Die Notwendigkeit der Reform des Kapazitätsrechts ist eine Folge der Bologna-Reform. Die länderübergreifende Normierung des Lehraufwands in Form von verordnungsmäßig festgesetzten Curricularnormwerten passt nämlich schlichtweg nicht zur Ausdifferenzierung der Studienangebote im Bachelor- und Mastersystem. Das passt handwerklich, technisch und logisch nicht zusammen.
Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages vom 22. Juni 2006 am 1. Januar 2008 wurden länderspezifische Regelungen zur Ermittlung und Festsetzung von Zulassungszahlen für örtlich zulassungsbeschränkte Studiengänge möglich. In einer Übergangszeit seit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen erfolgte die Ermittlung der Zulassungszahlen an den Hochschulen des Landes auf der Grundlage einer in der Kapazitätsverordnung enthaltenen Ausnahmeregelung.
Mit dem Gesetzentwurf wird die rechtliche Grundlage für das neue jährliche Kapazitätsermittlungsverfahren geschaffen. Das alte System der länderübergreifenden Normierung des Lehraufwands in Form von verordnungsmäßig festgesetzten Curricularnormwerten wird durch die Einführung des Bandbreitenmodells abgelöst.
Die Brandbreite stellt dabei den Rahmen für den Lehraufwand in den einzelnen Fächergruppen dar. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung einer curricularen Bandbreite werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geschaffen. Die Festsetzung der Bandbreite wird, wie im Gesetzentwurf
vorgesehen, in der Kapazitätsverordnung erfolgen. Wir beabsichtigen, die Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gleichfalls in Kraft zu setzen.
Mit dem Ziel, die Transparenz des Verfahrens zu erhöhen, haben wir den Entwurf der Änderungsverordnung zur Kapazitätsverordnung dem Kabinett zusammen mit dem Gesetzentwurf vorgelegt. Den Entwurf dieser Ministerverordnung stellen wir bei Bedarf auch gern den Ausschüssen des Landtags zur Information zur Verfügung.
Meine Damen und Herren! Mit beiden erläuterten inhaltlichen Bereichen dieses Reformvorhabens, sowohl mit der Übertragung des Satzungsrechtes an die Hochschulen als auch mit der Einführung des Bandbreitenmodells, wird die Eigenverantwortung der Hochschulen in Sachsen-Anhalt weiterhin gestärkt werden. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen und ihn an die Ausschüsse zu überweisen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Titel „Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes Sachsen-Anhalt“ liest, dann könnte man denken: Na ja, Hochschulzulassung klingt nicht so spannend. Das Gegenteil ist der Fall.
Der Gesetzentwurf und die vorgeschlagenen Änderungen betreffen die Hochschulpolitik in sämtlichen Dimensionen. Auch die Landesregierung hat darauf hingewiesen, dass der vorliegende Gesetzentwurf sogar die Grundrechte des Einzelnen berührt.
Das Hochschulzulassungsgesetz folgt der Tatsache, dass nicht jedem Studienbewerber der Wunschstudienplatz zur Verfügung gestellt werden kann. Mit der Bildungsexpansion der 70er-Jahre trat dieses Problem erstmals massiv auf. Die Hochschulen reagierten damals höchst unterschiedlich auf diese Situation, sodass das Verfassungsgericht urteilte, dass eine absolute Zulassungsbeschränkung zum Studium nur unter bestimmten Umständen möglich sei. Die Grundlage des Urteils ist das Grundrecht der Berufsfreiheit in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsprinzip.
Als Folge wurde damals die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen gegründet, es wurden Zulassungsgesetze erlassen und ein Staatsvertrag wurde abgeschlossen. Da diese Rechtsmechanis
men aufgrund der Mittelknappheit das Wunsch- und Wahlrecht einschränken, nennen böse Zungen diese Instrumente zur Mangelverwaltung. Positiver formuliert soll das Zulassungsgesetz unter den gegebenen Bedingungen den Hochschulen Lehre und Forschung in hoher Qualität ermöglichen. Fakt bleibt aber, dass die Hochschulen besser ausgestattet sein müssten, um beiden Ansprüchen zu entsprechen.
Ambivalent ist in dem Gesetzentwurf der Landesregierung durchaus die Entscheidungskompetenz der Hochschulen. Wir als LINKE treten schon lange für die Stärkung der Hochschulautonomie ein. Sicher wissen die Hochschulen am Besten, unter welchen Bedingungen ein Studium zu organisieren ist. Die abschließende Entscheidung muss aber letztlich beim Ministerium liegen, da, wie bereits gesagt, Grundrechte tangiert werden.
Dieses Thema wird ebenso wie der Vorschlag, innerhalb gewisser Bandbreiten in Fächergruppen die Zulassungszahlen festschreiben zu können, ein wesentlicher Teil der Ausschussberatungen sein.
In diesem Zusammenhang ergibt sich für uns eine erhebliche Rechtsunsicherheit im Vergleich zum bisherigen Verfahren. Ob das wirklich Bürokratieabbau ist, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht setzt dieser Abbau auf der Ministerialebene ein, aber die Hochschulen haben weiterhin die Berechnungen durchzuführen. Auch das Ministerium wird weiterhin nachrechnen müssen, ob das, was die Hochschulen ausgerechnet haben, den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Hochschulen werden dann ihr Satzungsrecht nutzen müssen. Also haben letztlich die Hochschulen den bürokratischen Aufwand. Ich zweifele noch daran, dass dies tatsächlich zu einem echten Bürokratieabbau führt.
Fakt ist aber auch, dass das bisherige Curricularnormwerte-Verfahren den aktuellen Bedürfnissen der Bachelor- und Masterstudiengänge angepasst werden muss. Dabei sollte man auch berücksichtigen, dass einer permanenten Ausdehnung der Lehrkapazität durch einen dauerhaften Einsatz von Lehrbeauftragten ein Ende gesetzt wird. Der Umfang der Lehraufträge ist mittlerweile enorm, und oft handelt es sich dabei um prekäre Beschäftigungsverhältnisse.
Zu berücksichtigen ist auch, dass die Hochschulen genügend Kapazitäten für ein Masterstudium vorhalten. DIE LINKE steht zu der Aussage, dass jedem, der das wünscht, nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium offen stehen muss. Oft ergeben sich an dieser Stelle Hürden durch Kapazitätsengpässe. In Sachsen-Anhalt trifft das vielleicht noch nicht für jeden Studiengang an jeder Hochschule zu, aber die Tendenz verschärft sich in Deutschland zunehmend.
Nicht zuletzt sehen wir die Gefahr der Rechtsunsicherheit durch den sich abzeichnenden Flickenteppich in der Bundesrepublik. Die Ministerin hat
das ausgeführt. Bisher gab es einheitliche Verordnungen. Wenn nun jedes Bundesland unterschiedliche Regelungen zur Kapazitätsermittlung trifft, dann ist vor Gericht schwer zu argumentieren, warum nicht sämtliche Kapazitäten ausgeschöpft wurden. DIE LINKE fordert deswegen ein Hochschulzulassungsgesetz auf der Bundesebene. Sie ist damit nicht allein, Teile der SPD und die GEW sehen das genauso.
Ich freue mich auf eine spannende Ausschussberatung und rege schon jetzt eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf an. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Herr Lange. - Ich möchte darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, dass nach diesem Tagesordnungspunkt der Tagesordnungspunkt 23 behandelt wird. Ich gehe davon, dass die Rednerinnen und Redner und Redner das auch wissen.
Für die SPD spricht die Abgeordnete Frau Dr. Pähle. Es ist nicht nur die erste Rede, die sie im Parlament hält, zu der wie sie beglückwünschen wollen. Frau Dr. Pähle ist vor Kurzem glückliche Mutter einer kleinen Tochter geworden. Im Namen des Hohen Hauses beglückwünsche ich Sie dazu und wünsche Ihnen viel Freude.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete. Erst einmal vielen Dank für die Glückwünsche. Es ist bereits meine zweite Tochter. Ich hoffe, dass beide ihren beruflichen Weg irgendwann auch einmal über eine Hochschule vorantreiben. Aber das sollen sie selber entscheiden. Ich denke, das werden sie auch hinkriegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ministerin Frau Wolff hat den Gesetzentwurf und die Intention, die damit verbunden ist, bereits ausgereichend dargestellt. Ich gebe zu: All denjenigen, die sich mit Hochschulpolitik nicht beschäftigen, wird sicherlich durch den Kopf gegangen sein, dass es spannendere Themen gibt. Aber dies ist, wie es Herr Lange richtig sagte, ein spannendes Thema.
An den Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt gibt es 54 000 Studierende. Das zeugt davon, dass Sachsen-Anhalt als Studienort nicht nur für die Landeskinder attraktiv ist, sondern wir auch zunehmend Studierende aus anderen Bundesländern an unseren Hochschulen begrüßen können. Das ist eine gute Sache.
Studierende stellen für unser Land nämlich auch einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Das sollte man an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen.
Sie wohnen hier, sie mieten sich Wohnungen und sie kaufen ein. Daran soll nur einmal erinnert werden.
Aber um diese Zahl von Studierenden auch in den nächsten Jahren qualitativ gut auszubilden, ist es wichtig, für einige Studiengänge Zulassungsbeschränkungen auszusprechen. Nach der Aussage der Ministerin betrifft das nur knapp ein Drittel der Studiengänge, die in Sachsen-Anhalt angeboten werden. Das heißt, ein Großteil der Studiengänge ist immer noch zugangsfrei ist und nicht von irgendwelchen Beschränkungen betroffen.
Für die Beschränkungen gibt es nachvollziehbare Gründe, beispielsweise eine begrenzte Anzahl von Laborplätzen. Gerade in den naturwissenschaftlichen Studiengängen, wie Biologie, Physik und Chemie, bei denen das Lernen am Objekt wichtig ist, müssen Laborplätze zur Verfügung gestellt werden. Studierende sollen vernünftig studieren können. Das Personal muss vorhanden sein. Deshalb muss abgewogen werden, wie viele Studierende an der Hochschule zugelassen werden. Nur so kann die Qualität von Studium und Lehre gewährleistet werden.
Die Hochschulen Sachsen-Anhalts stehen in einem harten Konkurrenzkampf mit den Hochschulen anderer Bundesländer. Das wissen Sie alle. Das heißt, um die Attraktivität aufrechtzuerhalten, müssen wir auch die Qualität sichern. Die Politik, also wir als Landtag, hat dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet sind.
Die mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes vorgesehene Regelung mit einem Satzungsrecht für die Hochschulen halten wir als SPD für einen wirklich guten Ansatz, da dies die Autonomie der Hochschulen erhöht.
Gerade dann, wenn im Senat Satzungen beschlossen werden, sitzen die Vertreter aller an der Hochschule vorhandenen Statusgruppen an einem Tisch. Dort werden Satzungen beraten; dort sollen sie beschlossen werden. Auch wenn das Ministerium sie im Nachhinein noch einmal prüfen soll und muss, ist es dennoch ein wesentlich demokratischerer Prozess. Das stärkt die Hochschulen im Land und vermindert auch den zeitlichen Druck, von dem Ministerin Frau Wolff berichtet hat.
Herr Lange, es ist auch ein Stück weit Entbürokratisierung; denn so weit, wie jede Schule planen muss, wie sie ihre Lehrer einsetzt, müssen auch Hochschulen planen, wie sie mit ihren Studierenden umgehen. Ich denke, das ist eine Form von Bürokratie, die zumutbar ist. Selbst die Entlastung im Ministerium und die zeitliche Entzerrung der verschiedenen Prozesse kann man als Entbürokratisierung werten.
te eine fachliche Beratung im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft erfolgen. Ich bin mir sicher, dass die Ministerin auch den Entwurf der Verordnung zur Entwicklung der Bandbreiten vorlegen wird, sodass wir im zuständigen Ausschuss miteinander diskutieren können. Ich freue mich auch auf eine Anhörung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Frau Dr. Pähle. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Professor Dr. Dalbert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln in erster Lesung einen Gesetzentwurf, der in der Tat den Kern des Lebens in Hochschulen betrifft. Der Kern des Lebens in Hochschulen ist es, dass man seine Lehre organisiert bekommt, wie die Lehre nachgefragt wird, ob wir eine Überlast an Studierenden haben oder ob wir zu wenig Studierende haben. Hierbei geht es in der Tat um eine der Säulen, die das Leben an den Hochschulen in unserem Land bestimmen. Deswegen ist es eine grundsätzliche Frage, über die wir heute eine erste Beratung führen.
Wie es die Frau Ministerin bereits dargelegt hat, ist es ein wesentlicher Kern des Gesetzentwurfes, dass den Hochschulen mehr Verantwortung übertragen wird, indem sich die Hochschulen Satzungen geben können, um für die Studiengänge, die einen lokalen Numerus clausus haben, selber bestimmend tätig zu werden. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung; denn es ist ein Schritt zur Stärkung von Hochschulautomomie.
Ein zweiter wichtiger Kernpunkt in diesem Entwurf für eine Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes ist, dass die Bedeutung der Kapazitätsverordnung für diese lokalen Zulassungen reduziert wird. Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Hochschulen, wenn die Bedeutung der KapVO, wie man sie an den Hochschulen nennt, reduziert wird; denn sie ist ein bürokratisches Ungetüm, das die Hochschulen knebelt.
Deswegen möchte ich besonders die Regelungen in § 3 Abs. 5 des Gesetzentwurfes positiv hervorheben. An dieser Stelle wird endlich einmal klargestellt, dass sich die Lehrkapazitäten, die man aus dem Programm zur Verbesserung der Studienbedingungen oder aus Drittmitteln finanziert, nicht auf die Berechnungen der Studierendenzahlen auswirken sollen.
Denn das war der Teufelskreis an der Hochschule: Immer dann, wenn sie Lehrkapazitäten zusätzlich eingeworben haben, wurden zusätzlich Studieren
de in die Universitäten hineingedrückt, was natürlich jede Möglichkeit, die Lehre über die Verkleinerung von Seminargruppen zu verbessern, konterkariert hat.
Das sind, so finde ich, gute Schritte in die richtige Richtung. Allerdings sehe ich zumindest eine Schwachstelle bzw. Unklarheit im vorgelegten Gesetzentwurf. Hierfür halte ich die Beratung im Ausschuss für dringend angezeigt. Das betrifft die Frage der Bandbreiten. In § 4a des Gesetzentwurfes wird ausgeführt, dass das Ministerium fächergruppenspezifische Bandbreiten vorlegen soll, innerhalb derer die Hochschulen dann agieren können.
Bei dieser Formulierung stellen sich mir verschiedene Fragen. Die erste Frage lautet: Was ist denn überhaupt eine Bandbreite? Wie wird sie definiert? Welche Größen gehen in die Berechnung der Bandbreiten ein?
Ich meine, bei allem Negativen, was man über die KapVO, die Kapazitätsverordnung, sagen kann, eines ist sicher: Sie war klar und transparent. Dieselbe Transparenz wünsche ich mir bei der Definition der Bandbreite. Deswegen wird diese Definition ein Punkt sein, über den wir im Ausschuss zu diskutieren haben.
In diesem Zusammenhang stellt sich für mich auch die Frage, wo es definiert wird. Hierzu warte ich die Diskussion im Ausschuss ab. Wird es im Gesetz definiert oder muss das Parlament hierbei die Katze im Sack kaufen, weil im Gesetz nur das Wort „Bandbreite“ steht? Wichtig ist, dass man Butter bei die Fische gibt und sagt, was sozusagen das Fleisch im Gesetz ist, dass man definiert, was genau die Bandbreite ist, damit es transparent ist.