Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

(Zustimmung von Herrn Herbst, GRÜNE)

Verbraucherschutz und Transparenz werden hier mit Füßen getreten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen darüber informiert sein, ob ein Lebensmittel auf der Grundlage von Agro-Gentechnik produziert wurde. Dieser berechtigten Forderung müssen wir nachkommen.

Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu, den wir sofort abstimmen müssen; denn die Entscheidung zur Honig-Kennzeichnung kann bereits im Mai dieses Jahres im EU-Agrarministerrat fallen. Aus diesem Grund macht es keinen Sinn, diesen Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Über

ihn müsste direkt abgestimmt werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking, für die Einbringung. - Wir kommen zur Aussprache. Zunächst spricht für die Landesregierung Herr Minister Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Frederking, wenn ich die Gelegenheit erhalte, mit der Bundeskanzlerin persönlich zu sprechen - die Gelegenheit hatte ich bisher noch nicht -, werde ich ihr selbstverständlich die Haltung dieses Hohen Hauses und auch der in ihm vertretenen Fraktionen mitteilen. Ob das Folgen haben wird, weiß ich aber nicht.

(Herr Daldrup, CDU, lacht)

Ich habe überlegt, ob ich aus dem Antrag im wahrsten Sinne des Wortes Honig saugen kann.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU - Herr Czeke, DIE LINKE, lacht)

Ich will, weil Sie es gut beschrieben haben, auch aus Zeitgründen nicht wiederholen, wie die Lage in Europa ist, was den Honig und die Pollen angeht, was dem Honig von Natur aus zu eigen ist, dass Pollen dazugehören und dass es in der Richtlinie darum geht, ob dieser Anteil von 0,9 % dazu führt, dass es gekennzeichnet werden muss. Das ist alles schon diskutiert worden. Es gibt Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Ich will es einfach einmal dabei belassen.

Sie haben den Antrag vor einer Woche oder vor anderthalb Wochen - der 13. März steht hier als Datum - im Bundestag gehabt.

(Frau Frederking, GRÜNE, schüttelt den Kopf)

- Das muss ich noch einmal nachgucken. Das kriege ich heraus. - Dort ist er jedenfalls abgelehnt worden. Ein entsprechender Antrag wurde vom Bundestag am 13. März abgelehnt.

(Frau Frederking, GRÜNE: Das war nicht der gleiche Antrag!)

- Das hoffte ich auch. - Jedenfalls ist der Bundestag dafür zuständig, die Bundesregierung zu bestimmten Dingen aufzufordern. Ich sehe da von unserer Seite keine Notwendigkeit für Aktivitäten.

Ich halte es übrigens für sachgerecht, was nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Honig ist, was zum Honig dazugehört; es gehören Pollen dazu. Streiten kann man darüber, ab wann genveränderte Anteile von Pollen zu einer Kennzeichnungspflicht führen sollten, ob also der Anteil von

0,9 % die richtige Grenzziehung ist. Ich halte sie erst einmal für gegeben. Das fällt auch nicht in unsere Zuständigkeit.

Was die Frage der Kennzeichnung des Vorhandenseins gentechnisch veränderter Organismen in Lebensmitteln angeht, so engagieren Sie sich ja sehr. Das wissen alle anderen Mitglieder des Hohen Hauses auch. Das tun übrigens der Landwirtschaftsminister und ich bereits seit einer Reihe von Jahren. Es gab - zumindest soweit ich dabei war - keine Verbraucherministerkonferenz, auf der nicht dieses Thema sehr leidenschaftlich diskutiert worden ist. Da gab es auch enorm viele Initiativen. Manchmal - das gebe ich zu - sind sie auch gescheitert, weil wir bundesweite Regelungen haben wollen.

Ich schweife einmal ein kleines bisschen ab. Wir wollten zum Beispiel dieses Ampelsystem für die Hygiene von Gaststätten und Verkaufsstellen haben. Das hätte sich auch nur bewährt, wenn wir es bundeseinheitlich gemacht hätten. Die Berliner haben es übrigens eingeführt, und das Gericht hat das vor zwei Jahren wieder kassiert. Es macht auch keinen Sinn, wenn jedes Land etwas für sich macht; denn Lebensmittel gehen ihre Wege. Wir verzehren Lebensmittel aus anderen Bundesländern und Ähnliches. Da macht etwas nur Sinn, wenn es eine einheitliche Regelung gibt.

Im Hinblick auf das Recht von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Transparenz und Wahlfreiheit sind klare Kennzeichnungsvorschriften geboten. Da sind wir uns jedenfalls absolut einig. Denn die Schnittstelle zwischen Landwirtschaftsminister und dem Sozialminister, also mir, zeigt sich immer bei der Frage der Zuständigkeit.

Für Lebensmittel bin ich zuständig und für alles, was wir verbrauchen, essen und mit dem wir umgehen, für Spielzeug, Möbel, Tabak, Alkohol und Ähnliches. Der Landwirtschaftsminister ist zuständig für alles, was davor passiert, wo es erzeugt wird, wenn es um Futtermittel und Ähnliches geht.

Diese Schnittstelle kann man einmal ein bisschen hin und her bewegen. Aber sie wird immer bleiben. Daher ist es, glaube ich, wichtig, dass die beiden Ministerien sowohl auf Fachebene als auch auf Ministerebene gut zusammenarbeiten. Das hat bisher wirklich gut funktioniert.

Ich bin der Auffassung, dass die im europäischen Lebensmittelrecht formulierten Anforderungen in weiten Teilen geeignet sind, den Verbraucherinnen und Verbrauchern die nötigen Informationen für ein mündiges Agieren am Markt zu geben. Darüber hinaus gibt es im deutschen Recht die Möglichkeit, bestimmte Lebensmittel durch die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ auszuloben.

Hierfür ist unter anderem die Fütterung von Tieren ohne gentechnisch veränderte Futtermittel wäh

rend eines spezifischen Zeitraums vor der Lebensmittelerzeugung geregelt. Damit bleibt die Wahlfreiheit für diejenigen, die keine Lebensmittel wünschen, die von mit gentechnisch verändertem Futter ernährten Tieren stammen, durchaus gewährleistet. Dies wird jedoch - so sehe ich das jedenfalls - von Verbrauchern zwar gefordert, ob es tatsächlich so genutzt wird und jeder sich die Kennzeichnung eines Lebensmittels ansieht, ist jedoch offen.

Gleichwohl ist auch eine rechtlich verpflichtende Kennzeichnung für tierische Lebensmittel zu diskutieren, auch unter Berücksichtigung von ethischen, vielleicht auch von sozioökonomischen Aspekten. Insofern kann ich die im vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Punkt 2 enthaltene Forderung nach einer verbindlichen Kennzeichnung von tierischen Lebensmitteln, die auf Grundlage einer Fütterung mit gentechnisch veränderten Pflanzen erzeugt wurden, nachvollziehen.

Ich will an dieser Stelle - das muss man ehrlicherweise auch sagen - nicht verschweigen, dass die Fachleute skeptisch sind, dass über bestehende Vorschriften hinausgehende Kennzeichnungsverpflichtungen mit dem Personal und mit der Technik, die wir haben, überhaupt überwacht werden können. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein hoher Aufwand auf die Land- und Ernährungswirtschaft zukommt. Sie wissen, dass in der Vergangenheit bereits mehrfach Aktivitäten auch der Bundesregierung für eine entsprechende Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel tierischer Herkunft in Brüssel gescheitert sind.

Ich bin jedoch der Auffassung, dass im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechende Forderungen erneut auf der europäischen Ebene eingebracht werden sollten, sofern die Mehrheit der Länder dies unterstützt. Ich bin gespannt darauf, ob auch aus den Ländern, auch aus denen, wo die Grünen zusammen mit der CDU regieren, ähnliche Anträge in den Bundesrat eingebracht werden.

Sachsen-Anhalt hat für die nächste Agrarministerkonferenz bereits einen Antrag zur Kennzeichnungspflicht von tierischen Lebensmitteln, wie Fleisch, Milch, Eier und anderen, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, eingebracht. Das wird noch beraten werden, bevor in Brüssel darüber entschieden wird.

Wie dargelegt, fanden und finden die Interessen der Verbraucherschaft im Sinne einer Verbesserung der Verbrauchersouveränität in den Aktivitäten der Landesregierung Berücksichtigung. Insoweit bringt der vorliegende Antrag, jedenfalls was den zweiten Anstrich angeht, keine neuen Ansatzpunkte.

Deshalb begrüße ich den Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen, den ich gestern gelesen habe; denn er nimmt den ersten Punkt mit auf und fordert unter dem zweiten Punkt eine Berichterstattung in den entsprechenden Ausschüssen.

Danke schön, Herr Minister. - Nachfragen sehe ich nicht. Wir sind eine Stunde in Verzug. Deswegen versuche ich, jetzt ein bisschen Gas zu geben. Als nächster Redner spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rotter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach der sehr ausführlichen und - wie häufig - blumig und mit viel Pathos vorgetragenen Einbringung durch Frau Kollegin Frederking und der argumentativ sehr umfänglichen Rede von Herrn Minister Bischoff sind aus meiner Sicht die wesentlichen Argumente zu diesem Antrag bereits ausgetauscht worden.

Natürlich, sehr geehrte Antragsteller, ist auch uns nicht entgangen, dass Sie uns hier mit einem Antrag beglücken, mit dem Sie im Deutschen Bundestag nicht durchgedrungen - um nicht zu sagen: gescheitert - sind. In der Sache haben Sie hierzu in der heutigen Debatte aus meiner Sicht auch nichts Neues vorgetragen.

Das Thema der Kennzeichnung von Lebensmitteln, in denen gentechnisch veränderte Organismen vorhanden sind, ist ein äußerst sensibles Thema, das immer wieder auch sehr emotional diskutiert wird. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass diese Diskussionen nicht zu einer noch größeren Verunsicherung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern führen.

Klar ist dabei aber auch, dass die mündigen Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch auf Transparenz und Wahlfreiheit haben, sodass, wie Minister Bischoff zutreffend ausgeführt hat, klare Kennzeichnungsvorschriften geboten sind. Die Transparenz durch die Kennzeichnung von Lebensmitteln und die Wahlfreiheit der mündigen Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkaufen von Lebensmitteln haben für uns als CDUFraktion einen hohen Stellenwert.

Es ist gut, dass das Honig-Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das zu großer Verwirrung und Unsicherheit geführt hat, vom EU-Parlament korrigiert wurde; denn damit ist zumindest bei diesem Punkt Sachlichkeit in die Diskussion gekommen.

Mit der Entscheidung von Parlament und Kommission haben wir endlich Klarheit über den rechtlichen Status von Pollen. Das ist wichtig für die Imker, die durch die Diskussion einen nicht unerheb

lichen Imageschaden erlitten haben, aber auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher, auf deren Rücken hierbei eine unnötige ideologische Debatte ausgetragen wird.

Wir haben deshalb in der Beratung im Bundestag - und tun das auch hier - ausdrücklich den Versuch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem von ihnen ins Spiel gebrachten Vorschlag kritisiert, die lebensmittelrechtliche Behandlung des Honigs zu ändern. Das führt nicht zur notwendigen Versachlichung der Diskussion, sondern wird nur zu weiteren Verunsicherung und Ängsten bei den Bürgerinnen und Bürgern führen.

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist Ihnen dies nicht bewusst oder ist dies von Ihnen sogar gewollt? Vergessen wir nicht, dass Pollen aus gentechnisch veränderten Organismen ohne EU-Zulassung in Honig wie auch in allen anderen Lebensmitteln weiterhin nicht zugelassen sind. Hierfür gilt weiterhin: null Toleranz. Es gilt unverändert die Vorgabe der EU, dass in Honig nur gentechnisch veränderte Pollen enthalten sein dürfen, die in der EU als Lebensmittel zugelassen sind.

(Frau Frederking, GRÜNE: Das habe ich in meiner Rede gesagt!)

- Das ist wahr. Ich darf es hier aber trotzdem betonen.

Deren gesundheitliche Unbedenklichkeit ist im Rahmen des EU-Zulassungsverfahrens seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit auch für Pollen in importiertem Honig bereits mehrfach nachgewiesen worden. Aus diesen Gründen hat der Deutsche Bundestag in namentlicher Abstimmung mit übergroßer Mehrheit den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Auch wir werden aus diesen Gründen Punkt 1 des Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.

Herr Minister Bischoff hat in seinem Redebeitrag bereits darauf hingewiesen, dass Sachsen-Anhalt in der Agrarministerkonferenz am 2. bis 4. April 2014 einen Antrag stellen wird, mit dem die Bundesregierung gebeten wird, für eine transparente und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbare Kennzeichnung aller Lebens- und Futtermittel einzutreten, bei denen im Laufe des Herstellungs- und Weiterverarbeitungsprozesses gentechnologische Methoden zum Einsatz gekommen sind. Insoweit greift unser Alternativantrag dieses Anliegen aus Punkt 2 des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf.

Des Weiteren bitten wir die Landesregierung, in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über all ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet zu berichten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bitten um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir ablehnen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Kollege Rotter. - Wir fahren fort in der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Hunger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Agro-Gentechnik beschäftigt uns meist dann, wenn es um die Zulassung einer neuen gentechnisch veränderten Nutzpflanze geht. Das ist heute aber nur indirekt der Fall. Es geht um die Produkte aus den Tieren, die mit solchen gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden.