Protokoll der Sitzung vom 07.07.2011

Herr Robra, ein Lapsus ist mir unterlaufen; dafür bitte ich um Entschuldigung. Sie sprachen die gemeinsame Verantwortung - das finde ich sehr gut - und die Veranstaltung in Berlin an. Dort ist gesagt worden, dass europapolitische Themen im Bundesrat und in der Vertretung in Brüssel behandelt würden. Angesichts des Umstandes, dass in der Landesvertretung in Berlin Themen für den Bundesrat aufgearbeitet werden, würden dort indirekt auch europapolitische Themen behandelt, und das können wir beeinflussen. Dieses Missverständnis wollte ich ausräumen.

Wenn die Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Berlin ganz hervorragend funktioniert - das finden wir sehr gut -, dann wollen wir nur noch die Verbesserung in der Zusammenarbeit mit dem Landtag erreichen. Weil sich - Sie sprachen es an - in Europa tagtäglich vieles ändern kann, haben wir nicht beantragt, ein starres System in einer Vorschau einzuführen, die wirklich niemand leisten kann: Was passiert im Monat zwölf nach dem Bericht? - Es ist eher - nach dem hessischen Beispiel - unser Ziel, so etwas für jede Sitzung zu erreichen.

Herr Tögel, wenn Europa - das ist für mich nicht infrage zu stellen - diese Bedeutung hat, dann kann es nicht an den mangelnden personellen Ressourcen, die wirklich sehr überschaubar sind, scheitern. Wenn es so wäre, dass wir alle auf einer Wellenlänge sind, dann verstehen wir den Änderungsantrag nicht, der letztlich nur die Reihenfolge unseres Antrages ändert.

Herr Geisthardt - das kann ich mir zum Schluss nicht verkneifen -, nicht einmal mir als gelerntem Landwirt wäre herausgerutscht: Wir fummeln an der Verfassung herum. Das hat die Verfassung nicht verdient; denn sie ist sehr gut. Allerdings stellen wir fest, dass es keinen Bindungszwang gibt. Die Fälle, in denen sich die Landesregierung in europapolitischen Fragen an einen Beschluss des Landtages binden muss, sind, so denke ich, in einer Legislaturperiode an einer Hand abzuzählen, sodass dies möglich ist. In Bayern ist dies im Informationsgesetz verankert.

Angesichts des Umstandes, dass Sie, Herr Geisthardt, Ihre Tätigkeit in der Kommission in der ersten Legislaturperiode angesprochen haben - das sage ich abschließend -, möchte ich sagen: Wenn Sie mit Blick auf dieses Thema nicht so hohe Ansprüche haben, dann mag Ihnen das, was die Verfassung diesbezüglich derzeit bietet, reichen. Uns reicht es nicht, und deswegen haben wir eine Änderung der Verfassung angemahnt, nicht um an ihr

herumzudoktern - ich formuliere es vorsichtiger -, sondern um sie im europapolitischen Sinne positiv zu beeinflussen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Tögel. Möchten Sie sie beantworten?

Wenn ich kann.

Herr Czeke, sind Sie bereit zu akzeptieren, dass es einen Unterschied gibt, wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, dass die Landesregierung an Voten des Landtags gebunden wird, und wir schreiben, wir möchten das in Zusammenarbeit mit der Landesregierung prüfen? Wenn Sie schreiben, die Landesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, dann ist das etwas anderes als ein Prüfauftrag.

Wir haben nichts Grundsätzliches gegen diese Anliegen; das hatten wir noch nie. Die Frage ist tatsächlich: Was können wir uns leisten? Diesbezüglich stellt sich auch die Frage: Wie können wir uns gegenüber unseren Kollegen durchsetzen, die mit Blick auf die personellen Ressourcen andere Baustellen haben?

Ich folge Ihnen gern, wobei ich aufgrund der hier erlangten Erfahrung immer davon ausgehe: Diese Prüfung führt uns an das Ende der Legislaturperiode; das war es dann aber auch.

Ich möchte erwähnen, dass wir im Jahr 2007 unter Punkt 1 beantragt haben, die Mitgliedschaft des Landtages im Subsidiaritätsnetzwerk des Ausschusses der Regionen anzustreben. Das wäre durchaus in Ihrem Interesse. Ihr Änderungsantrag lautete unter Punkt 3: Die Mitarbeit im Subsidiaritätsnetzwerk des Ausschusses der Regionen, AdR, wird angestrebt.

Wir wissen, wie weit wir an dieser Stelle gekommen sind. Ich gehe natürlich mit, wenn dem eine Prüfung vorausgehen soll. Wenn sie dann nicht wieder fünf Jahre dauert - bitte!

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr. - Damit treten wir in das Abstimmungsverfahren ein. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden; deshalb stimmen wir über den Antrag als solchen ab.

Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag in der Drs. 6/194 ab. Wer stimmt diesem Antrag

zu? - Das ist das ganze Haus. Somit ist der Änderungsantrag angenommen worden.

Dann stimmen wir über den Antrag in der Drs. 6/162 in der soeben geänderten Fassung ab. Wer stimmt dem zu? - Es ist keine Überraschung: Es ist das ganze Haus. Damit ist der Antrag angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe vereinbarungsgemäß den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Beratung

Ausstieg aus der Atomenergienutzung beschleunigen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/28

Änderungsantrag Fraktion GRÜNE - Drs. 6/54

Beschlussempfehlung Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft - Drs. 6/161

Die erste Beratung fand in der 3. Sitzung des Landtages am 13. Mai 2011 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Tögel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits gesagt, fand die erste Beratung in diesem Hohen Hause am 13. Mai 2011 statt. Die Anträge wurden an den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft überwiesen.

In der 2. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft am 23. Juni 2011 erfolgten die Beratung und auch die Beschlussfassung. Dem Ausschuss lag neben den in Rede stehenden Drucksachen ein Formulierungsvorschlag für eine Beschlussempfehlung an den Landtag sowohl von den Koalitionsfraktionen als auch von der Fraktion DIE LINKE vor.

In ihrem Formulierungsvorschlag spezifizierte die Fraktion DIE LINKE ihren Antrag in der Drs. 6/28 und begründete dies mit den aktuellen Ergebnissen der Diskussion im Bundesrat über den Entwurf eines 13. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes.

Die Fraktion DIE LINKE begrüßte in ihrem Vorschlag den Beschluss der Bundesregierung, die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke in der Bundesrepublik wieder aufzuheben. Gleichwohl halte sie es aber für notwendig, die Laufzeit unter Umständen vor dem Jahr 2020 zu beenden. Die Fraktion vertrat die Auffassung, dass die Landesregierung durch den Landtag aufgefordert werden sollte, sich klar zu positionieren und sich für eine Verankerung des Beschlusses im Grundgesetz einzusetzen. Wichtig sei auch, so der Vertreter der

Linksfraktion, die Energiewende sozialverträglich zu gestalten. Er beantragte, auch diesen Passus in die Beschlussempfehlung an den Landtag aufzunehmen.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte die vorgelegten Vorschläge der Bundesregierung, machte aber deutlich, dass einige Punkte, beispielsweise im Hinblick auf die Sicherheit und die Suche nach Endlagern, nicht ausreichend betrachtet worden seien. Sie sprach sich für eine Verbriefung der Unumkehrbarkeit des Beschlusses aus, wobei eine Änderung des Grundgesetzes, wie von den LINKEN vorgeschlagen, aus ihrer Sicht nicht das richtige Instrument sei.

Die Christdemokraten hielten die Wende in der Energiepolitik für eine gute und richtige Entscheidung, die eine breite Unterstützung erfahre. Vonseiten der CDU werde eine Änderung des Grundgesetzes allerdings abgelehnt, weil sich eine Mehrheit für den Atomausstieg ausspreche.

Der Formulierungsvorschlag der Linksfraktion für eine Beschlussempfehlung wurde bei 4 : 7 : 1 Stimmen abgelehnt.

Der Formulierungsvorschlag der Koalitionsfraktionen für eine Beschlussempfehlung an den Landtag wurde im Wirtschaftsausschuss mit 7 : 5 : 0 Stimmen angenommen und liegt Ihnen in der Drs. 6/161 vor.

Ich bitte Sie, dem Votum des Ausschusses zuzustimmen und diese Beschlussempfehlung zu unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.

Herzlichen Dank. - Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit dem Energiegipfel der Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin am 3. Juni 2011 und insbesondere auch nach der Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2011 ist klar, dass der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossene Sache ist.

Sachsen-Anhalt hat als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz aktiv zu den Beschlüssen zum Atomausstieg und zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien beigetragen.

Der Bundesrat hat auf Antrag aller Länder zu dem Entwurf eines 13. Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes in der Bundesratsdrucksache 340/4/11 ein 14-Punkte-Programm beschlossen. Diese 14 Punkte stellen einen in schwierigen Diskussionen

erreichten, aber, wie ich denke, tragfähigen Kompromiss dar.

Im Rahmen der Kompromissfindung hat auch die Frage nach der Änderung des Grundgesetzes eine zentrale Rolle gespielt und ist eingehend erörtert worden. Im Ergebnis herrscht mehrheitlich Einigkeit darüber, dass der beschlossene stufenweise Ausstieg bis zum Jahr 2022 eine ausgewogene Entscheidung darstellt. Eine Grundgesetzänderung ist hierfür nicht erforderlich.

(Zustimmung bei der CDU)

Durch das vom Bundestag beschlossene Gesetzespaket zur Energiewende, welches durch eine Änderung des Atomgesetzes auch einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie vorsieht, ist das Ende des Atomzeitalters in Deutschland erreicht. Das Gesetzespaket erhielt im Bundestag eine überwältigende Mehrheit und stellt damit einen breiten Konsens auf der Bundesebene dar.

Trotz des äußerst engen Zeitplans und des mit sieben Gesetzen äußerst umfangreichen Gesetzgebungsverfahrens hat das Land Sachsen-Anhalt in den Beratungen darauf geachtet, dass die Forderungen der Länder entsprechend berücksichtigt werden. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, dass gerade die Energieexperten aus dem MWW in der Zeit der Staatskanzlei und mir wirklich Tag und Nacht zugearbeitet haben. Das verdient aus meiner Sicht höchsten Respekt und Dank.

Die Landesregierung hat sich im Sinne der Forderungen der Regierungsfraktionen erfolgreich für den unumkehrbaren Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie und für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt. Unsere Landesposition war nicht zuletzt auch deshalb so stark, weil wir selbst bereits jetzt auf einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien verweisen können.

Die Landesregierung wird auf diesem Weg auch künftig konsequent voranschreiten, auch wenn die weiteren Steigerungen erfahrungsgemäß schwieriger zu erreichen sein werden. Gerade im Bereich einer bezahlbaren Grundlastsicherung stehen wir und unsere Wirtschaft vor großen Herausforderungen. Wir stellen uns ihnen mit Kreativität und Tatkraft. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Hunger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst noch einmal von der Intention unseres Antrags vom 4. Mai 2011 ausgehen, der in der Sitzung des Landtages am 13. Mai 2011 in der ersten Lesung erörtert wurde.