Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

Ich mache Ihnen jetzt noch ein kleines, unverschämtes Angebot: Falls Sie nicht zu sehr mit mir diskutieren wollen und nicht so sehr in die Tiefe gehen, verspreche ich Ihnen, dass ich heute das zweite Mal nicht reden werde. Aber das liegt jetzt an Ihnen. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Das werde ich nicht kommentieren. Vielen Dank, Herr Kollege. - Als Nächster spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der SPD haben einen Antrag eingebracht, der die Kompensationsmöglichkeiten nach dem Bundesnaturschutzgesetz verbessern soll. Das ist ein wichtiges Anliegen.

Zurzeit haben wir die Situation, dass sich der Bundesrat mit der Thematik befasst; denn die Bundesregierung hat den Entwurf einer Kompensationsverordnung vorgelegt.

Die Beratung dieses Entwurfs gestaltet sich außerordentlich schwierig. Angesichts der mehr als 200 vorliegenden Änderungsanträge hat der Staatssekretär des Bundesumweltministeriums seine Kolleginnen und Kollegen auf Länderebene zu einer Beratung eingeladen, um den Beratungsprozess im Bundesrat effizienter zu strukturieren. Leider haben die Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Becker mitgeteilt, dass Sie an einer derartigen Beratung nicht teilnehmen möchten.

Zum Inhalt der Bundeskompensationsverordnung: Es ist vorgesehen, dass dadurch entsprechende Länderregelungen, insbesondere zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von Eingriff in Natur und Landschaft, abgelöst werden sollen. Ziel der Bundeskompensationsverordnung ist es unter anderem auch, den Verlust an land- und forstwirtschaftlicher Fläche durch Kompensationsmaßnahmen zu verringern.

Als einen wesentlichen Beitrag dazu beabsichtigt die Bundesregierung, für Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch massenartige Eingriffe generell Ersatzzahlungen vorzusehen und auf die Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu verzichten.

Ich stimme mit den Antragstellern überein, dass auch für derartige Eingriffe grundsätzlich eine Naturalkompensation möglich ist. Das wird durch die Vollzugspraxis bei uns in Sachsen-Anhalt und auch in anderen Ländern absolut bestätigt.

Ich stimme auch mit den Antragstellern überein, dass das in die Bundeskompensationsverordnung integrierte Bewertungsverfahren sehr, sehr kompliziert und schwierig handhabbar ist.

Es bleibt nun abzuwarten, wie letztlich im Bundesrat entschieden wird. Am 19. Juni 2013 hat sich der Umweltausschuss als federführender Ausschuss des Bundesrates mit den mehr als 200 Änderungsanträgen, davon allein 71 aus BadenWürttemberg, beschäftigt.

Ich will jetzt auch angesichts der der fortgeschrittenen Zeit nicht im Detail auf die Beschlusslagen eingehen. Lassen Sie mich noch einen Kernpunkt erwähnen: Viele Bundesländer wollen die Anwendung der Bundeskompensationsverordnung auf den Ausbau der Hochspannungsnetze beschränken. Das halte ich ausdrücklich für nicht sinnvoll, weil damit der Gedanke hinsichtlich von länderübergreifenden Regelungen zur besseren Handhabbarkeit bei größeren Projekten von vornherein negiert wird.

Leider hat sich aber der Umweltausschuss des Bundesrates für diese Begrenzung ausgesprochen. Es bleibt abzuwarten, wie letztlich im Plenum des Bundesrates entschieden wird.

Der Antrag der Regierungsfraktionen schlägt auch landesrechtliche Regelungen vor. Die Bitte an die Landesregierung, eine Kompensationsverordnung zu erarbeiten, sollte sich an der endgültigen Fassung der Bundeskompensationsverordnung orientieren. Ich glaube, dabei haben wir Konsens. Parallel arbeiten wir auch an den weiteren Anliegen der Regierungsfraktionen.

Wir wollten jetzt abwarten, wie der rechtliche Rahmen des Bundes aussehen wird. Wir werden an diesem Thema wie bisher engagiert weiterarbeiten und gern in den Ausschüssen für Umwelt sowie für

Ernährung, Landwirtschaft und Forsten berichten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Wir treten in die Debatte ein. Nun spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Dr. Köck.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen in Ihrem Schrebergarten.

(Herr Scheurell, CDU: Das wäre schöner als hier!)

Just in diesem Moment flattert Ihnen die Mitteilung auf den Tisch, dass eine Abwasserleitung verlegt werden und Ihr Garten daran angeschlossen werden soll. Ihre Frage lautet doch sofort: Gibt es denn keine andere Lösung? Ist der Anschluss meiner Parzelle überhaupt notwendig? Ein Plumpsklo würde doch völlig reichen, wenn es sein muss auch eine Chemietoilette.

Wegen der Grundwassernähe herrscht aber Anschluss- und Benutzungszwang. Und so kommen Sie nicht umhin, die Anschlüsse legen zu lassen. Aber gibt es nicht eine andere Trassenführung? Das Mindeste aber, was Sie erwarten, ist, dass Ihr Garten hinterher wieder so aussieht, wie er vorher war.

Das ist bei Ihrem Nachbarn ganz einfach: Der eine hat nur Blumen- und Gemüsebeete, der zweite nur Zierrasen. Bei Ihnen aber geht ein alter Nussbaum flöten und der Bagger reißt in Ihre schöne Hecke eine breite Bresche.

Der Baggerfahrer meint, das verwächst sich, in ein paar Jahren ist nichts mehr zu sehen. Solange muss sich die Amsel um einen anderen Brutplatz kümmern. Sie schäumen vor Wut. Gut, lenkt der Baggerfahrer ein, ich pflanze Ihnen ersatzweise für den Nussbaum zwei Apfelbäumchen. Um den Schatten zu genießen, müssen Sie nun zwar liegen, statt zu sitzen, aber Schatten bleibt Schatten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Etwa so müssen Sie sich den Verlauf eines Eingriffsausgleichsverfahrens vorstellen - zugegebenermaßen karikativ überhöht.

Die Bundeskompensationsverordnung birgt die Gefahr zu einem modernen ökologischen Ablasshandel. Die Ökopunkte wären die entsprechende Währung. Besonders kritisch ist, dass der geldwerte Ersatz - bisher nur Ultima Ratio - nun zur Regel wird.

Festpreise für den laufenden Meter Windkraftanlagen, Kubikmeter umbauten Raum und Quadrat

meter beeinträchtigte Landschaften. Warum aber gerade 100 € pro laufenden Meter, warum nicht 95 oder 125? In welche Kassen fließen diese Summen? Wer hat denn darauf Zugriff? - All das beantwortet die Bundeskompensationsverordnung nicht.

Meine Damen und Herren! Ich fürchte, die Investoren werden genau rechnen. Die Erstellung eines ökologischen Gutachtens zur Ermittlung der ökologischen Wertigkeit dauert mindestens ein Jahr, kostet Geld und das Ergebnis ist offen. Dann lieber pauschal zum Festpreis eine Kompensation vereinbaren.

Angesichts der zunehmenden Erschöpfung, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich es hierbei bewenden lassen. Die Thematik bedarf dringend einer weiteren Vertiefung in den beiden vorgeschlagenen Ausschüssen. Dort schmort bereits seit Dezember 2012 ein Antrag meiner Fraktion zu genau der gleichen Problematik, und zwar in der Drs. 6/1672.

Ich möchte aber mündlich beantragen, die Landesregierung nicht zu bitten, sondern sie aufzufordern, im Bundesrat aktiv zu werden. - Ich habe das hier schriftlich.

(Beifall bei der LINKEN - Der Redner über- gibt dem Präsidenten ein Schriftstück)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Der Änderungsantrag zum Antrag. - Ich rufe als nächsten Redner für die Fraktion der CDU Herrn Abgeordneten Stadelmann auf.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Herr Köck, wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen haben, dann müssen Sie auch gelesen haben, dass wir die Landesregierung in diesem Falle nicht bitten, sondern ermuntern.

(Zuruf von Herrn Dr. Köck, DIE LINKE)

Wir haben ausdrücklich diese Formulierung gewählt, um unsere positive Einstellung dazu zum Ausdruck zu bringen. Ich glaube, dass wir uns als Fachpolitiker diesbezüglich auf einer Linie befinden.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

- Ja, Herr Gallert, ich denke auch bei Ihnen in der Fraktion.

Ich möchte auch noch einmal darauf verweisen, dass wir zwar Probleme mit der Bundeskompensationsverordnung haben, wir aber trotzdem Bedarf sehen, an den Landesregelungen zu arbeiten und sie zu optimieren.

Wir haben gute Regelungen bei uns im Land. Das hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt. Das hat sich an vielfältigen Stellen gezeigt. Wenn es Kritik gab, wenn ich zum Beispiel an den Bau der Autobahn A 14 denke, dann muss ich sagen: Die Landwirte sind nicht grundsätzlich gegen die Autobahn; vielmehr wehren sie sich dagegen, dass landwirtschaftliche Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in erheblichen Größenordnungen in Anspruch genommen werden. Ich denke, an diesem Punkt müssen wir auf jeden Fall noch etwas tun.

Ich möchte gern kurz vier Punkte nennen, die für unsere Fraktion bei diesem Antrag wichtig sind.

Das Erste ist - das hat auch der Kollege Bergmann schon erwähnt -, dass die Ökokontenflächen besser vermarktet werden müssen. Das ist nicht nur eine Forderung der IHK, sondern ist bei unseren internen Anhörungen von mehreren Seiten an uns herangetragen worden. Das gilt sowohl für die Flächen, die von der Landgesellschaft, aber auch für Flächen, die von privaten Anbietern bereitgestellt werden.

Zu den Ersatzzahlungen müssen wir sagen, dass diese bisher sehr restriktiv in Sachsen-Anhalt behandelt worden sind. Wir haben im Grunde genommen nur eine Zahlung. Alles andere konnte kompensiert werden.

Gleichzeitig möchte ich sagen - diesbezüglich bin ich nicht der Meinung des Kollegen Köck, dass es sich hierbei um einen Ablasshandel handelt -, dass wir uns überlegen sollten, was wir mit diesen Ersatzzahlungen am besten anfangen können.

Dazu möchte ich noch einmal auf den Ursprungsantrag des Kollegen Hans-Jörg Krause zurückkommen, der Anlass zur der Debatte gegeben hat, dass wir auch in der Fraktion und mit den Fachpolitikern darüber nachgedacht haben, was können wir tun, damit dieser Rückbau, insbesondere von den alten Stallanlagen besser funktioniert und sich lohnt.

Wir haben uns in Nachbarländern umgesehen. In Brandenburg wurde ein Fonds eingerichtet. Aus dem wird nicht der Rückbau bezahlt. Aber die Differenz zwischen den Kosten der Rückbaumaßnahmen und den Kosten der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden aus diesem Fonds erstattet. Ich könnte mir vorstellen, dass wir einmal im Ausschuss darüber diskutieren, welche Möglichkeiten es gibt, anhand von Beispielen aus anderen Bundesländern etwas Ähnliches in Sachsen-Anhalt zu initiieren. Das würden wir der Landesregierung gern mitgeben.

Ich denke, die Ersatzzahlungen wären dann an der richtigen Stelle angelegt und würden ihre Wirkung im ländlichen Raum erzielen. Vielleicht sollten wir dieses Thema mitnehmen.

Zum Schluss möchte ich auf einen Punkt zu sprechen kommen, den der Kollege Bergmann schon angesprochen hat, den verstärkten Einsatz produktionsintegrierter Kompensationsmaßnahmen, der die Landnutzer, Land- und Forstwirte, private Landnutzer, aber mittlerweile auch immer mehr Verbände und Stiftungen mit einbezieht. An dieser Stelle können wir landwirtschaftliche Produktion im Zusammenhang mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen organisieren. Ich denke, wir haben Organisationen im Land wie die LLFG und die ALFF, mit denen wir das gut organisieren könnten.

Ich glaube, wenn wir an dieser Stelle weitere Fortschritte machen und die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen besser organisieren können, dann wird das auch einen Beitrag zur Beschleunigung der Hochwasserschutzmaßnahmen leisten können. Insoweit schließt sich der Kreis zum gestrigen Beginn der Sitzung. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Stadelmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Abgeordneter Weihrich.