Protokoll der Sitzung vom 19.09.2014

Vor dem Hintergrund, dass der Ausstieg gut durchdacht werden sollte und entsprechend vorbereitet werden kann, auch mit einem Erlass, und natürlich - das ist ganz klar - auch aus tierschutzrelevanten Gründen, stimmt unsere Fraktion dem vorliegenden Antrag zu.

Es geht jetzt darum, dass Nägel mit Köpfen gemacht werden. An praxisorientierten Forschungen und an praktischen Erfahrungen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, fehlt es in Europa nicht. Schauen wir nach Österreich, wo dieser Schritt bereits vor über zehn Jahren systematisch vollzogen wurde. Die Besatzdichte entspricht meines Wissens der in Deutschland. Bei durchschnittlich 5 000 Hennen pro Betrieb sind Bestände von 20 000 bis 60 000 Legehennen anzutreffen. In diesen großen Herden wurden Versuche durchgeführt.

Während im Jahr 2002 noch in 45 % dieser Bestände die Schnäbel kupiert worden sind, waren es im Jahr 2003 nur noch 20 %, dann im Folgejahr höchstens 5 %. Seit 2005 wird - wie schon gehört - nicht mehr kupiert. Was dort möglich ist, sollte auch bei uns machbar sein.

In Österreich gibt es Erfahrungen und Langzeitstudien, die zeigen, dass man bei einer entsprechenden Vorbereitung mit den Mehrbelastungen bzw.

den Einnahmeverlusten auskommen kann. Aber auch andere Länder in der EU und deren Verbände der Eierproduzenten gehen inzwischen davon aus, dass es nicht mehr vertretbar ist, Tiere auf ihre Haltungsbedingungen im wahrsten Sinne des Wortes zuzuschneiden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Daldrup und Herr Barth, ich glaube, Sie werden mir darin nicht widersprechen: Wenn Landwirte von Berufsehre und Berufsethos sprechen, dann haben sie immer auch das Wohl ihrer Tiere im Blick.

Seitens des Wirtschaftsverbandes Eier und Geflügel Sachsen-Anhalt wird angemahnt, dass der Preis pro Ei damit um 4 Cent steigen wird. Die gleiche Diskussion hatten wir bereits vor Jahren im Zusammenhang mit der Debatte um die Käfighaltung. Heute spricht kein Mensch mehr von diesen damals prophezeiten ökonomischen Belastungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was den Geflügelhaltern und der Landwirtschaft insgesamt zu schaffen macht, ist die willkürliche Preispolitik des Handels.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich würde nicht so optimistisch auf die Handelspolitik bauen, Frau Frederking. Nur so viel: Wenn Eier, Fleisch, Milch und Nahrungsmittel über Werbeblöcke in Funk und Fernsehen oder auf Werbeblättern wie Ramschartikel angeboten werden, muss die Achtung vor dem Tier auf der Strecke bleiben.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Geiz ist geil!)

Und dafür, meine Damen und Herren, ist nicht der Landwirt, sind nicht die Geflügelhalter verantwortlich - sie müssen es allerdings wirtschaftlich ausbaden. Diesen Druck müssen wir den Landwirten nehmen. Dann kommen wir bei dem Thema Tierwohl tatsächlich nachhaltig weiter.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Kurzum: Ich hoffe, es bleibt nicht wieder nur bei Absichtserklärungen und Berichterstattungen wie bei den Problemfällen im Agrarausschuss: Grundstücksverkehr und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Diese Vorgänge schmoren schon Monate und Jahre im Ausschuss.

Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem vorliegenden Antrag zu.

(Zustimmung von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollege Krause. - Für die Fraktion der CDU spricht nun der Abgeordnete Herr Daldrup.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hatten wir hier die eierlegende Wollmilchsau, heute haben wir die Hühner, die von den GRÜNEN anstelle von Säuen durchs Dorf getrieben werden. Man kann daran erkennen, dass es sich hierbei wieder einmal um eine Kampagne handelt und um eine Reihe von Anträgen, die die GRÜNEN stellen. In der nächsten Landtagssitzung werden wir wahrscheinlich einen Antrag zum Schwänzekupieren oder zu anderen Dingen in der Tierhaltung bekommen.

(Frau Frederking, GRÜNE: Gute Idee! - Herr Striegel, GRÜNE: Wir können in diesem Land noch viel beim Tierschutz machen!)

Dann werden wir draußen vielleicht einen aufblasbaren Ringelschwanz sehen. Das weiß man alles nicht, aber das ist zu erwarten.

Natürlich ist es so, dass wir alle das Schnabelkürzen relativ schnell beenden wollen. Darin besteht Konsens. Natürlich müssen sich die Haltungsbedingungen an die Tiere anpassen - auch das ist Konsens -, aber doch nicht um den Preis von Kannibalismus, um den Preis von anderen Tierschutzverstößen, auch nicht um den Preis von Wertschöpfung, nicht um den Preis von Wettbewerb, nicht um den Preis von Dingen, die im ländlichen Bereich wichtig sind, und nicht um den Preis von billigem Populismus. Und genau das ist der Punkt, der mich ärgert.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Denn eigentlich ist der Antrag obsolet, weil die Dinge schon längst auf dem Weg sind. Wenn hier heute darüber diskutiert wird, dass beispielsweise das Ei 4 Cent teurer wird und dass das gar kein Problem ist, weil es bei der Käfighaltung auch so gewesen ist, dann muss man deutlich sagen: Ja, natürlich, im Laden liegt ja kein anderes Ei mehr; man hat doch gar keine andere Wahl. Aber darüber, woher die Industrieeier, die Verarbeitungseier kommen, redet heutzutage kein Mensch mehr. Die kommen aus ganz anderen Bereichen als der Käfighaltung; denn das ist von der Kennzeichnungspflicht gar nicht erfasst.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Bioeier aus China! - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Deswegen sagen wir: für alle Eier!)

Insofern muss man auch die Dinge beim Namen nennen und bei der Wahrheit bleiben.

Wir wollen eine vernünftige, wissensbasierte Umstellung. Wir sind ganz bei den Thesen und dem,

was der Bundeslandwirtschaftsminister in den letzten Tagen gemacht hat. Das ist, so glaube ich, ein vernünftiger Weg, um die Umstellung wissensbasiert voranzutreiben.

Eines muss man sehr deutlich sagen: In all diesen Fragen werden wir es nur mit Verboten nicht schaffen, die Dinge substanziell zu verbessern. Nein, wir brauchen die Überzeugung der Tierhalter, von denen ich glaube, dass sie da ist.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Der Verbraucher!)

Die Überzeugung der Verbraucher brauchen wir auch. Ich will keine Verbraucherschelte betreiben, aber die Erfahrungen der letzten 40 Jahre haben gezeigt: Wir können viel Überzeugungsarbeit leisten, aber wenn im Laden anderes billiger angeboten wird, kauft der Verbraucher das auch. Deswegen braucht man zunächst einmal eine Bewusstseinsumstellung.

(Frau Frederking, GRÜNE: Aber das stimmt doch nicht!)

- Das dauert länger, Frau Frederking. Das werden wir mit Verboten nicht hinbekommen. Der Veggieday ist ein schönes Beispiel dafür; damit haben Sie Ihre Erfahrungen sammeln können.

(Frau Frederking, GRÜNE: Die Verbrauche- rinnen haben doch keine Käfigeier mehr ge- kauft!)

Nein, wir brauchen Freiheit. Wir brauchen Kreativität, nicht Verbote, nicht Verordnungen und schon gar nicht Erlasse in Bereichen, in denen das gar nicht nötig ist, weil uns das gar nicht betrifft.

Ich habe den Eindruck, dass dieser Antrag, den Sie gestellt haben, eher dem Ziel dient, einem Thema, das Ihnen davongelaufen ist, nachzukommen. Wir bitten das Parlament, unserem Alternativantrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Daldrup, es gibt noch eine Frage des Abgeordneten Weihrich. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege Daldrup, Ihr Alternativantrag wiederholt im Grunde genommen den AMKBeschluss. Danach soll nach Vorliegen praxisgerechter Forschungsergebnisse das Schnabelkürzen verboten werden. Herr Krause hat schon darauf hingewiesen - das kann ich nur unterstreichen -, dass wir der Auffassung sind, dass es keiner zusätzlichen Forschung bedarf.

Ich würde Sie gern fragen: In welcher Richtung soll denn geforscht werden, damit eine aus Ihrer Sicht ausreichende Grundlage für das Schnabelkürzen

vorhanden ist? Welchen Ausstiegszeitraum, welchen Fahrplan stellen Sie sich vor? - Bei der AMK haben einige Länder deutlich gemacht, dass bis Ende 2016 ein Ausstieg aus dem Schnabelkürzen möglich ist. - So weit die erste Frage.

Die zweite Frage bezieht sich auf die Begründung zu Ihrem Alternativantrag. Darin steht:

„Ziel sollte es sein, den Anteil des Geflügelbestands im ökologischen Landbau marktkonform zu erhöhen.“

Dazu finde ich allerdings in dem Beschlusstext überhaupt nichts. Deswegen frage ich Sie, wie Sie sich eine Unterstützung des ökologischen Landbaus vorstellen, damit mehr Eier aus ökologischer Erzeugung in den Handel gelangen können. - Danke.

Sie wissen, dass die Forschung für uns ein wichtiger Punkt ist, weil wir nicht genau wissen, welche Haltungsbedingungen die optimalen für Hühner sind. Frau Frederking hat ein paar Dinge genannt. Darüber muss man vernünftig reden und dazu muss man forschen. Wir haben deswegen gesagt, dass wir beispielsweise in Iden dazu Forschungen durchführen wollen, dass wir dort ein Kompetenzzentrum für Tierwohl einrichten wollen. Ich glaube, dass wir noch lange nicht am Ziel sind.

Es kann nicht sein, dass wir am Ende nur biologische Forschung haben. Vielmehr brauchen wir Forschung, die auch zum Ziel hat, eine wettbewerbsfähige Hühnerhaltung in diesem Land zu gewährleisten. Insofern ist die Forschung an dieser Stelle frei.

Ich denke mir, dass sowohl in der Ausgestaltung der Ställe, in der Zusammensetzung des Futters, in der Ausgestaltung der Licht- und Lebensbedingungen der Tiere noch eine ganze Menge möglich ist, um das zu verhindern, was wir schnell überblicken und was anschließend die Folgen sein würden.

Zu der Frage der biologischen Haltungsformen. Das haben wir in die Begründung geschrieben, weil es für uns ein wichtiger Punkt ist. Im Antrag ist es nicht explizit enthalten. Aber für uns ist es schon ein Ziel, die biologischen und die Produktionsbedingungen in Sachsen-Anhalt zu verbessern. Das zeigt auch das Ergebnis der Ausgestaltung der EU-Förderperiode für die nächste Zeit, was die Förderung des biologischen Anbaus angeht.