde in der Lage sein muss, auch den unteren Bereich an die Regenwasserversorgung anzuschließen, damit das gerade nicht passiert.

Das wäre sie nach der alten Gesetzeslage auch.

Nein. Sie kann nicht dazu gezwungen werden.

Zum zweiten Punkt will ich sagen: Mit Blick auf Griechenland ist es sicherlich richtig, dass diese Vorschläge bestehen. Gleichwohl - das sage ich noch einmal - hat es auch der Grieche verdient, das Wasser aus der Wasserleitung trinken zu können. Wenn jetzt solche radikalen Lösungen vorgesehen sind, dann muss man an dieser Stelle natürlich die Reißleine ziehen.

Nichtsdestotrotz sage ich, dass die Daseinsvorsorge in privater Hand nicht immer negativ sein muss - das hat unser Fraktionsvorsitzender auch schon gesagt.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn an dieser Stelle Spezialisten am Werk sind, die internationale Erfahrung haben und die das Problem klären können, dann sollen sie es tun. Ob es für alle Zeiten privat bleiben wird, stelle ich infrage; das muss gar nicht so sein.

Es gibt aber auch Fälle aus der Geschichte, von denen man einfach sagen muss, dass auch Daseinsvorsorge in Volkes Hand nicht immer das Beste ist. Ich sage an dieser Stelle nur: Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes gleich Tschernobyl.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Herr Lange, DIE LINKE: Was war mit Fukushima?)

Herr Kollege Stadelmann, es gibt eine weitere Frage. Möchten Sie sie beantworten? Ich würde sie noch zulassen. - Herr Abgeordneter Grünert, bitte.

Herr Stadelmann, ich habe eine fachliche Frage. Bisher war es so: Wenn eine Gefahrenlage für das öffentliche Wohl gegeben war, dann hat die Kommune unterstellt, dass eine Abführung der Niederschlagsmenge erfolgen muss.

Jetzt - vorhin ist die Frage der Beweislastumkehr aufgeworfen worden - nennen Sie dafür zwei Bedingungen. Die erste Bedingung ist, dass der Grundstückseigentümer die schadlose Versickerung nachweisen muss.

(Herr Borgwardt, CDU: Nein!)

Sicherlich.

Wie lesen Sie das Gesetz sonst?

Ich lese genau das, was darin steht: Er muss es nicht nachweisen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nein. - Das ist genau der Punkt, an dem es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen wird. Ich gebe Ihnen gern - das kann ich Ihnen versprechen - sämtliche Petitionen zum Lesen, die in diesem Zusammenhang eingehen. Ich hoffe, dass Sie dann fachlich auf die Behandlung der Petitionen Einfluss nehmen

(Zustimmung bei der LINKEN)

und sie nicht nur in einen Rundordner abheften. An diesem Punkt wird es zu Problemen und Auseinandersetzungen kommen.

Herr Stadelmann, wir werden sehr gespannt darauf schauen, wenn der Abwasserbericht dieses Jahres vorliegt und sich die Landesregierung äußert bzw. Bericht erstattet. Wir werden sehr genau prüfen, ob das, was Sie jetzt dargestellt haben, tatsächlich dem entspricht, was die Gerichte letztlich daraus machen.

(Herr Wagner, DIE LINKE: Bestimmt nicht!)