Protokoll der Sitzung vom 19.09.2014

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird den Antrag daher ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Kollege Jantos. - Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Hohmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich immer sinnvoll, nach Möglichkeiten und Wegen zu suchen, Jugendlichen bei dem Übergang zwischen der Schule und dem Beruf oder der weiterführenden Ausbildung Hilfe, Orientierung und Unterstützung zu geben. Das schließt benachteiligte Jugendliche nicht aus, wie es uns bereits zweimal weisgemacht wurde. Ich kenne Freiwilligendienste, die nicht nur von Schülerinnen und Schülern absolviert werden, die über keinen Schulabschluss verfügen.

Mit Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, wollen Sie die Angebotspalette der freiwilligen Jahre um die Felder der Pädagogik, der Wissenschaft, der Technik und der Nachhaltigkeit erweitern. Das ist zu begrüßen.

Das Freiwillige Wissenschaftliche Jahr gibt es als Modell seit 2011 bereits in Niedersachsen. Dort scheint es von den Jugendlichen gut angenommen zu werden. Immerhin bewerben sich jährlich ca. 200 junge Menschen um die 80 zur Verfügung stehenden Plätze. Insofern ist es zu begrüßen, dass die Bundesratsinitiative von Niedersachsen ausgeht, und es gilt, diese zu unterstützen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Es ist gut und konsequent zu überlegen, auch bei uns in Sachsen-Anhalt ein vergleichbares Angebot zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb wird sich meine Fraktion einer Überweisung Ihres Antrages in die Ausschüsse auch nicht verschließen. Ich möchte an dieser Stelle jedoch auf ein paar Details hinweisen, die mir wichtig sind.

Ich war schon etwas darüber überrascht, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, dass in Ihrem Antrag der Finanzierungsvorschlag fehlte. Aber Kollegin Lüddemann ist darauf eingegangen. Uns allen ist bekannt, dass die Beschäftigung von Freiwilligendienstlern für die Einsatzstellen mittlerweile eine recht kostspielige Angelegenheit geworden ist. Für das Freiwillige Soziale Jahr fallen für die Einsatzstellen Kosten zwischen 5 000 bis 6 000 € pro Jahr an. Deshalb unterstützt das Land das Freiwillige Soziale Jahr auch im Kulturbereich und im Bereich der Denkmalpflege im laufenden Haushalt mit insgesamt 582 000 €.

Insbesondere wenn es darum geht, den Freiwilligendienst an Schulen zu ermöglichen, muss man über Geld reden. Hochschulen haben Budgets, freie Träger können Rücklagen bilden oder die Einsatzstelle querfinanzieren. Für Schulen gilt dies alles jedoch nicht. Schulen haben in der Regel keine freien Mittel zur Verfügung, um damit Freiwilligendienste zu finanzieren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte einen anderen Weg gehen, den bereits einige Bundesländer in diesem Bereich eingeschlagen haben. Für den Einsatz von Freiwilligendienstlern an Schulen sollen Mittel des Bundesfreiwilligendienstes genutzt werden. Dieser Dienst ist dem Freiwilligen Sozialen Jahr gleichgestellt. Dabei tritt die Schule bzw. der Schulförderverein als Vertreter für finanzielle und rechtliche Fragen vor Ort ein. Die Schule oder der Schulförderverein beteiligt sich mit einem monatlichen Eigenanteil. Ein weiterer Träger übernimmt alle weiteren Kosten, wie den Sozialversicherungsbeitrag, das Taschengeld etc. Die Schule hat die Aufgabe, die pädagogische Betreuung sicherzustellen, die von den Freiwilligen in Anspruch genommen werden kann.

Was können Freiwillige an Schulen erfahren? - Kollegin Lüddemann hat hierzu bereits ausge

führt. Beispiele von bestehenden Projekten zeigen, dass sie unter anderem bei der Schülerinnenbetreuung mitwirken, Veranstaltungen planen oder auch Projektarbeiten sowie die Leitung eigener Arbeitsgemeinschaften übernehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! An meinen Beispielen erkennen Sie bereits, dass es verschiedene Möglichkeiten für junge Menschen gibt, Einblicke in pädagogische und soziale Berufszweige zu erlangen. Darüber, welcher nun der bessere Weg für Sachsen- Anhalt ist, sollten wir in den Ausschüssen diskutieren. Deshalb wäre eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur angezeigt.

Noch ein Hinweis an Minister Bischoff: Ich weiß nicht, inwieweit Sie Kenntnis davon haben, dass die Bundesfamilienministerin Schwesig eine Aufsattelung der Freiwilligendienste vornehmen möchte. Sie plant das Freiwillige Soziale Jahr für den Bereich Medien. Insofern gibt es schon noch Luft nach oben. Ich denke, wir sollten uns nicht auf eine Ablehnung des Antrages begrenzen, sondern in den Ausschüssen darüber reden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollegin Hohmann. - Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD die Kollegin Frau Dr. Pähle.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich zu diesem Antrag reden darf, obwohl er die Wissenschaft nur zu einem ganz kleinen Teil tangiert. Dennoch darf ich etwas dazu sagen, vielleicht auch, um neue Aspekte in die Debatte einzubringen.

Ich fand die Erwiderung, die Kollegin Lüddemann zum Antrag zur Stärkung des Landesjugendamtes gestern vorgetragen hat, sehr gut. Sie sagte, manchmal sei es gut, sich zunächst einen gewissen Überblick über die tatsächliche Situation zu verschaffen. Anträge in der Sache sind hierfür nicht immer nützlich. Ein ähnlicher Gedanke schoss mir bei diesem Antrag durch den Kopf.

Meine Damen und Herren! Überschriften allein stiften noch keinen Sinn. Das Freiwillige Soziale Jahr nun durch neue Überschriften zu erweitern, stiftet noch keinen eigenen Sinn. Ich habe in Ihrem sehr kurzen Antrag an keiner Stelle erfahren - Sie haben es in Ihrer Einbringungsrede erklärt -, worin der Mehrwert in diesen beiden zusätzlichen Angeboten liegen soll.

Ich möchte mich an dieser Stelle einmal dem Freiwilligen Sozialen Jahr im Bereich der Wissen

schaft, Technik und Nachhaltigkeit widmen und auf Ihre Argumente eingehen. Frau Lüddemann, ganz ehrlich, wenn wir mit dem Gewinnen von Mädchen für die MINT-Fächer erst nach dem Abitur anfangen, dann ist der Zug längst abgefahren.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Anfangen muss man in der Kita!)

Wenn wir es gemeinsam schaffen, den im Landtag vorliegenden Antrag Ihrer Fraktion zur besseren Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien zu beschließen, dann erreichen wir in Bezug auf die Bereitschaft von Mädchen, in den MINT-Berufen tätig zu sein, sehr viel mehr.

Sie wiesen darauf hin, man solle Erfahrungen sammeln und Berufsfelder erkunden. Ich stelle es mir relativ schwer vor, im Bereich der Wissenschaft ein Jahr lang als Freiwilliger mitzulaufen, ohne dabei zu studieren. Denn welche Bereiche soll ich dabei erlernen und anwenden, ohne zumindest die Grundlagen der Wissenschaft erlernt zu haben?

Bezüglich Ihres Arguments, die Unternehmen könnten den Eigenanteil aufbringen, bin ich angesichts der Unternehmensstruktur in SachsenAnhalt skeptisch. Darüber könnte man sich austauschen. Bei der Diskussion, die wir derzeit im Wissenschaftsbereich haben, wird klar, dass die Hochschulen den Eigenanteil nicht aufbringen können. Bei einem Eigenanteil von 5 000 bis 6 000 € im Jahr werden die Hochschulen davon Abstand nehmen.

Auch die universitären Einrichtungen in unserem Land, die gut ausgestattet sind, werden Mühe haben, für dieses Angebot Mittel zur Verfügung zu stellen. Abgesehen davon hätten wir, da beide Einrichtungen durch Steuergelder finanziert werden, letztlich doch eine Finanzierung des Eigenanteils des FSJ durch die öffentliche Hand.

Daher sehe ich das FSJ für den Bereich der Wissenschaft eher schwierig. Mir ist auch nicht klar, an welcher Stelle der gravierende Unterschied zwischen den Bereichen Nachhaltigkeit und Ökologie bestehen soll. Worin unterscheiden sich die Angebote so grundsätzlich, dass man das eine nicht unter der Überschrift des anderen unterbringen kann? - Über eine Weiterentwicklung der Angebote kann und muss man reden.

Im Bereich der Pädagogik habe ich mich mit meiner Kollegin Corinna Reinecke verständigt. Das ist ein Aspekt, der interessant ist, gerade wenn wir darüber reden, dass in den Lehramtsstudiengängen relativ viele Studienabbrecher zu verzeichnen sind. Vielleicht ist es eine Möglichkeit, um Abiturientinnen und Abiturienten auf den Beruf als Lehrerin und Lehrer vorzubereiten. Vielleicht ist es eine Möglichkeit.

Aus der letzten Legislaturperiode ist mir berichtet worden, dass über die Einführung des Freiwilligen Jahres Politik sowohl im Landtag als auch im Ausschuss intensiv beraten, dass also das Pro und Kontra abgewogen wurde und dass auch über die Einsatzmöglichkeiten gestritten wurde. Ich wünsche mir, dass mit diesem Ansatz an das Angebot Freiwilliges Soziales Jahr Pädagogik herangegangen wird, dass also zuerst die Fragen geklärt und abgewogen werden und dann die Einführung unter bestimmten Rahmenbedingungen angegangen

Vor diesem Hintergrund lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. Wir werden aber unter den Aspekten, die ich aufgeführt habe, das Thema noch einmal aufgreifen und eine grundsätzliche Diskussion über den Freiwilligendienst in Sachsen-Anhalt anschieben. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Frau Reinecke, SPD, von Frau Schindler, SPD, und von Herrn Kurze, CDU)

Danke schön, Kollegin Dr. Pähle. Ich will nur daran erinnern, dass ich jetzt zweimal gehört habe, dass man sich einer Überweisung nicht verweigern würde.

(Herr Borgwardt, CDU: Wir wollten das ab- lehnen!)

Man hätte aber lieber eine Direktabstimmung. Aber wenn man sich noch einmal damit befassen will - - Beantragt wurde es nicht.

(Zuruf von der LINKEN: Doch, wir haben es beantragt!)

- Nein.

(Herr Wagner, DIE LINKE: Wir haben Sozia- les und Bildung beantragt!)

Man wurde sich dem anschließen oder würde sich nicht verweigern. So lautete die Formulierung. Wir verstehen das jetzt einmal als Antrag Ihrer Fraktion.

(Herr Wagner, DIE LINKE: So hat sie es ge- sagt!)

Dann machen wir das so.

Jetzt könnte Frau Kollegin Lüddemann noch einmal reden, wenn sie möchte.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Nein! Wir wür- den auch überweisen an die Ausschüsse für Soziales und für Wissenschaft und Wirt- schaft!)

- Jetzt haben wir gehört, dass eine Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, für Wissenschaft und Wirtschaft

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Und Bildung!)

und für Bildung und Kultur stattfinden soll.

Ich würde erst einmal generell fragen, ob die Überweisung gewünscht ist. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Dann kämen wir zur Abstimmung über den Antrag. Ich lasse über den Antrag abstimmen, der in der Drs. 6/3258 vorliegt. Wer möchte dem zustimmen? - Das sind beinahe geschlossen die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das tun die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Er hat nicht die erforderliche Mehrheit bekommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 16.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf: