Protokoll der Sitzung vom 27.03.2015

Herr Minister.

Vielen Dank. Obwohl ich nicht dafür zuständig bin, will ich gern versuchen, darauf zu antworten. Erstens. Ich habe nicht den Eindruck, dass die von Ihnen herangezogene Urteilsage mit der Situation in Staßfurt vergleichbar ist. Für mich erscheint die Begründung einer nicht gegebenen UVP-Pflicht in diesem Fall voll und ganz nachvollziehbar.

Zweitens. Ich glaube nicht, dass man dem Bergamt den Vorwurf machen kann - damit sollte man wirklich etwas vorsichtig sein -, fahrlässig gehandelt zu haben. Es gibt neuere Erkenntnisse, die zu Vorzeiten nicht vorhanden waren. Dazu habe ich Stellung genommen. Aus den neueren Erkenntnissen ergibt sich eine Versatznotwendigkeit, um die gebotene Sicherheit herzustellen. Dies ist eindeutig gutachterlich belegt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Kollegin hat eine Nachfrage. Bitte schön.

Ist Ihnen bekannt, warum die Einwender dieses Gutachten niemals zu sehen bekommen? - Ich bin eine der Einwenderinnen. Ich habe auch nach mehrmaligem Nachfragen dieses Gutachten nicht sehen dürfen. Alles, was sich auf stoffliche Veränderungen bezieht, ist in den ausgelegten Unterlagen geschwärzt und als Geschäfts- und Betriebs

geheimnis gekennzeichnet worden. Das ist also eine Offenlegung ganz besonderer Art.

Mir ist nicht bekannt, warum dieser Schritt gegangen worden ist. Ich werde aber das Wirtschaftsministerium dazu befragen. Es wird sicherlich Gründe für diese Vorgehensweise geben. Ich werde das mit dem Wirtschaftsministerium erörtern.

Jetzt kann der Kollege Lüderitz fragen. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Minister Dr. Aeikens, ich werde Sie jetzt nicht mit bergbaurechtlichen Fragen quälen.

Das empfinde ich nicht als Qual. Das ist auch eine interessante Materie.

Was die verwaltungsrechtliche Verfahrensweise betrifft, so weiß ich, dass Sie mit Ihrem Haus, unter anderem die Problematik Angersdorf betreffend, intensiv eingebunden sind. Sie haben richtig dargestellt, dass der Langzeitsicherheitsnachweis gegenwärtig behördlich geprüft wird. In Angersdorf war die fehlende Vorlage des Langzeitsicherheitsnachweises innerhalb des damaligen Genehmigungsverfahrens der Grund dafür, dass das Verfahren ausgesetzt wurde.

Warum raten Sie dann nicht Ihren Kollegen, hier ebenfalls das Verfahren auszusetzen, wenn es dazu - auch das hat heute schon mehrmals eine Rolle gespielt und Frau Görke hat es eben auch angesprochen - ein rechtskräftiges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg gibt?

Zur der Urteilslage, Herr Abgeordneter Lüderitz, habe ich mich geäußert. Ich bitte, auch hierbei nicht der Versuchung zu erliegen, eine Parallele zwischen Angersdorf und Staßfurt zu ziehen; das sind zwei unterschiedliche Sachverhalte.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein, die von dem Kollegen Bergmann für die SPD-Fraktion eröffnet wird. Bitte schön, Herr Kollege Bergmann.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich glaube, das Thema, das hier ansteht, bzw. die damit verbundenen Widersprüche sind in einer Landtagsdebatte schwer aufzulösen. Zugegebenermaßen war das auch der Versuch der Fraktion DIE LINKE, das in den Umweltausschuss einzuspeisen. Nun hat es nicht ganz so geklappt, Kollege Lüderitz, wie Sie sich das vorgestellt haben.

Ich bin trotzdem der Meinung - das sage ich hier ganz offen -, dass das kein Versuch der Fraktion der CDU war, dieses Thema zu verschleppen oder hinauszuzögern. Ich denke, gerade weil wir in der Vergangenheit immer eine sehr gute Zusammenarbeit hatten, lag diesbezüglich lediglich das Missverständnis vor, dass es nicht so hineingekommen ist, wie Sie sich das vorgestellt haben. - Frau Hunger, Sie können ruhig den Kopf schütteln. Ich sehe das so. Ich finde es schade, dass Sie dieses Misstrauen hier hereinbringen. Das ist überhaupt nicht nötig.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie sehen das auch an der Diskussion, wie sie gerade gelaufen ist. Ich kann mich hier hinstellen und kann voll und ganz die Fragen nachvollziehen, die Sie stellen, die aus dem Raum Staßfurt gestellt werden und berechtigterweise gestellt werden. Ich kann mich auch hundertprozentig auf die Seite des Herrn Ministers stellen, der in Vertretung des zuständigen Ministers hier Antworten gegeben hat, die sehr plausibel klingen.

Ich kann Ihnen nichts anderes sagen, als dass ich es für notwendig erachte, im Ausschuss den Leuten, die dazu geladen werden, entsprechende Fragen zu stellen, um einfach mehr zu erfahren. Es ist nun einmal der Gang der Dinge, dass die Leute vor Ort dazu wesentlich besser informiert sind oder auch das eine oder andere Fragezeichen hinter einer Aussage machen können.

Schon allein der Streit um die Notwendigkeit der UVP zeigt, dass es hierbei unterschiedliche Auffassungen gibt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie gegebenenfalls notwendig ist oder auch vorgeschrieben sein wird. Wie gesagt, dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen und dazu muss man Dinge erfragen.

Ich gehe einmal davon aus, Kollege Lüderitz, dass der Selbstbefassungsantrag, der eingebracht worden ist, nicht erledigt ist und damit automatisch Gegenstand der nächsten Sitzung des Umweltausschusses ist, sodass das dann zusammen mit dem Antrag aus dem Landtag dort behandelt werden kann. Allerdings gehe ich davon aus, dass für das Ganze der Wirtschaftsausschuss federführend ist und der Umweltausschuss mitberatend sein wird. Daher muss man schauen, zu welcher Terminlage es kommt.

Vor diesem Hintergrund kann ich kurz zusammenfassen: Ich brauche dazu mehr Informationen, wie viele andere auch. Natürlich sind wir uns in vielen grundsätzlichen Fragen, wie einer größtmöglichen Transparenz und einer entsprechenden Bergsicherheit usw., alle einig. Aber es müssen eben auch die Fragen gestellt werden, die gestellt werden müssen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Bergmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Weihrich. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Fraktion DIE LINKE ausdrücklich danken, dass sie dieses Thema heute im Hohen Hause zur Diskussion stellt. Der Antrag verfolgt das Ziel, das Genehmigungsverfahren zur Dickstoffaufbereitungsanlage und letztlich auch zum Versatzverfahren in Staßfurt transparent zu gestalten. Ich denke, hierbei sind in der Tat einige entscheidende Fragen offen, die es zu klären gilt. Deswegen werden wir - das sei vorab gleich gesagt - dem Antrag auch zustimmen.

Doch bevor ich zum Antrag selbst komme noch eine Vorbemerkung zum Kern des eigentlichen Problems. Es geht hierbei nämlich letztlich um die Entsorgung gefährlicher Abfälle, vor allem um Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen, die - das wissen wir alle - wegen des Gehalts an Dioxinen und Furanen hochproblematisch sind. Gerade bei diesem Thema müssten doch vor dem Hintergrund des Müllskandals in Sachsen-Anhalt alle Alarmglocken schrillen. Deswegen, finde ich, muss hier ganz genau hingeschaut werden.

Meine Damen und Herren! Ich habe Anfang 2015 eine Kleine Anfrage zur Verwertung gefährlicher Abfälle in Sachsen-Anhalt gestellt. Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass im Jahr 2013 1,9 Millionen t gefährliche Abfälle in Sachsen-Anhalt entsorgt wurden. Davon kamen 51 % aus anderen Bundesländern und etwa 8,5 % aus anderen Staaten.

Im Jahr 2014 wurden zwar weniger gefährliche Abfälle in Sachsen-Anhalt entsorgt, aber der Anteil der Abfälle aus dem Ausland ist bereits auf 11,5 % gestiegen. Insgesamt kommen 60 % der gefährlichen Abfälle, die in Sachsen-Anhalt entsorgt werden, eben nicht aus Sachsen-Anhalt, sondern werden nach Sachsen-Anhalt importiert. Das heißt, dass in Sachsen-Anhalt riesige Kapazitäten zur Entsorgung gefährlicher Abfälle bestehen, die ganz deutlich über das Maß dessen hinausgehen, was in Sachsen-Anhalt selbst produ

ziert wird. Durch das neue Vorhaben sollen noch einmal 350 000 t neue Kapazitäten hinzukommen.

Ich sage hier deutlich: Ich habe große Sorge, dass wir uns durch diese Vorgehensweise in SachsenAnhalt die Altlasten von morgen schaffen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der LINKEN)

Deswegen sieht meine Fraktion jede neue Entsorgungskapazität in Sachsen-Anhalt sehr kritisch, weil hierfür in Sachsen-Anhalt schlicht kein Bedarf besteht. Deswegen ist Transparenz bei diesen Verfahren oberstes Gebot. Wir fordern, dass genau offengelegt werden muss, welche Mengen in Staßfurt ankommen, woher sie kommen und welche Inhaltstoffe sie genau haben.

Außerdem ist davon auszugehen, dass die zu behandelnden gefährlichen Abfälle ein erhebliches Verkehrsaufkommen generieren werden - darauf hat Kollege Lüderitz schon hingewiesen -, was natürlich auch zu Problemen im Umfeld führt, die ernst zu nehmen sind.

Auch die oberirdische Anlage an sich ist hoch risikoreich, weil nämlich durch das Mischen der gefährlichen Abfälle in dem Behälter Wasserstoff entsteht. Wir wissen alle, was das für Folgen haben kann: dass eben eine latente Explosionsgefahr besteht. Wenn dadurch Filterstäube in der Luft verteilt werden können, kann das ganz dramatische Auswirkungen für die Umgebung haben. Deswegen ist Transparenz - ich sage das noch einmal - so wichtig bei diesen Verfahren, damit die Bürgerinnen und Bürger auch mitgenommen werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Darüber hinaus fordert der Antrag der LINKEN einen Langzeitsicherheitsnachweis. Das ist klar; das ist ohnehin eine Genehmigungsvoraussetzung. Aber wichtig - das möchte hier hervorheben - ist die Forderung, dass die Ergebnisse des Behördengutachters offengelegt werden.

Eine abschließende Prüfung durch den Gutachter der Behörden ist laut der Antwort auf die Kleine Anfrage der LINKEN, die bereits erwähnt wurde, bislang nicht erfolgt. Die Landesregierung geht aber trotzdem davon aus, dass der Langzeitsicherheitsnachweis nicht zu beanstanden ist. Herr Möllring hat sogar der Presse gegenüber geäußert, er räume dieser Anlage gute Chancen ein. Ich frage mich, wie er zu einer solchen Wertung kommt, wenn die entsprechenden Ergebnisse nicht offengelegt werden?

Schließlich fordert der Antrag - darauf möchte ich noch kurz eingehen -, dass die Versatzpflicht nachgewiesen ist. Hierauf ist Frau Görke schon

eingegangen. Das ist eine ganz, ganz zentrale Forderung; denn die Notwendigkeit der Versatzmaßnahme setzt überhaupt die Zulässigkeit der Abfallverwertung voraus. Es muss nämlich geprüft werden, ob durch die Abfälle andere Materialien ersetzt werden, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen. Herr Aeikens hat das vorausgesetzt. Aber wir kennen die Gutachten und Dokumente nicht, auf die er sich bezieht. Deswegen fordere ich noch einmal: Es müssen alle Gutachten, Dokumente und Ergebnisse des Behördengutachters offengelegt werden, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Und deswegen ist es auch so wichtig, dass eine UVP durchgeführt wird, auch wenn sie nicht verpflichtend ist. Es wäre möglich gewesen, dass der Betreiber das freiwillig veranlasst, damit die ungeklärten Fragen und offenen Punkte aus der Welt geschafft werden und damit auch die Bevölkerung informiert ist. So wie er jetzt vorgeht, kann er keine Akzeptanz in der Region erwarten, meine Damen und Herren.

Ich fasse zusammen: Wir sehen die große Menge gefährlicher Abfälle in Sachsen-Anhalt sehr kritisch und dementsprechend auch das Versatzverfahren. Es sind viele Fragen offen. Ich sehe die Landesregierung in der Pflicht, die notwendigen Antworten zu liefern. Deswegen stimmt meine Fraktion diesem Antrag zu, meine Damen und Herren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN - Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weihrich. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Thomas. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist ein schönes Land. Aber wenn wir unterirdisch unterwegs sind, dann sehen wir viele Hohlräume. Die Verfüllung dieser Hohlräume hat uns schon oft beschäftigt. Heute sind wir nun in Staßfurt angelangt. Hierbei geht es um die Verfüllung der dort vorhandenen Hohlräume über ein Dickstoffversatzverfahren.

Ich möchte meiner Rede vorausschicken - Minister Aeikens hat das auch schon gesagt -: Die Genehmigungen für das Verfahren, das momentan dort durchgeführt wird, liegen vor. Die Behörden waren beteiligt.

Nun leben wir in Sachsen-Anhalt oder in Deutschland nicht in einer Bananenrepublik, sondern wir haben ein Grundvertrauen in die Behörden. Jeder, der einen Bauantrag stellt, weiß, wie dabei geprüft

wird. Also können wir, denke ich, auch den Behörden zutrauen, hier entsprechend geprüft zu haben.

(Zurufe - Unruhe)