Protokoll der Sitzung vom 05.06.2015

Worauf beziehen Sie sich jetzt? Auf den Punkt Forschung? Ich habe nicht verstanden, worauf Sie sich beziehen?

Ich beziehe mich auf Ihre Aussage, dass sich bestimmte Punkte nicht in unserem Antrag befinden. Das bezieht sich insbesondere auf die Frage der didaktischen Forschung, die die Frage beantworten muss, wie digitale Lernkultur langfristig aussehen wird.

Vielen Dank. - Für die SPD spricht Frau Reinecke. Bitte, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung der offenen Lehr- und Lernmaterialen wurde ausreichend benannt. Darauf wurde auch eingegangen. Die offenen Lehr- und Lernmaterialen - wir haben es gehört - fördern einerseits die Flexibilität der Schülerinnen und Schüler und erweitern andererseits die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Wahlfreiheiten. Sie stärken unabhängig davon auch ihr Denken und Handeln.

Das Anliegen des Antrages ist es, den digitalen Zugang zu Bildungsmaterialen zu fördern. Das ist auch das Ziel der Unesco, wie wir gehört haben, nämlich Lehr- und Lernmaterialien unter einer freien Lizenz zu veröffentlichen und damit zur Verfügung zu stellen und von den Nutzern weiterentwickeln zu lassen.

Diese Idee wurde bereits Anfang der 2000er-Jahre von der Unesco geboren. In der Pariser Erklärung wurden zehn Jahre später, nämlich 2012, entsprechende Beschlüsse gefasst. Denen können wir zustimmen.

Dennoch steckt unsere Entwicklung noch in den Kinderschuhen - wir haben das gehört; auch die Vorredner haben das noch einmal betont -, insbesondere weil dafür noch Strategien und Rahmenbedingungen auf verschiedenen Ebenen unter Beachtung internationaler Erfahrungen zu schaffen sind.

Gemeint ist hierbei die notwendige ebenen- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit aller Akteure, die im Bildungssystem sind und die diesen Blick auf dieses Thema haben und verstärkt setzen müssen.

Wir haben vom Kultusminister gehört, dass sich die Online-Angebote entwickelt haben; noch einmal unter dem Stichwort des Medienportals emuTUBE. Ich denke, darauf lässt sich gut aufbauen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass im Koalitionsvertrag der Bundesregierung Kernbotschaften zu dem Thema aufgegriffen wurden hinsichtlich einer gemeinsamen Strategie, digitale Bildung anzustreben.

Besonders möchte ich Eckpunkte einer OpenEducation-Strategie erwähnen, die bereits im Juni 2014 vom Netzwerk Bildung der Friedrich-EbertStiftung veröffentlicht wurde. Daraus abgeleitet unterstützt die SPD die Idee, dass benötigte Lernmaterialien frei verfügbar werden, unabhängig von den sozialen Verhältnissen der Lernenden und den Lernvoraussetzungen.

Es geht hierbei um das Thema der gerechten Teilhabe. Den grundlegenden Wandel, den die Digitalisierung bringt, sollten wir als Chance nutzen. Dazu braucht es wiederum Kompetenzen, die unser Bildungssystem noch nicht hinreichend im Fokus hat.

Der im Antrag erwähnte Bund-Länder-Bericht vom Januar dieses Jahres stimmt inhaltlich OER zu, geht auch auf die Potenziale für eine systematische Integration und Förderung eines freien Zugangs zu digitalen Bildungsmaterialien ein.

Ich bin der Meinung, dass wir wesentliche Punkte aus diesem Bericht auf der Landesebene noch einmal diskutieren sollten. Die konkreten Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag aufmachen, sollten wir prüfen.

Es wurden angesprochen das Bündnis für freie Bildung und das Bündnis für Bildung. Ich denke, den geforderten Austritt sollten wir noch einmal kritisch prüfen. Die einfache Definition: „die großen Schlachtrösser auf der einen Seite und der freie

Zugang auf der anderen“ würde ich in der Tat differenzierter sehen.

Herr Wagner sagte, der Austritt wäre unschädlich. Inwieweit er nützen wird, muss man sich auch genau anschauen.

Ob der Bedarf an verfügbaren digitalen Lehrinhalten tatsächlich durch freie Lehrmaterialien insgesamt gedeckt werden kann, muss man sich anschauen. Aus meiner Sicht ist das fraglich. Ob man Schulbücher und auch die großen Verlage nach wie vor benötigt, die bestimmte Rahmenbedingungen an Schule ermöglicht haben, oder ob man sie in Bausch und Bogen verteufeln soll, würde ich mir noch einmal genau ansehen.

Wir sollten auf die Parameter hinsichtlich der Veränderungen der Lehr- und Lernkultur eingehen und diskutieren, darüber, dass das Wissen nicht nur vermittelt wird, sondern dass man es gemeinsam entdecken und konstruieren kann.

Die technischen Voraussetzungen, die Infrastruktur, die Lehre, Aus-, Fort- und Weiterbildung, die Qualitätsstandards und sicherlich auch die Finanzierung zu all den Sachen wurden angesprochen. Ich denke, dass wir die Möglichkeiten und den Umsetzungsstand der IKT-Strategie „Sachsen-Anhalt Digital 2020“ als Vorhaben insgesamt begleiten und beobachten sollten.

Zu dem Stichwort Evaluation. Das Thema würde ich auf jeden Fall mit aufgreifen.

Ich freue mich dann auf eine interessante Aussprache in beiden Ausschüssen. Ich weiß nicht, ob es schon deutlich geworden ist. Wir plädieren dafür, dass die Federführung beim Ausschuss für Bildung und Kultur liegt und die Mitberatung der Ausschuss für Finanzen hat. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Reinecke. Frau Professor Dalbert würde Sie gern etwas fragen. Wollen Sie antworten?

Danke, Herr Präsident. - Frau Reinecke, ich habe zu einem Punkt eine Nachfrage. Sie sind ja in der Tat in Ihrer Rede noch einmal auf das Bündnis für Bildung eingegangen und haben implizit eine Rede gehalten, in der Sie gesagt haben, dass Sie zumindest auch Vorteile sehen bei proprietärer Software. Ich würde gern von Ihnen wissen, welche Vorteile Sie sehen, wenn Sie das Land langfristig an proprietäre Software binden.

Ich kenne Ihre Kleine Anfrage dazu. Das finde ich auch sehr hilfreich. Ich habe einfach nur in Aus

sicht gestellt, dass man diesen geforderten Austritt mit den Pro- und Kontrapunkten einmal prüfen sollte. Mehr stand jetzt nicht dahinter.

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE - -

(Herr Wagner, DIE LINKE: Ich bin für heute zufrieden!)

- Sie sind für heute zufrieden. Sie Glücklicher. - Dann ist die Debatte damit beendet.

Die Überweisungen sind jetzt noch einmal klar definiert worden: federführend in den Ausschuss für Bildung und Kultur, zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen. Ich stelle das so zur Abstimmung. Wer stimmt dem zu? - Das sind alle Fraktionen des Hauses. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 21 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung

Angleichung der Rentenwerte Ost und West jetzt durchsetzen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/4089

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Dirlich. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Nach mehr als 20 Jahren der deutschen Einheit sind die Unterschiede im Rentenrecht in Deutschland nicht akzeptabel“ - Zitiert aus einer Stellungnahme des Sozialministers Herrn Bischoff zum Antrag „Altersarmut bekämpfen, gesetzliche Rente“ stärken vom 11. Mai 2005.

„Nach 30 Jahren muss es möglich sein, die wesentlichen Unterschiede zwischen Ost und West aufzulösen.“ - Ministerpräsident Haseloff, zitiert nach einen Beitrag auf der MDR-Homepage zum Thema „Ost-West-Debatte“: „Haseloff pocht auf Rentenangleichung“.

„Es kann nicht sein, dass die Rentenangleichung länger dauert, als die Mauer gestanden hat.“ - Ministerpräsident Woidke, zitiert aus dem gleichen Beitrag. Zum 1. Juli 2016 wird geprüft, wie weit sich Angleichungsprozess bereits vollzogen hat und ob mit Wirkung ab 2017 eine Teilangleichung notwendig ist.

„Zum Ende des Solidarpaktes 2019 soll die endgültige Angleichung vollzogen sein.“ - Sinngemäß entnommen aus dem Koalitionsvertrag der Parteien CDU und SPD im Bund.

„Die einfache Reduzierung auf die Formel: Gleiche Renten sind bei unterschiedlichen Löhnen und Lebenshaltungskosten ist in der Tendenz verzerrend.“ - Finanzminister Schäuble, zitiert aus der „Sächsischen Zeitung“ vom 22. Mai 2015.

Die Bundesregierung, die Koalition im Bundestag, bricht ihre eigene Koalitionsvereinbarung.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist nicht der erste Wortbruch. Es war die Bundeskanzlerin Merkel selbst, die schon auf dem 9. Deutschen Seniorentag, der im Juni 2009 in Leipzig stattfand, eine Lösung für die Angleichung der Ostrenten noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode versprochen hatte. Wohl gemerkt: der Legislaturperiode von 2009 bis 2013.

Dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ein zweites Mal wortbrüchig werden will, ist ein Skandal. Gregor Gysi hat nicht ohne Grund vom Verrat an den Ostrentnerinnen gesprochen. Denn: Weshalb sagt der Finanzminister Schäuble einen solchen Satz? - Er sagt es deshalb, weil jetzt schon klar ist, dass der Angleichungsprozess zurzeit keine Fortschritte macht. Im Gegenteil! In den letzten Jahren hat sich der Abstand bei den Renten wieder erhöht, zum Beispiel von 138 € Rückstand im Jahr 2010 auf 142 € im Jahr 2012. - Das sind nur die Durchschnittsrenten, die hierbei eine Rolle spielen.

Zurzeit beträgt das Rentenniveau Ost etwa 92 % des Westniveaus. Der Rentenwert liegt zurzeit in den alten Bundesländern bei 28,61 € und in den neuen Bundesländern bei 26,39 €.

Dazu kommt, dass die Produktivität nach wie vor um etwa 20 % unter der im Westen liegt. Zudem müssen Ostdeutsche für einen annähernd gleichen Lohn oft länger arbeiten und auf im Westen übliche Sonderzahlungen verzichten. Und nach wie vor werden unterschiedliche Tarifabschlüsse zwischen Ost und West vorgenommen - ich nenne nur die Pflege -, wird also der Unterschied weiter zementiert.

Dass sich das bis zum 1. Juli 2016 nicht ändern wird, haben die Ministerpräsidenten der Länder immerhin begriffen. Sie haben die Bundesregierung aufgefordert, die zum Juli 2016 avisierte Arbeitsgruppe sofort zu installieren.

Der Sozialminister Bischoff schreibt in seiner Stellungnahme zu dem oben schon angeführten Antrag unserer Fraktion zur Begründung dieser Auffassung: Der Bundesrat hat am 6. Februar 2015 die Bundesregierung aufgefordert, diese Arbeitsgruppe sofort zu installieren, da bereits jetzt schon absehbar sei, dass sich bis zum 1. Juli 2016 der Angleichungsprozess gegenüber dem jetzigen Zeitpunkt nicht entscheidend verändern werde.

Ministerpräsident Haseloff wird in diesem Zusammenhang in der „Mitteldeutschen Zeitung“ mit der Äußerung zitiert: Der letzten Rentenbericht macht klar, dass eine Angleichung der Löhne bis zum Jahr 2019 nicht zu erwarten ist, sodass die Renten weiter auseinanderklaffen. Für diesen Fall sieht der Koalitionsvertrag einen Zwischenschritt vor, um die Differenz zu schließen. - Ich frage mich, warum Sie jetzt nicht schreien. Das hab ja nicht ich gesagt, sondern Ihr eigener Ministerpräsident.

(Zurufe von Herrn Schröder, CDU, und von Herrn Borgwardt, CDU)