Protokoll der Sitzung vom 17.10.2014

Ich kann nichts zu Ihrer Erregung in Bezug auf die Geschichte sagen. Ich will von Ihnen nur hören: Teilen Sie die Einschätzung der Nationalen Akademie der Wissenschaft, dass der Personalschlüssel einer der - nicht d e r - zentralen Angelpunkte zur Herstellung von Qualität in Kitas ist?

Selbstverständlich, Frau Professor Dr. Dalbert, das haben wir auch immer gesagt. Ich könnte mir noch einen viel besseren Personalschlüssel vorstellen. Hierbei ist unerheblich, ob ich nun der Bertelsmann Stiftung oder der Leopoldina folge.

Es war aber auch immer eine Abwägung dessen, was machbar ist und was wir mit diesem Landeshaushalt realisieren können. Das ist aber nur ein Punkt. Der Personalschlüssel ist ein Qualitätsmerkmal.

Ich wollte nur aufzeigen: Über das Ansinnen, ein weiteres Modellprojekt zu initiieren, um einen besseren Personalschlüssel zu erreichen, ist in der Vergangenheit auch von Fachleuten diskutiert worden. Es ist zudem darüber diskutiert worden, ob der Ganztagsanspruch, der sicherstellt, dass alle Kinder zu gleichen Zeiten teilhaben können, ausreichend ist. Man hat diesbezüglich festgestellt: Das allein ist es nicht.

Deswegen haben wir sehr dafür geworben, dass es andere Professionen in der Kinderbetreuung gibt, um qualitativ auf die schwierigen Punkte reagieren zu können. Diese Professionen können wir aber nicht über das KiFöG oder über Modellprojekte abbilden, sondern sie sind regelhaft in den Landkreisen vorhanden. Möglicherweise ist das nicht ausreichend.

Noch einmal: Wir haben dort die frühen Hilfen, die Familienhebammen, die sozialpädagogische Familienhilfe. Wir haben meiner Meinung nach sogar ausgebildete Kinderschutzbeauftragte in den Kitas. Wir haben für viele Bereiche Hilfen.

Ich erwarte von den Landkreisen und den kreisfreien Städte, dass sie sich genau anschauen, in welchem Viertel besonders problematische Familien vorhanden sind, wo sozusagen die „Hütte brennt“, und ob sie in diesen Brennpunkt-Kitas, um alle Kinder zu unterstützen, parallel zu unserem KiFöG zusätzlich Fachkräfte oder finanzielle Mittel einsetzen müssen.

Die Landkreise und die kreisfreien Städte können sogar entscheiden, gegebenenfalls den Personalschlüssel anzuheben. Sie können gegebenenfalls Vor- und Nachbereitungszeiten dazugeben, weil sie der Auffassung sind, dass diese Maßnahmen immer noch preiswerter sind als eine spätere Heimunterbringung oder andere schwierige Maßnahmen.

Deswegen wollen wir, dass sie individuell mit jeder Kita eine solche Leistungs- und Qualitätsvereinbarung treffen. Deshalb, sage ich, brauchen wir kein Modell. Wir sollten endlich inhaltlich mit dem neuen Kinderförderungsgesetz, auf das ich noch immer sehr stolz bin, starten und schauen, dass wir und wie wir eine Qualitätsdebatte hinbekommen. Ich streite dafür, weil ich sage, dass kein Kind verloren gehen darf. Das passiert noch immer zu oft.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Wir begrüßen jetzt ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des „Dr. Carl Hermann“-Gymnasiums aus Schönebeck.

(Beifall im ganzen Hause)

Pünktlich zur Rede ihrer Wahlkreisabgeordneten waren sie da. - Jetzt fährt Frau Lüddemann aus Dessau fort. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Danke schön. - Lassen Sie mich einleitend noch einmal etwas Grundsätzliches sagen: Herr Minister Bischoff, Frau Kollegin Grimm-Benne, mich ärgert, dass Sie mir jedes Mal, wenn ich versuche, etwas gegen Kinderarmut und zur Verbesserung der Situation in Kitas in diesem Land zu unternehmen, immer unterstellen, dass ich unser KiFöG nicht schätzen würde. Das ist Quatsch und dagegen verwahre ich mich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Ich weiß sehr wohl, dass die Ganztagsbetreuung für alle Kinder, die wir gemeinsam erreicht haben,

und das Bildungsprogramm wirklich gut und Errungenschaften sind. Ich verteidige sie auch überall.

Ich bin seit einem halben Jahr Stadträtin in Dessau und sorge schon dafür, dass die Dinge dort richtig umgesetzt werden. Trotzdem müssen Sie mir aus fachlicher Sicht und meiner Fraktion in ihrer Rolle als Opposition zugestehen, dass wir immer noch mehr wollen. Es ist auch unsere Aufgabe als Opposition, hierbei immer wieder zu drängen. Deswegen werden wir als Opposition - ich denke, diesbezüglich darf ich ausnahmsweise auch für DIE LINKE mitsprechen - an der Stelle nicht locker lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Dass ich hierfür ein Modell vorschlage, ist der Finanzsituation dieses Landes geschuldet. Wir sehen eine seriöse Gegenfinanzierung vor. Das haben wir bei allen Anträgen, die wir vorgelegt haben, immer gemacht, und deswegen steigen wir zunächst mit 15 Kitas ein.

Ich habe immer gesagt und ich bin auch davon überzeugt, dass es dann, wenn ein solches Programm positiv evaluiert werden würde, zu einer Regelförderung kommen soll. Damit soll natürlich zusätzliches Personal aus anderen Professionen flexibel eingesetzt werden, um das Konglomerat an Ansprüchen, das Frau Grimm-Benne angesprochen hat, in die Kitas hineinzubringen.

Dass das eine kommunale Aufgabe ist, ist an sich unstrittig. Aber es ist, glaube ich, auch unstrittig, dass die Folgekosten die gesamte Gesellschaft und in vielen Punkten eben auch das Land zu tragen haben.

Von der SPD wurde selbst das Stichwort Heimunterbringung genannt. Was ist denn mit Kinder- und Jugendkriminalität? Was ist mit den Jugendlichen, die einen schlechten oder gar keinen Schulabschluss haben? Was ist mit den Gesundheitskosten oder dem Anstieg des Bedarfs an sozialpädagogischer Familienhilfe usw.? - Ich bin zutiefst davon überzeugt, je früher man ansetzt, je früher man Geld ins System gibt, umso weniger muss man am Ende bezahlen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Grimm-Ben- ne, SPD: Aber nicht als Modellprojekt! - Mi- nister Herr Bischoff: Wo ist da der Unter- schied?)

Wenn die Träger diese Kosten übernehmen sollen, dann muss man sich einmal anschauen, wie die Leistungsverträge, so es sie gibt, vor Ort verhandelt werden. Damit stellen wir das völlig der Finanzsituation der einzelnen Kommune bzw. dem Verhandlungsgeschick der einzelnen Träger anheim. Ich bin nicht bereit, an dieser Stelle den Zu

fall walten zu lassen. Ich glaube, wir haben als Land die Verantwortung, hier mit einzusteigen.

(Zuruf von Herrn Jantos, CDU)

- Ihnen wollte ich noch Folgendes sagen: Wenn Sie denken, die Einführung der Kategorie soziale Brennpunkte sei der Kern der Wissenschaftlichkeit, dann darf ich Sie einmal belehren, dass es sich dabei um einen Ausdruck aus der medialen Welt handelt, den man benutzt, um Dinge zuzuspitzen. In der Fachlichkeit - Frau Kollegin Hohmann hat dazu ein Bundesprogramm zitiert, Urban und andere - wird immer von Vierteln mit besonderem Entwicklungsbedarf gesprochen.

Abschließend zu dem Thema Fachkräfte. Sie haben gesagt, man würde sie vielleicht nicht finden. Das Problem wird dadurch ein bisschen aufgebrochen, dass es eben nicht nur - in Anführungszeichen - um Kita-Erzieherinnen geht, sondern es sollen unterschiedliche Professionen angesprochen werden. Auch sollen, wenn es zum Beispiel um die Stärkung der Eigenverantwortung von Kindern geht, Projektgelder eingesetzt werden. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das hinkriegen würden.

Ich muss anerkennen - das haben Sie anders ausgedrückt, Frau Kollegin Hohmann; ich nenne es einmal etwas anders -, dass die spontane Einbringung dieses Antrages, nämlich eine Woche, bevor wir im Ausschuss die Anträge zum Haushaltsplanentwurf behandeln, eine Überforderung der Koalition darstellt. Das muss ich jetzt einsehen. Vielleicht könnten wir den Antrag trotzdem in die Ausschüsse überweisen, um uns eine fachlich fundierte Meinung zu bilden und einen Vorlauf für die nächste Legislaturperiode zu haben. - Danke.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke, Frau Lüddemann. - Damit haben wir die Debatte beendet.

Es wurde ein Antrag auf Überweisung gestellt. Ich frage erst einmal generell, ob der Antrag auf Überweisung eine Mehrheit findet. Wer ist dafür? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 6/3487 ab. Wer stimmt dem Antrag zu? - Das ist die Antragstellerin. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 17 ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 37. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt

Fragestunde mehrere Abgeordnete - Drs. 6/3506

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gemäß § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet nun die Fragestunde statt. Ihnen liegen in der Drs. 6/3506 fünf Kleine Anfragen vor.

Die Frage 1 stellt die Abgeordnete Frau Tiedge. Es geht um das Gesetz zur Vorsorge über die von Hunden ausgehenden Gefahren. In Vertretung des Innenministers wird Minister Herr Webel antworten. Bitte schön, Frau Tiedge.

Die „Volksstimme“ vom 6. Oktober 2014 berichtete nach entsprechender Anfrage im Innenministerium, dass nach derzeitiger Planung der Evaluierungsbericht zum Gesetz zur Vorsorge über die von Hunden ausgehenden Gefahren bis Jahresende 2014 vorliegen soll.

In der Fragestunde in der Sitzung des Landtages bereits am 27. Februar 2014 antwortete der Minister für Inneres und Sport zur selben Problematik, dass derzeit in seinem Haus der angekündigte Berichtsentwurf erstellt wird, für den er kurzfristig in die Ressortabstimmung gehen will, um dann auch einen Beschluss der Landesregierung herbeizuführen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Worin liegen die Ursachen, dass der gesetzlich

für Jahresanfang 2014 vorgeschriebene und in der Antwort des Innenministers vom 27. Februar 2014 angekündigte Evaluierungsbericht immer noch nicht vorliegt?

2. Wie will die Landesregierung sicherstellen,

dass im Rahmen der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 die Ergebnisse der Evaluierung der entstehenden Kosten aus dem Gesetz zur Vorsorge über die von Hunden ausgehenden Gefahren berücksichtigt und entsprechende Änderungen vorgenommen werden können?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Herr Minister Webel spricht in Vertretung von Herrn Minister Stahlknecht. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Frau Tiedge namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Neben dem rechtlichen Evaluierungsauftrag an die Landesregierung nach § 18 des Gesetzes zur Vorsorge über die von Hunden ausgehenden Gefahren - nachfolgend Hundegesetz genannt - sind auch die durch die Aufgabenübertragung auf die Kommunen entstehenden einmaligen und laufenden Mehrkosten mit der Evaluierung zu überprüfen.

Die Würdigung der Stellungnahmen von etwa 250 angeschriebenen Institutionen ließ Nachfragen, insbesondere zur Überprüfung der einmaligen und laufenden Mehrkosten, entstehen, die innerhalb der Landesregierung einer Klärung bedurften. So wurde beispielsweise der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt, der maßgeblich an der Kosten- und Mehrbedarfsermittlung mitgewirkt hat, nochmals um ergänzende Erläuterungen zu seinen bisherigen Stellungnahmen gebeten. Diese Erläuterungen liegen zwischenzeitlich vor und wurden abschließend ausgewertet.