Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle wiederholen, dass ich mich sehr darüber freue, dass unser Anstoß, die Schülerzahlen für die Grundschulen im ländlichen Raum bei 60 zu belassen und die zweite Phase der Schul

entwicklungsplanung für das Schuljahr 2017/2018 dahin gehend zu korrigieren, im Ergebnis steht und dass dieser Anstoß auch umgesetzt worden ist. Katrin Budde hat es bei ihrer Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2015/2016 bereits deutlich gesagt.

Aufgrund der mir bekannten Zahlen gehe ich davon aus, dass auf diesem Weg wahrscheinlich mehr als 27 Grundschulen gerettet werden können. Die genaue Zahl wird erst dann feststehen können, wenn die Schulträger ihre Planungen gemacht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es im Übrigen auch für keinen Makel, wenn man eine politische Entscheidung angesichts vieler Gespräche, Diskussionen und Debatten sowie neuer Erkenntnisse kritisch reflektiert und bereit ist, sie zu revidieren. Mein Haus und ich haben unzählige Diskussionen mit Menschen vor Ort geführt, mit Gruppen und mit Institutionen.

Im Ergebnis kann man auch vor dem Hintergrund des in den Jahren ab 2020 immer stärker werdenden demografischen Echos sehen, dass die Schülerzahlen an den Grundschulen zuerst sinken werden. Daher erscheint es letztlich doch nicht sinnvoll, wenige Jahre zuvor eine Verschärfung der Vorgaben für den ländlichen Raum zu setzen, die man möglicherweise wenige Jahre später mit Blick auf Fahrtzeiten und andere Rahmenbedingungen als in verschiedenen Regionen nicht mehr tragfähig ansehen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Thema Schulverbünde will ich wenige Sätze aus schulfachlicher Sicht sagen. Dieses Instrument ist im Augenblick nach all dem, was ich kenne, nur knapp skizziert und schemenhaft erkennbar. Die große Frage ist, ob es bei Schulen mit 60 Schülern überhaupt noch nötig ist. Aus der Sicht des Ministeriums gibt es jedenfalls derzeit viel zu viele grundsätzliche und finanzielle Fragen, für die auch gutwillige Fachleute im Augenblick keine Lösungen sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch einige Ausführungen zum Schulgesetz. Immer wieder ist zu hören, dass jahrgangsübergreifender Unterricht die Lösung für Kleinstschulen wäre. Fast mantrahaft wird hiervon wie von einem Deus-ex-Machina-Instrument in viele Mikrofone erzählt. Richtig ist, jahrgangsübergreifender Unterricht ist schon seit einigen Jahren an allen Grundschulen im Land möglich. Ob Grundschulkollegien und auch Eltern dies wollen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es gibt einige Schulen, eher die Minderheit, die das praktizieren, und zwar erfolgreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend sei noch einmal Folgendes herausgestellt: Das Ziel, das vor Wochen in Auswertung der Ge

spräche zur ersten Phase der Schulentwicklungsplanung festgelegt wurde, ist erreicht worden. Die 60 steht. Damit können wir mehr Schulen im ländlichen Raum erhalten, worüber ich mich freue. Wichtig ist aber auch, zu betonen, dass wir weiterhin ein dichtes Netz für die jüngsten Schülerinnen und Schüler vorhalten. Auch wenn noch einige Schulen fusionieren müssen, so überwiegt doch die Freude an vielen Schulstandorten, in vielen Dörfern und Städten darüber, dass wir Schulen erhalten können. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Minister, es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Köck.- Doch zuvor darf ich Schülerinnen und Schüler der Europaschule „Carl von Clausewitz“ aus Burg bei uns im Haus begrüßen. Das passt auch gut zum Thema. Willkommen im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister, wir haben noch etwa 550 Grundschulen in Sachsen-Anhalt. Manche von denen liegen bereits jetzt unter der Mindestschülerzahl von 60. Das Schließen einer jeder solchen kleinen Schule würde Lücken reißen, die unverantwortlich sind. Wäre es nicht sinnvoll, eine Einzelfallprüfung anzustellen - bei 550 Schulen ist das machbar -, bei der die Verkehrs- und Schulwege und nicht die Anzahl der Schüler entscheidend sind?

Wenn Sie die Verordnung, die auch jetzt schon gilt, aufmerksam lesen, dann werden Sie einen Ausnahmetatbestand finden, der die 45-MinutenRegel beinhaltet. Das heißt, in den Fällen, in denen Schulwege länger als 45 Minuten dauern, ist es bereits heute möglich, von der Mindestschülerzahl von 60 abzuweichen. Dieser Ausnahmetatbestand ist regelhaft, verlässlich und rechtlich sicher in der Verordnung geklärt.

Danke schön. Es gibt eine weitere Nachfrage vom Abgeordneten Herrn Gebhardt.

Herr Minister, Kollege Höhn hat es schon angesprochen: Sind die Punkte, die zur Abstimmung stehen, Sache des Ministers, oder, wie in der letzten Legislaturperiode auch passiert, sollen Eckpunkte durch das Parlament beschlossen werden, die dann von der Landesregierung umgesetzt werden? Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob Sie

es als Rückendeckung für Ihr Agieren empfinden würden, wenn das Parlament einen solchen Antrag, der den Kompromiss beinhaltet, beschließt. Wenn ja, würden Sie das dem Parlament auch so empfehlen? Wenn nein, warum haben Sie dem Kompromiss dann offenbar zugestimmt?

Herr Gebhardt, das ist ein netter Versuch. Aber ich glaube, das muss das Parlament selber beantworten. Ich werde, wie es vorgesehen ist, zu der Verordnung das Benehmen mit dem Ausschuss herstellen.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. - Dann fahren wir in der Aussprache fort. Für die Fraktion der CDU spricht nun der Fraktionsvorsitzende Herr Schröder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Oppositionsfraktionen war angekündigt und in Anbetracht der Vorgeschichte auch zu erwarten. Die Debatte um die Vorgaben der Schulentwicklungsplanung und zu den Kriterien des Förderprogramms Stark III wurde vor allem in den letzten Wochen sehr intensiv geführt. Bekanntlich hat sich meine Partei mit einem eigenen Lösungsvorschlag an dieser Debatte beteiligt und sich inhaltlich klar positioniert.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Ergebnis dieser öffentlich geführten Debatte haben sich die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit dem Kultusminister auf neue Vorgaben für die vom Ministerium ursprünglich selbst festgelegte Verordnung zur Schulentwicklungsplanung verständigt.

Der Verzicht auf eine Verschärfung der Planungsvorgaben für den ländlichen Raum ab dem Schuljahr 2017/2018 ermöglicht es, ca. 27 Grundschulstandorte mehr in unserem Land am Leben zu erhalten, als dies bislang der Fall gewesen wäre.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt daher ausdrücklich die Modifikation und damit die Selbstkorrektur des Ministers.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Höhn, die Veränderung der Vorgabe zur Mindestschülerzahl bedarf formal keines Landtagsbeschlusses. Sie ist Regelungsinhalt einer Verordnung, die eine Landesregierung in eigener Verantwortung auf den Weg bringen kann. Dennoch hat das Thema eine Bedeutung erlangt. Darin will ich Ihnen beipflichten. Nicht nur aus der Sicht des Kultusministeriums und des Kultusministers schien es angebracht, in einem parteiübergreifen

den Schulfrieden dafür zu sorgen, dass Verabredungen länger halten als ansonsten für eine Verordnung üblicherweise möglich.

Der Inhalt des Oppositionsantrages entspricht daher im Wesentlichen einem Kompromiss, den Bildungspolitiker aller vier Fraktionen mit dem Kultusminister verhandelt hatten. Wir müssen heute feststellen, dass der Minister bereit war, für eine parteiübergreifende Verständigung auf Vorgaben, die bis 2023 gelten sollen, weiter zu gehen als seine eigene Fraktion. Die Modifikation der Verordnung bleibt aus der Sicht meiner Fraktion aber ein richtiger Schritt, selbst dann, wenn wir uns im Einzelfall mehr wünschen würden.

Die CDU wird an ihren eigenen Vorschlägen festhalten. Das dürfte niemanden überraschen.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch wir lernen immer und werden unsere Vorschläge weiter entwickeln. Wir werden für Mehrheiten werben. Ich möchte betonen, dass auch für uns der Grundsatz gilt, dass wir in einer Koalition einvernehmliche Lösungen finden müssen.

Als Partei sind wir in dieser Koalition natürlich eigenständig und es bleibt unsere feste Überzeugung, dass wir trotz der modifizierten Verordnung eine Überwindung der Kleinteiligkeit unserer Grundschullandschaft für sinnvoll halten.

Die Grundschulverbände wären dafür eine Lösung. Der Schulverband führt Standorte wirtschaftlich und organisatorisch zusammen und hebt damit Flexibilitätsreserven. Das betrifft sowohl den Einsatz von sächlichen und personellen Ressourcen wie auch die Gestaltung des jahrgangsübergreifenden Unterrichts, der jetzt schon möglich ist, wie es der Kultusminister richtigerweise erwähnt hat. Natürlich gibt es bei einem Grundschulverband Synergieeffekte im Bereich der Schulleitung und der Personalplanung für die Unterrichtsversorgung. Die Mindestschülerzahl für einen Grundschulverband mit zwei Standorten soll 120 betragen.

Getroffene Entscheidungen drehen wir nicht zurück. Ausnahmenregelungen, die auch jetzt schon für dünnbesiedelte Gebiete, bei schwankenden Prognosen, bei Kapazitätsproblemen aufnehmender Schulen oder bei unzumutbar langen Wegezeiten gelten, sollten aus unserer Sicht erhalten bleiben.

Weil auch das den Bildungsausschuss und den Landtag noch beschäftigen wird, will ich zum Thema Unterrichtsversorgung Folgendes sagen: Für die CDU-Landtagsfraktion ist diese in allen Schulformen zu garantieren. Die notwendige Konsolidierung der Landesfinanzen darf kein Grund dafür sein, die allgemeine Schulpflicht im Land zu unter

graben oder den Unterricht massiv einzuschränken.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Auch das wird uns in diesem Landtag wohl noch beschäftigen, auch in Anbetracht der letzten Ausschusssitzung. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Schröder, es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten? - Herr Abgeordneter Gallert.

Herr Schröder, Sie sprachen gerade von einer Selbstkorrektur des Kultusministers bei der Veränderung der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung. Müssten wir korrekterweise nicht von einer Selbstkorrektur der Landesregierung bei der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung ausgehen?

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Ich sehe in beiden Feststellungen keinen Widerspruch.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Wir fahren fort in der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE spricht nunmehr Herr Abgeordneter Höhn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern auf ein paar angesprochene Punkte reagieren. Erstens. Herr Schröder hat davon gesprochen, dass der Antrag der beiden Oppositionsfraktionen im Wesentlichen dem entspricht, was die Fraktionen insgesamt verhandelt haben. - Er entspricht wörtlich dem, was wir verhandelt haben. Auf diesen Unterschied lege ich Wert.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Es steht nur Wesentliches drin!)

Zweitens. Ich möchte noch einmal bei der Selbstkorrektur ansetzen. Dabei geht es mir nicht nur um den Punkt, den Herr Gallert angesprochen hat. Wir haben auch in diesem Haus - das muss ich noch

einmal sagen - mehr als einmal über diese Frage geredet.

(Frau Bull, DIE LINKE: So viel Zeit muss sein!)