Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

chen, als auch dass das ZDF seine ursprünglich sehr verweigernde Haltung etwas aufgeweicht hat.

In der letzten Woche, somit ist es ganz aktuell, hat sich der ZDF-Intendant Bellut dieser Idee gegenüber insofern offen gezeigt, als er das konkrete Angebot der ARD als einen Impuls bezeichnet hat. Er hat aber auch ganz klar gemacht, dass er erwartet, dass - wenn es zu einer Zusammenlegung kommen sollte - die Bundesländer beteiligt werden müssten und zustimmen sollten.

Es müsste also eine klare Beauftragung der Bundesländer geben. Dies finde ich an dieser Stelle eine ganz wichtige Kommentierung. Wir sollten dabei sein, sollten uns offen zeigen und diesem Wunsch, das Ganze zu verhandeln, als Landtag von Sachsen-Anhalt nachkommen. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich zeige mich der Idee, wie sie im Antrag der LINKEN gezeichnet wird, gegenüber sehr offen.

Wir haben im März 2012 schon einmal über die Zukunft der Digitalkanäle gesprochen. Ich habe damals an dieser Stelle schon sinngemäß gesagt, dass es nicht nur auf die Anzahl ankommt, sondern vor allen Dingen auf die Qualität und dann die Anzahl letztendlich die unwichtigere Größe ist. Dem habe ich aus heutiger Sicht nichts hinzufügen, meine Damen und Herren.

Wie ich auch schon erwähnt habe, verfolgt das ZDF eine andere Strategie als die ARD. Es ist auch die quantitativ erfolgreichere Strategie. Das ZDF ist bisher mit seinen Digitalkanälen weitaus erfolgreicher im Durchdringen als die ARD. Allerdings ist das Angebot der ARD auf dieser Seite dafür inhaltlich etwas ausdifferenzierter.

Man kann auch sagen, vielleicht ist es an der einen oder anderen Stelle ein bisschen anspruchsvoller, weil der Informationsanteil generell etwas höher ist. Das möchte ich aber Ihrer persönlichen Interpretation überlassen. Insofern, glaube ich, passt eine Fusion auf dem im Antrag der LINKEN aufgezeigten Weg - Information, Jugendkanal, Kanal für junge Erwachsene - ganz gut.

Letztlich, meine Damen und Herren, glaube ich, dass eine erfolgreiche Fusion, die gut durchdacht ist, letztlich ein Beitrag zum Erhalt dieser Digitalkanäle wäre. Denn wenn wir ein breites Angebot haben, das nicht gut durchdacht ist, das nicht gut angenommen wird, dann wird es schwieriger, dafür zu argumentieren. Wenn wir weniger Säulen haben, die dadurch eine breitere Akzeptanz finden und letztendlich damit zur Akzeptanz des neuen Gebührensystems bzw. des Beitragsystems beitragen, trifft dies auf eine größere Zustimmung.

Ich nehme den Vorschlag aus der SPD gern auf, dass wir das gemeinsam im Ausschuss disku

tieren. Ich freue mich auf die Beratung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Herbst. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Kurze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich in die Redeordnung einordnen: in der Kürze liegt die Würze.

Ich finde es gut und auch meine Fraktion findet es gut, dass sich mittlerweile alle Vorredner damit anfreunden können, dass die Zusammenführung von Digitalkanälen ein umsetzbares Ziel sein soll. Man hat mittlerweile offensichtlich erkannt, dass die Einschaltquoten mit zum Teil weniger als 1 % in den meisten Digitalkanälen doch eher gering sind. Sie fungieren als Abspielstation und die Wiederholungsraten sind sehr hoch. Ursprünglich sollten sich die Digitalkanäle gerade jungen Leuten widmen und insgesamt wurde dieses Ziel in der Vergangenheit leider nicht erreicht. Daher ist es jetzt eine Chance, sich diese Kanäle näher anzuschauen und eine Fusion vorzunehmen.

Das haben wir vor einem Jahr - Herr Herbst hat das schon angesprochen - schon einmal hier im Landtag debattiert. Wir hatten seinerzeit im März 2012 einen Antrag im Hohen Hause eingereicht und haben versucht, diese Diskussion anzustoßen, dass man mit einer Reform der Rundfunkfinanzierung auch Strukturreformen prüfen sollte. Da ist jetzt Bewegung hineingekommen. Mal schauen, was am Ende herauskommt.

Ich finde es auch gut, dass man von der Diskussion weg ist, den Kinderkanal für einen Jugendkanal aufzuwiegen. Auch diese Diskussion hat es gegeben. Der Kinderkanal ist ein sehr ordentliches Programm mit hoher Qualität und hat hohe Zuschauerzahlen. Wir haben es schon gehört; 20 bis 21 % Marktanteil ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann.

Ich denke, dass wir vor dem Hintergrund des Ziels, das uns sicherlich alle eint, die Beiträge für unsere Bürgerinnen und Bürger stabil zu halten, genau diesen Weg beschreiten sollten. Ich bin auch froh darüber, dass die Landesregierung regelmäßig im Ausschuss darüber berichtet hat. Wenn man das alles zusammenfasst, können wir den Antrag der LINKEN in den Ausschuss überweisen und diese Reform weiterhin mit begleiten.

Ich denke, es ist auch unterstützenswert, dass wir als Landesparlamente am Ende gefragt werden, und das nicht nur, wenn es darum geht, insgesamt über den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ab

zustimmen, sondern auch, wenn es um solche Reformen geht. In diesem Sinne bin ich sehr optimistisch und würde für eine Überweisung stimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Kollege Kurze. - Herr Gebhardt, möchten Sie noch einmal erwidern?

Ja, Frau Präsidentin, wirklich nur ganz kurz. - Ich will mich ausdrücklich bei Herrn Herbst bedanken, dass er Herrn Bellut noch einmal zitiert hat. Herr Bellut hat völlig richtig gesagt, alle Landtage müssen diesem Konzept quasi Rechnung tragen und zustimmen. Das heißt, wir müssen hierbei auch auf die Tube drücken und können uns nicht zurücklehnen und warten, bis da irgendetwas kommt. Wir sind quasi die Auftraggeber.

Demzufolge finde ich es auch wichtig und richtig, dass wir uns hier dieser Debatte stellen. Insofern kann ich auch mit einer Überweisung in den Ausschuss gut leben. Ich freue mich auf die Debatte.

Zu Herrn Harms ist mir noch eingefallen: Wir haben so viel an Mitteln für eine neue Übertragungstechnik investiert; sie nennt sich DVBT und ermöglicht unter anderem auch das Fernsehen mit einem so kleinen Gerät, und zwar auch an frischer Luft.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr. - Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen über die Drs. 6/2007 ab. Ich habe einen Überweisungswunsch vernommen, und zwar in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 20 ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung

Berücksichtigung der Grundsatzentscheidung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1BvR 2457/08) zur Festsetzung der Beitragserhebung auf das derzeitige Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1999

Für die einbringende Fraktion hat Herr Abgeordneter Grünert das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, kaum ein anderes Gesetz hat gravierenderen Einfluss auf die Belastung der Grundstückseigentümer als das Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Seit seiner Inkraftsetzung am 21. Juni 1991 hat es zahlreiche Änderungen der rechtlichen Normen gegeben.

Ob es das erste und zweite Heilungsgesetz oder das erste und zweite Investitionserleichterungsgesetz waren, immer führten die Änderungen nicht zu einer höheren Transparenz und Rechtssicherheit seiner Anwendung. Im Gegenteil, die Grundstückseigentümer wurden immer wieder mit neuen Varianten der Einnahmenbeschaffung durch die handelnden Kommunen und Zweckverbände überzogen, die nicht zuletzt eine weitere Beteiligung an längst vergangenen Baumaßnahmen ermöglichten.

Allein seit dem Jahr 1994 hat meine Fraktion mehrfach auf Probleme im Umgang und bei der Anwendung des Kommunalabgabengesetzes hingewiesen, zahlreiche Änderungsanträge und Gesetzesinitiativen unternommen, um eine für die Bürger nachvollziehbare und verlässliche Anwendung zu garantieren.

An dieser Stelle möchte ich auf einige parlamentarische Beratungsgegenstände der letzten Zeit verweisen, zum Beispiel Drs. 5/396 und 5/1624 - Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften; damals war es der Artikel 4 -, Drs. 5/1112 - die Grundsatzentscheidung des OVG Bautzen über die Kann-Regelung zum Erlass von Beitragssatzungen im Bereich Straßenausbau - oder die Drs. 5/1192 zur Problematik verlässliche und bestandskräftige Bescheidung.

Die nächsten Drucksachen waren Drs. 5/2026 zum Thema nachträgliche Beitragserhebungen für Verkehrsanlagen oder die Drs. 5/2186 zum Umgang mit dem Beschluss des OVG Magdeburg - 1 M 62/04 - zum Herstellungsbeitrag II sowie zahlreiche Stellungnahmen zu vorliegenden Petitionsverfahren in den Tätigkeitsberichten 2009 und 2011.

Das sind nur einige Aktivitäten, die auf Missstände in der Gesetzesnormierung und in der Rechtsanwendung hingewiesen haben.

Man kann diesen Aktivitäten zahlreiche Petitionsverfahren der letzten Legislaturperioden zugrunde legen. Ob es die teilweise bis zum Jahr 1991 rückwirkend beschlossenen Satzungen betrifft oder die erstmaligen Erschließungsbeiträge für ein Jahrhundert alte Straßen wie die B1 geht, die rückwirkende Beitragserhebung über so genannte Her

stellungsbeiträge II, die teilweise bis zur Gründung der DDR im Jahr 1949 zurückreichen, die beliebigen Satzungsänderungen in vielen Bereichen, da eine Heilung formell und materiell fehlerhafter Satzungen immer zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung und damit des Inkrafttretens ermöglicht wurde; folglich daraus abgeleitet wurde, dass eine Beitragsfestsetzung bisher gar nicht möglich war.

Oder die beliebigen Praktiken, die auf der Grundlage einer noch nicht vollständigen Herstellung oder eines nicht vollzogenen Ausbaus - fehlende Straßenbeleuchtung - zu erheblichen Beitragsnacherhebungen geführt haben und somit das vom vorliegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. März 2013 zum Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit in Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips für den Bürger vermissen ließen.

Bis zum heutigen Tag reißen die Petitionen zu dieser Materie nicht ab. Letzte Petition ist die 6-I/00147. Sie betrifft bereits auf der Grundlage einer Straßenausbaubeitragssatzung getätigte,

schlussgerechnete und bezahlte Straßenausbaumaßnahmen aus dem Jahr 2003 in der Ortslage Colbitz.

Nunmehr stellt die Verwaltung fest, dass die ausgebaute Straße, eine Sackgasse, nach ihrer Sicht noch nie erschlossen war, und fordert nunmehr einen weiteren Beitrag von den Grundstückseigentümern, jetzt deklariert als Erschließungsbeitrag. Eine Nachweisführung anhand von verwertbaren Unterlagen, ob diese Sackgasse tatsächlich nicht dem damaligen Ausbauzustand entsprach - Fehlanzeige!

Ähnlich verhält es sich mit der Praxis, rückwirkend für im Zeitraum von 1991 bis 1999 getätigte Straßenausbaumaßnahmen Beiträge zu erheben - oftmals von der Kommunalaufsicht im Rahmen der Prüfung der Haushaltsausgleiche vorgeschlagene zusätzliche Einnahmebeschaf

fungsmöglichkeiten.

Dies vor dem Hintergrund, dass bis zum 21. April 1999 die Gemeindevertretung durch die Normierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 des KAG LSA als Kann-Regelung unter Berücksichtigung des § 91 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt das Recht hatte, keine Satzung zu erlassen oder geringere Beitragssätze festzulegen.

Diese Praxis fand ihre inhaltliche und rechtliche Bestätigung durch den Grundsatzbeschluss des OVG Bautzen vom 31. Januar 2007. Eine Handlungsoption seitens des Landes Sachsen-Anhalt wurde damals weder von den Regierungsfraktionen noch durch die Landesregierung selbst gesehen. Man folgte den Kommentierungen des Professors Driehaus und deren fast wörtliche Übernahme für das KAG Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren! Im Leitsatz des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. März 2013 wird Folgendes ausgeführt - ich zitiere -:

„Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verlangt Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber“

- also uns -

„obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.“

Damit ergibt sich grundsätzlich die Pflicht auch für das Land Sachsen-Anhalt zur Prüfung, ob und wie der vom Bundesverfassungsgericht dargestellte Zusammenhang des zwischen dem Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit vollumfänglich gewährleistet wird.