Protokoll der Sitzung vom 17.10.2013

In der Folge wird der Landtag häufig größer als die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von 91 Sitzen. In dieser Legislaturperiode sitzen 14 Abgeordnete zusätzlich im Parlament. Es ist diese zusätzliche Zahl von Abgeordneten, an der sich Kritik an einem vermeintlich übergroßen Parlament besonders gut festmachen lässt.

Der Gesetzgeber hat aus unserer Sicht klug entschieden, als er die Zahl von 91 Abgeordneten als Zielgröße festgelegt hat. Wir sehen es deshalb als Aufgabe der Parlamentsreform, die Zahl der Landtagsabgeordneten effektiv auf dieses Niveau zu reduzieren.

Dazu muss das Entstehen von Überhangmandaten wirksam verhindert werden. Es reicht also nicht aus, die Zahl der Wahlkreise in ferner Zukunft ein wenig zu reduzieren. Wir brauchen rechtssichere Veränderungen, die bereits zur nächsten Landtagswahl einen durch Überhang- und Ausgleichsmandate aufgeblähten Landtag verhindern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Bündnisgrüne wollen wir grundsätzlich neu über Wahlen und Mitbebestimmung aller Einwohnerinnen und Einwohner des Landes SachsenAnhalt nachdenken. Wir streiten für ein gerechteres und partizipativeres Wahlrecht, das fair ist und mehr Menschen die Wahl ermöglicht. Die Wählerinnen und Wähler sollen bei der Zusammensetzung des Parlamentes mehr Rechte auf Mitbestimmung erhalten.

Konkret wollen wir insbesondere schon jungen Menschen ab 14 Jahren sowie Migrantinnen und Migranten das Wahlrecht zugestehen. Ein nach bündnisgrünen Vorstellungen weiterentwickeltes Wahlrecht gäbe Bürgerinnen und Bürgern mehr direkte Mitbestimmungsmöglichkeiten über die Zusammensetzung des Parlaments.

Wählerinnen und Wähler sollten analog zum Kommunalwahlrecht unmittelbarer darüber entscheiden können, wer auf einer Liste ins Parlament einzieht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir werben nach zwei Jahrzehnten praktischer Erfahrung mit dem derzeitigen Wahlrecht dafür, eine offene Debatte über dessen Veränderungsbedarf zu beginnen.

Die Debatten zum Wahlrecht sind in der Kommission kurzfristig zu führen. Denn bereits im Sommer 2014 müssen wir in das gesetzgeberische Verfahren für etwaige Veränderungen einsteigen. Sie sind bis zum Ende des Jahres 2014 abzuschließen.

Das ist ein ambitioniertes Ziel. Ich freue mich, dass wir uns heute per Beschluss selbst binden wollen, bis zum Juli 2014 einen Bericht vorzulegen, der diese Aspekte beleuchtet und uns eine anschließende Entscheidung ermöglicht.

Ob weniger Abgeordnete in einem kleineren Landtag tatsächlich weniger Steuergelder kosten, da bin ich unsicher. Ich wünsche mir für ein Land mit einer älter werdenden Bevölkerung auch weiterhin Ansprechpartner in direkter Erreichbarkeit für alle Bürgerinnen und Bürger, und zwar unabhängig davon, ob diese im ländlichen Raum oder in Städten wohnen.

Das heißt, eine Konsequenz der Absenkung der Zahl der Mandatsträger könnte sein, die Zahl der Wahlkreisbüros je Abgeordneten anzupassen. Wenn Wahlkreisbüros als Orte lokaler Demokratie wirken und den unmittelbaren Zugang zum politischen System für alle Bürgerinnen und Bürger in die Landespolitik ermöglichen sollen, dann müssen sie für die Bürgerinnen und Bürgerinnen begehbar, erreichbar und in direkter Umgebung zu finden sein.

Wir sollten uns in der Kommission auch darüber verständigen, welche Maßstäbe wir gelten lassen wollen und ob in einem Land mit einer schrumpfenden Bevölkerung quasi vollautomatisch auch

die demokratischen Institutionen schrumpfen sollten. Die parlamentarische Demokratie und ihre Institutionen sind ein Erfolgsmodell. Sie werden erfolgreich bleiben. Dafür bedarf es der behutsamen Veränderung und Weiterentwicklung.

Ich bin froh, dass wir zur Mitte der sechsten Legislaturperiode zu der gemeinsamen Einschätzung gekommen sind, dass die vor uns liegende Parlamentsreform einen konkreten Ort der Diskussion und die Hinzuziehung externen Sachverstands erfordert. Ich freue mich, dass wir eine Unterkommission des Ältestenrates einsetzen. Wir wollen diese schnellstmöglich arbeitsfähig machen; denn der einzuhaltende Zeitplan ist ambitioniert.

Ich freue mich auf die Debatten und hoffe, dass wir damit einen Beitrag leisten, den Landtag zukunftsfest zu machen und mehr Transparenz, Teilhabe, demokratische Mitbestimmung für alle Bürgerinnen und Bürger, ja sogar für alle Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes zu ermöglichen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. - Meine Damen und Herren! Wir haben damit die Debatte abgeschlossen.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/2498. Überweisungsanträge gab es keine. Deswegen stimmen wir über den Antrag als solchen ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen des Hauses. Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Dann ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Wollen wir, wie geplant, die Sitzung um 14.15 Uhr fortsetzen? - Ich sehe weitgehend Kopfnicken. Dann bitte ich Sie, um 14.15 Uhr wieder hier zu erscheinen. Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 13.03 Uhr.

Wiederbeginn: 14.16 Uhr.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Bündelung von Direktwahlen und zur Fortentwicklung des Kommunalwahlrechts

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2396

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/2474

Die erste Beratung fand in der 50. Sitzung des Landtages am 12. September 2013 statt. Berichterstatter des Ausschusses für Inneres und Sport ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf in der 50. Sitzung am 12. September 2013 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Mit der vorgesehenen Erweiterung des Wahlkorridors, der nunmehr eine Wahl frühestens sechs Monate und spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit bestimmt, wird der gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 des Kommunalwahlgesetzes zuständigen Vertretung ein größerer Spielraum eröffnet, den Wahltag festzusetzen.

Damit wird den Kommunen vor Ort die Option eröffnet, aus Gründen der Kostenersparnis und zur Erhöhung der Wahlbeteiligung künftig verschiedene Wahlen in einer Kommune gegebenenfalls häufiger zusammenlegen zu können.

Sie alle wissen, dass auf den 25. Mai 2014 der Termin für die allgemeinen Kommunalwahlen bestimmt worden ist. Nach der jetzigen Regelung soll es möglich sein, dass die Landräte, die ansonsten hätten gesondert gewählt werden müssen, ebenfalls an diesem Tag gewählt werden können.

Das zweite Anliegen des Gesetzentwurfes verfolgt das Ziel, sogenannte Scheinkandidaturen derjenigen zu verhindern, die auf die Idee kommen sollten, neben der Kandidatur für die Vertretung auch für ein kommunales Hauptamt zu kandidieren. Sie müssen künftig zuvor eine Erklärung abgeben, ob sie nach der Wahl das Mandat oder das Amt ausüben wollen.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in seiner Sitzung am 26. September 2013 mit diesem Gesetzentwurf. Als Beratungsgrundlage lag dem Ausschuss eine Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor, in der den Bestimmungen des Gesetzesentwurfes die Änderungsempfehlungen des GBD gegenübergestellt worden sind.

Der Ausschuss beschloss im Ergebnis seiner Beratungen mit 8 : 0 : 4 Stimmen die Regelung in Artikel 3 Nr. 1 - das ist jene zur Vermeidung von Scheinkandidaturen - in der Fassung des Gesetz

entwurfs. Die zu dieser Vorschrift vom GBD vorgeschlagenen rechtsförmlichen Änderungen wurden übernommen. Die restlichen Bestimmungen und die Gesetzesüberschrift wurden einstimmig in der vom GBD vorgeschlagenen Fassung angenommen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass der Ausschuss für Inneres und Sport in seiner Beratung den Minister gebeten hat, die betroffenen Kommunen entsprechend zu informieren, damit kein Wahlleiter vorzeitig eine Entscheidung trifft und die Wahlen tatsächlich nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen stattfinden können.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport um die Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Dr. Brachmann. - Die Landesregierung verzichtet auf eine Rede. Wir treten in die vereinbarte Dreiminutendebatte ein. Als erster Redner spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Grünert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Grundlage des Antrages der Fraktion die LINKE in der Drs. 6/2242 wurde dem von allen Fraktionen getragenen Gesetzentwurf in der Drs. 6/2474 gefolgt und wurde die angeregte Bündelung der Wahlen, der anstehenden Kommunal- und der Europawahlen sowie der Wahl der Landräte und Bürgermeister, ermöglicht. Daher ist über den Antrag meiner Fraktion, die Drs. 6/2242, am morgigen Tag im vereinfachten Verfahren abzustimmen.

Werte Damen und Herren! Mit der Beschlussfassung und der damit verbundenen unmittelbaren Inkraftsetzung des Gesetzes ist folglich der rechtliche Rahmen dafür gegeben, das von uns gewollte Ziel umzusetzen.

Ich will nochmals zwei Voraussetzungen erwähnen, um dieses Prozedere zu erläutern. Zum einen hat der Beschluss durch die zuständige Vertretung spätestens einen Monat vor dem Ablauf der Amtszeit zu erfolgen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntmachung des Wahlleiters gemäß § 6 des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt spätestens zwei Monate vor dem Wahltermin noch nicht erfolgt ist.

Namens meiner Fraktion möchte ich mich beim Innenministerium dafür bedanken, dass die betroffenen Kommunen mittels eines Briefes - Herr Dr. Brachmann führte es gerade aus - auf den so

eben genannten Aspekt hingewiesen werden sollen, damit kein Wahlleiter vorzeitig eine Entscheidung treffe. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grünert. - Für die CDU spricht jetzt der Kollege Kolze. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen dieses Hohen Hauses haben an einem Strang gezogen - und das auch noch in dieselbe Richtung - und haben es damit ermöglicht, dass in sieben Landkreisen und in der betreffenden kreisfreien Stadt auch die Hauptverwaltungsbeamten im nächsten Jahr am 25. Mai gewählt werden können. Ich denke, das war eine richtige und wichtige Entscheidung. Es wird auch dazu führen - davon sind wir in der CDU-Fraktion überzeugt -, dass wir eine entsprechend hohe Wahlbeteiligung werden verzeichnen können.

Darüber hinaus haben wir uns auch dem Thema der sogenannten Scheinkandidaturen gewidmet und haben uns hier einer Regelung MecklenburgVorpommerns angenähert oder haben sie übernommen - wie man es sehen möchte -, indem wir eine verbindliche Erklärung des Kandidaten oder der Kandidatin abfordern werden, der oder die sich dort zu erklären hat, ob er oder sie zukünftig als Gemeinderätin oder Gemeinderat oder als Hauptverwaltungsbeamtin oder Hauptverwaltungsbeamter arbeiten möchte.