Ich habe eine Frage, weil ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich das richtig verstanden habe, was Sie gesagt haben. Ich meine, verstanden zu haben, dass Sie die Außenorientierung - so nenne ich es jetzt einmal - Ihrer Beschlussempfehlung hinsichtlich humanitärer Hilfe, Bekräftigung usw. damit begründen, dass in der Überschrift des Ursprungsantrags der Linksfraktion steht, es gehe um verfolgte Minderheiten im Irak und Syrien. Daher sagen Sie: Deshalb kann es auch nur um Maßnahmen in diesen Ländern gehen. Habe ich Sie damit richtig verstanden?
Nur zum Teil. Ich habe es so gemeint, wie ich es auch ausgeführt habe, nämlich dass wir immer beide Seiten betrachten müssen: Wir müssen hierbei einerseits die Hilfe vor Ort und andererseits die Aufnahme von Flüchtlingen betrachten.
Darf ich eine Nachfrage stellen? - Würden Sie mir dann darin Recht geben, Frau Schindler, dass, wenn man sich den Antrag der Linksfraktion noch einmal durchliest, es genau darum geht, nämlich um beides, also um Maßnahmen nach innen und nach außen?
Der Antrag der Linksfraktion bezog sich vorrangig auf die Aufnahme von Flüchtlingen hier. Ich habe ihn jetzt nicht direkt vor mir.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Herbst, dass Sie diesen Punkt aufgegriffen haben. In der Tat ist das ein Punkt, zu dem ich sagen muss: Das regt mich einfach auf. Wissen Sie, an jeder Stelle, an der wir an Sie appellieren, irgendetwas zu tun, das über den unmittelbaren Gestaltungsrahmen des Landes hinausgeht - mal eine Bundesratsinitiative, mal ein Einsatz, mal irgendein Appell -, wird gesagt, das ist alles nicht möglich, weil das nicht im Einflussbereich Sachsen-Anhalts steht. Die humanitäre Hilfe vor Ort betrifft jedoch das Einflussgebiet SachsenAnhalts und das ist die Verantwortungswahrnahme Sachsen-Anhalts.
Auch diese Beschlussempfehlung wird meine Fraktion ablehnen. Wie auch beim vorherigen Tagesordnungspunkt wird hierin lediglich die gegenwärtige Situation beschrieben und zum Gegenstand eines Beschlusses gemacht.
Wenn ich mir den Ursprungsantrag anschaue, dann stelle ich fest, dass wir darin durchaus auch sehr allgemein ein Bekenntnis zur Notwendigkeit, den Menschen, die auf der Flucht vor der Terrororganisation Islamischer Staat sind, zu helfen, eingebaut haben. Keine Frage - wir haben das sehr allgemein gehalten. Damit hatten wir uns irgendwie die Chance ausgemalt, diesen Ursprungsantrag hier einmal als Appell, als Zeichen, als Signal zu beschließen. Das war nicht möglich. Aber bitte.
Mit dem Änderungsantrag der Kollegen der GRÜNEN, den wir uns bereits in der ersten Befassung im Plenum zu eigen gemacht haben, ist das Anliegen noch ein Stück konkreter geworden. Das alles haben Sie mit der Beschlussempfehlung gestrichen.
Uns ging es um eine unbegrenzte und eben nicht durch ein Programm limitierte Aufnahme von Menschen, die auf der Flucht vor dem IS sind. Uns ging es darum, den Gestaltungsrahmen, den das Land hat, zu nutzen und die tatsächliche Aufnahme von Geflüchteten zu erleichtern, indem die finanziellen Hürden für den Nachzug von Familienangehörigen entfallen - die übrigens in der Praxis
ein erhebliches Problem für die betroffenen Leute sind -, indem der Aufenthalt entsprechend § 23 des Aufenthaltsgesetzes ermöglicht wird, indem sich das Land zumindest für diese zweifellos schutzbedürftigen Menschen für eine Aussetzung der Dublin-Verordnung starkmachen soll. Es sollte sie nicht eigenmächtig aussetzen - selbstverständlich; dass kann das Land nicht -, es sollte sich dafür starkmachen.
Jetzt haben wir hier wieder eine Beschlussempfehlung, die ohne jegliche Auswirkung und Konsequenz bleibt. Sie stellen - ich finde, das ist der Gipfel - unter Punkt 4 dann noch fest, dass genau das der Verantwortung gegenüber Flüchtlingen entspräche. Das teilt meine Fraktion ausdrücklich nicht. Deswegen lehnen wir diese Beschlussempfehlung ab.
Meine Damen und Herren! Noch ein Wort zu der Frage der Hilfe vor Ort und dazu, was notwendig wäre. Die Logik, die Sie, Herr Minister, vorgetragen haben, dass es sozusagen aus Effektivitätsgründen sicherlich sehr viel sinnvoller sei, die Gelder in die Region fließen zu lassen, anstatt den einzelnen Menschen große Aufwendungen auch finanzieller Art aufzuzwingen, um hierherzukommen, mag aus finanzieller Sicht durchaus richtig sein. Das kann schon sein. Der Punkt ist jedoch, wir reden hierbei nicht über Finanzen. Das tun vielleicht Sie. Wir reden über Menschen.
Herr Minister, zeigen Sie mir doch ein Land in dieser Region, die Sie gerade aufbauen wollen, in das Sie mit Ihren Kindern zur jetzigen Zeit fahren würden. Wo sollen die Menschen denn hin? - Natürlich muss dort humanitäre Hilfe geleistet werden. Natürlich braucht es dort Hilfe. Aber es muss den Menschen auch ein Fluchtweg eröffnet werden. Die Menschen werden dort gelyncht.
Ich möchte noch einmal an Sie mit Blick auf den künftigen Umgang mit Anträgen dieser Art, bei denen offenkundig ist, dass wir hierzu einen Dissens im Hause haben, appellieren, es dann doch lieber wie heute Vormittag zu tun: Wir machen einen Antrag, Sie machen einen Alternativantrag; dann haben wir im Plenum eine saubere Debatte.
Es ist natürlich unser Job hier, die Dinge nicht in gleicher Weise zu sehen, das selbstverständlich nicht. Dafür werden Sie von Ihren Wählerinnen und Wählern gewählt und wir von unseren. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist eine sinnvolle, eine ehrliche, eine transparente, eine nachvollziehbare politische Auseinandersetzung und nicht so ein verzerrtes Verfahren, bei dem Anträge, bei denen sich die Koalition nicht einigen kann, einfach in den Ausschuss überwiesen werden, wo nichts passiert, und dann irgendwann ein Status quo zum Gegenstand eines Beschlusses gemacht wird. Das ist nicht das, was ich mir unter Politik vorstelle. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, Frau Kollegin Quade, dass Ihnen nicht gefällt, dass wir von den Menschen gewählt werden, weil wir diese Politik machen, für die wir hier stehen, das kann ich nachvollziehen.
Aber zum Thema. Wir alle sind natürlich tief betroffen von den schrecklichen Meldungen und Bildern, die uns in den vergangenen Monaten aus dem Irak und aus Syrien erreichten. Die IS-Terroristen vertreiben, vergewaltigen, versklaven und ermorden systematisch all diejenigen, die ihre radikalfanatischen Überzeugungen nicht teilen. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass die IS-Terrormiliz bisher mehr als 2 000 Gefangene getötet hat. Es waren Andersgläubige und Andersdenkende. Vor allem den Kurden und Angehörigen religiöser Minderheiten muss geholfen werden.
Uns allen hier ist klar, dass die Nachbarstaaten diese Probleme nicht allein lösen können. Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, hat zügig humanitäre Hilfe auf den Weg gebracht und für die betroffene Region 800 Millionen € zur Verfügung gestellt. Im Dezember 2014 wurden 40 Millionen € für Hunger- und Winterhilfe auf den Weg gebracht. Deutschland ist also keineswegs untätig.
Ich möchte erneut auf das besondere Engagement Deutschlands und auch Sachsen-Anhalts für eine Aufnahme von Flüchtlingen erinnern. Seit dem Ausbruch des Konfliktes hat Deutschland mehr als 75 000 Schutzsuchende und damit mehr Flüchtlinge als jedes andere Land der Europäischen Union aufgenommen.
kann nur seinen Beitrag leisten. Und das tun wir auch. Gefordert ist aber die gesamte Weltgemeinschaft. Auch Sachsen-Anhalt wird seiner humanitären Verantwortung gerecht und nimmt im Rahmen der drei Bundesaufnahmeprogramme nach dem Königsteiner Schlüssel rund 600 Flüchtlinge aus Syrien auf. Im Rahmen des Landesprogramms sind bislang mehr als 130 Flüchtlinge in SachsenAnhalt aufgenommen worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für falsch, derzeit über weitere Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge aus der Region Syrien mit einem bestimmten Aufnahmekontingent zu diskutieren und dazu etwas festzulegen. Zunächst einmal müssen die bestehenden Flüchtlingskontingente ausgeschöpft werden.
Es ist mir auch wichtig zu betonen, dass unser Bundesland keine Alleingänge bei der Aufnahme von Flüchtlingen unternehmen kann, dass hierbei vielmehr in bewährter Weise in enger Zusammenarbeit mit den anderen Ländern und im Einklang mit dem Bund und vor allem auch mit den anderen EU-Staaten agiert werden muss. Wir nehmen nach Kräften Asylbewerber und Flüchtlinge auf. Es ist aber niemandem geholfen, wenn wir uns durch neue Forderungen überfordern.
Wir müssen die Flüchtlinge auch menschenwürdig unterbringen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vergessen wir bitte auch nicht, dass neben den Aufnahmeprogrammen auch noch das geregelte Asylverfahren in Deutschland durchgeführt wird. Ich möchte Sie daher um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport bitten. - Danke.
Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport in der Drs. 6/3878 ab. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 10 ist erledigt.