Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

Was mich wirklich ein bisschen geärgert hat, Kollege Krause: Sie haben, glaube ich, weder mir noch dem Kollegen Knöchel zugehört;

(Zustimmung bei der LINKEN)

denn wenn Sie unter anderem Ihre Ablehnung damit begründen, dass Sie keine Konkurrenzsituation zwischen dem, was der Lesben- und Schwulenpolitische Runde Tisch erarbeitet hat, und dem, was das Ministerium erarbeiten soll, herstellen wollen, dann haben Sie überhaupt nichts verstanden.

Wir haben gesagt, dass das, was als Entwurf vom Runden Tisch vorgelegt wird, Grundbestandteil dessen sein soll, was dann vom Ministerium fortgeführt werden soll.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das ist das Pro- blem bei Reden, die aufgeschrieben wer- den!)

Eine Konkurrenzsituation ist dabei überhaupt nicht zu sehen. Im Gegenteil: Wir wollen - das ist das, was wir als dialogorientiertes Verfahren bezeichnen; dabei hat das, was wir auch beim Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes SachsenAnhalt vorgeschlagen haben, in der Tat eine Linie, weil das ein Bestandteil von grüner Politik ist, an die Dinge heranzugehen; Sie haben es angesprochen -, dass das, was die Zivilgesellschaft erarbeitet hat, aufgenommen wird, von der Verwaltung weiter erarbeitet wird.

Es muss in die Verwaltung; denn dort werden nun einmal die Gesetze, Verordnungen und Erlasse und alles erarbeitet, was wieder in die Zivilgesellschaft zurückspiegelt, was den Rahmen für deren Handlung gibt. Deswegen soll es eine Einheit werden. Ich sehe dabei überhaupt keine Konkurrenzsituation.

Wir hätten uns eine Direktabstimmung gewünscht, weil wir glauben, dass alles auf der Hand liegt,

dass die Politikbereiche benannt sind und dass die Federführung benannt ist.

(Zustimmung von Herrn Knöchel, DIE LIN- KE)

Wenn man sagt, dass man ein Programm will, kann man jetzt loslegen. Ich habe Verständnis; es ist wahrscheinlich das erste Mal, dass ich ein Wort wie - was haben Sie gesagt? - Koalitionsräson vielleicht doch ganz gern höre. Wenn es diesem Wort geschuldet ist, dass das Thema jetzt wenigstens irgendwie über die Ausschüsse in Gang kommt, gut, dann ist das so. Dann werden wir uns dem sicherlich fügen. Das denke ich für die Einreicher sagen zu können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Jetzt hat Herr Knöchel noch einmal das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Der Redner trinkt aus dem Wasserglas - Herr Scheurell, CDU: Wohl bekomm’s!)

Genau. Ein bisschen Wasser trinken. Diesmal wegen der Außentemperaturen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab Zeiten, in denen dieses Thema noch viel hitziger debattiert wurde. Heute, Herr Krause, haben Sie wenigstens gesagt: „Uns eint das Ziel“ und haben auf die Verfassung und all die schönen Sätze, die es diesbezüglich gibt, hingewiesen. Wir haben auf die Wirklichkeit abgestellt. Wir haben gesagt, dass es eine Menge Fragen gibt, die man mit einem solchen Aktionsplan durchaus angehen kann.

Frau Lüddemann hat schon darauf hingewiesen: Ich hätte mich gefreut, wenn es zwischen gesellschaftlichen Akteuren und der Landesverwaltung einen Wettbewerb von Aktionsplänen gäbe. Das wäre vielleicht ganz spannend. Aber wir wollen keinen Wettbewerb, wir wollen ein Miteinander. Wir haben, wie wir auch schon in der Debatte festgestellt haben, ein gesellschaftliches Problem, das in der Gesellschaft gelöst werden muss, wozu aber die Landespolitik durchaus Anstöße geben kann und soll.

Insoweit bin ich auch ein wenig traurig, Herr Krause, dass Sie mit Ihrem heutigen Vortrag hinter das zurückgefallen sind, was wir in der Debatte zur Großen Anfrage schon einmal festgestellt haben.

In einem Punkt waren wir uns einig: Frau Professor Kolb ist für Gleichstellung zuständig - das haben Sie festgestellt - und es ist ein Gleichstellungsthema.

Jetzt haben wir von Frau Lüddemann, die den Prozess schon wesentlich länger begleitet, gehört, dass im Sozialministerium die, wenn auch minimalen Anstrengungen des Landes Sachsen-Anhalt gut aufgehoben sind und dass wir deswegen in den Bereich Soziales gegangen sind.

Ich bin mir nur nicht sicher - unsere Gleichstellungsministerin hat nicht darauf reagiert -, ob die Kritik in ihrem Ministerium angekommen ist. Wir haben auch die Frage des Aktionsplans für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt heute diskutiert, und auch diesbezüglich klemmt es etwas im Getriebe, was zeigt, dass die Landesregierung sich diesen Fragen doch noch nicht mit dem notwendigen Ernst zuwendet.

Frau Hampel, ich freue mich, dass wir gemeinsam in den Ausschüssen die Arbeit so gestalten werden, dass wir danach im Plenum tatsächlich einen Beschluss fassen können, damit die Landesregierung tut, worüber sie schon lange redet, wobei aber die Ergebnisse relativ gering sind.

Eine Zustimmungsrate von 70 % zur eingetragenen Partnerschaft, zu ihrer Gleichstellung in unserer Gesellschaft, das stellt in der Tat in den letzten 20 Jahren in Ost und West eine große Veränderung dar, wobei man hierbei sagen muss, dass sich der Westen noch viel stärker verändert hat als der Osten. Dennoch ist die Politik in diesem Bereich die Getriebene. Wir warten immer auf Gerichtsurteile. Also, eigentlich wartet eine Partei auf Gerichtsurteile.

(Herr Lange, DIE LINKE: Es gibt nur eine Partei, die das macht! Also zwei: CDU und CSU!)

- Ja. CDU und CSU sind ja eins, zumindest in dem Punkt, dass sie gesellschaftliche Realitäten schwer zur Kenntnis nehmen und auf ein Urteil warten, das ich ihnen im Jahr 2010 schon hätte mitteilen können. Denn das Bundesverfassungsgericht hat relativ klar gesagt, wie seine Linie ist, und hat das Urteil genau so formuliert, wie es im Jahr 2010 schon feststand.

Jetzt haben wir diesen Antrag gestellt, und er hat die Chance geboten und bietet noch die Chance, den Zustand zu überwinden, dass Politik die Getriebene wird, sich mit dem Rücken zur Wand stellt und ruft: Ich warte mal, was mir vielleicht irgendein Gericht vorschreibt. - Aber auch hier eher Desinteresse.

Ursachen für Übergriffe, Herr Minister, sind Hass, Vorurteile und Unwissenheit. Genau an dieser Stelle setzt doch der Aktionsplan an und genau an dieser Stelle gibt es auch eine Schwäche des Landes Sachsen-Anhalt.

Im Kultusministerium, dem Ort, an dem man sich damit befasst, Unwissenheit in unserem Land zu überwinden, gibt es lediglich einen Erlass zur

Sexualerziehung aus dem Jahre 1996. Seitdem hat sich die Welt schon sehr oft gedreht. Ich habe gehört, dass dieser Erlass jetzt überarbeitet werden soll. Allerdings ganz in dieser Tradition wird die Fortpflanzungsfunktion nach oben gestellt.

In diesem Aktionsplan geht es aber gar nicht so sehr um Fortpflanzung; es geht um das Zusammenleben in der Gesellschaft, darum, welche verschiedenen Lebensformen es gibt und dass wir das vermitteln. Insoweit ist hier der Erlass wahrscheinlich deplatziert.

Zum Schluss haben Sie noch die Frage aufgeworfen: Warum sollen das Beamte machen? Wir lassen es von gesellschaftlichen Akteuren bearbeiten.

Jetzt könnte ich Ihnen als Finanzpolitiker antworten: weil Sie keinen Beamten finden, der Ihnen das für 50 000 € im Jahr macht. Das ist die Summe an Geld, das im Moment in das System fließt. Es scheint eher die materielle Unmöglichkeit in Ihrem Ministerium zu sein, ein solches Thema anzugehen. Ich glaube, darüber müssen wir dann auch reden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Knöchel. - Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/2100 ein. Es wurde eine Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung gewünscht. Ich sehe keine weiteren Wünsche hinsichtlich einer Überweisung.

Ich lasse darüber abstimmen. Wer stimmt der Überweisung des Antrages in die genannten Ausschüsse zu? - Das sind alle Fraktionen dieses Hauses. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Auch niemand. Damit ist der Antrag in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 22:

Beratung

Bericht über den Stand der Beratungen zum Antrag „Moratorium zur Neustrukturierung der Beratungsstellenlandschaft“ - Drs. 6/76

Berichterstattungsverlangen Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2127

Meine Damen und Herren! Gemäß § 14 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages können fünf Monate nach Überweisung eines Beratungsgegenstandes eine Fraktion oder acht Mitglieder des Landtages verlangen, dass der Ausschuss durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter dem Land

tag einen Bericht über den Stand der Beratungen erstattet.

Von dieser Regelung macht in diesem Fall die Fraktion DIE LINKE Gebrauch und verlangt vom Ausschuss für Arbeit und Soziales einen Bericht über den Stand der Beratungen.

Ich werde zunächst der Fraktion DIE LINKE zur Begründung ihres Verlangens das Wort erteilen. Danach wird der Ausschuss für Arbeit und Soziales den erbetenen Bericht geben. Es schließt sich eine Dreiminutendebatte an. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge SPD, GRÜNE, CDU und LINKE.

Für die Antragstellerin erhält Frau Dirlich das Wort. Bitte schön, Frau Dirlich.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Behandlung eines Tagesordnungspunktes, dem ein Berichterstattungsverlangen nach § 14 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages zugrunde liegt, habe ich in diesem Hohen Haus sehr selten erlebt. Ich bin aber froh, dass es dieses Instrument gibt. Ich will das im Folgenden begründen.

Die Ausschussvorsitzende Frau Zoschke kann in ihrem Bericht lediglich die laufende Legislaturperiode wiedergeben und betrachten. Die Odyssee dieses Themas dauert jedoch ein bisschen länger. Sie beginnt spätestens im Jahre 2009 mit der sogenannten Hasslbauer-Klausel. Diese Klausel besagte, dass für die Beratung und für Beratungsstellen nur noch dann Mittel zu Verfügung gestellt werden sollen, wenn die Akteure der Beratung bereit sind, an einem Prozess der Neustrukturierung teilzunehmen und mitzuwirken. Das war damals - kurz gefasst - die Intention dieser Klausel.

Inzwischen wird es immer grotesker. Seit 2009 wird in Sachsen-Anhalt über die Zukunft der Beratungsstellen diskutiert. Bis heute hat sich die Koalition nicht zu einer neuen Struktur oder auch nur zu einem Rahmen für die Neugestaltung der Beratungslandschaft durchringen können, und dass obwohl stapelweise Berichte erarbeitet wurden und seitenweise Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Aber der Reihe nach: Ende 2009 wurde, vor allem vor dem Hintergrund der Haushaltprobleme des Landes, ein Prozess der Evaluierung der Arbeit der Beratungsstellen in Gang gesetzt. Das war damals nicht ganz unumstritten. Die Beratungsstellen haben natürlich von Anfang an Angst vor diesem Sparzwang, dem sie sich ein Stück weit unterwerfen sollten, gehabt.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

- Wir wissen es noch nicht. Sie hatten durchaus die Befürchtung, dass es überwiegend um Einspa

rungen gehen soll. Aber sie haben sich diesem Prozess gestellt, weil an dessen Ende verlässliche Rahmenbedingungen und Standards formuliert werden sollten. Zudem sollten handhabbare Bedingungen für die Finanzierung der Beratungslandschaften ausgehandelt werden.