Protokoll der Sitzung vom 08.07.2011

Nein. - Den LINKEN braucht man diese Frage nicht zu stellen. Auf ihrer verlinkten Webseite kann man so einiges nachlesen.

(Herr Striegel, GRÜNE: Was? Es wird immer absurder! - Herr Herbst, GRÜNE: Da kann man verzweifeln!)

Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen werden und dem vorliegenden Änderungsantrag zustimmen müssen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Herr Kollege Weigelt möchte keine Fragen beantworten. Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE hat sich zu Wort gemeldet. Bitte.

Das ist also eine Zwischenintervention. Wahrscheinlich wäre es dies ohnehin.

Herr Weigelt, man kann mit viel Perspektivenübernahme vielleicht noch irgendwo verstehen, warum die CDU-Fraktion ein solches Bekenntnis einfordern möchte. Aber die Diskussion über diese Erklärung geht seit mehreren Monaten durch dieses Land.

(Zuruf von der CDU: Ach was!)

Egal ob es der ehemalige Innenminister dieses Landes oder die übergroße Masse der Institutionen gewesen ist, die in diesem Bereich tätig sind - eine radikale und substanzielle Kritik an dieser Demokratieerklärung gab es überall. Sich heute hier hinzustellen und zu sagen, wer diese Erklärung kritisiert, ist ein potenzieller Verfassungsfeind - das haben Sie gesagt -, das ist ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Zustimmung von Herrn Tögel, SPD - Widerspruch bei der CDU)

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort, bevor Frau Kollegin Tiedge für die Fraktion DIE LINKE zu Wort kommt.

Sehr geehrter Herr Gallert, der Redebeitrag des Abgeordneten Jürgen Weigelt war darauf ausgerichtet, auf eine Selbstverständlichkeit hinzuweisen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das werden wir ja gleich sehen!)

Er war mitnichten so formuliert, dass eine Kritik an der Demokratieerklärung mit der Tatsache gleichbedeutend sei, dass man nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bzw. der Verfassung stehe.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Herr Schröder, wir bekommen das Protokoll gleich!)

Die Kritik daran muss sich an Folgendem messen lassen - das habe ich ausgeführt und auch ausdrücklich nachgefragt -: Wenn der Unterschied darin besteht, einen Bekenntniszwang durch einen Prüfzwang einer Förderbehörde zu ersetzen, dann kann man darüber trefflich streiten.

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Das steht doch gar nicht drin!)

Was der Abgeordnete Jürgen Weigelt für die CDUFraktion richtigerweise gesagt hat, ist, dass die Person, die sich durch Nichtunterschreiben nicht bekennt, doch auch durch den Prüfzwang einer Förderbehörde ausgeschlossen werden müsste, weil eine Person, die sich dazu nicht bekennt, sich tatsächlich diesem Verdacht aussetzen muss. Denn das ist eine Selbstverständlichkeit, die nicht zu viel verlangt ist.

Man kann trefflich darüber streiten, ob man anstelle einer Erklärung nicht fordern sollte, dass Verwaltungsbeamte einer Behörde prüfen, ob der Betreffende verfassungstreu ist, sodass er keine Erklärung abgeben muss. Aber wer ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung in einer Erklärung nicht unterschreiben kann, der müsste auch durch eine Prüfung, wie im Punkt 2

des GRÜNEN-Antrages, von Fördermitteln ausgeschlossen werden. Das ist der Punkt.

Bitte verwechseln Sie nicht, dass wir die Frage des Verfahrens - Prüfzwang oder Bekenntniszwang - diskutieren, und reduzieren Sie es nicht auf die Frage, ob derjenige, der nicht unterschreibt, nicht auf dem Boden des Grundrechts steht. Wer eine Demokratieerklärung nicht unterschreibt, der ist aus unserer Sicht beim Empfang von Fördermitteln in diesem Bereich disqualifiziert.

(Beifall bei der CDU - Herr Gallert, DIE LIN- KE: Das, was Herr Weigelt gesagt hat, se- hen und lesen wir gleich im Protokoll! - Zuruf von der CDU: Ich hoffe, Sie entschuldigen sich gleich!)

Ich bin ja für ein lebendiges Parlament, aber wir haben hier ein geordnetes Verfahren.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Entschuldigung!)

Selbstverständlich haben die Fraktionsvorsitzenden jederzeit das Recht, sich zu Wort zu melden, wie auch die Mitglieder der Landesregierung. - Als Nächste hat Frau Kollegin Tiedge das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grunde genommen könnte ich vieles von dem wiederholen, was ich gestern zur Aktuellen Debatte gesagt habe.

Meine Damen und Herren! Die Sozialpsychologin Dr. Jaeckle aus Berlin schrieb in einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel - ich zitiere -:

„Wir sollten aus unserer deutschen Geschichte so viel gelernt haben, dass antifaschistisches Engagement gerade junger Menschen das Gegenteil von Demokratiefeindlichkeit ist.“

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

„Meines Erachtens sollte ein solches mutiges zivilgesellschaftliches Engagement ein Grund sein, stolz auf diese jungen Menschen zu sein, da sie sich für unsere Demokratie vor Ort einsetzen und sie lebendig und vielfältig erhalten.“

(Zuruf von der CDU: So weit ist das unstrit- tig!)

Was tut die Bundesregierung? - Sie stellt alle Initiativen, die sich gegen den Rechtsextremismus engagieren, unter Generalverdacht und schafft staatlich verordnetes Misstrauen, indem die Träger der Bundesprogramme „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ und „Initiative Demokratie stärken“ nunmehr nur noch dann Fördergelder erhalten,

wenn sie die so genannte Demokratieerklärung unterzeichnen. Dabei ist es schon mehr als verwunderlich, wenn ausgerechnet mit undemokratischen Mitteln - dazu gehört diese Erklärung - Demokratie vermittelt werden soll.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Widerspruch bei der CDU)

Die geförderten Träger sollen nunmehr erklären, dass sie sich zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der BRD bekennen und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleisten.

(Herr Schröder, CDU: Was ist daran schlimm?)

Meine Damen und Herren! Wir würden von der Landesregierung schon gern erfahren, welche Träger sich in unserem Land in der Vergangenheit diesem genannten Ziel nicht verpflichtet sahen. Es dürfte sicherlich sehr schwer fallen, auch nur ansatzweise jemanden zu benennen, der in diese Kategorie fallen würde.

Aber es wird noch problematischer. Denn diese Träger werden dazu aufgefordert, die Verfassungstreue von Partnerorganisationen sicherzustellen und gegebenenfalls durch Anfrage beim Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. Dazu stellen wir uns natürlich die Frage, warum ausgerechnet diejenigen Menschen unter Generalverdacht gestellt werden, die immer wieder aufs Neue den Mut aufbringen, sich rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Hasspropaganda und Gewalt entgegenzustellen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Anstatt dieses Engagement zu würdigen und anzuerkennen, wird es durch solche Maßnahmen behindert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

Meine Damen und Herren! Die Missachtung oder Nichtunterzeichnung der Erklärung kann zu einem teilweisen oder vollständigen Widerruf der Bewilligung führen. Das haben schon viele Träger zu spüren bekommen.

So sollten zum Beispiel Gedenkveranstaltungen am 9. November an den Standorten zweier Synagogen, die Pflege eines Denkmals im Konzentrationslager Dachau und die Spurensuche nach den mehr als 1 000 Kindern und Jugendlichen, die aus Fürth deportiert wurden, zunächst mit Mitteln des Bundes finanziert werden. Aber weil das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus sich weigerte, die Extremismusklausel zu unterschreiben, wurden die Mittel für diese Projekte, die an die Verbrechen der NS-Zeit erinnern sollten, gestrichen, und die Ideen konnten nicht realisiert werden.

Was glaubt man denn, mit welchen „Extremisten“ das Bündnis zusammenarbeiten wollte?

(Zuruf von der CDU: Mit Linksextremisten!)

Wenn man sich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag ansieht, erfährt man Erstaunliches. So wird auf die Frage, welche Konsequenzen die geforderte Erklärung für eine Zusammenarbeit der Zuwendungsempfänger mit der VVN-BdA hat, geantwortet, dass es sich bei jenen um eine heterogene Vereinigung handele, bei der extremistische Bestrebungen vorlägen.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Das bedeutet also letztendlich: Wenn ein Bündnis gegen Rechtsextremismus, Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus mit denen zusammenarbeitet, die während der Zeit des Faschismus aktiv gegen die Nazidiktatur gekämpft und dabei nicht selten Leben und Gesundheit riskiert haben, verliert es die Förderfähigkeit. Wir halten das für einen politischen Skandal.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Betrachten wir Sachsen-Anhalt. Der Verfassungsschutzbericht 2010 belegt einen besorgniserregenden Negativrekord bei rechtsextremen Gewalttaten in diesem Land. Das ist die eigentliche Gefahr für die Demokratie in Sachsen-Anhalt.

Gesellschaft und Politik stehen somit unverändert vor ernsten Herausforderungen. Dabei ist konsequentes Handeln mit dem Ziel der Stärkung der Demokratie angesagt und nicht die Unterzeichnung einer zweifelhaften und aus unserer Sicht verfassungswidrigen Erklärung, die Misstrauen sät und all diejenigen diffamiert, die für Demokratie eintreten und sich gegen jede Form Menschen verachtender Ideologie wenden. Wir fordern die Landesregierung auf, dem Antrag des Berliner Senats im Bundesrat zuzustimmen.

Zwei Sätze zum Änderungsantrag kann ich mir doch nicht verkneifen. Ich habe mir die Augen gerieben, als ich den Antrag gelesen habe. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass sich die Landesregierungen, wenn im Bundesrat ein Thema oder ein Antrag behandelt wird, im Vorfeld mit diesem Antrag beschäftigen und sich darüber austauschen, inwiefern sie diesem Antrag zustimmen können, sich der Stimme enthalten oder ihn ablehnen werden.