Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

Wenn Sie aber fordern, zuallererst müsse das die Landesregierung als Exekutive machen - etwa so war es herausgekommen: wir sollten das machen, wir sollten uns einmal andere Länder als Vorbild nehmen -, dann sehe ich das nicht so.

Also: Es ist ein prima Ansatz - das ist übrigens der Ansatz der GRÜNEN -, die Partizipation ganz nach oben zu bringen. Das halte auch ich für unheimlich wichtig. Die Menschen müssen nicht nur mitgenommen werden, sondern man muss sie auch machen lassen. Dafür muss man Verständnis entwickeln. Die Menschen haben manchmal bessere Ideen als wir im Regierungsapparat. Das ist völlig klar. Auch junge Leute haben manchmal viel bessere Ideen als diejenigen, die vielleicht schon etwas betriebsblind geworden sind, weil sie immer ein und dieselben Dinge tun. Ich möchte Ihnen also nichts vorsetzen, sondern es gemeinsam tun.

Die Frage, wer bei der Landesregierung die Federführung hat, werden wir klären. Es ist richtig, dass es ein Ansatzpunkt für alle Ressorts ist. Vielleicht hätte am Ende des Antrags auch noch stehen können, dass der Antrag in alle Ausschüsse über

wiesen wird. Ich denke jedoch, die Landesregierung wird sich dazu abstimmen.

Ich meine, dass es eine breite gesellschaftliche Akzeptanz dann gibt, wenn viele mit im Boot sind. Deswegen ist es ausgesprochen richtig, den Antrag in das Parlament einzubringen, weil das Parlament eine Vertretung des ganzen Volkes ist. Wenn das Thema hier auf Akzeptanz und auf Wertschätzung stößt, dann ist das manchmal schon ein Riesenschritt, um es für das ganze Land weiterzuentwickeln und ein positives Beispiel zu geben.

Ein weiterer Punkt, den ich gern ansprechen möchte: Ich fasse das Gesamte immer noch unter den Begriff „Inklusion“. Dass wir unterschiedlich sind, Mann und Frau, Alt und Jung, Menschen mit und ohne Behinderung und Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung, das macht den Reichtum einer Gesellschaft aus.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Das macht manchmal auch Angst, keine Frage. Man muss sich die einzelnen Themen sicherlich genauer anschauen, aber insgesamt würde ich das immer zusammen sehen. Jemand kann schwul oder lesbisch sein, vielleicht hat er darüber hinaus noch eine Behinderung, er kann Kind oder Jugendlicher oder schon alt sein - einen Menschen muss man in seiner Gesamtheit erfassen, mit all seinen Problemen und in allen Ausrichtungen. Das ist auch das Glück, von dem wir leben.

Ich habe bei dem Antrag dennoch ein bisschen gestaunt, dass er von seinem Duktus her dem ähnlich ist, zu dem vorhin Ministerin Frau Kolb vorgetragen hat, zum Thema „Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt“. Die Grundlage für diesen Auftrag war auch ein Antrag. Wenn man diesen Antrag mit dem anderen Antrag vergleicht, dann erkennt man, dass er vom Faktencheck in den einzelnen Häusern über die Datenanalyse bis hin zum Zeitplan und weiteren Punkten ähnlich ist.

Das kann man machen. Warum soll man das nicht machen? Man kann das eine mit dem anderen vergleichen. Mir ist dabei aber aufgefallen, dass man manches auch zusammen sehen kann und am Ende vielleicht sogar zusammen sehen sollte, um unsere Lebensbereiche nicht noch einmal zu unterteilen.

Ich komme zum letzten Punkt und damit zum Schluss. Herr Knöchel, ich glaube nicht, dass Sie das von mir gehört haben, dass ich gesagt hätte: Wozu es keine Daten gibt, da gibt es auch kein Problem. Das würde ich niemals sagen; denn es gibt viele Bereiche, in denen wir keine Daten haben, wo aber die Probleme ganz groß sind.

Es ist wichtig, dass wir hier nicht nur darüber reden, sondern dass wir uns auch diesen Plan nehmen. Ich weiß aber noch immer nicht, worin der Unterschied zwischen Plan und Programm besteht. Wenn es einen Aktionsplan gibt, warum soll die Landesregierung dann ein Programm erarbeiten? Vielleicht ist das beides dasselbe. Darüber muss mich noch einmal jemand aufklären. - Danke für das Zuhören.

(Zustimmung bei der SPD und von der Re- gierungsbank)

Danke, Herr Minister. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt Herr Kollege Krause. Bitte schön, Herr Krause.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Grundlage des Grundgesetzes, der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - AGG - setzen sich die Landesregierung und alle Fraktionen dieses Hohen Hauses dafür ein, die Gleichberechtigung von Menschen verschiedener sexueller Identität und Orientierung zu garantieren, Diskriminierungen abzubauen und gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern. Uns eint das Ziel, dass die Menschen in unserem Land ganz nach ihrer Fasson selbstbestimmt leben können.

Das grundrechtlich verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die persönliche Lebenssphäre und damit auch die sexuelle Identität, die Geschlechteridentität und die sexuelle Orientierung. Von staatlicher Seite ist es unsere Pflicht, dass diese verfassungsmäßig garantierten Rechte gegenüber allen Menschen gewahrt werden.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor diesem Hintergrund bedarf es aus der Sicht der CDU-Fraktion des geforderten Aktionsplans und des beschriebenen Prozederes nicht. Mit dieser Initiative soll die Akzeptanz der in Rede stehenden Lebensweisen verbessert werden. Die Erfahrungen mit dem heute beim Ministerium für Justiz und Gleichstellung verankerten Querschnittsthema Gender Mainstreaming, das seit Jahren mit erheblichen finanziellen Mitteln untersetzt wird, bestätigt dies. Dieses hat nur begrenzt eine Verbesserung der Situation insbesondere von Frauen bewirkt. Gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich eben nicht verordnen.

Auch wenn man der Auffassung wäre, dass es der Initiative der Antragsteller bedürfe, führte das darin beschriebene Prozedere wohl eher zu einem Scheitern als zu einem Erfolg des Projekts. Der Antrag erreicht bestenfalls einen Wettbewerb zwischen dem Aktionsplan des Lesben- und Schwu

lenpolitischen Runden Tisches Sachsen-Anhalt und dem der Landesregierung.

(Herr Lange, DIE LINKE: So ein Quatsch! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wünschenswert ist aus der Sicht meiner Fraktion allerdings eine Klärung der Frage, welches Ressort der Landesregierung für Anliegen von Lesben und Schwulen, von Bisexuellen, von Trans- und Intersexuellen und für Maßnahmen gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt verantwortlich ist. Dabei bin ich bei Ihnen, Herr Knöchel. Bisher ist das nur in Teilbereichen und damit unvollständig geschehen.

Da wir diese Felder unter Gleichstellung subsumieren, empfiehlt es sich, dies der Zuständigkeit des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung zuzuordnen. Dafür spricht auch, dass die Justizministerin des Landes Frau Professor Dr. Kolb bei der Vorstellung des vom Lesben- und Schwulenpolitischen Runden Tisch Sachsen-Anhalt erarbeiteten gesamtgesellschaftlichen Aktionsplans für Akzeptanz von Lesben und Schwulen, von Bisexuellen, von Trans- und Intersexuellen und gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt Sympathie für diesen Plan signalisiert hat.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zusammenfassend: Aktionspläne und eine Vielzahl von Maßnahmen führen nicht zwangsläufig zu den gewünschten Ergebnissen. Die gesellschaftliche Diskussion ist wichtig und kann mehr ausrichten als gesetzliche Regelungen und offizielle Programme. Jeder von uns kann in seinem Umfeld daran mitwirken, den notwendigen Bewusstseinswandel herbeizuführen.

Die CDU-Fraktion würde diesen Antrag nach all dem ablehnen. Da unser Koalitionspartner diese Auffassung nicht teilt, möchten wir den Antrag aus Gründen der Koalitionsräson zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales und zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überweisen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist dasselbe!)

Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Krause. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätte jetzt Frau Lüdemann das Wort. Sie wird es auch ergreifen. - Habe ich irgendetwas übersehen? - Nein. Wenn Sie wollen, Frau Lüddemann, sind Sie jetzt an der Reihe.

(Zuruf: Die SPD hat doch noch gar nicht ge- sprochen! - Frau Lüddemann, GRÜNE: Des- wegen war ich jetzt etwas irritiert!)

- Nach der Reihenfolge, die mir vorgegeben worden ist, ist die SPD danach an der Reihe. Sie haben natürlich Recht, das gibt keinen vollständigen Sinn.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Dann würde ich warten!)

- Wenn wir uns einig sind, dann ändern wir das und dann hat jetzt die Kollegin Hampel das Wort.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Und ich danach!)

- Danach. Gut, das ist sinnvoller. - Frau Hampel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Lüddemann, Sie hatten es angesprochen: Wir hatten ursprünglich vor, mit mehreren Abgeordneten aller Fraktionen einen Antrag in das Plenum einzubringen, hinter dem wir uns alle versammeln können. Es ist bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, sich auf solch einen fraktionsübergreifenden Antrag zu verständigen.

Sie wissen - ich hoffe, Sie nehmen mir das auch persönlich ab -, dass ich für meine Fraktion das Anliegen, einen Landesaktionsplan gegen Homo- und Transphobie auf den Weg zu bringen, sehr unterstütze.

Ich finde es, wie gesagt, sehr schade, dass wir zu diesem Tagesordnungspunkt keinen Konsens erreichen konnten. Aber die Unterschiede zwischen uns - - Ich will es auch noch einmal deutlich machen, aber Herr Krause hat mir dazu schon einiges abgenommen.

Ich finde es auch nicht erschreckend - oder wie hat der Kollege Knöchel gesagt? mir fällt das Wort jetzt nicht mehr ein -, dass dieser Antrag in den Ausschuss überwiesen werden soll. Nachdem alle Reden gehalten worden sind, hat man jetzt ein Bild davon, wo die Diskussionslinien geführt werden müssen. Es ist jedenfalls mein Ansatz und mein Wille, dass wir nach intensiver Beratung im Ausschuss zu einer hoffentlich sehr breiten Zustimmung zu diesem hoffentlich gemeinsamen Ziel kommen werden.

Als wir uns im Plenum im letzten Jahr auf Ihre Große Anfrage hin mit der Lebenssituation von Lesben und Schwulen befasst haben und darüber diskutiert haben, hat der Minister damals gesagt, dass er selbst keinen eigenen Aktionsplan gegen Trans- und Homophobie initiieren will. Aber es war zum damaligen Zeitpunkt auch klar, dass der Lesben- und Schwulenpolitische Runde Tisch an der Erstellung eines solchen Aktionsplanes arbeiten wird und die Arbeit schon aufgenommen hatte. Dieser Aktionsplan liegt jetzt vor.

Ich möchte mich bei allen Akteurinnen und Akteuren des Runden Tisches herzlich dafür bedanken, wie sie mit akribischer Fleißarbeit und mit ihrem Fachwissen über Monate hinweg das Papier erstellt haben.

Ich kann das gut beurteilen; denn ich versuche, wenn es die Zeit zulässt - nicht immer, aber ich versuche es immer regelmäßiger -, an den Beratungen des Runden Tisches teilzunehmen. Vielleicht schafft es auch einmal der Koalitionspartner, diese Möglichkeit wahrzunehmen.

Warum ein Landesaktionsplan? - Hierzu ist schon einiges gesagt worden. Ich denke auch, dass der Staat, unser Land, die Landesregierung und wir als Plenum den Prozess des Abbaus von Diskriminierungen und Ausgrenzungen durch einen Landesaktionsplan unterstützen könnten, dass es auch unsere Aufgabe ist, vor Gewalt - diese gibt es noch immer; Diskriminierung äußert sich auch in Straftaten, in Übergriffen gegen diese Personen - präventiv zu schützen. Hierbei sind wir selbstverständlich in einer Mitverantwortung. All das geht am besten, wenn man Wissen hat, wenn man Fakten hat, wenn man für Verständnis und Toleranz für die Lebenssituation von Schwulen, Lesben und Transsexuellen wirbt. Ich finde, dass dieser Landesaktionsplan hierfür ein gutes Mittel ist.

Deshalb plädiere ich sehr für eine ergebnisoffene, für eine ehrliche Diskussion in den Ausschüssen und beantrage die Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung.

Ich hoffe, dass wir im Ergebnis der Ausschussberatungen eine gemeinsame Linie finden und bin sehr gespannt auf die auf uns zukommenden Ausschussberatungen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Kollegin Hampel. - Jetzt bekommen die Antragstellerinnen noch einmal das Wort, Frau Lüddemann für die GRÜNEN und danach noch einmal Herr Knöchel.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vielleicht noch ein paar Worte zu der Frage, warum wir als federführenden Ausschuss den Sozialausschuss benannt haben. Wir haben uns daran orientiert, was an Vorgesprächen - unter anderem auch mit Herrn Theisen, der dankenswerterweise hin und wieder für das Ministerium am Runden Tisch Platz nimmt - stattgefunden hat. Alles, was zwar in Wenigkeit, aber immerhin in Sachsen-Anhalt in Bezug auf dieses Thema passiert, ist nun ein

mal in diesem Hause verortet. Das war der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, dass wir uns in der Tat auch am Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt orientiert haben. Wir haben heute früh darüber diskutiert, dass diesbezüglich nicht alles reibungslos läuft, dass noch vieles zu verbessern ist, und wir wollten, um ehrlich zu sein, dem Hause jetzt nicht noch ein Programm überhelfen. Daher haben wir gedacht, dass es bei Ihnen sicherlich auch gut aufgehoben sein wird.

Nichtsdestotrotz haben sich die Akteure sehr wohl gewünscht, dass das Programm im Gleichstellungsministerium verankert wird, weil es eine Frage der Gleichstellung und längst keine Frage des Sozialen oder der Gesundheit oder dergleichen ist. Aber wir haben die Hoffnung, dass es bei Ihnen - ich sage es einmal salopp - vielleicht doch etwas wird.

Was mich wirklich ein bisschen geärgert hat, Kollege Krause: Sie haben, glaube ich, weder mir noch dem Kollegen Knöchel zugehört;