Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Doch wo landen die Auszubildenden denn tatsächlich? - Sie finden sich wieder in endlos großen Ställen, in denen das einzelne Tier in der Masse untergeht.

(Herr Schröder, CDU: Och, nö! - Zuruf von der CDU: Ja, ja, ja! - Herr Schröder, CDU: Wir kriegen keine Landwirte, weil die Ställe zu groß sind? - Unruhe bei der CDU)

Auch die gigantische Technik verliert ihren Reiz, wenn man die ersten hundert einsamen Stunden auf dem 200-PS-Traktor auf dem nicht enden wollenden Ackerschlag verbracht hat.

(Unruhe bei der CDU und bei der SPD)

Einigen Lehrlingen traut man sogar nur noch den Hochdruckreiniger zu; denn sie müssen Stunde um Stunde Ställe und Lager reinigen, und nichts anderes. So kommt es, dass oft Monotonie den Arbeitsalltag bestimmt. Die landwirtschaftliche Produktion, eigentlich ein Wirtschaften in Kreisläufen, mit Tieren, Boden und Natur, wird heute so in Produktionsschritte zerstückelt, dass der Gesamtprozess gar nicht mehr wahrgenommen werden kann. Die Realität erfüllt nicht die Erwartungen der jungen Menschen, denen ein ganz anderes Bild von Landwirtschaft vorgegaukelt wurde.

Auch das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass viele die Lehre abbrechen. Die grünen Berufe

sind einfach nicht so, wie sie derzeit verkauft werden.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Frau Take setzt an dieser Stelle auf mehr Aufklärung. Wir aber wollen, dass mehr sinnhafte und erfüllende Arbeit organisiert und angeboten wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Sicherlich ist das nicht der einzige Grund dafür, dass die Landwirtschaft wenig attraktiv ist. Frühes Aufstehen, wenig Freizeit und schlechte Bezahlung sind weitere Gründe dafür. An dieser Stelle sagen wir ganz klar: Wir müssen auch die Einnahmesituation verbessern; die Erzeugerpreise müssen steigen, damit die Leute auch ein auskömmliches Einkommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Rolle dabei spielt sicherlich auch die Gefahr, in den Wintermonaten arbeitslos zu sein und nicht zuletzt dann doch die falsche Wahrnehmung: Körperliche Arbeit ja, aber die Arbeit ist mitunter doch sehr schwer.

Ganz wesentlich ist zudem, dass die ländlichen Räume an sich wenig attraktiv sind und durch wenige Kulturangebote, lange Schulwege sowie eine schlechte ärztliche Versorgung geprägt sind.

Leider enthält der Antrag der Koalitionsfraktionen keinerlei Ansatzpunkte für entsprechende Lösungen. Der Antrag ist eigentlich ein Selbstbefassungsantrag für den Ausschuss; es wird lediglich eine Berichterstattung eingefordert. Der vorliegende Antrag enthält keine eigenen Ideen und Vorschläge. Er gibt keine Hinweise auf Strukturveränderungen; das fehlt völlig. Das möchten wir so nicht mittragen.

Nun möchte ich ein Positivbeispiel nennen.

(Herr Barthel, CDU: Ist es wahr? - Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Demeter im Norden bietet eine freie Ausbildung für den Bereich des biologisch-dynamischen Landbaus an. Diese Ausbildung ist so organisiert, dass mehrere Lehrlinge von verschiedenen Betrieben eine Gemeinschaft bilden. Sie treffen sich einmal im Monat für mehrere Tagen und lernen dann gemeinsam praxisnah.

(Herr Borgwardt, CDU: Länger gemeinsam lernen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Durch den Austausch über die Arbeiten werden Fachkenntnisse von verschiedenen und vielfältigen Betriebsstandorten vermittelt. Dieses Modell könnte Schule machen. Dadurch erhalten die Lehrlinge eine ganzheitliche Sicht auf die Landwirtschaft.

Frau Kollegin, würden Sie eine Anfrage beantworten?

Nein.

Am Ende der Rede?

(Zuruf von der CDU: Nein!)

- Gar nicht?

Am Ende der Rede, ja. Ich habe doch noch Zeit?

Nein.

Hier standen eben noch 15 Sekunden Redezeit.

Null.

Ja, jetzt sind es null.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Heiterkeit bei der CDU)

Wenn Sie die Frage beantworten, dann hätten Sie noch Redezeit.

(Herr Schröder, CDU: Das schafft Redezeit!)

Ich möchte die Frage gern beantworten.

Frau Kollegin möchte gern die Frage beantworten. - Bitte, Herr Daldrup.

(Herr Scheurell, CDU: Aber auch wirklich die Frage beantworten!)

Frau Frederking, ich finde es ein bisschen schade, dass Sie an dieser Stelle ein so negatives Bild zeichnen. Das kann ich nicht bestätigen.

Ich hatte ja keine Zeit für mehr.

Wenn Sie bei den Veranstaltungen in Haldensleben mit den Fachschülern dabei gewesen wären oder wenn Sie sich in den Betrieben mit den Jugendlichen unterhalten, die eine landwirtschaftlichen Ausbildung machen, dann ergibt sich aus meiner Sicht ein anderes Empfinden und ein ganz anderes Bild von dem landwirtschaftlichen Beruf, als Sie es hier geschildert haben.

Ich glaube, dass die jungen Leute, die einmal mit der Landwirtschaft in Berührung gekommen sind - das merke ich auch in meinem Betrieb, in dem Schüler ihr Praktikum absolvieren -, sehr begeistert davon sind, wie vielfältig landwirtschaftliche Tätigkeiten sind. Insofern ist das, was Sie vorgetragen haben, eigentlich nicht zielführend.

Meine Frage an Sie: Worin besteht aus Ihrer Sicht, abgesehen von Demeter - darüber kann man sich auch trefflich streiten, aber das ist nicht die Masse -, eine Möglichkeit, um das Berufsbild positiv darzustellen?

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist nicht das Ziel!)

Beispielsweise indem sich mehrere zusammenschließen, wie ich es dargestellt habe, um auf den unterschiedlichen Höfen gemeinsam zu erfahren, wie sich die Praxis darstellt.

Wir verzeichnen heutzutage eine starke Spezialisierung in der Landwirtschaft, wie es in anderen Bereichen auch der Fall ist. Aber der Landwirtschaft ist eigentlich eigen, dass sie geschlossene Betriebskreisläufe hat.

Haben wir doch.

Zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören neben dem Ackerbau auch Tiere. Die jungen Menschen sollten lernen, dass Tiere eben nicht nur Fleischmaschinen, Eiermaschinen oder Milchmaschinen sind. Vielmehr sollte vermittelt werden, dass die Tiere zu dem Organismus Landwirtschaft dazugehören; denn sie liefern zum Beispiel den Dünger für die Äcker.

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Wenn in diesen Kreisläufen gedacht wird und wenn das wieder wahrgenommen werden kann, wenn wir nicht mehr diese starke Spezialisierung und diese Konzentrierung haben, dann ist auch die Achtung vor den Tieren, aber auch die Achtung vor den Kulturpflanzen vorhanden.

(Herr Borgwardt, CDU: Können das die an- deren Lehrlinge nicht, oder was? - Zuruf von Frau Take, CDU)

Wenn diese Achtung vorhanden ist, dann würde niemand auf den Gedanken kommen, Pflanzen totzuspritzen, um einen früheren Erntezeitpunkt zu erreichen.

Ich denke, wir brauchen wieder mehr regionales Wirtschaften. Sie sprechen von der Wertschöpfung im ländlichen Raum; das sprechen Sie im ersten Punkt Ihres Antrages an. Auch wir sehen, dass durch die Landwirtschaft Wertschöpfung im ländlichen Raum erzeugt wird. Wir wollen, dass dies verstärkt durch regionales Wirtschaften erfolgt und dass mehr Verarbeitungsstrukturen vorhanden sind. Das trägt dann auch dazu bei, dass Ressourcen geschont werden und weniger Ressourcen verbraucht werden. Das ist wiederum gut für das Klima und auch für die internationale Gerechtigkeit; denn dann müssten wir nicht mehr die Böden und die Ressourcen in anderen Ländern nutzen.