Ich habe den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gelesen. Lieber Kollege Weihrich, ich glaube, ich sage nichts Falsches, wenn ich sage: Es gibt große Schnittmengen und ein hohes Maß an gleichen Gedanken. Ich denke zum Beispiel an die Rissgutachter, die ausgebildet werden müssen. Man hat im Land Sachsen-Anhalt schon angefangen, weitere zu gewinnen. Aber auch hierbei besteht sicherlich Handlungsbedarf.
Ich habe auch festgestellt, dass Sie den Begriff Managementplan eingebracht haben. Wenn die Leitlinie hinterher die Form angenommen hat, dass sie einem Managementplan gleichkommt, finde ich das auch gut. Ich habe aus Berlin die Forderung gehört, dass man gern auf der Bundesebene einen Managementplan als Rahmenplan für die Managementpläne der Bundesländer kreieren würde. So gesehen wäre es schon sinnvoll, zumindest in diese Richtung zu arbeiten.
Über den Namen des Tierchens, in dem Fall des Plans oder der Richtlinie, möchte ich mich hier nicht streiten. Ich glaube, dass hierzu überwiegend Konsens zwischen der Regierungskoalition und der Opposition besteht. Das haben wir häufig bei den Themen, die die Natur und die Landschaft betreffen. Es freut mich immer wieder, dass wir dabei nicht auseinander liegen.
Ich denke, das reicht als Einbringung. Ich freue mich auf eine interessante Debatte und sage jetzt: Liebe Kollegen, je nachdem, wie Sie sich verhal
Danke sehr für die Einbringung, Kollege Bergmann. - Für die Landesregierung spricht Herr Dr. Aeikens.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor 18 Jahren, im Jahr 1996 gelang der erste Nachweis, dass wieder Wölfe in Deutschland ansässig sind. Eine regelmäßige Reproduktion ist seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen. Ausgehend vom Freistaat Sachsen erreichte die Wiedereinwanderung der Wölfe vor sechs Jahren im Jahr 2008 auch Sachsen-Anhalt.
Wir haben uns rechtzeitig darauf vorbreitet. In Erwartung der von Sachsen ausgehenden Ausbreitung fand im April 2008, noch bevor sich die ersten Tiere bei uns bemerkbar machten, ein öffentliches Fachgespräch mit Landwirtschaftsverbänden, Naturschutzverbänden, der Jägerschaft und Behördenvertretern im Umweltministerium statt. Thematisiert wurden dabei die Rückkehr des Wolfes und die sich daraus ergebenden Handlungsoptionen. Dem schloss sich eine weitere Beratung an, nachdem ein erster Übergriff auf Nutztiere im September 2008 dokumentiert wurde.
Mit dem Bekanntwerden territorialer Wölfe im Jahr 2009 erfolgte parallel die Ausarbeitung einer Handlungsrichtlinie für Sachsen-Anhalt. Wir haben es Handlungsrichtlinie genannt; andere Länder nennen es Managementplan. Sachsen-Anhalt hat großen Wert auf konkrete Maßnahmen und Handlungsabläufe gelegt, dafür aber weniger allgemeine Ausführungen integriert. Dabei stand der Gedanke im Vordergrund, dass sich wohl weder der Wolf noch Wolfsbestände managen lassen, sondern dass wir versuchen müssen, das Miteinander der Menschen und des Wolfes zu beeinflussen.
Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen wird eine Weiterentwicklung dieser Handlungsrichtlinie empfohlen. Ich kann dazu sagen, dass in der Praxis bereits kontinuierlich an der Umsetzung und auch an der Anpassung der bestehenden Festlegungen gearbeitet wurde. Dies beinhaltet unter anderem die ständige Aktualisierung der Meldekette, die fortlaufende Konkretisierung der Aufgaben der Landesreferenzstelle Wolf, Fragen der Präventionsförderung sowie der Anpassung des Monitorings.
Die Wiederbesiedlung einstiger Lebensräume durch Wölfe in Sachsen-Anhalt verlief weitestgehend unaufgeregt. Gegenwärtig sind fünf Rudel
ansässig. Es dürften ungefähr 45 Wölfe in Sachsen-Anhalt leben. Die zukünftige Entwicklung ist schwer prognostizierbar, aber ein sprunghafter und länger anhaltender Anstieg wird von den Fachleuten nicht erwartet.
Sorgen machen sich aber vor allem die Nutztierhalter. Dafür habe ich Verständnis; deshalb helfen wir ihnen. Die Prävention erfolgt gegenwärtig zum einen durch die Förderung des Herdenschutzes vor dem Wolf für Schaf- und Ziegenhalter und zum anderen durch eine Beratung der Nutztierhalter. Im Förderverfahren Herdenschutz sind inzwischen 59 Anträge mit einem Mittelvolumen von ca. 117 000 € bewilligt worden. Eine weitere Förderung ist im Jahr 2014 festgelegt worden, und wir werden an der Verfeinerung und Verbesserung der Maßnahme arbeiten.
Wir mussten bisher auch 23 Vorfälle von Nutztierrissen mit 58 Schafen, drei Kälbern und sechs Stück Dammwild registrieren. Zirka 7 500 € wurden den Tierhaltern dafür als Ausgleich überwiesen.
Meine Damen und Herren! Mit der Rückkehr des Wolfes sind maßgeblich die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, die unsere Handlungsspielräume begrenzen. Diese sind sowohl durch die Berner Konvention als auch durch das europäische Naturschutzrecht, insbesondere die Natura2000-Regelungen, vorgegeben.
Der Wolf ist zurück, er hat sich in unserer Kulturlandschaft etabliert. Es kommt nunmehr darauf an, das ihm eigene Konfliktpotenzial innerhalb der rechtlichen Möglichkeiten so gering wie möglich zu halten. Dazu dient ein umfassendes Monitoring. Das unter der Verantwortung der Fachbehörde für Naturschutz durchgeführte Monitoring basiert auf Standards, die unter Beteiligung zahlreicher Organisationen und ehrenamtlicher Mitarbeiter, denen ich an dieser Stelle für ihr Engagement sehr herzlich danken möchte, bundesweit abgestimmt worden sind.
Am 6. März 2014 wurde zwischen dem Landesjagdverband Sachsen-Anhalt und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt eine Kooperationsvereinbarung zum Umgang mit dem Wolf abgeschlossen. Das ist meines Erachtens ein gutes Beispiel für das partnerschaftliche Zusammenwirken zwischen dem Land und dem Landesjagdverband. Der Landesjagdverband hilft bei der Erfassung, Dokumentation und Bewertung von Hinweisen zu Wolfsvorkommen. Meinen Dank an den Landesjagdverband für seine Unterstützung möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen.
Meine Damen und Herren! Die im vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen aufgeführten zehn Punkte sind zu einem Teil bereits jetzt Bestandteil der geltenden Handlungsrichtlinien. In einigen Punkten ist eine Weiterentwicklung zweckdienlich
und angezeigt. So muss die Entwicklung der Wolfsbestände Berücksichtigung finden und müssen die Präventionsmaßnahmen weiter konkretisiert werden. Des Weiteren sind die Aufgaben der Jägerschaft im Rahmen der Kooperationsvereinbarung zu integrieren sowie Aussagen zu Sachverständigen und Rissgutachten zu ergänzen. Die Schulung weiterer Rissgutachter ist vorgesehen.
Interessierte Parlamentarier haben bereits in der Vergangenheit Fragen zum Wolf gestellt und dabei auch auf eine intakte Natur als Voraussetzung für die Rückkehr des Wolfes verwiesen. Darüber habe ich mich gefreut. Aber sie haben auch ihre Sorge um die Tierhalter und deren Herden zum Ausdruck gebracht, die ich ausdrücklich teile. Ziel muss es sein, ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Mensch und Wolf zu realisieren. Ich freue mich auf die Diskussionen in den Fachausschüssen, die diesem Ziel dienen sollen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vorgesehen. Als erster Debattenredner wird der Abgeordnete Herr Krause für die Fraktion DIE LINKE sprechen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Nachdem der Wolf im 19. Jahrhundert auf dem Gebiet von SachsenAnhalt ausgerottet war, gab es, abgesehen von einzelnen Exemplaren durchziehender Wölfe, über etwa 150 Jahre praktisch keine nachweisliche Wolfsansiedlung mehr in unserer Region.
Erst wieder im Herbst 2008 gab es Hinweise darauf, dass sich in Sachsen-Anhalt ein Wolfspaar angesiedelt hatte. Die mehr oder weniger starke Vermehrung von Wölfen in der Lausitz musste zwangsläufig auch auf unsere Region Auswirkungen haben. Von Wolfserwartungsgebieten haben wir ohnehin schon seit langem gesprochen.
Der bei uns zunächst noch eher unbemerkte Populationsdruck ist mit einem immer besseren Wolfsmonitoring offensichtlich geworden. Ab 2011/2012 gab es, abgesehen von einigen Einzelgängern bzw. residenten Einzeltieren, plötzlich mehrere territoriale Ansiedlungen von Wolfspaaren in unserem Land, so in der Alten Grabower Heide, in der Annaburger Heide und in der Colbitz-Letzlinger Heide.
Natürlich entbrannte mit der Rückkehr der Wölfe auch eine mehr oder weniger heftige Diskussion über das Für und Wider einer Ansiedlung von Wölfen als Großraubtieren in einer bzw. in unserer Kulturlandschaft. Andererseits wissen wir alle,
dass die Neuansiedlung des Wolfes gesellschaftlich gewünscht und im Rahmen des Artenschutzes rechtlich geschützt ist.
Diese Situation bringt für Natur- und Artenschützer, für Landwirte, für Schäfer, für Heim- und Nutztierhalter, aber auch für die Bevölkerung schlechthin eine besondere Herausforderung mit sich. Die wichtigste Hürde, die genommen werden musste und wohl auch noch genommen werden muss, ist die, deutlich zu machen, dass der Wolf keine blutrünstige Bestie ist. Die zum Teil jahrhundertlange Abwesenheit von Wölfen in Deutschland hat dazu geführt, dass der Mensch verlernt hat, diese ursprünglich heimischen Tiere als Teil des normalen Alltags zu erleben.
Vorurteile und ältere Ängste stehen einem objektiven Blick auf den Wolf und somit einem vernünftigen Umgang mit diesem entgegen. Hier sind Wissensvermittlung und Aufklärung gefragt. Dennoch, der Wolf ist und bleibt ein Wild- und Raubtier, in dessen Schema auch schon mal größere Beutetiere passen, und es gelingt ihm nicht immer, zwischen Schaf und Reh zu unterscheiden.
Die Sorgen und gegebenenfalls auch wirtschaftliche Schäden bei den Nutztierhaltern, insbesondere den Schäfern, sind also durchaus vorprogrammiert. Wohl überlegt muss auch sein, welche Auswirkung ein solcher Greifer auf das übrige Wild hat, das ebenfalls über 150 Jahre ohne diese Gefahr leben konnte.
Wenn wir also dem Wolf den Einzug in unsere Kulturlandschaft nicht verwehren wollen - das wollen wir offensichtlich nicht -, gibt es viele Probleme zu beachten und Fragen zu beantworten. Dazu bedarf es eines Leitfadens oder, besser noch, eines gut durchdachten Wolfsmanagementplanes als Grundlage für den weiteren Umgang mit dem Wolf und vielmehr noch zur Vermeidung von Konflikten.
Den Managementplan Brandenburg würde ich zum Beispiel unbedingt als Vorlage für eine Weiterentwicklung der sogenannten Leitlinie Wolf empfehlen. Die Entwicklung eines solchen Plans und die Umsetzung der Forderungen, die Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen und von den GRÜNEN, aufmachen, kann nur unter breiter Einbeziehung aller Interessengruppen erfolgen.
Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass eine Leitlinie Wolf oder ein Wolfsmanagement nicht darauf ausgerichtet ist, dem Wolf vordergründig eine Einwanderungshilfe zu geben. Sich sein Terrain zurückerobern, das muss Isegrim allein bewerkstelligen. Beutetiere gibt es in Wald und Flur zuhauf.
Handlungsbedarf besteht vor allem dahingehend, Konflikte zu vermeiden, Schäden und Betroffenheit zu lindern und in letzter Konsequenz auch Gefahr
abzuwenden. Schaf-, Rinder-, aber auch Haus- und Heimtierhalter müssen sich auf die Anwesenheit dieses Großraubtieres einstellen.
An den dabei entstehenden Kosten beteiligt sich das Land. Das begrüßen wir ebenso wie eine schnelle, unbürokratische Hilfe bei etwaigen Rissen. Die Palette neuer zusätzlicher Aufwendungen ist breit. Sie reicht von Kosten für Bildung, für Wissensvermittlung über die Anschaffung von Herdenhunden, von Elektrozäunen und schließlich bis zu einem erhöhten Arbeitsaufwand überhaupt. Wenn jetzt auch noch die Jäger in Sachsen-Anhalt das Monitoring und das Management auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung unterstützen, ist das zu begrüßen,
aber eigentlich auch nur logisch. Wer, wenn nicht die Jäger, kann hier die beste Handreichung leisten?
An dieser Stelle werbe ich aber dafür, der Jägerschaft auch das entsprechende Vertrauen entgegenzubringen, wenn es zum Beispiel um die Aufnahme bzw. Beseitigung von Wildunfällen geht, an denen auch ein Wolf beteiligt sein kann. Mit weniger Bürokratie und mehr Vertrauen in die Jägerschaft und Klarheit für die Zuständigkeit würde manches Verfahren am Straßenrand nach einem Wildunfall beschleunigt und würden manchem Tier Qualen erspart werden können.
Abschließend soll unbedingt noch erwähnt werden, dass das Wolfsmanagement und das Monitoring weder finanziell noch personell zulasten des sonstigen Natur- und Artenschutzes in unserem Land gehen darf. Ich denke unter anderem an den Rotmilan, die Großtrappe, die Feldlerche und andere Vogelarten. Anderenfalls haben wir nichts gekonnt. Wir, die Fraktion DIE LINKE, möchten beide Anträge in die Ausschüsse überweisen.
Bevor ich das Rednerpult verlasse, eine letzte Anmerkung - ich möchte es nur sagen, weil wir das wiederholt gehört haben -: Wenn ich zum Beispiel Bedenken bezüglich des grenzenlosen Rehabschusses auf der Landesebene geäußert habe, wurde mir immer wieder auch aus den Reihen des Ministeriums oder der Forstwirtschaft gesagt: Herr Krause, es gibt mehr Rehe, als man sieht. Ich meine, es gibt auch schon mehr Wölfe, als wir sehen.
Der Ausschuss für Umwelt und der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind zwei Ausschüsse.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Er ist wieder da, der Wolf. Ist das schlimm? - Nein, das ist nicht schlimm, es ist so. Nach sechs Generationen oder 150 Jahren - sechs oder vielleicht sieben Generationen - müssen wir uns wieder daran gewöhnen.