Generell bieten die Themen und Inhalte des Landestourismus eine gute Basis für den Tourismus auch unter den Bedingungen des demografischen Wandels. Eine weitere Voraussetzung für den Erfolg ist, dass man die Bedürfnisse der Kunden kennt. Dazu ist es auch erforderlich, in den nächsten Jahren Marktforschungen und Gästebefragungen weiter zu differenzieren und entsprechend auszuwerten.
Die Angebotsentwicklung muss allerdings vom Markt her erfolgen. Hierbei sind die Leistungsträger gefordert, die ihre Angebote auch auf das sich verändernde Reiseverhalten und auf Erwartungen in puncto Barrierefreiheit, Preisbewusstsein, Komfort und Qualität ausrichten müssen.
Aus den Untersuchungen der Hochschule Harz wird deutlich, dass sich die Gastgeber im Hinblick auf die Nachfrage schon sehr stark bewegt haben. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des schon heute sehr hohen Durchschnittsalters unserer Gäste kein Wunder.
Schwieriger sind die notwendigen Maßnahmen der Betriebe zur Sicherung der Fachkräfte. Gerade zu diesem Thema läuft derzeit eine Arbeitsmarkt- und Fachkräfteanalyse „Tourismus für das Gastgewerbe“, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. Tourismusfachlich wird diese Studie übrigens vom Landestourismusverband Sachsen und dem Landestourismusverband Sachsen-Anhalt als Kooperationspartner gesteuert.
Gegenstand der Untersuchungen ist die Analyse des touristischen Arbeitsmarktes und der Fachkräftesituation in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Bayern sowie die Ableitung von Schlussfolgerungen für beteiligte Länder und den Bund. Darauf aufbauend sollen konkrete Handlungsansätze für eine positive Entwicklung herausgearbeitet werden.
Das Vorhaben läuft noch bis zum Mai 2014, ist also alsbald abgeschlossen. Wir erhoffen uns aus dieser Untersuchung nochmals Hinweise für die Wirtschaft und für die Politik zum Thema Fachkräftesicherung.
Der vorliegende Antrag bietet also eine gute Möglichkeit, im Wirtschaftsausschuss des Landtages über die Ausrichtung im Masterplan Tourismus und über die Aspekte der Fachkräftesicherung zu beraten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Als erster Debattenredner spricht Herr Czeke für die LINKE.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bekanntermaßen ist der Tourismus für uns in Sachsen-Anhalt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sodass wir natürlich auch gehalten sind, über die Entwicklung in diesem Bereich immer auf dem Laufenden zu sein. Daher begrüßen wir den Antrag, in Bezug auf die Entwicklung des Tourismus Informationen zu erhalten.
Es hätte natürlich auch anders laufen können. Aber ich will der Antragstellerin zugute halten: Im Rahmen einer Selbstbefassung erreicht man keinen Beschluss. Das ist auch im Hohen Haus wichtig. Deshalb sage ich: Es war Ihre Entscheidung.
Zurück zum Wirtschaftsfaktor Tourismus. Zwischen 1991 und 2010 hat das Land den Tourismus immerhin mit 840 Millionen € gefördert und damit Investitionen von 1,7 Milliarden € ausgelöst. 4 % des Bruttoinlandsprodukts des Landes werden in diesem Bereich erwirtschaftet. 65 000 direkte Beschäftigungsverhältnisse werden dadurch gehalten. Aber wie ist die aktuelle Situation? - Sie muss hinterfragt werden. Das ist richtig.
Wir sind uns sicherlich darin einig: In vieler Hinsicht gibt es gerade in dieser Branche eine Reihe von Schnittstellen zwischen wirtschaftlichem Kalkül und sozialen Aspekten. Sie sprachen eben die umfassende Barrierefreiheit an. Leider ist sie bauaufsichtlich nicht eingeführt worden. Das ist ein schwerer Mangel.
Ältere Menschen sind zwingend auf die Nutzung des ÖPNV angewiesen. Ich verweise auch darauf, dass die Einnahmensituation so ist, dass der eine oder die andere aus der älteren Generation keinen privaten Pkw mehr unterhalten kann, den ÖPNV also zwingend nutzen muss. Die Ausdünnung des Netzes ist vor diesem Hintergrund alles andere als ein positives Kriterium. Es ist schon jetzt erkennbar, auch aufgrund der Erfahrungen, dass immer mehr Senioren im Inland touristische Angebote nutzen werden.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Damit sind wir schon bei einer ganz anderen Betrachtungsweise der von Ihnen beantragten Problematik. Sie sind aus meiner Sicht an Ihre Aufgabenstellung ausschließlich von der Angebotsseite herangegangen, haben also die Probleme aus der Sicht der Tourismus- und Freizeitwirtschaft betrachtet. Ich habe versucht, im ersten Teil darauf schon einzugehen.
Wir haben aber auch einen zweiten Blickwinkel, nämlich den der Nachfrage. Eben ist der längst überfällige Masterplan, der ab 2014 gelten soll, angesprochen worden. Er steckt in der Pipeline. Vielleicht ist in der Pipeline aber auch ein wenig Stau. Es wäre schön, wenn wir im Ausschuss dar
Auf alle Fälle sollten wir uns bei unseren Überlegungen - egal, wohin sie gehen - nicht verrennen und denken, wir müssten mit solchen Standorten wie Sankt Moritz oder Arosa in der Schweiz mithalten. Die eine oder andere Planet-Harz-Geschichte lässt grüßen.
Wir haben den Harz. Wir haben das Saale-UnstrutGebiet. Wir haben die Altmark, auch wenn Kollege Bergmann noch immer nicht da ist. Ja, das ist nicht irgendetwas auf der grünen Wiese, sondern da ist wirklich Zukunft drin. Wir haben Einrichtungen in Arendsee oder Güntersberge; das KiEZ ist schon genannt worden.
Die Schwierigkeit ist, dass mit Stand vom Anfang 2012 in der Bundesrepublik mehr als 1,3 Millionen Erwerbstätige zusätzlich zu ihrem Einkommen Arbeitslosengeld II beziehen mussten, also sogenannte Aufstocker sind. Diese Zahl hat sich in den letzten fünf Jahren um dramatische 26 % erhöht. Das bedeutet: Auch diesbezüglich muss in der Branche ein Umdenken erfolgen.
Man muss sich schon sehr dumm stellen, wenn man nicht bemerkt, dass Privatisierung und Zunahme von nicht existenzsichernder Arbeit in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Fragen Sie doch Kinder von Betroffenen, die aufstocken müssen, was wir ihnen zumuten, wenn sie eben nicht in den Urlaub fahren können oder von ihren Ferienerlebnissen in den letzten Jahren in ihren Klassen berichten können oder nicht darüber sprechen können, welche Urlaubsträume sie für das Jahr 2014 haben.
Ja, Schullandheime sind ein gutes Angebot in Sachsen-Anhalt. Sie müssen auch tatsächlich weiter genutzt werden. Viele kleine Vereine und sehr engagierte Verbände haben kinder- und familienfreundliche Einrichtungen. Ihnen ist es zu verdanken, dass auch Kinder von Eltern aus prekären Arbeitsverhältnissen oder von Hartz-IV-Empfängerinnen in ihren Aufsätzen über ihre schönsten Ferienerlebnisse berichten können.
Ich möchte sagen: Denken wir bitte, wenn es um Tourismus geht, nicht immer nur an die Reise b r a n c h e , an das Gast g e w e r b e oder die Freizeit w i r t s c h a f t. Es stehen auch immer Menschen dahinter und Menschen nutzen die Angebote. Denken wir an jene, die gern reisen möchten und nicht können. In der Erhöhung ihres Einkommens sowie in der Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage liegt der Schlüssel für die Entwicklung des Tourismus in unserem Land. Das gilt auch im Hinblick auf den demografischen Wandel.
Ich hoffe, Frau Kollegin Hampel, dass ich Sie nur missverstanden habe. Aber es ist schon eine spannende Theorie Ihrerseits, wenn Sie den de
mografischen Wandel als unumkehrbaren Prozess darstellen. Das ist aus meiner Sicht eine Kapitulation. Ich denke, das haben Sie auch nicht so gemeint.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf eine sehr fruchtbringende Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, der Tourismus in unserem Land hat sich in den zurückliegenden Jahren sehr gut entwickelt. Es gibt einige, die meinen sogar: Der Tourismus in Sachsen-Anhalt ist eine Erfolgsgeschichte. Dem stimme ich zu, merke jedoch gleichzeitig an, dass das nicht immer so war.
Unser großes touristisches Ziel, die magische Marke von sieben Millionen Gästeübernachtungen zu erreichen, haben wir geschafft, auch wenn wir wissen, dass es durch Naturereignisse in diesem Jahr etwas schwierig, wenn nicht fast unmöglich wird, diese Zahl zu überschreiten oder zu toppen.
Die vielen Investitionen zahlen sich aus. Gleichwohl muss festgestellt werden, dass wir im Vergleich zu anderen Bundesländern, was die absoluten Zahlen anbelangt, bei den Übernachtungen auf einem nicht ganz so hohen Niveau stehen.
Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie einmal auf die Zahlen zur Jahrtausendwende bei uns in Sachsen-Anhalt zurückschauen, dann werden Sie feststellen, dass wir damals ungefähr die Hälfte der heutigen Übernachtungen gezählt haben. Daher ist die Entwicklung sehr hoffnungsvoll. Aber sie bietet eben auch noch genügend Potenzial für die Fortentwicklung touristischer Unternehmen.
Unser politisches Ziel muss es daher auch sein, den Wirtschaftszweig und, wie richtig angesprochen, den Wirtschaftsfaktor Tourismus weiterzuentwickeln. Wir tun dies vor dem Hintergrund rückläufiger Haushaltsvolumina. Nicht nur im Land, sondern auch in den Kommunen ist die finanzielle Situation angespannt.
Wir tun dies auch vor dem Hintergrund einer rückläufigen Bevölkerung, die auf der einen Seite immer älter wird und auf der anderen Seite eben auch zahlenmäßig immer weniger; auch das ist gesagt worden.
Dieser Spagat, meine Damen und Herren, ist ein Problem, auf das man leichter hinweisen kann, als die Praxis eine Lösung präsentiert. Nun kann man sagen: „Na ja, okay, wenn in Sachsen-Anhalt ein
paar Leute weniger wohnen, ist das nicht so schlimm, die Touristen sollen ja von außerhalb kommen und die Hotels bevölkern.“ Aber das nur die halbe Wahrheit. Der Minister erwähnte bereits, dass viele unserer Gäste aus dem Inland, also aus dem Bereich Sachsen-Anhalts kommen, aus der Altmark in den Harz fahren, aus Anhalt in die Region Saale-Unstrut und umgekehrt.
Wenn wir weniger werden, hat diese Entwicklung weitreichende Folgen, nicht nur auf Ausgestaltung und Qualität der Angebote, auch auf die Quantität in Form der Übernachtungszahlen. Die größten Folgen sind aber für uns feststellbar im Bereich des Fachkräftenachwuchses, der sich in der Regel aus ortsansässigen Kräften rekrutiert. Wir stellen schon heute im Gaststättengewerbe beispielsweise einen massiven Rückgang des Interesses an klassischen Ausbildungsberufen - es ist erwähnt worden: Köche, Servicekräfte - fest.
Damit beginnt, wie ich finde, die künftige Quadratur des Kreises. Wir wollen weiteres Wachstum, das wir nur über eine hohe Qualität der Angebote generieren können. Aber gleichzeitig haben wir das Personal nicht mehr, das zur Umsetzung der qualitativen Angebote nötig ist.
Wenn wir wissen, dass zukünftig mehr ältere Leute verreisen - hierzu habe ich auch noch das Stichwort „neue Familie“, also die Großeltern, die mit den Enkelkindern verreisen, einzubringen -, dann brauchen wir unter Umständen sogar mehr Personal als heute, weil wir uns stärker auf die Gewohnheiten älterer Touristen einstellen, aber eben gleichzeitig die jüngeren Gäste verwöhnen und damit an den Standort binden müssen.
Diesen Widerspruch aufzulösen ist die große Herausforderung aller touristischen und politischen Akteure in den nächsten Jahren, meine Damen und Herren. Uns als Koalitionsfraktionen ist es wichtig, auf diese Probleme rechtzeitig aufmerksam zu machen. Der Tourismus beschäftigt in unserem Land viele Menschen, mehr als in anderen Bereichen. Er ist eine wichtige Einnahmequelle in strukturschwachen Regionen. Er hilft in strukturschwachen Regionen sogar, Infrastrukturangebote und andere Angebote zu erhalten.
Ehrlich und offen müssen wir darüber diskutieren. Das heißt für mich, dass wir in den nächsten zehn Jahren möglicherweise keine so signifikanten Steigerungen bei den Übernachtungszahlen mehr erwarten können, wenn wir das Fachkräfteproblem nicht lösen. Momentan ist es schon teilweise beängstigend, wie viele Hotels und Gaststätten Nachfolgeprobleme haben. Daher haben wir als Koalitionsfraktionen auch konkret die Frage nach Handlungsfeldern und Maßnahmepaketen gestellt.
Wir werden im Ausschuss auch darüber reden, was zu tun ist, um die Attraktivität des Berufes, die Attraktivität der Regionen zu erhöhen, um auch
den Kampf gegen gesellschaftliches Desinteresse an langen Arbeitszeiten, Wochenend- und Schichtarbeiten aufzunehmen. All das steht bei diesem Tagesordnungspunkt auf unserer Agenda.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf eine konstruktive Ausschussberatung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Kollege Zimmer. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Meister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die antragstellenden Fraktionen wollen von der Landesregierung Informationen über die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Tourismus in Sachsen-Anhalt. Dieser durchaus berechtigte Wissensdurst wurde in die Form eines Antrags gegossen, sodass wir nun in diesem Hohen Hause - selten war die Bezeichnung so passend wie heute - merkwürdigerweise über die Sinnhaftigkeit dieser Frage zu entscheiden haben.
Ein erfreulicher Aspekt des Antrags ist es, dass wir nochmals - dieses Mal mit dem Fokus auf den Tourismus - die Frage des demografischen Wandels diskutieren können. Sachsen-Anhalt ist in besonderer Weise von dem Wandel betroffen. In den vergangenen zehn Jahren haben wir 10 % unserer Einwohner verloren - mit entsprechend negativen Auswirkungen auf unsere Leistungsfähigkeit; eine Entwicklung, die anhält.
Vorhin war von mehreren Rednerinnen und Rednern die Auffassung zu hören: Na ja, so schlimm wird es nicht. - Es wurde zum Teil die rosarote Brille herausgeholt. Man muss sich einmal die Zahlen vor Augen halten. Die 2,1 Millionen, die der Herr Minister Webel angegeben hat, entsprechen immer noch einem Minus von 8 %. Die weitere Zahl, die er nannte - die 1,9 Millionen, die auch als Einwohnerzahl 2025 infrage kommen -, bedeutet ein Minus von 16 %. Minister Möllring nannte eben ein Minus von 20 %, indem er von einem Verlust von einem Fünftel ausging. Das sind wirklich sehr ernste Zahlen. Das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss es tatsächlich gestalten. Aber die rosarote Brille ist fehl am Platz.
Die Entwicklung betrifft unsere Landesteile in unterschiedlicher Weise. Während die Großstädte ihre Einwohnerzahlen halten können, sind die ländlichen Bereiche umso härter betroffen - eine Entwicklung, der landesseitig bisher praktisch nicht begegnet wird und die zum Beispiel mit den umfangreichen Schulschließungen, die wir auf dem