Protokoll der Sitzung vom 10.06.2011

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es uns gelänge, jetzt ganz leise zu werden, dann könnten wir vielleicht die Künstler hören, die auf dem Domplatz für „Die Schöne und das Biest“ proben.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Herr Miesterfeldt, das höre ich schon den ganzen Tag da vorn! Das hat mit Schönheit nichts mehr zu tun! - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- Lieber Herr Kollege, ich gehöre auch zu den Geschädigten,

(Heiterkeit)

aber wenn wir noch leiser würden, dann könnten wir vielleicht einen der beiden Domkantoren hören, die für den sonntäglichen Pfingstgottesdienst üben. - Kunst allerorten.

„Kultur ist kein Ornament. Sie ist das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft steht...“ - Den Rest des Zitats hat der Kollege Gebhardt schon ausgeführt. Ich fand das mit dem Ornament sehr schön, dass sie eben nicht nur ein Ornament ist, sondern das Fundament. So war es im Bericht der Enquetekommission zu lesen.

Deutschland ist ein Land beispielloser kultureller Vielfalt. Diese vielfältige und lebendige Kultur prägt unsere Gesellschaft. Sachsen-Anhalt darf zu Recht sagen, dass es in diesem vielfältig kulturell geprägten Deutschland fast noch einen oben drauf setzen kann. Dazu könnte man sagen: Gehe man heute nur über den Domplatz oder setze man sich in das Büro von Herrn Gallert oder von mir, wobei man dort auch lernt, dass Wilhelm Busch Recht hatte: Wenn es mit Lärm verbunden ist, dann kann es schwierig werden.

Etwas, das mich ebenso beeindruckt wie diese übenden Musiker, ist, dass gegenwärtig sehr viele junge Menschen in das ganz aktive und berufliche Kulturleben drängen - trotz geringer Verdienstmöglichkeiten und trotz einer ungewissen Selbständigkeit, der sie entgegengehen. Ich denke, gerade dieses Verhalten versetzt uns auf der einen Seite in Hoffnung, bedeutet auf der anderen Seite aber auch eine gewisse Verpflichtung.

Der Rohstoff Kreativität war und ist für Deutschland ganz wichtig. Er ist für uns von einer herausragenden Bedeutung. Diese Kreativität gilt sowohl für Ingenieure als auch für Künstler. Und weil das so ist, müssen wir Menschen in die Lage versetzen, sich Kunst und Kultur anzueignen. Das gilt spätestens seit Friedrich Schiller.

Das führt dann sowohl zu einer breiten Bürgerkultur als auch zu einer erfolgreichen institutionalisierten Kultur. Das führt zu einer Kultur in der Breite und in der Spitze. Wer gestern Abend beim Empfang des Landessportbundes war, hat gelernt, dass Spitze nur aus Breite entsteht. Und das ist bekanntermaßen in der Kultur nicht anders als im Sport.

Letztlich, meine Damen und Herren, geht es um den Schutz unserer geistigen Lebensgrundlage in Sachsen-Anhalt, in Deutschland und in Europa.

Ich möchte aber trotzdem ein wenig vor einer Staatszieleuphorie oder - um einen anderen Begriff aufzugreifen - vor einer Aufblähung des Grundgesetzes warnen. Warum? - Auch heute schon schützt und fördert - das sind diese beiden Wörter, die in das Grundgesetz aufgenommen werden sollen - der Staat die Kultur, ohne dass es ein Staatsziel ist.

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)

Ob das Staatsziel Kultur ein Beitrag gegen kurzsichtige haushaltspolitische Ökonomisierungsbestrebungen sein kann - so steht es im Antrag der LINKEN -, das sei dahingestellt. Am Ende wird man Opernhäuser finanzieren müssen, wird man den Künstlern Gagen zahlen müssen und habe ich der Hobbymalerin für das Bild, das jetzt in meinem Büro hängt, auch einen entsprechenden Betrag zu entrichten.

Der größte und eigentliche Kulturfinanzierer in diesem Land ist letztlich der Bürger, und zwar in drei

facher Weise: als Marktteilnehmer, als Spender und als Steuerzahler. Trotz des Geldes gilt das schöne Wort, das auch in dem Bericht der Enquetekommission steht, von der Herzenssache Kultur.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Warum dieser Änderungsantrag? - Das hat der Kollege vor mir schon ausgeführt. Ich persönlich hätte mit dem Begriff „zeitnah“ keine Probleme. Was ist zeitnah angesichts der Ewigkeit? - Nichts. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Unruhe)

Herr Gebhardt, möchten Sie darauf noch etwas erwidern?

(Herr Gebhardt, DIE LINKE: Wenn Sie es übernehmen, dann wird es mit abgestimmt! Wenn Sie es nicht übernehmen, wird es nicht mit abgestimmt!)

Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 6/78 und 6/102 ein.

(Herr Gebhardt, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

- Ja, bitte, Herr Gebhardt.

Frau Präsidentin, ich habe die Bemerkung des Kollegen Miesterfeldt so verstanden, dass sie als Fraktion kein Problem damit hätten, den Begriff „zeitnah“ zu übernehmen, sodass wir diesem Änderungsantrag zustimmen könnten.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Bis auf die persönliche Meinung von Herrn Miesterfeldt habe ich von den Koalitionären kein Signal erhalten, dass sie es so wollen.

(Herr Erben, SPD: Es bleibt so!)

Ich würde der Sicherheit halber nachfragen. In dem Änderungsantrag heißt es: „in dieser Legislaturperiode“; statt dieser Passage soll nun das Wort „zeitnah“ aufgenommen werden.

(Herr Erben, SPD: Nein! Es bleibt so!)

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Mehrheit der Mitglieder der Koalitionsfraktionen. Damit ist das abgelehnt worden und der Änderungsantrag bleibt in unveränderter Fassung bestehen.

Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag in der Drs. 6/102 ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Mehrheit der Mitglieder der Koalitionsfraktionen.

Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und einige Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist der Rest der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 6/78 in der soeben geänderten Fassung ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist das gesamte Haus. Damit ist der Antrag so angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 15.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Glücksspiel beschränken, Spielsucht bekämpfen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/87

Einbringer ist Herr Erben. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, aus einem Artikel der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 15. April 2011 zu zitieren:

„‘Am Ende kannst Du nur verlieren‘. Fred W. (Name geändert) muss es wissen. Jahrelang hat er Zehntausende Euro in Spielautomaten gesteckt. Am Anfang hat er auch mal gewonnen, 400 € oder 600 €, er weiß es nicht mehr genau. Er wollte mehr. Und jagte schließlich doch nur seinen Verlusten hinterher. Er spielte, um sein Minus auszugleichen. Und verlor erneut. Irgendwann kam seine Frau ihm auf die Schliche. Er machte eine Therapie. Fred W. war spielsüchtig.“

Laut Expertenaussagen sind 10 000 Menschen in Sachsen-Anhalt spielsüchtig. 80 % der Spielsüchtigen sind danach vom Automatenspiel abhängig. Während es in den Spielbanken Ausweiskontrollen oder die Möglichkeit gibt, Spieler zu sperren, sind Spielhallen in dieser Hinsicht kaum überwacht. Zudem gilt das Spielen an Spielautomaten nicht als Glücksspiel, sondern als Unterhaltung.

Das kann nicht so bleiben. Deshalb wäre es aus unserer Sicht angemessen gewesen, die gewerblichen Spielhallen im Rahmen der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags vollumfänglich einzubeziehen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Das wird voraussichtlich nur rudimentär erfolgen. Doch die Spielhallen dürfen bei der Neuregelung

des Glücksspielrechts nicht außen vor gelassen werden; denn es geht vor allem um die Spielsuchtbekämpfung.

Seit 2006 arbeiten sich die Bundesländer und auch die kommunalen Behörden an den Lottogesellschaften, den legalen und illegalen Sportwettenanbietern oder auch den Spielbanken ordnungsrechtlich ab.

Die gewerblichen Spielhallen mit einem viel höheren Suchtpotenzial tummeln sich unter dem Label der Unterhaltungsspiele jedoch im ordnungsrechtlich liberalisierten Raum. Ihnen wurden im Jahr 2006 sogar noch Beschränkungen auf Bundesebene abgenommen; denn die Spieleverordnung wurde im Jahr 2006 weitgehend gelockert. So können nun auf der gleichen Fläche mehr Automaten aufgestellt werden und es kann in der gleichen Zeit deutlich mehr Geld gewonnen, aber vor allem auch deutlich mehr Geld verloren werden. Das war ein auf Bundesebene eingeschlagener Irrweg, der verlassen werden muss.

Der Europäische Gerichtshof hat in drei Entscheidungen zum deutschen Glücksspielmonopol festgestellt, dass das System, das es hier gibt, so nicht bleiben kann, wenn wir das Lottomonopol aufrechterhalten wollen.

Wir können nicht auf der einen Seite mit der Begründung der Suchtbekämpfung ein staatliches Lottomonopol aufrechterhalten, auf der anderen Seite aber ein System in unserem Land haben - nämlich im Bereich des gewerblichen Glücksspiels, also der Automatenwirtschaft -, das davon in puncto Suchtbekämpfung überhaupt nicht erfasst ist.

Deswegen bedarf es der Änderung. Das ist auch einer der Punkte, die im Zusammenhang mit der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags sehr intensiv besprochen wurden.

Die SPD-Fraktion - das will ich für meine Fraktion sagen - hätte sich gewünscht, dass dieser Widerspruch im Bereich der Suchtbekämpfung bereits mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag insgesamt aufgelöst wird.